quickung stellt uns die Bilderfolge zwei Ansichten von Sikyon dancben, von denen namentlich die erste durch dic harmonische Verbindung der Linien und Massen-Gegensiatze zu den vor- ziiglichsten Schépfungen des grossen Meisters gehért. Sikyon, die Stadt der altbertihmten Bildhauerschule, erscheint hier von der Meerseite gesehen in der-Ferne, mit den schnecigen Gipfeln des Parnassos im Hinltergrund. Ein dichtes Regenwetler mit Sturmanzeigen zieht von links heran; cine Thalschlucht, aus welcher hohe, dunkelrothe Sandsteinmauern aufsteigen, bildet den Vordergrund. Die zweite Ansicht zeigt uns die Felsenstadt zur Rechten in hellem Nachmittaglicht, mit leichten, durch die Himmelsblaue ziehenden Wolken; Licht fallt in die Schlucht, die nach dem Meere hinabfiihrt, eingeschlossen yon den mach- ligen, schon von der andern Seite gesehenen Felsenwanden, deren Héhlen, trotz ihrer scheinbaren Unzuganglichkeit, als menschliche Wohnungen sich kundgeben. Den Hintergrund bil- den Akrokorinth und der Isthmus. Bei Salamis, das uns diesen ehemaligen Frucht- und Ge- miisegarten von Athen im Sommermittagsonnenschein sehen lasst, wo. hinter.schlanken Birken der Blick sich 6ffnet auf eine weite, jetzt unbebaule Ebene und auf das blaue Meer und die blauen livadischen Gebirge dahinter (oder ist’s Aegina?) erinnert nichls daran, dass hier einst Themistokles hinter bretternen Mauern das Vaterland rettete. Noch entschiedener als hier giebt sich Rottmann im nichstfolgenden Bilde des Thales von Olym- pia dem unmitlelbaren Eindruck der Landschaft hin und ge- winnt damit-jene einfache -Grdsse und plastische Schénheit, durch welche, wie oben gesagt, seine italienischen Landschaften sich auszeichnen. Wir sehen in ein weites, griines, von rothlich- blauen Bergen umschlossenes Thal, iber welches ein leichtbe- wilkter. Nachmittaghimmel sein sanftes Licht ausbreitet. Aus dem Mittelgrunde steigt der Higel des Zeus Kronion auf, der Alpheus zieht seinen diinnen, glinzenden Silberfaden zwischen Oelbaumen durch’s Thal und im Vorgrund erzahit uns ein Ru- del friedlich unter einsamen Pinien weidender Hirsche, dass das Gelise der olympischen Spiele schon langst in dieser nun so stillen Gegend verklungen ist. Nach so vielen Bildern einer kahlen, verbrannten und er- storbenen Natur thut es unendlich wohl, wieder. einmal eine bebaute, fruchttragende Gegend zu sehen, wie das Thal von Sparta, auf das man wie auf ein Meer von Oliven, Granaten, Orangen, Reéeben und Maulbeer hinabblickt, und tiber welchem ein tiefblauer Taghimmel sein Zelt ausspannt. Auch das zweile Bild von Sparta erfreut uns mit Laub- und Wiesengriin, aber die glinzend umwélkten Schneegipfel des Taygetos und die ticfen Wasserrinnen seiner Abhinge sagen uns, dass wir auf einem Boden stehen, der einst ein rauhes, abgehartetes Geschlecht erzogen. Wer michte von diesen Bildern scheiden, ohne sich noch einmal umzusehen, ohne den wechselvollen Hindriicken’ hoher Kunst sich noch einmal hinzugeben, ohne mit Bewunderung aber auch mit Wehmuth des Schépfers dieser herrlichen Werke zu gedenken, der die Ergebnisse seiner angestrengtesten Tha- tigkeit nicht mehr unter der von ihm erdachten wunderbaren Lichtwirkung gesehen, nicht mehr die allgemeine durchdrin- gende Freude der Welt an dieser seiner Schépfung erlebt hat! Wir besuchen nun die kleineren Sale an der Siidseite. Hier begegnen wir zuerst einer heil. Magdalena von Fiiger, einem Christus. mit der Samariterin von Angelica Kaufmann, einer heiligen Familie von Wilhelm Schadow und dem Ci- mabue, wie er Giotto unter Schafen findel von Clemens Zim- mermann; auch ist hier ein Bild aus dem italienischen Volks- leben von Weller, eines aus dem Schwarzwald von Kirner, Architekturstiicke von