Bildwerke, seltencr Ausgaben, ungedruckler Manuskripte etec.,
grossen Theils Eigenthum des Dr. Karl Schiller und des zur
Feier hierher gekommenen Freiherrn von Maltzahn aus Berlin,
von dessen mit beispiellosem kritischen Fleisse veranstalteter
neuen Gesamintausgabe Lessings eben der erste Band erschie-
nen und aufgelegt war.

Das Festmahl auf dem weissen Rosse war durch die An-
ordnung, die Theilnahme, die Stimmung und die Gesinge, des
Gefeierten wiirdig und nur Rietschels Abwesenheit, der durch
Unwohisein verhindert war, zur Enthillung hierher zu kommen,
wurde schmerzlich empfunden. Die Stadt hat ihm das Ehren-
biirgerrecht ertheilt und der Kunstklubb ihn zu seinem Ehren-
mitgliede ernannt. Von den vielen Toasten mége der des 82jah-
rigen Petri hier eine Stelle finden:

Lessings Genius hat lingst die Fackel gesenkt, und aus dem Em-

pyreum der Ideale schauet er herab auf die Ideenwelt, die hier

unten gahrt und wogt. Aber der Genius der Menschheit nahm die

Fackel in die Hand und hoch lodert sie empor zum Himmel, em-

por in die Ewigkeit, die Fackel des Lichts und der Wahrheit.

Darum Lessing ein Hoch gebracht, mit der Opferspende des Lyaus,
aus vollem Herzen. Lessing lebe hoch!

Der von Kar] Kéchy gedichtete, von der Hofschauspielerin
Ег]. Thate, als Klio, gesprochene, von Tableaux begleitete Pro-
log ist eine herrliche Festgabe; der Dichter wurde von dem
itbervollen Hause gerufen.

Unter einem diistern Nachthimmel machte das Lichtmeer,
in welchem Lessings herrliche Gestalt plétzlich der jubelnden
Menge sich zeigte, eine um so iberraschendere Wirkung. Wohl
durfte man die Beruhigung empfinden, dass eine Welt, in der
er gelebt und gewirkt haf, nimmer wieder der Finsterniss ver-
fallen kann!

Von der Statue und dem oberen Theil des Fussgestelles ist ein
mit feiner und fleissiger Nadel gearbeiteter Stich (122. h. 9Z.2L.
br.) von Fr. Bretschneider erschienen der den Verehrern des
	Dichters so wie des Bildhauers mit Recht empfohlen werden darf.
*
	Bau-Sagen.
Von F. Kugler.
	Glanz schwand, als das neue Kairo sich neben ihm erhoben
hatte, und ward gar vernichtet, als Amalrich, der blonde Kénig
von Jerusalem, nach der Herrschaft Aegyptens strebte und sein
Heer gegen Kairo fiihrte. Damals liess der Kalif Misr selbst
das offne Fostat, das er gegen die Belagerer nicht zu halten
vermochte, in Brand stecken, und es wird gesagt, dass der
Ort vierundfunfzig Tage gebrannt habe.

