Bildes denselben Meister jener Studien’). wiederfinden, sondern
vielleicht die Identilat der beiden Kopfe mit einzelnen dieser
Studien nachweisen kénnen. Ja, auch der Stich des beriihmten
Reitergefechtes zeigt zwei ganz ahnliche Képfe.

Liefern nun Farbe, Modellirung und der individuellere
Charakter des Ganzen den. Beweis, dass dieses Bild der ersten
Periode von Leonardo’s selbstandigem Schaffen angehért; — und
setzen die Képfe der Spdtter jene erwahnten Studien voraus,
weil sic ihnen entnommen sind, so kann das Bild erst nach
Vollendung dieser Studien gemalt sein.

Wir wissen aber nun mit Sicherheit, dass diese Studien
erst in Mailand gemacht wurden, weil sie Beischriften mailan-
dischen Dialektes. tragen; Leonardo kam aber 1480 nach Mai-
land, also in einem Alter von 28 Jahren®), es wiirde daher
mit Wahrscheinlichkeit zu schiiessen sein, dass die. Entstehungs-
zeit des Bildes in diese Jahre fallt.

Verhalfen uns die Studien des Leonardo zu einer sicheren
Zeitbestimmung unseres Bildes, so zeigt uns dieses auch wie-
der, dass der Kiinstler wohl wusste, warum er solche Studien
machte, die er in der Anwendung auf die Charakteristik ihres
Wesens miassigte.

Alles, was spdter zur Eigenthtimlichkeit der Grésse Leo-
nardo’s gehért, spricht sich schon in diesem Bilde aus, und
weder Luini noch ein sonstiger hatte es erschaffen kénnen.

Liegt aber die hohe Aufgabe und Vollendung der Kunst in
dem Geheimniss, die Vorgiénge des Geistes~ und Seelen-Le-
bens in Formen zu bannen, die ilnen analog sind, so ist Leo-
nardo. da Vinci ein unerreichter Genius, und diese Schépfung
des Conflictes roher Misshandlung und ergebener Duldung eine
abermalige Verherrlichung seiner Grésse.

