feinen Herren, die nun das einzige Kunstpublikum darstellen, ebenso die Nase wie über die knorrigen Reimpaare des Hans Sachs, die jetzt den Spottnamen der „Knüttelverse“ er
halten und deren Dichter zum Gespött der literarischen Schwächlinge der neuen Zeit wird.
Aber noch eins kommt hinzu. Es wäre falsch, diesem Umschwung der allgemeinen
Verhältnisse die ganze Schuld am Niedergang des Holzschnitts zuzuweisen. Was außer diesen Zuständen sein Weiterblühen hinderte, war ein künstlerischer Grund: das mächtige Vordringen des malerischen Elementes. Wenn auch die großen Meister der Hochrenaissance, vor allem die Angehörigen der venezianischen Schule in der leuchtenden Pracht schöner Farben schwelgten, so war doch für sie das Koloristi
sche nicht die ausschlaggebende Hauptsache. Die schöne Linie, die Harmonie der Form, die Haltung und Bewegung der Figuren, das Arrangement der Landschaft waren für sie mindestens ebenso wichtig. Correggio ist derjenige unter den italienischen Meistern, der zu
erst ganz andere, rein malerische Probleme aufrollte. Schwierige Beleuchtungsaufgaben zu lösen, Gegensätze von grellem Licht und tiefem Schatten natürlich und doch effektvoll wiederzugeben, war sein Hauptbestreben. Die nieder
ländische Kunst des XVII. Jahrhunderts führt uns dann einen gewaltigen Schritt weiter. Rubens und Rembrandt sind durchaus male
rische Talente, Rubens nach der koloristischen, Rembrandt nach der luministischen Seite. Der Maler ist jetzt nicht mehr ein Künstler, der sich seine Bilder in Linien aufbaut und dann durch Farben belebt, sondern er geht von der Farbe aus: er beginnt malerisch zu denken. Die niederländischen Meister haben noch nicht das letzte Ziel dieses Strebens erreicht. Erst die Entwicklung des XIX. Jahrhunderts hat die Bewegung zum Abschluß gebracht; der Im
pressionismus, der die feste Kontur überhaupt auflöst und Linien eigentlich gar nicht mehr anerkennt, ist das letzte Stadium der absolut malerischen Epoche. In dem Maße aber, wie das koloristische Interesse erstarkt, verringert sich naturgemäß die Anteilnahme für das Wesen der Linie. Auch in den vervielfältigenden Künsten, die darauf angewiesen sind, ohne Farbe auszukommen, suchte man jetzt nicht so sehr die Ausdrucksfähigkeit der Linien weiter
zu entwickeln, als vielmehr ihre Mittel zu malerischen Wirkungen zu verwerten. Die Einzel
linie an sich, der energische Kontur interessiert nicht mehr. Was man sucht, ist die durch ein Zusammenarbeiten vieler schwarzer Linien und Punkte hervorgerufene malerische, wenn auch nicht farbige, so doch Helldunkel-Wirkung. Diesen Wunsch aber konnte der Holzschnitt damals noch nicht befriedigen. Weit mehr kam ihm der Kupferstich entgegen, der nun an die erste Stelle unter den graphischen Künsten einrückt. Es ist bezeichnend, daß man sich auch bei ihm nicht beruhigte, sondern weitere Methoden des Tiefdruckverfahrens suchte, die der malerischen Absicht besser zu dienen im stände waren. So entwickelte sich die Ätzkunst, die Radierung und weiterhin die Schab
kunst, reproduzierende Methoden, in denen die feste Linie kaum mehr zur Geltung kommt, sondern malerischen Werten — also den Ge
gensätzen zwischen helleren und dunkleren Partien, den Schattierungen und Modellierungen weichen muß. Radierung und Schabkunst aber waren doch an eine so komplizierte und ver
hältnismäßig kostspielige Technik gebunden, daß sie für die Zwecke einer weiteren Ver
breitung nicht recht in Betracht kommen konnten. Freilich, so wie der Holzschnitt ließ sich auch der Kupferstich nicht verbreiten, denn auch seine Herstellung war immerhin mit größeren Kosten verknüpft. Aber es war auch das Be
dürfnis der Massen geringer geworden, schon weil ihre Kaufkraft erlahmte. Die graphische Kunst, die noch mehr als die Malerei nach Brot geht, mußte sich nach den Wünschen der
Abb. 2. Kopf eines Philosophen. Von Rembrandt.