Das neue Kairo war gegriindet worden, als das firslliche
Geschlecht der Fatimiden, vom Westen herandringend, sich
Aegyptens bemachtigt hatte. Moez war der erste Kalif aus fa~
timidischem Stamme, der tiber Aegypten herrschte; Janhar war
sein Feldherr, der das Land far ihn eroberte. Es galt, einen
festen Platz fiir das Heer, einen neuen Herrscherpallast fiir
Moez zu erbauen. Janhar berief zalireiche Werkleute, zu-
gleich auch die weisesten Sterndeuter, und gab diesen auf,
die giinsligste Stunde fiir den Beginn des Werkes zu bestim-
men, Zur Stelle des Baues war ein Platz nicht gar fern von
Fostat, das wohl eines kriegerischen Zaumes bedurfte, erse-
hen worden, Wo die Mauern errichtet werden sollten, hatten
die Sterndeuter rings umher cine Schnur ausspannen lassen,
und an der Schnur war eine Menge von Glécklein aufgehangt,
und Maurer slanden die Schnur enllang, mit ihren Gerathen
und mit Steinen und Mortel, alle zur Arbeit bereit. Die Stern-
deuter aber harrten der gtinstigen Stunde, in der Absicht, den
Arbeitern, sobald dieselbe eingetreten, mit den Glicklein das Zei-
chen zu geben, auf dass das Werk der Grundsteinlegung mit
einem Schlage ausgeftihrt und, ehe dem guten irgend ein
schlimmer Augenblick gefolgt, auch schon zur Vollendung ge-
bracht sei. Es geschah aber, dass ein Rabe geflogen kam
und sich auf die Schnur niedersetzie; davon huben die Gléck-
lein an zu léulen, und die Arbeiter, waihmend, dass dies das
vorgeschriebene Zeichen sei, machten sich mit Eifer an die Ar-
beit und waren damit bereits fertig, als die Sterndeuter her-
beieilten, sie von dem Beginn zuriickzuhalten. Denn gerade
dieser Augenblick war ibler Vorbedeutung voll. Er fiel mit
dem Aufgange des Marsgestirnes zusammen, welches Krieg
und Kriegesnoth bringt und im Norden herrscht, in den Ge-
genden des Landes Romanien, das heute Rumili genannt wird.
Die Sterndeuter wussten es jetzt, dass dereinst vom Norden,
aus jenem Lande, ein Eroberer kommen werde, dem die neue
Stadt, -welcher sie eine segenvolle Zukunft bereiten gesollt,
sich beugen miisse. Das Geschehene war nun nicht mehr zu
andern. Doch mochte darin auch ein ginstiges Zeichen zu
erkennen sein, dass der Stern Mars von den Arabern der Sieg-
reiche, El Cahir, genannt wird. So fagten sie dem Namen der
Stadt, die gleich Fostat den alten Herrschernamen Masr empfing,
den Beinamen der ,Siegreichen*, El Cahira, hinzu, wahnend
vielleicht, dass der Name den Willen des Schicksals riickgan-
gig machen werde. Und Masr El Cahira wuchs und gelangte
zu grossem Reichthum und ward eine der wundervollsten Stidte,
welche das Auge des Menschen zu finden vermag; bis un-
ter Sullan Selim ihr Schicksal in Erfillung ging und sie sich
dem eisernen Joche der Tirken, die aus den Gegenden Ro-
maniens hergezogen kamen, fiigen musste. Scitdem ist ihre
Bliithe gefallen, und auch sic schaut nach den Tagen, die vor-
iber sind.
	VI. Von der Wasserleilung zu Kaliro.
	Bei der Stadt Kairo ist eine machlige alte Wasserleitung.
Schon seit Jahrhunderten ist dieselbe von den Reisenden, wel-
che das dgyptische Land besucht, mit staunender Verwunde-
rung helrachtet worden. Sie haben daran iiber dreihundert
	Pfeiler und Bogen gezahlt; die berihmten Wasserleitungen Roms
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	V. Von der Griindung der Stadt Kairo.
	Отаг, ег Ейг5р (ег САшиоеп, war der zweite in der
Reihe der Kalifen, die auf Mohammed, den Propheten, gefolgt.
Sein Feldherr Amru, der Sohn Elaas, fiihrte das siegreiche
Heer der Araber nach Aegypten, welches bis dahin dem Kai-
serhofe von Byzanz dienslbar gewesen. Er war bis an den Nil
oberhalb des Dellalandes vorgedrungen, ehe er sich zur Bela-
gerung Alexandria’s, der Hauptstadt Aegyptens, anschickte.
Dort hatte er sein Lager aufgeschlagen, und in seinem Zelte
hatte eine Taube genistet; er sorgte dass das Zelt nicht abge-
brochen ward, als er gen Alexandria zog, denn er wollte die
Taube nicht stéren, die in ihrem Neste bereits Junge ausge-
britlet hatte. Alexandria aber erlag seinem gewaltigen Arme,
und was dort an Schatzen der Wissenschaft und Kunst aus alter
Zeit aufgehduft war, ward durch Feuer vernichtet. Amru be-
schioss, eine neue Hauptstadt im agyptischen Lande zu bauen;
er erwahlte dazu den Plaiz des Lagers, wo sein Zelt noch auf-
gerichtet stand. Dic Stadt ward, wie das Land selbst, Masr
genannt, nach Mizraim, dem Sohne Ham’s und Enkel Noah’s,
der sich im Agyptischen Lande niedergelassen hatte. Ihr zweiler
Naine aber war Fostat, d.i. das Zelt, nach Amru’s Lagerzelte
und zum Gedachtniss seiner Mildthatigkeit gegen die britende
Taube.

Fostat ist der Ort, den die Franken heuliges Tages Alt-
Kairo nennen. Er wuchs zu seltnem Glanze empor. Doch sein