SCHWEIZER




GRAPHISCHE MITTEILUNGEN




MONATSSCHRIFT FÜR DAS GRAPHISCHE KUNSTGEWERBE


REDAKTEUR UND HERAUSGEBER: AUG.MÜLLER - DRUCK: BUCHDRUCKEREI ZOLLIKOFER& CIE. ST.GALLEN
Die „Schweizer Graphifchen Mitteilungen“ erfcheinen monatlich einmal. — Abonnementspreis per Halbjahr bei direkter Zufiellung inklufive Porto für die Schweiz Fr. 6.— (mit Schufjkarton Fr. 7.—), für die Länder des Weltpofivereins Fr. 7.50 (unter Kuvert mit Schufjkärton Fr. 9.—). — Bei einem Poftbureau in Deutfchland beffellt per Halbjahr RM. 5.80 (unter Kuvert mit Schutikarton RM. 6.70) zuzüglich Befiellgebühr. — Durch den Buchhandel in Deutfchland Fr. 9.— per Halbjahr. — Inferafe 40 Cts. die Pefitzeile. Bei Wiederholungen Rabatt. Beilagen nach Übereinkunft.
MÄRZ 1931 * * DRITTES HEFT * * 49. JAHRGANG


EIN SCHWIERIGER, ABER NUTZBRINGENDER BERUF.


