seine Xylographen nicht auf die Pfade des Tonschnitts zu verlocken, sondern wirkt durch breite Schattenflächen, die, in ziemlich einfacher Technik erreicht, gegen helle Luftpartien kontrastieren.
Dieser Stil ward nicht lange nach Richters Auftreten so angesehen, daß die ganze zeichnerische Tätigkeit der Zeit für den Holzstock in dem Dresdener Meister ihren Mittelpunkt fand. Hauptsächlich unter seinem Ein
fluß verbreitete sich alsbald in Deutschland ein ganz ausgeprägter Holzschnittstil, der natürlich, wie wir schon sahen, nicht ausschloß, daß die Individualitäten der eigenartigeren Persönlich
keiten, die sich ihm widmeten, dabei zur Geltung kamen. Den Führern schließen sich allenthalben Künstler an, die ihren Lehrern mit Geschmack und Geschick folgen und vor allen Dingen immer noch dafür sorgen, daß das Holzschnittmäßige aus der Illustration doch nicht ganz verschwindet.
In Düsseldorf tritt Adolf Schrödter auf, der lustige Meister des Propfenziehers — dessen Bild ihm statt der Unterschrift dient —, der hochbegabte Satiriker, der die romantische
Sentimentalität der rheinischen Malerschule in tausend Schnörkeln so witzig verspottete. Sein eigentliches Handwerkszeug ist die Feder, mit der er auf den Stein zeichnet; doch auch für den Holzschnitt hat er einiges gearbeitet, und auch hier feiern seine dekorativen Linien und seine köstliche Erfindungsgabe immer wieder Triumphe (Abb. 30). In Berlin war neben Menzel eine ganze Schar begabter Künstler tätig, die einen charakteristisch berlinischen, geistreichen und liebenswürdigen ornamentalen Stil schufen, der nur zu bald spurlos verschwand. Ludwig Burger gehört zu den Begabtesten dieses Kreises. Seine Blätter bekunden eine gewisse Verwandt
schaft mit denen Menzels, wenn sie auch dessen
Prägnanz und Energie nicht erreichen (Abb. 31). Dann aber tritt München mit einer ganzen Gruppe hervorragender Künstler auf den Plan, die uns jedoch schon in das Lager der Zeitschriften- Illustratoren hinüberführen. Es ist der Kreis der lustigen und launigen Meister von den „Fliegenden Blättern“, den wir hier antreffen.
München ist das ganze Jahrhundert hindurch die Hochburg unserer humoristischen
Illustration gewesen. Wie es heute durch die „Jugend“ und den „Simplizissimus“ in Deutschland auf diesem Wege führend ist, so herrschte es um die Mitte des
Jahrhunderts und noch Jahrzehnte später durch die „Fliegenden Blätter“. Die Witze, Verse und Schnurren ihrer „Dichter“ sind
längst vergessen, aber die Leistungen der Zeichner haben einen dauernden kunsthistorischen Wert. Ein Künstler, der Zeichner und Holzschneider zugleich war, Caspar Braun, ist der Begründer dieses Wochenblattes (Abb. 32). Er verstand es, die in München lebenden Künstler für das leichte Genre humoristischer Illustration zu gewinnen und einen treuen Stamm hervorragender Zeichner jahrzehntelang zusammen zu halten. Von Caspar Braun selbst stammt die bis auf den heutigen Tag unverändert gebliebene Kopfvignette der „Fliegenden Blätter“ mit den beiden Ritterfräulein und dem Schalksnarren, der Seifenblasen in die Luft steigen läßt. Unter dieser noch halb roman
tischen Flagge sammelte er seine Leute. A. Müller, Lichtenheld, Muttenthaler, Froelicher waren die ersten, die hier Auf
sehen erregten. Dann aber trat ein Meister in den Kreis der „Fliegenden Blätter“, der zu unseren Größten gehört: Moritz von Schwind.
Der liebenswürdige österreichische Meister, der in jungen
Abb. 31. Vignette. Schnitt nach Ludwig Burger zu einer Novelle in Trowitzsch’ Volks
kalender von 1869.