Bootle.
	Organ
der deutschen Kunstvereine,
	Dewiiches
	Zeitung
	fir bildende Kunst und Baukunst,
	Unter Mitwirkung von
	Kugler in Berlin — Passavant in Frankfurt — Waagen in Berlin — Wiegmann in Diisseldorf — Schnaase
in Berlin — Forster in Minchen — Eitelberger v. Edelberg in Wien
		herausgegeben von Dr. F. Eggers in Berlin.
	Sonnabend, den 12. November.
	Зиа(: Вац-Басеп. F. Kugler. VII. Von d. Amphitheater zu Thysdra. — Die Aquarellen u. Ilustrationen von C. N. Scheuren. K.T. — Die Frauenkirche
	zu Ingolstadt. CG. Becker, —
	Kunsthteratur, Die romanischen Dome des Mittelalters zu Mainz, Speyer u. Worms, kritisch untersucht u. historisch
	fesigestellt durch Fr. v. Quast. K. Schnaase. (Schluss.) — Aeltung. Leipzig. London.
	Beiblatt. An Caspar Scheuren. W. Miller. — Joseph Meurer, Маег u. Radirer. C. Weddige. — Kunstvereine. Ausstellungen der westl. der Elbe ver-
bundenen Kunstvereine i. J. 1854. — Versteigerung der Levenschen Sammlung in KéIn. — Kunstliteratur. —- Anzeige. — Briefwechsel. — Berichtigung.
	Bau -Sagen.
Von F. Kugler.
	Thysdra. Das Amphitheater hatte sie in eine feste Burg um-
wandeln lassen, hinter deren Mauern sie, aller Angriffe des
Feindes spottend, lag. Hassan dachte sie auszuhungern; er
wusste es nicht, dass aus dem Innern der Burg ein unterirdi-
scher Gang bis zur fernen Meereskiiste, nach Mehedia, fihrte,
hoch und breit genug, dass eine Anzahl von Reitern in ihm
nebeneinander zu reiten vermochte. Der Gang war jetzt zur
nichilichen Heerstrasse geworden; fort und fort, mit rothen
Fackeln das Dunkel erhellend, zogen Lasttrager und Karren
und Saumthiere in ihm empor und brachten Lebensmittel aller
Art, daran in der Hafenstadt kein Mangel war, nach Kahena’s
Burg. Hassan musste endlich die Belagerung aufheben. Doch
machte ihn der verfehlte Erfolg nicht muthlos, und Kahena
vertraule allzu sicher ihren Sternen. Sie zog dem Feinde nach.
Es kam aufs Neue zu einer furchtbaren Schlacht; die Berber
unterlagen trotz verzweifelter Gegenwehr. Kahena ward ge-
fangen vor Hassan gefiihrt. Er drang in sie, ihren hohen Sinn
bewundernd, den Glauben Mohammeds anzunehmen; sie wies
seine Anerbietungen verachUich zurtick. Da liess er sie ent-
haupten und sandte ihren Kopf, das glanzendste Zeugniss sei-
nes Sieges, in einer kostbaren Kapsel an Abd el Malik, den
Kalifen. Die Burg zu Thysdra aber verfiel, bis auf das stolze
Romerwerk, welches sie umschlossen hatte. Der unterirdische
	Gang, so erzahlen die Leute des Ortes, ist vermauert worden.
(Fortsetzung folet.)
	Die Aquarellen und [llustrationen. Von ©. N. Scheuren.
	Scheuren hat sich in Halberstadt schon durch seine ersten
Gemilde die ,,Vatergruft* (1831); ,Flussparthie mit Eichen* im
Besilz des Herrn A. Bendemann; , Schloss Eltz,“ ,,eine Schnee-
und Sumpflandschaft mit Eichen“ etc. einen sehr guten Namen
erworben, und da er jede unserer Ausstellungen in der Regel
mit sehr entsprechenden und fein durchgefiihrten Bildern be-
schickt hat und viele davon hier geblieben sind, so hat man
auch eine gewisse Vorliebe fir seine Werke gewonnen.

Eines besonderen Zweckes willen halte Scheuren nun

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	VIL Von dem Amphitheater zu Thysdra.
	Dic alte Stadt Thysdra ist im Gebiet yon Tunis belegen,
elwa acht Wegestunden von der éstlichen Kiiste, wo die Hafen-
stadt Mehedia mit ihrer festen Halbinse] in das Meer hinaus-
tritt. Der Weg von Mehedia nach Thysdra fiihrt zuerst durch
dichte Olivenwaldungen, dann durch ein édes Higelland. Von
der letzten Héhe vor Thysdra erblickt man, in der Entfernung
einer Stunde, den Ort, — eine Gruppe armseliger Hittten, aus
denen ein gewalliger Bau wie ein stolzes Kénigsschloss aufragt.
Der Bau ist von den Rémern aufgefiihrt worden, ein Amphi-
theater, zur Schau ihrer Kampfspiele. Die Bogenstellungen,
die ihn, bis zur Héhe von hundert Fuss tibereinandergewélbt,
umschliessen, sind fast vollstindig erhalten. Das Innere ist ein
wiister Trimmerhaufe. In der Mitte ist ein unterirdischer Gang,
der aber, durch eine Quermauer abgeschlossen, nur auf eine
kurze Strecke verfolet werden kann.

Die Bewohner des Landes nennen das Amphitheater ,Kasr
el Kahena,* die Veste der Prophetin. Es war die Zeit, da die
Vilker, welche unter dem Banner des Halbmondes kampften,
von Osten gezogen kamen, die Lehre Mohammeds mit eiserner
Faust tiber die Lande zu tragen, Unter den Stammen der Вег-
ber aber war ein Weib aufgetreten, Damia genannt, die mit
machtig begeislertem Wort die Ihren zum Widerstande gegen
die Araber aufrief. Das Volk hing der reinen Lehre an, welche
Moses von Jehova empfangen hatte; es schaarte sich um seine
Prophetin, und Damia — jetzt Kahena genannt — ward Kénigin
der Berberstamme. Das unwegsame Gebirge, tiefer im Lande,
gab ihr sichern Schutz, die Bundesgenossenschaft mit den Grie-
chen machte ihre Krafte zwiefach stark. Mit den Bundesgenos-
sen vereint, schlug sie das Heer der Araber, welches von
Hassan ben Naman el Gassani gefiihrt ward. Aber der Sieg
hatte Zwiespalt zwischen Berbern und Griechen zur Folge;
Hassan zog neue gewallige Kriegsmacht an sich, und Kahena
sah sich gendthigt, vor ihm zuriickzuweichen. Sie ging nach
	LV. dahrgang.