mechanismus und ausdruck wesen and wert der fotografié
franz roh
die gesdiichte der fotografié weist zwei biüteperiodeii auf, eine am anfang (daguerre), die andere am ende bisheriger entwicklung (vergleiche etwa die fotos dieses bandes and vieies „anonyme“ aus illustrierten Zeitungen). was zwischen diesem anfang und ende fiegt, ist meist problematisch, weif es, offen oder versteckt, reize der malerei oder grafik imitieren wolite, was natürlich von der eigentlichen aufgabe des fotografen ablenkte, einer aufgabe, die sich den sehformen der zeit zwar nidit entziehen kann, also immer gewisse Verwandtschaft mit den künsten zeigen wird, nie aber in imitationen hätte ausarten dürfen, die heutige blute reicht noch nidit genügend in die breite, da seit jenen missernten des 19. Jahrhunderts alle ideale der siditbarkeitsformierung beim weiteren Publikum noch schwer belastet sind, jedoch ist anzunehmen, dass wirkliche kultur des Sehens sich immer mehr verbreitern wird, so dass uns (vielleicht bereits nach etwa einem Jahrzehnt) so wenig sdiein, getue oder bluff aufstossen wird, als etwa bei malerei und grafik des mittelalters, wo überhaupt kein kitsch begegnet.
zwei umstände sind stets entsdieidend, wenn kulturelle hochebene entstehen soll: an verschiedenen stellen müssen zu gleidier zeit einzelvulkane dampfen, die das land mit neuen bildideen überregnen, mit fruchtbar machender lava übersäen, der schon bestehende boden aber muss so beschaffen sein, dass er den dünger annimmt, bindet, die Voraussetzung von oben her ist durch einzelfotografen, wie sie etwa in diesem bande auftreten, bereits gegeben, die bedingung von unten her wird in der natur der sache liegen: die apparatur der neuen fototechnik ist derart einfach, dass sie grundsätzlich jedermann handhaben kann, die technik der grafiken (um vergleichend in der ebene der sdiwarzweiss-gstaltung zu verbleiben) war so kompliziert und langwierig, dass man bisher durchaus menschen antreffen konnte mit visueller formkraft, aber ohne zeit, ausdauer oder geschieh, realisierungsmöglichkeiten zu erlernen. das Verhältnis zwischen gestalterischem lebensgefühl und dem sprachmittel war hier zu kompliziert.
aus solchem blickwinkel heraus ist nun gefordert, dass in diesem bande vor allem auch laien zu worte kommen, amateur heisst „ein die sadie noch liebender mensch“, dilettant „ein sidi nodi an ihr delektierender“, jedenfalls wies die internationale ausstellung „film und foto“, dieses auf visuellem gebiete widrtigste ereignis der letzten jahre, fast nidits von fachfotografen auf, die ja so oft in konventioneller manier erstarren, wiederum ein beweis, wie Verjüngungen und aufschwünge auf den verschiedensten lebens-, kunst- (übrigens audi forschungs-) gebieten so oft von unbefangen gebliebenen Outsidern kommen, also gehört audi diese neue Ibtoblüte weitgehend in das (von mir beackerte) gebiet der verkannten „gesdiichte allgemeiner laienproduktivität“.
die mensdiheitsgesdiiditlidie bedeutung der entwiddung von apparaturen wie dem fotokasten liegt nun in immer komplizierterer leistung bei immer einfadier werdender bedienung. es ist romantik in moll, zu behaupten, dass soldie „abkürzungen des weges“ nur zu grösserer stumpfung und faulheit des menschen führen müssten, dem nun ja alles abgenommen sei. der ort geistigen ringens schiebt sich ja nur an andere stelle, „raffaele ohne hände“ können jetzt audi produktiv werden, denn es war ebenfalls romantik (in dur diesmal), behaupten zu wollen, jeder, der etwas auszudrücken habe, finde audi die mittel dazu, erst wenn tedmische mittel derart vereinfadit wurden, dass sie sdmell erlernbar sind, werden sie klaviatur für den ausdruck vieler.
mit recht hat man gesagt, dass mensdien ohne kamerabeherrschung bald wie analphabeten wirken werden, ich glaube sogar, dass mittelschulen jene erlernung bald in ihren sog. zeidienunterricht einbauen werden (hoffentlich unter abstossung veralteter fächer dafür), denn die