Größe des Originals.
halten und deren Dichter zum Gespött der literarischen Schwächlinge der neuen Zeit wird.
Aber noch eins kommt hinzu. Es wäre falsch, diesem Umschwung der allgemeinen
Verhältnisse die ganze Schuld am Niedergang des Holzschnitts zuzuweisen. Was außer diesen Zuständen sein Weiterblühen hinderte, war ein künstlerischer Grund: das mächtige Vordringen des malerischen Elementes. Wenn auch die großen Meister der Hochrenaissance, vor allem die Angehörigen der venezianischen Schule in der leuchtenden Pracht schöner Farben schwelgten, so war doch für sie das Koloristi
sche nicht die ausschlaggebende Hauptsache. Die schöne Linie, die Harmonie der Form, die Haltung und Bewegung der Figuren, das Arrangement der Landschaft waren für sie mindestens ebenso wichtig. Correggio ist derjenige unter den italienischen Meistern, der zu
erst ganz andere, rein malerische Probleme aufrollte. Schwierige Beleuchtungsaufgaben zu lösen, Gegensätze von grellem Licht und tiefem Schatten natürlich und doch effektvoll wiederzugeben, war sein Hauptbestreben. Die nieder
ländische Kunst des XVII. Jahrhunderts führt uns dann einen gewaltigen Schritt weiter. Rubens und Rembrandt sind durchaus male
rische Talente, Rubens nach der koloristischen, Rembrandt nach der luministischen Seite. Der Maler ist jetzt nicht mehr ein Künstler, der sich seine Bilder in Linien aufbaut und dann durch Farben belebt, sondern er geht von der Farbe aus: er beginnt malerisch zu denken. Die niederländischen Meister haben noch nicht das letzte Ziel dieses Strebens erreicht. Erst die Entwicklung des XIX. Jahrhunderts hat die Bewegung zum Abschluß gebracht; der Im
pressionismus, der die feste Kontur überhaupt auflöst und Linien eigentlich gar nicht mehr anerkennt, ist das letzte Stadium der absolut malerischen Epoche. In dem Maße aber, wie das koloristische Interesse erstarkt, verringert sich naturgemäß die Anteilnahme für das Wesen der Linie. Auch in den vervielfältigenden Künsten, die darauf angewiesen sind, ohne Farbe auszukommen, suchte man jetzt nicht so sehr die Ausdrucksfähigkeit der Linien weiter
zu entwickeln, als vielmehr ihre Mittel zu malerischen Wirkungen zu verwerten. Die Einzel
linie an sich, der energische Kontur interessiert nicht mehr. Was man sucht, ist die durch ein Zusammenarbeiten vieler schwarzer Linien und Punkte hervorgerufene malerische, wenn auch nicht farbige, so doch Helldunkel-Wirkung. Diesen Wunsch aber konnte der Holzschnitt damals noch nicht befriedigen. Weit mehr kam ihm der Kupferstich entgegen, der nun an die erste Stelle unter den graphischen Künsten einrückt. Es ist bezeichnend, daß man sich auch bei ihm nicht beruhigte, sondern weitere Methoden des Tiefdruckverfahrens suchte, die der malerischen Absicht besser zu dienen im stände waren. So entwickelte sich die Ätzkunst, die Radierung und weiterhin die Schab
kunst, reproduzierende Methoden, in denen die feste Linie kaum mehr zur Geltung kommt, sondern malerischen Werten — also den Ge
gensätzen zwischen helleren und dunkleren Partien, den Schattierungen und Modellierungen weichen muß. Radierung und Schabkunst aber waren doch an eine so komplizierte und ver
hältnismäßig kostspielige Technik gebunden, daß sie für die Zwecke einer weiteren Ver
breitung nicht recht in Betracht kommen konnten. Freilich, so wie der Holzschnitt ließ sich auch der Kupferstich nicht verbreiten, denn auch seine Herstellung war immerhin mit größeren Kosten verknüpft. Aber es war auch das Be
dürfnis der Massen geringer geworden, schon weil ihre Kaufkraft erlahmte. Die graphische Kunst, die noch mehr als die Malerei nach Brot geht, mußte sich nach den Wünschen der
Abb. 2. Kopf eines Philosophen. Von Rembrandt.
Größe des Originals.