Wenn so der Maler mit dem Dichler geht,
In seines Geistes Schaffen eingedrungen,
Und dann sein Bild zu Jenes Traum entsteht,
	  Dann nenn ich es in hehrster Art gelunges.
	Dann ist’s die Dichtung selbst in Form und Farben.
Und leben wird’s, ob auch die Meister starben 
	Do aber, Kiinstler! schame Dich, dass Da,
Was Poesie Dir selber eingegeben,

Gleich einem Geizhals hangst in trager Roh

An stille Wand! Hinaus in’s reiche Leben
Schick’ diese Bilder, dass an solchen Gaben
Sich auch der Andern Aug” und Herzen laben 
	Joseph Meurer, Maler und Radirer.
	In Nagler’s Kiinstlerlexikon wird dieser Kiinstler aulgefuhrt
und von ihm gesagt, dass seine Lebensverhalinisse unbekannt
seien. — Brulliot beschreibt eine Radirung Meurer’s, einen an
einem Baum slehenden Knaben vorstellend, der einem fortflie-
genden Vogel nachblickt, und die gezeichnet ist: ,, Joseph Meurer
inv. pin. et fee.“ — und er meint, dass der Kiinstler der flam-
lindischen Schule angehért und im 17. Jahrhundert gelebt habe.

Ich bin im Stande tiber das Leben dieses allerdings wenig
bekannt gewordenen Kiinstlers vollkommen Auskunft zu geben.

Joseph Meurer gehérte wedér der flamlindischen Schule
an, noch lebte er im 17. Jahrhundert: er war ein Deutscher,
der um 1740 in der Nahe von Minster in Westphalen geboren
wurde und um 1817 in dem westphalischen Stadtchen Vreden
starb. Der Kiinstler wurde anfangs von seinen wohlhabenden
und angesehenen Eltern fiir ein gelehrtes Fach bestimmt aber
dann bei seiner ausserordentlichen Neigung und Anlage fir die
Malerci, zu einem geschickten Maler in Frankfurt a. M. in die
Lehre gethan. Den Namen dieses Meisters habe ich nicht er-
	шШеш Кбппеп; 4ег Ош$апа jedoch, dass Meurer die Familie
	Goethe recht wohl gekannt hat, veranlasst mich, zu glauben,
dass sein Lehrmeister einer derjenigen Kunstler war, deren
Goethe in seiner Selbstbiographie erwahnt und welchen der
Vater Goethe vielfach Bestellungen machte. Von Frankfurt
wendete sich M. nach Paris, wo er eine Reihe von Jahren blieb,
dann kehrte er fir immer in seine Heimath zuriick. Hier ver-
weilte er theils in Minster, theils auf dem Lande bei seinen
Geschwistern, bis er ganz zu seinem Bruder, einem kunstsin-
nigen Apotheker, der ein vortreffliches Cabinet niederlandischer
Gemilde besass, nach Vreden zog, wo er zuletzt in volliger
Abgeschiedenheit auf einem kleinen Landgute ganz seiner Kunst!
lebte. — }

Meurer’s Lebenszeit fallt in eine fir die Malerei Richst

ungiinstige Periode und sein Talent, welches keineswegs un-
bedeutend war und zu einer andern Zeit zu einer vielleicht
	An Caspar Scheuren,
	als ich zum ersten Male seine Illustrationen zu Shakespeare,
Schiller und Goethe sah.
	Ha, so ists Recht! nur das Genie kann maien,

Was das Genie gedacht! So wird das Wort zum Bild,
Die eine Kunst wird hier der andern zahlen

Den Ehrensold! Was stark und reich entgnillt

Des Dichters Herzen, Geist und Phantasic,

Verkérpert, so wie hier, sah ich’s noch nie!
	Drei Tafeln schau! — Auf hohem Ehrensitze,

Da thronen Drei, die unvergesslich sind.

Schau dort auf jener Stirn des Geistes Blitze:

Das ist der Britie! Lacheind wie ein Kind
Lauscht dieser hier mit seinem warmen Herzen, —
Klug schaut der Dritte auf des Lebens Schmerzen.
	Und um sie her, da tummelt sich dte Schaar
Von ihren luft gen Phantasiegestalten ;
Verkérpert zu dem Leben voll und wahr
Siehst du der Dichter Traume sich entfalten!
Das ist kein Bild, o Maler, nur von Farben:
Der Dichter Geist ist’s, deren Leiber starben!
	Schau, hoher Britte, das Gewihl um Dich:

Dort irdumt dein Hamlet! Lear schlagt sich das blinde

Gesicht! Dort taumelt Falstaf lasternd, neben sich

Den magern Pagen! — Weh, in Todesangst und Siinde

Schreit Richard nach dem Pferd  Der Mohr rast ohn Erbarmen, —
Hier stirbt Romeo treu in Julia’s Armen!
	Und du, mein Schiller, was dein reiner Geist

So hehr und gross ersann, sieh” wie’s hier um die Glocke,
Die michtige, in buntem Reigen kreist:

Messina’s Braut mit thranenfeuchter Locke! —

Den todten Freund drickt Karl an seine Brust,

Und seiner Kunst sieht sich der Tell bewusst!
	Zu deinen Fissen sieh die Jungfrau welicn, —
Die Stuart fleh’n, — kihn fasst mit slarker Hand
Der Friedland an den Kaiserstuh), — zu theilen
Luisen’s Opfertod eilt Ferdinand!

Kein Purpur giebt Fiesco Leonor’

Zuritck, — und in Verzweiflang stirbt dein Moor!
	Капп5 du noch fragen, wer der ernste Dritte,

An dessen Sitze Kunst und Wissen stehn?

Schau seinen Tasso mit der stummen Bitte

Um Liebe, — №55 Du nicht das glih’nde Weh n,
Mephisto’s Odem? Steh die Reu Clavigo’s Stolz bezwingen.,
Egmont dort kosen, — hier den Berlichingen!
	Wo zahl ich all die wechselnden безаЦеп

Voll Lieb und Lust, voll Schmerz und Leidenschaft.
Wie um den Thron sie des Erzeugers walten,
Hervorgerufen aus des Traumes Haft?

Der Dichterfiirsten hehren Poesieen

Hat hier der Griffel Form und Bild verliehen.