Hohe, die edelsten Freiwilligen fechten an seiner Seite. Das Gemetzel
wird wild und ein Pfeil trifft den Churfarsten unter dem Auge, die
Lanze eines Janitscharen verwandet thn unter der Schulter; aber un-
erschittert ruft er: Bayern, wer folgt mir? Bayern, mir nach!* und
kriegerische Raserei bemachtigt sich seiner Soldaten, Ein panischer
Schrecken ergreift die Tiirken; der ,,blane Konig brallen sie, und
wenden sich zur Flucht. Vergeblich sind sie bemtht, eine Verbindung
zu zerstéren, die zur Stadtmauer fiihrt, die Bayern bemichligen sich
der Trimmer der Bracke, erklimmen die Pallisaden und dringen in die
Stadt, Ein never blutiger Kampf entspinnt sich in den Strassen, aber
nach zwei Stunden ist der Feind niedergeworfen und Kara Mustapha
iibergiebt die Citadelle,“
	Yom Ktinstler ist der Moment des Uebergangs tiber die
Triimmer der Briicke zur Darstellung gewahlt; der Churfiirst
inmilten derselben dringt vor, seine Soldaten anfeuernd, wah-
rend die Tirken zuriickweichen und viele im Gedrange des
Kampfes von der hohen Stadtmauer herabstiirzen, unter der das
verzweifelle Gefecht sich fortspinnt. Die ganze Composition
hietet_ein klares Verstandniss und die einzelnen Gruppen und
vorgefiihrien Episoden sind von Interesse; dagegen erscheinen
uns die Costime durchgingig zu theatralisch gehalten, und
durch eine mangelhafte Luftperspective das Verhdltniss der Fi-
guren des Vorder-, Mittel- und Hintergrundes nicht vollkom-
mien im Einklang. Die Farbung ist frisch und erhoht den le-
bendigen Eindruck des ganzen Bildes,

J. Hibner in Dresden wahlte sich zum Vorwurf eines
Bildes ,das goldene Zeitalter*. Der erste Anblick desselben
liess uns fast vermuthen, dass wir das Bruchstiick eines lieb-
lichen Arabeskenfrieses, in grossem Maassstabe ausgefiihrt, vor
Augen hatten; eine Anzahl’ nackter Knaben, umgeben von rei-
cher Vegelation, die ihnen die herrlichsten Friichte zum Ge-
nusse darbietet, sind mit unschuldigem Spiel beschaftigt, Hine
vorziigliche Technik in der Ausfihrung erhdht den Genuss bei
langerem Anblick des in poelischer Weise durch den Pinsel
ausgesprochenen Gedankens.

Von Friedrich Horschelt zeigt uns ein grosses Bild
die einzelne Figur der ,Ariadne auf Naxos*. Auf einsamem,
von mannigfachen Pflanzen des stdlichen Bodens umwachsenen
Felsblocke, hinter dem die weite und dunkle Flache des Mee-
res sich ausdehnt, sitzt Ariadne, sehnsuchtsvollen und schwer-
mnithigen Blicks in die Ferne hinausschauend, Das im Winde
flatternde Haar ist mit Perlen und Weinlaub durchflochten und
das weisse Untergewand mit rothem Ueberwurfe, nachlassig zu
den Hiiften herabgefatlen, bedeckt den unteren Theil der Figur
mit reicher Draperie, wahrend die schénen Formen des Ober-
kérpers unbekleidet sich darstellen. Das Bild zeichnet sich aus
durch die classische Einfachheit in der Auffassung, durch den
Typus antiker Schénheit, den der Kinstler, bei feinem Gefihl
far Form und Linie, der Figur aufzuprigen verstand und durch
kraftige und wirkungsvolle Behandlung der Fleischléne.

Am Schlusse dieses Abschniltes dirfen wir zwei Bilder von
geringer Grésse nicht unerwahnt lassen. Sie sind von Ed. En-
der in Wien, eine ziemlich ausfihrlich behandelte Farbenskizze,
darstellend wie Franz I. von Frankreich mit der Herzogin d’E-
stamps, dem Kardinal von Lothringen und dem begleitenden
Hofe in der Werkstalt Benvenuto Cellini’s dessen Arbeiten be-
sichtigt, und von Isabey in Paris, Kénig Heinrich IV. von
Frankreich und sein Hof. — Ender’s Entwurf macht den Wunsch
rege, ihn als grosses historisches Gemilde ausgefihrt zu sehen,
wahrend wir in Isabey’s Arbeit das Kunststick eines Virluosen
mit Interesse betrachten Ist schon die Composition originell,
denn der ganze Hofstaat bewegt sich auf einer steilen schmalen
Treppe im Innern des Palasles, die reich mit Ornamenten уег-
ziert, von goldenem Schnitawerk schimmert, herab, und wir
konnen so die tibereinander sich erhebenden zahlreichen Koépfe
	deutlich erkennen, so verdient mehr noch die Geschicklichkeit
des Kiinstlers Bewunderung, mit der er in so kleinem Maass—
slabe die verschiedenste Charakteristik und die, bis in unbe-
deultende Einzelnheiten sich erstreckende Wahrheit der Co-
sliime mit kecker und fliichtiger, keincswegs sorgfaltiger und
angstlicher Fihrung des Pinsels wiederzugeben wussle.

