rückwand alle aufgelöst, so daß das Licht ungehindert hereinfluten kann und mit dazu beiträgt, die Grundstimmung des Baues zu verstärken und zu betonen. Die besondere Auflösung der Dachform in fünf spitze Pyramiden gibt dem Gebäude nicht nur eine gewisse Leichtigkeit, son
dern setzt es auch in feiner Weise in Einklang und Beziehung zu den umgebenden Bäumen.
Den Stilwillen eines Architekten wird man aber am besten da belauschen können, wo er, unbehindert durch fremde Vorschriften und Wünsche, seine Ideen zum Ausdrucke bringen kann, das ist bei der Gestaltung des eigenen
Hauses. Bei dessen Erstellung auf der leicht abfallenden Hochfläche der Gänsheide bei Stutt
gart im Jahre 1912 ist eine breite Lagerung und geringe Höhenentfaltung in einem Erdgeschoß und einem Obergeschoß gewählt worden, ganz im Gegensatz zu dem sonst im Stuttgarter Villenviertel beliebten Hochbau. Es ist mehr noch
als das Vorbild des englischen Cottageheims der Typ des barocken Lustschlosses, wie er ja
in der Nähe von Stuttgart nicht eben selten vertreten ist (Monrepos, Ludwigsburg), der hier
wohl auf die Plangestaltung eingewirkt hat. Es ist ja auch von praktischen Gesichtspunkten
heraus am angebrachtesten, da, wo das zur Verfügung stehende Gelände es gestattet, eine Verteilung der Wohn- und Wirtschaftsräume in das Erdgeschoß und der Schlaf- und Gast
räume in das Obergeschoß vorzunehmen. Im Gegensatze zum englischen Landhaus aber ist das Haus Bonatz als einheitlicher Baublock geformt, dem nur im Erdgeschoß nach der Garten
seite hin zwei Erker vorgelagert sind. Ist auch der Haupteingang von der Straßenseite durch einen Torvorbau besonders betont, so ist doch die ganze Gliederung dieser Fassade, nament
lich durch die Lichtöffnungen des Erdgeschosses, die als Ochsenaugen gestaltet sind, dazu antan, darzulegen, daß sich hinter dieser Fas
sade nur untergeordnete Räumlichkeiten befin
den, während die wichtigsten Räume sich nach
der Gartenseite öffnen. Um den Ausblick auf dessen Anlagen recht genießen zu lassen, aber
auch dem Lichte freien, ungehemmten Zutritt zu verschaffen, sind die Fenster sehr tief, bis 60 cm herabgeführt. Die innere Einteilung ist ebenso zweckentsprechend. Um die durchgehen
de Vorhalle läuft im Obergeschoß eine breite Galerie, von der aus sämtliche Räume zugäng
lich sind. Von der inneren Ausstattung der Räume, in denen wohlige Gemütlichkeit und
gediegene Eleganz miteinander wetteifern, gibt die Abbildung des Musikzimmers ein Beispiel.
Nach ähnlichen Prinzipien ist von Architekt F. Scholer das Haus Winz in Friedrichshafen errichtet. Auch hier ist mehr die Breitenent
faltung zur Auswirkung gelangt, aber in der Fassadenbildung mehr der Cottagestil zur Gel
tung gebracht. Die nach der Gartenseite vor
springenden beiden Erker sind durchgehend, ein breiter Balkon zwischen ihnen eingebaut. In der farbigen Behandlung ist nicht so sehr das Repräsentative des städtischen Einzelwohnhauses be
tont wie bei der Villa Bonatz, sondern mehr auf eine weniger ernste Stimmung des ländlichen Wohnhauses Wert gelegt. Dieser Absicht gemäß ist das Erdgeschoß in goldbraunem Terranova
verputz durchgeführt und mit weißen Spalieren belegt, während das Obergeschoß mit dunklen Schindeln verkleidet ist; im Verein mit der wei
ßen Untersicht des weit vorspringenden Daches und dem in Weiß gehaltenen, die beiden Ge
schosse trennenden Gesimse ergibt sich eine sehr lebhafte und doch angenehme Farbwir
kung. Die innere Einteilung ist der des Hauses
Bonatz ähnlich, nur enthält das Erdgeschoß einen großen Raum, der als Eßzimmer gedacht ist, mit drei großen, bis zum Boden reichenden Fenstertüren, die sich nach dem Garten öffnen. Mit stillem Neide wird der weniger Vorsichtige vernehmen, daß dieses behagliche Heim im Jahre 1915 noch um etwa 45000 Mark zu erstellen war.
Seit einigen Jahrzehnten tauchte zuerst in England und dann auch in Deutschland die Idee der Gartenstadt auf, die die Firma Krupp bei uns zuerst verwirklicht hat. Der Gedanke war, diese Gartenstädte umfangreichen Fabrikbetrieben, deren Arbeiter und Beamte den Kern ihrer Be
ARCH. P. BONATZ
HAUS BONATZ IN STUTTGART
Grundriß vom Erdgeschoß
Grundriß vom Obergeschoß
Maßstab 1: 400
dern setzt es auch in feiner Weise in Einklang und Beziehung zu den umgebenden Bäumen.
