ALFRED ALTHERR — ELBERFELD.
Wohnzimmer S. W. - Köln, mit Gas- und Zentralheizungskamin.
können aber diesen Zwiespalt bis in die Seele des Künstlers hinein verfolgen. Er ist stolz auf seine Erfindungen, er ist eifersüchtig auf den Rivalen, der sie ihm streitig macht, er beansprucht sie als sein ausschließliches Eigentum — und ist gleichzeitig so durchdrungen von dem Wert seiner Ideen, daß er sie allen und jedem einpflanzen möchte, daß er den Andersgläubigen fanatisch bekämpft, daß er, mit bloßer Anerkennung unzufrieden, Gefolgschaft heischt. Hebt er damit nicht selbst seine Eigentumsansprüche wieder auf? Er wahrt sich vielleicht die Ehre des Urhebers der neuen Ideen, aber um diese Ehre handelt es sich heutzutage meist gar nicht mehr. Vielmehr fragt es sich heute, wem sie gehören, und wer das Recht hat, sie zu verwerten Der Urheber einer künstlerischen Neuerung erwirbt durch den Akt der Erfindung ein Eigentumsrecht an ihr. Wollte nun aber der Künstler im Ernst darauf bestehen, wollte er nicht dem innern Drange, zu wirken, zu bekehren, Ideen auszu
streuen wie fruchtbaren Samen, Lehrer und Führer zu sein, nachgeben, so würde damit vielleicht aller Fortschritt in der Kunst unterbunden. Fast jeder der führenden Künstler im neuen Kunstgewerbe glaubte für sich, den modernen Stil geschaffen zu haben, den nun alle akzeptieren müßten. Sie forderten und erwarteten Nachfolge. Wie wäre eine solche anders möglich gewesen, als durch Übernahme ihrer neuen Formen und Ideen?
Es ist schwer, die rechte Unterscheidung zu treffen zwischen berechtigter und unberechtigter Übernahme von
Formen, zwischen autorisierter und nichtautorisierter Nachahmung. Der Jünger ist dem Meister willkommen, aber wie oft hat der Jünger mehr Glück als der Meister, weiß die neuen Ideen vielleicht in gefälligerer Form darzubieten, ist „geschickter“ als er — und gar bald wird aus der Freundschaft erbitterte Fehde. Der „Schüler“ wird zum
„Nachahmer“ umgetauft. Und wie oft weiß der betreffende Künstler selbst nicht, soll er sich mehr freuen über die
Annahme seines Evangeliums, oder über Verletzung seiner Rechte klagen.
Der strenge Individualismus, der jeden Künstler als Einzelpersönlichkeit faßt und von jedem die Ausprägung einer eigenen Formensprache verlangt, ist heute ein undurchführ
bares Extrem. Ein großer Teil unserer Künstlerschaft hat viel mehr Talente der Ausführung, der Anwendung allgemeiner Formen auf eine spezielle Aufgabe, als Erfinder
genie. Auch in der Musik sind heute die großen Dirigenten häufiger als die großen Komponisten. Und diese Talente haben eine wichtige Rolle in unserer Kunstentwicklung zu spielen, sie sind die Apostel des Neuen, die es in das praktische Leben einführen, und es den wechselnden Bedürfnissen anpassen. Sie leisten Tüchtiges mit den Werk
zeugen, die andere erfunden ; wären sie auf ihre eigenen Einfälle angewiesen, so sänke das Niveau der künstlerischen Produktion um ein Bedeutendes. Ein extremer Individualis
mus im Kunstgewerbe würde sich auch mit den derzeitigen Produktions- und Marktverhältnissen gar nicht vereinigen
Wohnzimmer S. W. - Köln, mit Gas- und Zentralheizungskamin.
können aber diesen Zwiespalt bis in die Seele des Künstlers hinein verfolgen. Er ist stolz auf seine Erfindungen, er ist eifersüchtig auf den Rivalen, der sie ihm streitig macht, er beansprucht sie als sein ausschließliches Eigentum — und ist gleichzeitig so durchdrungen von dem Wert seiner Ideen, daß er sie allen und jedem einpflanzen möchte, daß er den Andersgläubigen fanatisch bekämpft, daß er, mit bloßer Anerkennung unzufrieden, Gefolgschaft heischt. Hebt er damit nicht selbst seine Eigentumsansprüche wieder auf? Er wahrt sich vielleicht die Ehre des Urhebers der neuen Ideen, aber um diese Ehre handelt es sich heutzutage meist gar nicht mehr. Vielmehr fragt es sich heute, wem sie gehören, und wer das Recht hat, sie zu verwerten Der Urheber einer künstlerischen Neuerung erwirbt durch den Akt der Erfindung ein Eigentumsrecht an ihr. Wollte nun aber der Künstler im Ernst darauf bestehen, wollte er nicht dem innern Drange, zu wirken, zu bekehren, Ideen auszu
streuen wie fruchtbaren Samen, Lehrer und Führer zu sein, nachgeben, so würde damit vielleicht aller Fortschritt in der Kunst unterbunden. Fast jeder der führenden Künstler im neuen Kunstgewerbe glaubte für sich, den modernen Stil geschaffen zu haben, den nun alle akzeptieren müßten. Sie forderten und erwarteten Nachfolge. Wie wäre eine solche anders möglich gewesen, als durch Übernahme ihrer neuen Formen und Ideen?
Es ist schwer, die rechte Unterscheidung zu treffen zwischen berechtigter und unberechtigter Übernahme von
Formen, zwischen autorisierter und nichtautorisierter Nachahmung. Der Jünger ist dem Meister willkommen, aber wie oft hat der Jünger mehr Glück als der Meister, weiß die neuen Ideen vielleicht in gefälligerer Form darzubieten, ist „geschickter“ als er — und gar bald wird aus der Freundschaft erbitterte Fehde. Der „Schüler“ wird zum
„Nachahmer“ umgetauft. Und wie oft weiß der betreffende Künstler selbst nicht, soll er sich mehr freuen über die
Annahme seines Evangeliums, oder über Verletzung seiner Rechte klagen.
Der strenge Individualismus, der jeden Künstler als Einzelpersönlichkeit faßt und von jedem die Ausprägung einer eigenen Formensprache verlangt, ist heute ein undurchführ
bares Extrem. Ein großer Teil unserer Künstlerschaft hat viel mehr Talente der Ausführung, der Anwendung allgemeiner Formen auf eine spezielle Aufgabe, als Erfinder
genie. Auch in der Musik sind heute die großen Dirigenten häufiger als die großen Komponisten. Und diese Talente haben eine wichtige Rolle in unserer Kunstentwicklung zu spielen, sie sind die Apostel des Neuen, die es in das praktische Leben einführen, und es den wechselnden Bedürfnissen anpassen. Sie leisten Tüchtiges mit den Werk
zeugen, die andere erfunden ; wären sie auf ihre eigenen Einfälle angewiesen, so sänke das Niveau der künstlerischen Produktion um ein Bedeutendes. Ein extremer Individualis
mus im Kunstgewerbe würde sich auch mit den derzeitigen Produktions- und Marktverhältnissen gar nicht vereinigen