Durch das in den lebten Jahren immer fiärkere Erkennen der Werbung als Förderer der Wirtlchaft find auch die Leute, die die Re
klame „machen“, mehr in den Vordergrund getreten. Ihr Wert wurde erkannt und eine planvolle Reklame ohne gutgefchulte Re
klamefachmänner ifi heute nicht mehr auszudenken.
Die Texter, fag Wortkünfiler, haben die Aufgabe, alle Werbetexte wirkungsvoll auszuarbeiten. Der Text muh neuartig fein und das Intereffe des Lefers feffeln. Die Argumente, die den Gefchäftsabfchluß herbeiführen follen, müffen herausgefeilt werden und in kurzer Form fo zwingend zum Publikum Iprechen, daß womöglich ein Gefchäft daraus entlieht.
Der Werbefachmann, Reklamechef oder Werbeleiter hat die Wege und Mittel der zu erfolgenden Reklame auszudenken und hat insbefondere auch durch feine Mahnahmen einen
im Verhältnis zum dafür ausgeworfenen Betrage flehenden Erfolg herauszuholen. Dies ifi nicht einfach. Eine erfolgreiche Reklame ifi Ichwerer auszudenken, als manche oft ahnen. Ideen gibt’s zwar viele, aber gute find nicht aus den Ärmeln zu fchütteln.
Der Werbefachmann hat alfo feinen Kopf voll Sorgen, und er darf fich nicht mit Dingen aufhalten, die fein Tätigkeitsfeld nur fireifen. Er muh alfo zum Beifpiel zum Entwerfen der Druck
fachen eine Hilfskraft haben, den Druckfachen-Entwerfer. Und das ifi der fchwierige, aber nutzbringende Beruf, den ich fchildern will, und der unfer gröhtes Intereffe verlangt. Denn es ifi der Beruf, der den aus dem Buchdruckerfiand flammenden Arbeits
kräften Vorbehalten fein follte. Es wird in diefem Berufe viel
gefündigt. Es find als Druckfachen - Entwerfer oft Leute tätig, die nie eine Type in der Hand gehabt haben und die von der Technik der Typographie nur aus der Ferne einen Hauch
verfpürten. Hier heiht es für den Buchdrucker aufpaffen, damit er lieh zum Schaden feines Gewerbes durch Berufsfremde nicht von einem ihm zuflehenden Arbeitsgebiete verdrängen läht.
Ich rede hier natürlich nicht von rein zeichnerilchen Arbeiten, die vom Gebrauchsgraphiker erledigt werden, fondern von typographifdien Ausfiattungen der Reklamedruckfachen. Der Ge
brauchsgraphiker hat seine Dafeinsberechtigung erwiefen und fein Wirken wird voll anerkannt. Ja, der Gebrauchsgraphiker ifi uns überhaupt verwandt. Wenn er fich mit dem Typographen zu gemeinfamer Arbeit zufammenfindet, entfiehen Qualitätsarbeiten, die zur erfolgbringenden Werbung unerläßlich find.
Wir in der Praxis können ja tagtäglich die Entwurfswunder fehen, die von fogenannten Druckfachen-Entwerfern zur Erledi
gung eingehen. Das Herz dreht fich dem fefi mit feinem Beruf verwurzelten Akzidenzer um, wenn er aus folch unfinnigen
Entwürfen etwas machen foll. Warum betraut man nur diefe ungeeigneten Kräfte mit folchen, typographifche Kenntniffe vorausfeßenden Tätigkeiten ? Die Entwürfe find meifi nicht auszuführen. Die Schriften in der Druckerei haben ganz andere
Breiten und Höhen und der Sah füllt entweder mehr oder weniger Raum, als es der Auch-Typograph gedacht hat. Noch
viele andere technifche Unmöglichkeiten fehen dem Gewollten eine Grenze. Es wird etwas ganz anderes aus der Druckfache. Die Druckerei hatte undankbare Arbeit und der Herr Entwerfer fihimpft dann obendrein noch wie ein Rohrfpah, daß fein Ent
wurf ganz anders ausfieht, als er ihn haben wollte. Manche Druckfache, die einem als Fachmann in die Hände kommt und über deren Ausführung man entfeht ifi, kommt auf das Konto
diefer berufsfremden Entwerfer. Hier müffen fich die Werbefachleute darüber klar fein, daß es für fie überaus nützlich ifi, bei Engagement eines Entwerfers nur aus der Praxis flammende Kräfte zu berückfichtigen.
In großen Firmen, wo tagtäglich Druckfachen, feien es Prospekte, Kataloge, Inferate, Brolchüren oder dergleichen zur Befiellung hinausgehen, ifi das Vorhandenfein eines eigenen Druckfachen-Entwerfers äußerfi nützlich. Durch eine einheitliche Gefialtung der Druckfachen wird durch deren Ausfehen ein
fogenannter Hausfiil erreicht, der eine große Werbewirklämkeit hat. Der Buchdrucker auf folchen Pofien bedenkt bei den Entwürfen alle technifchen Ausdrucks- und Ausführungsmöglich
keiten, um bei größtmöglicher Billigkeit die befie Wirkung herauszuholen. Ein Berufsfremder kann dies nicht; er wird, da er unfachgemäß arbeitet, zum Schädling feines Auftraggebers. Was weiß ein ungelernter Entwerfer von der Wirkungsmöglichkeit eines Bleilchnittes, einer Negativzeile, einer unter
gelegten Tonplatte, eines Duplexdruckes oder von den vielen anderen buchdruckerlichen Kniffen? Kann er mit den Farbenkenntniffen des durch die Praxis gefchulten Fachmannes kon
kurrieren ? Doch ficher nicht. Also nochmals die Mahnung an die Werbeleiter: Stellt keine falfchen Kräfte als Entwerfer ein.
überall kann man natürlich nicht feinen eigenen Druckfachen- Entwerfer anfiellen, da diefe Ausgabe für mittlere und kleinere Firmen zu fehr ins Gewicht fällt. Hier hat nun fehr oft der Firmeninhaber selbst, oder wenn ein Reklamefachmann vorhanden ifi, diefer den Ehrgeiz, die Druckfachen felbfl zu ent
werfen. Warum aber diefe Mühe, wo fie gar nicht notwendig ifi ? Die Druckereien haben längfi diefe Umfiände bedacht und fie sind in der Lage, der Kundlchaft diefe Arbeit abzunehmen.
Früher, als man den Wert des Werbegedankens noch nicht fo fiark erfaßt hatte, war es üblich gewefen, das Manufkript zur Druckerei zu geben und dort wurde der erfie Akzidenzfefjer mit der Gefialtung der Druckfache betraut. Der erfie Akzidenzfeßer ifi heute etwas ins Hintertreffen geraten, und er hat die vorbereitende Arbeit zur Gefialtung einer werbekräftigen Druck
fache dem Entwerfer, den die Druckerei eigens für diefe Zwecke befchäftigt, überlaffen müffen.
Diefe Druckfachen-Entwerfer find die befien ihres Faches, und fie haben ihre Eignung zu folch fchwierigem Pofien erfi nach langen, harten, praktifchen Arbeiten und Studium aller für diefe Tätigkeit notwendigen technifchen Kenntniffe erreicht.