Den Stilwillen eines Architekten wird man aber am besten da belauschen können, wo er, unbehindert durch fremde Vorschriften und Wünsche, seine Ideen zum Ausdrucke bringen kann, das ist bei der Gestaltung des eigenen
Hauses. Bei dessen Erstellung auf der leicht abfallenden Hochfläche der Gänsheide bei Stutt
gart im Jahre 1912 ist eine breite Lagerung und geringe Höhenentfaltung in einem Erdgeschoß und einem Obergeschoß gewählt worden, ganz im Gegensatz zu dem sonst im Stuttgarter Villenviertel beliebten Hochbau. Es ist mehr noch
als das Vorbild des englischen Cottageheims der Typ des barocken Lustschlosses, wie er ja
in der Nähe von Stuttgart nicht eben selten vertreten ist (Monrepos, Ludwigsburg), der hier
wohl auf die Plangestaltung eingewirkt hat. Es ist ja auch von praktischen Gesichtspunkten
heraus am angebrachtesten, da, wo das zur Verfügung stehende Gelände es gestattet, eine Verteilung der Wohn- und Wirtschaftsräume in das Erdgeschoß und der Schlaf- und Gast
räume in das Obergeschoß vorzunehmen. Im Gegensatze zum englischen Landhaus aber ist das Haus Bonatz als einheitlicher Baublock geformt, dem nur im Erdgeschoß nach der Garten
seite hin zwei Erker vorgelagert sind. Ist auch der Haupteingang von der Straßenseite durch einen Torvorbau besonders betont, so ist doch die ganze Gliederung dieser Fassade, nament
lich durch die Lichtöffnungen des Erdgeschosses, die als Ochsenaugen gestaltet sind, dazu antan, darzulegen, daß sich hinter dieser Fas
sade nur untergeordnete Räumlichkeiten befin
den, während die wichtigsten Räume sich nach
der Gartenseite öffnen. Um den Ausblick auf dessen Anlagen recht genießen zu lassen, aber
auch dem Lichte freien, ungehemmten Zutritt zu verschaffen, sind die Fenster sehr tief, bis 60 cm herabgeführt. Die innere Einteilung ist ebenso zweckentsprechend. Um die durchgehen
de Vorhalle läuft im Obergeschoß eine breite Galerie, von der aus sämtliche Räume zugäng
lich sind. Von der inneren Ausstattung der Räume, in denen wohlige Gemütlichkeit und
gediegene Eleganz miteinander wetteifern, gibt die Abbildung des Musikzimmers ein Beispiel.
Nach ähnlichen Prinzipien ist von Architekt F. Scholer das Haus Winz in Friedrichshafen errichtet. Auch hier ist mehr die Breitenent
faltung zur Auswirkung gelangt, aber in der Fassadenbildung mehr der Cottagestil zur Gel
tung gebracht. Die nach der Gartenseite vor
springenden beiden Erker sind durchgehend, ein breiter Balkon zwischen ihnen eingebaut. In der farbigen Behandlung ist nicht so sehr das Repräsentative des städtischen Einzelwohnhauses be
tont wie bei der Villa Bonatz, sondern mehr auf eine weniger ernste Stimmung des ländlichen Wohnhauses Wert gelegt. Dieser Absicht gemäß ist das Erdgeschoß in goldbraunem Terranova
verputz durchgeführt und mit weißen Spalieren belegt, während das Obergeschoß mit dunklen Schindeln verkleidet ist; im Verein mit der wei
ßen Untersicht des weit vorspringenden Daches und dem in Weiß gehaltenen, die beiden Ge
schosse trennenden Gesimse ergibt sich eine sehr lebhafte und doch angenehme Farbwir
kung. Die innere Einteilung ist der des Hauses
Bonatz ähnlich, nur enthält das Erdgeschoß einen großen Raum, der als Eßzimmer gedacht ist, mit drei großen, bis zum Boden reichenden Fenstertüren, die sich nach dem Garten öffnen. Mit stillem Neide wird der weniger Vorsichtige vernehmen, daß dieses behagliche Heim im Jahre 1915 noch um etwa 45000 Mark zu erstellen war.
Seit einigen Jahrzehnten tauchte zuerst in England und dann auch in Deutschland die Idee der Gartenstadt auf, die die Firma Krupp bei uns zuerst verwirklicht hat. Der Gedanke war, diese Gartenstädte umfangreichen Fabrikbetrieben, deren Arbeiter und Beamte den Kern ihrer Be
ARCH. P. BONATZ
HAUS BONATZ IN STUTTGART
Grundriß vom Erdgeschoß
Grundriß vom Obergeschoß
Maßstab 1: 400