D. Quaglio, Gail, Jodl, cin Thierstiick von Verboekhoven u.a,m. Im nachsten Saal hangt ein Bild von Riedel, eine Rémerin mit ihrem Kind, uniibertrefflich in Kraft, Klarheit und Harmonie der Farbe und von gleichmassi- ger vollendeter Durchfihrung; aber mit seinen -parallelen Mas- sen von Briisten und Aermeln, mit seiner stumpfen Silhouette und seiner Gleichgilligkeit gegen Formausdruck iiberhaupt auf die Dauer fir diejenigen wenigstens nicht fesselnd, die auf Composition und Zeichnung einen Werth legen. Daneben hangt ein kleines Bild von L. Gallait, ein Ménch, der in einem Klostervorhof Almosen vertheilt, ein Bild, das nur die Fehler dieses begabten Kiinstlers, Form- und Geschmacklosigkeit, aber keinen seiner grossen Vorztige hat. Hier sind noch zwei Land- schaften von Morgenstern, eine Hochalpe von Schleich, die (restaurirte und polychromirte) Akropolis von Klenze, die Tempel zu Pastum von Coignet, eine Landschaft von Wa- genbauer, die Heimkehr von einer Bauernhochzeit von Mil- ler ete. und die Erstiirmung der Diippler Schanzen yon A. Adam. : Der nachstfolgende Saal enthalt die bereits beriihrten Far- benskizzen von Kaulbach. Dann folgt die Schlacht bei Custozza von A. Adam und die bei Novara auch von ihm; dabei hangen Eichenlandschaften von Max Zimmermann, eine deutsche und eine griechische Landschaft von €. Roltmann, letztere eine Wiederholung der Akropolis von Sikyon (wofiir vielleicht ein- mal cin anderes Bild einzutauschen wire; denn was sollen Wie- derholungen in derselben Sammlung?) eine norwegische von Baade, eine tyroler von J. Koch, eine italienische von Catel und ein sehr ausdrucksvolles Charakterbild von dem Franzosen Jacquand, Kirchenrauber-im Verhér. — In dem nun noch tbrigen Saal finden wir drei Bilder von Riedel, darunter das Modell zu seiner Sakontala im rémischen Costiime, dabei: das myste- riése, in Zeichnung und Empfindung edle, aber sehr trockne Bild von F, Overbeck, auf welchem zwei Jungfraven in fli- sterndem Gesprach mit einander sind. Es wird Germania und ltalia genannt, ohne dadurch verstindlich zu. werden, oder der Natur naher zu kommen. Hier hangen auch zwei humoristische Bilder von Geyer, ein Concilium von Aerzten und die Heim- kehr vom Maskenball, ferner Landschaften von Richard und von Max Zimmermann, Marko, Kaeckkoek, Achenbach etc , Heidelberger Schlossansichten von Kirchner und des Kronprinzen Ludwig von Bayern Bildniss von der Hand der Angelica Kaufmann. Die Kabinete an der Nordscite enthalten 180 Gemalde meist kleiner Dimension; darunter sehr werthvolle von Peter Iless, C. Rottmann, v. Bayer, Rebell, Heideck, Schleissner, Kunz, Birkel, Dorner, E. Fries, Vermeersch ete., das prachtvolle Bild der Testamentserdffmung von Wilkie, viele Hollander, einige Belgier und Franzosen und an_historischen Gemalden zwei Heiligenbilder von J. Schraudolph, Hagen und Volker von Schnorr ete.; ferner die Jobsiade von Ha- senclever, auch. eine Reihenfolge Ansichten von Miinchen, wie es noch vor dreissig Jahren war. Mittelmassiges ist nur weniges in diesen Cabineten, wohl aber wiederholen sich ein- zelne Namen so oft, dass man sie gern mit andern gleich werth- vollen, die fehlen, vertauscht sehen mochte. Der Eindruck, den die Sammlung und ihre Aufstellung im Publikum macht, ist, wie gesagl, durchaus befriedigend. Wiinsche natiirlich werden dberall laut; es ware aber, wo auf einmal und aus freiem Antrieb so viel als Geschenk dargeboten wird, Unrecht, ein anderes Wort an den Schluss dieser Mittheilung zu setzen, als das des Dankes und der Anerkennung fir die unablassige, von Liebe und Begeisterung getragene Sorge des koniglichen Grinders der Sammlung fir Belebung und Férde- rung der Kunst und Verbreitung der Freude ‘an ihr. 49 *