Bleistift-Skizze : Wohn-Zimmer.CAMPBELL & PULLICH — BERLIN.
wärmen. Wir erleben keine herzliche Freude. — Es sei nicht geleugnet, daß, wie allem Neuen und Eigenartigen gegenüber, ein erheblicher Teil des Publikums auch zum modernen Stil aus Indolenz, Schwer
fälligkeit oder Unverstand keine Stellung finden kann. Daneben sind aber manche, die sich ehrlich bemühten,
sich in das Ungewohnte, Fremde hineinzufühlen und hineinzuleben, und denen es je weniger glückte, je mehr in ihrem Werten und Urteilen das Gemüt, das Herz prävalierte. Das gilt in erster Linie von den Frauen. Und selbst die feinsten Geister, die die Qualitäten des modernen Kunstgewerbes nach jeder Richtung zu würdigen wissen, haben Momente, wo sie sich von dieser Formenwucherung abgestoßen fühlen.
Warum läßt das neue Kunstgewerbe meist kalt? Warum erweckt es nicht tiefe, herzliche Freude? Warum
rührt es nicht ans Gemüt? Warum stößt es manchen ab ? Die Antwort lautet wohl einfach so : Weil die
Künstler nicht mit innerer Teilnahme geschaffen haben. Sie haben eminent viel formale und koloristische Fantasie und konstruktive Vernunft betätigt. Dazu noch — wenigstens in den letzten Jahren — gewählten, treff
sicheren Geschmack. Die Folge war, daß wir recht interessante Gebilde aus Metall und Stein, Holz und Textilstoffen bekamen, die durch ihre Neuheit und eigenartige ästhetische Erscheinung immer wieder zu
Weil sie zum Teil das gleiche anstreben, was die Voreltern besaßen, geraten sie in dieselbe Formenwelt. Aber, wer weiß, am Ende sind sie trotz ihrer scheinbaren Altertümlichkeit moderner als der prinzipientreueste Modernist.
Denn das ist doch nachgerade ein öffentliches Geheimnis: Der geräuschvoll inszenierte Kreuzzug, der mit den wunderbaren Kriegsrufen »Kunst im Alltag! Kunst im Leben des Volkes! Künstlerische Kultur!«
ins neue Jahrhundert hereinschwoll, ist fast schon im Sande verlaufen. Man zieht sich bereits auf Forderungen zurück wie Zweckmäßigkeit, Hygiene, Billigkeit. Und zwar sind es anerkannte Führerpersönlichkeiten, die heute auf diesem Standpunkt angelangt sind und ihn auch öffentlich vertreten. Aber auch das Publikum fühlt sich den Früchten dieser Bewegung gegenüber, wie sie in Innenarchitektur und Kunstgewerbe am erkennbarsten sind, nicht wohl. Die Begeisterung will
sich nicht einstellen. Rein statistisch genommen, hat es ja wohl keinen Stil gegeben, der soviele formale Neuerungen — und noch dazu in so wenigen Jährlein — gezeitigt hat. Wir müssen die Fruchtbarkeit und Betriebsamkeit unserer Kunstgewerbler staunend aner
kennen. Aber im Grunde gewinnen wir doch kein intimeres Verhältnis zu ihnen. Denn die Masse und Virtuosität der Produktion vermögen uns nicht zu er
wärmen. Wir erleben keine herzliche Freude. — Es sei nicht geleugnet, daß, wie allem Neuen und Eigenartigen gegenüber, ein erheblicher Teil des Publikums auch zum modernen Stil aus Indolenz, Schwer
fälligkeit oder Unverstand keine Stellung finden kann. Daneben sind aber manche, die sich ehrlich bemühten,
sich in das Ungewohnte, Fremde hineinzufühlen und hineinzuleben, und denen es je weniger glückte, je mehr in ihrem Werten und Urteilen das Gemüt, das Herz prävalierte. Das gilt in erster Linie von den Frauen. Und selbst die feinsten Geister, die die Qualitäten des modernen Kunstgewerbes nach jeder Richtung zu würdigen wissen, haben Momente, wo sie sich von dieser Formenwucherung abgestoßen fühlen.
Warum läßt das neue Kunstgewerbe meist kalt? Warum erweckt es nicht tiefe, herzliche Freude? Warum
rührt es nicht ans Gemüt? Warum stößt es manchen ab ? Die Antwort lautet wohl einfach so : Weil die
Künstler nicht mit innerer Teilnahme geschaffen haben. Sie haben eminent viel formale und koloristische Fantasie und konstruktive Vernunft betätigt. Dazu noch — wenigstens in den letzten Jahren — gewählten, treff
sicheren Geschmack. Die Folge war, daß wir recht interessante Gebilde aus Metall und Stein, Holz und Textilstoffen bekamen, die durch ihre Neuheit und eigenartige ästhetische Erscheinung immer wieder zu
Weil sie zum Teil das gleiche anstreben, was die Voreltern besaßen, geraten sie in dieselbe Formenwelt. Aber, wer weiß, am Ende sind sie trotz ihrer scheinbaren Altertümlichkeit moderner als der prinzipientreueste Modernist.
Denn das ist doch nachgerade ein öffentliches Geheimnis: Der geräuschvoll inszenierte Kreuzzug, der mit den wunderbaren Kriegsrufen »Kunst im Alltag! Kunst im Leben des Volkes! Künstlerische Kultur!«
ins neue Jahrhundert hereinschwoll, ist fast schon im Sande verlaufen. Man zieht sich bereits auf Forderungen zurück wie Zweckmäßigkeit, Hygiene, Billigkeit. Und zwar sind es anerkannte Führerpersönlichkeiten, die heute auf diesem Standpunkt angelangt sind und ihn auch öffentlich vertreten. Aber auch das Publikum fühlt sich den Früchten dieser Bewegung gegenüber, wie sie in Innenarchitektur und Kunstgewerbe am erkennbarsten sind, nicht wohl. Die Begeisterung will
sich nicht einstellen. Rein statistisch genommen, hat es ja wohl keinen Stil gegeben, der soviele formale Neuerungen — und noch dazu in so wenigen Jährlein — gezeitigt hat. Wir müssen die Fruchtbarkeit und Betriebsamkeit unserer Kunstgewerbler staunend aner
kennen. Aber im Grunde gewinnen wir doch kein intimeres Verhältnis zu ihnen. Denn die Masse und Virtuosität der Produktion vermögen uns nicht zu er