Cornelius wie Overbeck haben dem Bilde, dessen
Herkunft nicht zu erfahren ist?), Zeugnisse unbedingter Echt-
heit adsgestelll, was beitragen mége, seinen Weg in ein deul-
sches Museum zu bahnen.
	Baunstliteratur.
	tragische Geschick, das tragische Milicid, das Komische, die
poetischen Kontraste, die Tendenzpoesie, das Verhaltniss der
Poesie zur Geschichte, zur Philosophie, der Phantasie zum Aber-
glauben, alle diese Themen leihen ihm einen fruchibaren Stoff
zu ganz inleressanten Betrachtungen. Kénnen wir diese nicht
tiberall wissenschaftlich erschépfend nennen, -verspricht also
eigentlich. der Titel des Buchs mehr, als dasselbe halt, da man
leicht verlithrt wird, zu glauben, dass der Verf. darin offene
oder schwebende Fragen lésen oder ein Stick weiler enlwickeln
wolle, — so bilden sie doch eine geislig anregende und fir
den Kinstler wie fiir den Laien empfehlenswerthe, weil Ge-
danken weckende Lektiire. Geschmack, vielseilige Bildung,
Liebe zum Schénen und zur Kunst sind Eigenschaflen, die im-
mer erfreuen, an Biichern wie an Menschen, А. С.
	Christus und die Kunst. Hingeleitet durch Worte der
Erinnerung an. Ludwig Tieck. Von Dr. Albert Peip.
Berlin 1853.. Druck und Verlag von Georg Reimer.
	ег Уег!аззег. 41е5е5 Schriftchens unternimmt in demselben
einen Feldzug fiir die Christlichkeit der Kunst nicht allein, son~
dern auch fiir die Christhichkeit der Kunstgeschichte, von der
er verlangt, dass sie mit christlichem Sinne, mit christlichen
Grundsatzen an die Beurtheilung der Kunsterscheinungen gehe.
Es ist ein eigenes Ding um die christlichen Grundsalze, sobald
es gilt, wissenschaflliches Urtheil darauf zu begriinden. Gar
verschiedene Ansichten und Denkweisen behauplten, das Achte
Christenthum zu besilzen, aber je ausschliesslicher sie sich auf
beslinmle Dogmen sleifen, um so einseiliger wird ihre Be-
trachlung des Lebens und seiner mannichfalligen Momente. Zu
den eigentlich Exklusiven haben wir. den Verf. nicht zu rech-
nen, In der Einleitung, welche brieflich’ an den (millerweile
verstorbenen) Tieck gerichtet ist, spricht er sich tiber seinen
Standpunkt folgendermaassen aus: ,Ohnehin weiss ich mich fern
von pharisdischer Bekehrungssucht; ich geslehe sogar, auf die
Gefahr hin, der Lauheit gezichen zu werden, unbewunden: von
dem millleren Standorte menschlicher Bildung aus hall’ ich es
fir ehrlicher und ehrenhafter, sich allem Christenthum zwei-
felnd ab-, als-sich dem pharisiisch gebotenen init Gewissheits—
diinkel zuzuwenden.* Hr. Dr. Peip richtet sich daher. mit sei-
ner Polemik ebenso entschieden gegen. die , Sonderchristen “,
welche uin des Christenthums willen die Kunst theils ganz, theils
beziehungsweise verwerfen, wie gegen die ,Freigeister“, die
,als Kiinstler® das Christenthum schlechthin oder beziehungs-
weise verwerfen. Zu den Letzteren zahlt er Schiller und geht
auf dessen Briefe tiber die dsthetische Erziehung des Menschen
beurtheilend ein. Wir kénnen ihm hier nicht durch diese ne~-
girenden Entwickelungen folgen, wollen jedoch schnell einen
Blick auf diejenigen Satze werfen, welche der Verf. als sein
Posilives giebt. -Er sagt: ,der Gegenstand der Kunst, das
Schéne, ist das yon dem Wahren und dem Guten durch-
schienene Natirliche*. Mit dieser Definition konnen wir uns
einverslanden erklaten, so weit cine Definilion. iberhaupt zu-
treffend zu sein vermag. Wenn er dann hinzufigt, damit glie-
dere sich die christliche Kunstwissenscliaft in die allgemeine
christliche: Wissenschaft cin, wenn er diese letztere, im Hin-
blick auf die ewige Dreivinigkeit Gottes, in drei Reiche theilt
und sagt, das Wahre sei das Reich des Valers, das Schéne
	‘das Reich des Sohnes, das Gute das Reich des hetligen Gei-
	stes, so giebt er eine theologische Symbolik, welche dem wis-
senschafllichen Gedanken durchaus dusserlich bleibt; cin Bild,
das der Verf. erliutert, indem er das Schéne hinstellt als den
Mittler zwischen dem Wahren und dem Guten. Daraus folgert
	Aesthetische Fragen von Dr. J. Frauenstédt.
Dessau, Druck und Verlag von Gebriider Kats. 1853.
	‘Eine Schrift, deren Besprechung nur theilweise in die
ЗраНеп des ,,deutschen Kunstblatts* gehdrt. Die Reihe von
dsthetischen Abhandlungen, -weJ-b» sie enthalt, verbreitet sich
mit geistvoller Auffassung, umfassénder Belesenheit und Kennt-
niss des Gegenstandes tiber verschiedene Gebiete der Kunst,
doch vorzugsweise tiber das der Poesie. Was der Verf. in
mehreren Abhandlungen tber allgemeine Fragen, tiber das Ver-
haltniss ‘der Aesthelik zum Gefahl des Schénen und zur Kunst,
iiber dic’ verschiedenen Arlen des Wohlgefallens, tiber zwei der
Schénheit verwandle Begriffe: Natiirlichkeit und Vollkommen-
heit, uber die asthetische Nachahmung, tiber den Unterschied
der asthelischen und moralischen Beurtheilung ausspricht, was
er in cinem anderen Aufsatze zur Vergleichung der Kiinste an-
fihrt, trifft mehr oder weniger alle Zweige der Kunst. Doch
wendet sich der Verf. mit besonderer Liebe und auch mit be-
sonderer Einsicht der Dichtkunst zu. ‘Der tragische Held, das
	1) Gestochen von Hollar, J. Sandrart und le ©, ©. — Auch herausge-

geben von Giuseppe Vallardi in Mailand.
2) Nachweis tiber diese Studien, tber sein Geburtsjahr und das Jahr

seiner Uebersiedelung nach Mailand in den Anmerkungen des Herausgebers

zum deutschen Vasari.
3) Es soll aus Genua kommen und befindet sich aufbewalrt beim Prof.

Minardi; der Besitzer befindet sich ebenfalls im Rom.