Kleine Mitteilungen. BERLIN. Abseits der großen
Straße, und deshalb viel zu wenig beachtet, hat das
Kupferstichkabinett der staatlichen Museen eine
Ausstellung »Studie und Bild« aufgebaut, die mehr Genuß und Erkenntnis vermittelt, als die meisten Aus
stellungen des verflossenen Jahres. Die Ausstellung zeigt immer nebeneinander eine Zeichnung, Studie oder Ent
wurf, und das fertige Werk, für das diese Zeichnung Vor
arbeit war, und sie reicht von der Mitte des 15. Jahrhunderts bis Ende des 17. Jahrhunderts, oder, anders gesprochen, vom älteren Holbein bis zu van Dyck. Dabei sind die Paare der Deutschen und Niederländischen Arbeiten aufschluß
reicher und erregender als die der Romanen, bei denen, bis auf eine Raffael-Zeichnung, die Größten fehlen. In den anderen Abteilungen stehen allerdings
gerade die Größten, Dürer und Grünewald, Rubens und Rembrandt, mit ganzen Reihen da, bei denen in den Zeich
nungen alle Arten vorbereiten
der Arbeit vertreten sind, von der flüchtigsten Ideenskizze, bei der man spürt, wie die Phantasie der Hand vorauslief, bis zur unerbittlich-forschenden und rechenschaftgebenden Einzelstudie, deren rührendste Erscheinung Dürers Federzeich
nung zu der Wage auf der »Melancholie« ist, ein Blatt von seltener Größe der Anschauung, Eleganz der Zeich
nung und Unersättlichkeit der Wirklichkeitsnachbildung. Üb
rigens wird das Publikum hier einmal ganz unmittelbar spüren, wieviel frischer und lebendiger bei Dürer die Zeichnung ist als das fertige Werk, und daß dieser Abstand sogar noch gegenüber den Kupferstichen und Holzschnitten zu spüren ist, auch dann, wenn die Vorarbeit nicht so entzückend zart,