SCHWEIZER
GRAPHISCHE MITTEILUNGEN
MONATSSCHRIFT FÜR DAS GRAPHISCHE KUNSTGEWERBE
REDAKTEUR UND HERAUSGEBER: AUG. MÜLLER - DRUCK: BUCHDRUCKEREI ZOLLIKOFER & CIE. ST. GALLEN
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FEBRUAR 1931 * * ZWEITES HEFT * * 49. JAHRGANG
WASSERFARBENDRUCK.
Unter Waflerfarbendruck hat man heute mehrere Verfahren und deren Abarten zu verliehen. Um
es gleich vorauszufchicken: all die nachfiehend genannten Verfahren find nur Variationen des Buchdrucks, werden alfo ausfchlieblich aul der Buchdruckpreffe ausgeführt; ferner ifi zum vornherein intereffant, dab fich keines der Walfcrfarbendruckverfahren einer reinen Waflerfarbe bedient.
Als grundlegend zu betrachten ifi der fogen. Jean-Berte- Prozeb. Dem eiferten dann andere Verfahren nach, indem fie andere Wege befonders in der Farbenherfiellung befchritten. Der Jean-Berte-Prozeb ifi patentiert und wird in Amerika ziem
lich häufig, wie man zugeben muh auch mit Erfolg, ausgeübt. Neuerdings findet er auch in England immer mehr Anklang.
In Deutfchland hat meines Wiflens der Jean-Berte-Prozeb für Buchdruck noch keine praktifche Ausübung gefunden. Damit
foll aber nicht gefagt fein, daf? unfere Farbenfabriken und Druckereien fich überhaupt gegen die Neuheit des Waflerfarbendrucks in der Buchdruckpreffe paffiv verhalten. Im Gegenteil, man geht auch hier eigene Wege, und immer häufiger fieht man in der Fachpreffe derartige Drucke.
Der Name und die Bezeichnung Jean-Berte-Prozeb geht auf einen franzöfifchen Künfiler zurück, der fich vor mehreren Jahren in Amerika anfäffig machte. Er kannte ficher den Schablonen
druck der Modejournale, welcher in Paris häufig ausgeführt wird und wie ihn auch die Berliner Firma Lyon ausübt. Berte, wahrfcheinlich Graphiker und Zeichner zugleich und auf diefe
Arbeiten fpezialifiert, empfand fiörend, dab im Buchdruck undden anderen Druckverfahren es nicht möglich war, feine reinen Wafierfarben fo wie fie auf der Palette brillieren (befonders Blau, Purpur, Grün), vollkommen wiederzugeben. Nach vielen Verfuchen und der Zufammenarbeit mit Farbenfabriken und Druckfachleuten kam fein Verfahren zufiande, daf? es ermög
licht, fogen. Wafierfarben anfiandslos auf der Buchdruckpreffe zu drucken.
Neu an fich ifi der Waflerfarbendruck allerdings nicht, er ifi wohl überhaupt das erffe Druckverfahren. Die chinefifchen und japanifchen Farbenholzfchnitte find allgemein bekannt. Diefes alte Waflerfarben-Druckverfahren von Holzfiöcken (wobei die Farbe mit dem Pinfel aufgetragen ifi) wurde feinerzeit durch Profeflor O r 1 i k der Öffentlichkeit in Deutfchland nähergebracht vor etwa 30 Jahren, als er von einer Studien
reife nach Ofiafien zurückkehrte, die eigens zur Erforfchung und Erlernung diefer öfilichen Kunfi unternommen war.
Daf? unfere T a p e t e n fafi allgemein mit Waflerfarben gedruckt werden, ifi bekannt; weniger vielleicht, daf? vomTapetendruck auch die Rakel für Rotationstiefdruck übernommen wurde, die von einem Schottländer namens Thomas Bell im Jahre 1783
erfunden wurde. — Die ältere Generation wird fich noch der Neuruppiner Bilderbogen, „gedruckt bei Gufiav Kühn in Neuruppin 1, erinnern; fie war die „Illufirierte unferer Grobväter,
meifienteils mit Wafierfarben handkoloriert, gewiflermaben alfo ein Vorläufer.
Der Kern des Waflerfarbendruckproblems für die Buchdruckprefle liegt naturgemäb in der Farbe. Es ifi eine befonders
präparierte Farbe, fehr fiark pigmentiert. Man unterfcheidet dabei transparente, halbtransparente und mehr deckende Farben.
Nach englifchen Quellen teilt man die Farben in zwei Klaffen: 1. in folche, die in der Bafis mit Glyzerin gebunden find, deren
fich das Jean-Berte-Verfahren bedient; 2. in folche von matten Ölfarben, die überpigmenfiert find, alfo fehr viel Farbfioff auf
weifen. Hierher gehören die anderen Verfahren. Als Zufäfee zum reinen Waflerfarbendruck kommen Reispafie, Zucker, Sirup und andere Subfianzen in Frage. Durch Anreicherung mit Zu
fähen, richtiger Vermanfchung der reinen Farben, verlieren diefelben für den Drude naturgemäb an Leuchtkraft. Daher kommt es z. B. auch, dab die ofiafiatifchen Holzfchnittdrucke der Neuzeit nicht mehr fo farbenfreudig und frifch wirken wie ältere Drucke, weil fich die dortigen Drucker (Holzfchneider und Drucker find hier eine Perfon) für die Farben neuerer Streck-, Hilfs- und Erfafefioffe bedienen.
Es ifi klar, dab man mit den unter 1. genannten Farben bei ihrer mangelnden Zugkraft nur fchwer von Metall drucken kann. Wie eingangs gefagt, ifi der Ausdruck „Waflerfarbendruck“ irreführend; es kommt gar kein Wafler zur Anwendung, die Farben find vielmehr nur mit Glyzerin gebunden.
Nach vielen Fefifiellungen fand man ferner heraus, dab fich zum Drucken am befien eine Art Gummi-Druckträger eignet, er hat eine Leinwandunterlage und wird auf Metallfub (befondere Blei-Zinklegierung) aufgeklebt. Diefe Gummikompofition nimmt die Glyzerinfarbe bereitwillig auf und gibt fie auch wieder gut ab; dadurch erreicht man eine volle Sättigung der Abzüge. Bei der Gefchmeidigkeit und Nachgiebigkeit des Druckträgers ifi flarker Druck nicht notwendig. Die Amerikaner fprechen darum auch von einem „kiss-print“, alfo mehr von einer Art Saugdruck.
Die Druck walzen befiehen aus befonderer Mafle; mit den gewöhnlichen Walzen kommt man nicht zurecht. Es mub daher beim Jean-Berte-Prozeb ein neuer Sab Walzen angefchafft werden, der ziemlich teuer zu flehen kommt. Hierbei mag gleich darauf hingewiefen werden, dab bei den andern kon
kurrierenden Druckarten, die (nach 2.) auch mit der etwas anderen Farbe arbeiten, keine neuen Walzenfähe notwendig find. Hier genügt vollkommen ein (angeblich ausgedienter) Sah, welcher nur befonders präpariert werden mub.
Bei all diefen Verfahren ifi eine umftändliche Zurichtung notwendig. Doch wird es wegen des immerhin diffizilen Arbeitsganges nicht möglich fein, gerade eine Art Hafenjagd mit der Mafchine zu machen. Dab man von den Gummiklifchees hohe Auflagen erreichen kann, leuchtet ein, da der mehr weiche Druck nur leichte Druckfpannung erfordert.
In den Vereinigten Staaten werden in der Hauptfache die
mehr mit Glyzerin gebundenen Farben verwendet; es wird