Schliesslich nimmt in dieser Ablheilung ein Gemalde yon
Vogel v. Vogelstein durch seine grosse raéumliche Ausdeh-
nung unsere Aufmerksamkeit in Anspruch. Es behandelt in
cinem Mittelbilde und vielen Nebenbildern ,,Faust“ nach Gothe.
In der oberen Abtheilung sind zur Ausfillung der Ecken auf
Goldgrund die Portraits von Géthe und Dante angebracht; dar-
unter erblicken wir als Prolog des Gedichts, Gott Vater, zu
dessen beiden Seiten Engel mit Gesetztafeln und Evangelium
erscheinen, wie er dem Mephistopheles Erlaubniss ertheilt, Faust
zu versuchen, wahrend gegentiber Engel das gerettete Gret-
chen gen Himmel tragen. Den Miltelpunkt der ganzen Compo-
sition bildet Faust, im Lehnsessel und umgeben von verschie-
denen Geralhschaften, als Blasebalg elc., zuriickbebend vor dem
Erdgeiste, der in einer Glorie, als der obere Theil eines bar-
tigen allen Mannes, versehen mit Fledermausfligeln und Fisch-
schweif, sich ihm darstelif. In den kleinen Seitenbildern sehen
wir nach einander: 1. Faust, als Kind, wie er von seiner Mutter
in die Kirche gefiihrt wird, 2. den Spaziergang mit Wagner,
3. die Hexenkiiche, 4, die Scene im Garten, 5. Gretchen in
der Kirche, 6. den Tod Valentin’s, 7. den Hexensabbath, 8. Faust
reitet mit Mephisto am Schaffot vortiber, 9. die Kerkerscene.

Schon die dussere Eintheilung des Bildes, das sich in cine
Anzahl spitz-, rundbogiger und viereckiger Felder durch gol-
dene gemalte Sdulchen und Zwischenlinien scheidet, verstésst
gegen die Grundsdtze der Schénheit. Die Composition der ein~
zelnen Gruppen ist eine rein theatralische und ermangelt voll-
kommen einer héheren Auffassung von Géthe’s unsterblicher
Dichlung. In der Zeichnung glaubten wir die Hand eines Kinst-
lers zu erkennen, der niemals die dumpfen, von der Aussen-
welt abgesperrten Sale der Akademie verlassen hat, um einen
freien Blick auf die Erscheinungen der Wirklichkeil zu richten,
denn iiberall tritt uns ein offenbarer Mangel an Naturwahrheit
der Formbildung unabweislich entgegen; niemals sass z. B. ein
Reuter, wie Faust in der Scene am Schaffot, bis beinahe unter
die Arme im Ricken des Pferdes, und niemals ist ein Pferd,
das nur annihernd Gestalt und Formverhalinisse des hier dar-
gestellten besessen hatte, in Wirklichkeit gefunden worden. Ein
zwar scharfer, aber sehr bezeichnender Ausdruck der in allen
Theilen des Bildes angewendeten Art der Zeichnung wiirde das
Wort ,,kindisch* sein, Leider vermag auch die Technik der
Malerei nicht, uns fiir jene Mangel zu entschadigen, denn wir
vermégen darin nur die Richtung der sogenannten deutschen
Schule, mit unrichtiger Nachempfindung angestrebt,
zu erkennen.

Nachdem wir uns gendéthigt sahen, aus Liebe zur Kunst
und Achtung vor ihrer Weihe, diesen allerdings harlen Aus-
spruch zu thun, gehen wir zu den Werken der Portraitmalerei tber.
	Die Portraitmalerel.,
	Unter der geringen Anzahl der ausgestellten Portraits ge-~
bihrt diesmal der erste Preis C. Begas in Berlin, der sein
eigenes Bildniss behandelte. Ohne hier ausfihrlicher auf vor-
liegende Arbeit einzugehen, verweisen wir unsre Leser auf M.
Unger’s geistreiches Werk tiber das Wesen der Malerei, wo
Pag. 136 diesem Kiinstler einer der ersten Platze in der Reihe
der lebenden Portraitmaler cingeréumt und das von ihm Gelei-
stele einer umfassenden Kritik unterworfen wird.

Ueber Graefle’s Arbeilten in diesem Fache haben wir uns,