HEINRICH KLEY
Große Berliner Kunstausstellung 1910
FEDERZEICHNUNG
letzten Jahren, so wird man anerkennen dürfen, daß eine stetige Annäherung an dieses Ziel zu verzeichnen ist.
Aber auch der Gesamtaspekt der Großen Kunstausstellung hat sich im Verlaufe des letzten Jahrzehntes von Grund auf verändert. Die Allgemeinentwicklung, der man sich zu
Anfang dort so heftig widersetzte, zog immer weitere Kreise in ihre Bahnen, und die Secessionen, die einst mit so entschieden gegen
sätzlichen Tendenzen sich abzweigten, könnten heute getrost und beinahe restlos in den großen Ausstellungen wieder aufgehen, während neue
Gruppen noch jüngerer Künstler mit wieder eigenen Tendenzen sich von den alten Secessionen abzuspalten streben.
Könnte man eine Kunstausstellung wieder aufstellen, wie sie vor einem Jahrzehnt in dem
Berliner Ausstellungspalaste stand, und sie mit der von heute vergleichen, so würde man staunen, wie sich das Bild verändert hat. Was damals
noch als revolutionär erschien, ist heut selbstverständlich, die Grundsätze des Impressionis
mus sind zu anerkannten Lehren geworden, reine Farbe, Bewegung, Luft, Licht ist allenthalben ein
gezogen. Nun ist es sicherlich ein Fehler, die eine künstlerische Methode der anderen vor
zuziehen, wenn es auch schwer ist, nicht die jeweils moderne über die anderen zu stellen, es können ebensogut akademische, gleichgültige, minderwertige, schlechte Bilder in allen Abstu
fungen der Wertskala nach impressionistischer Methode gemalt werden, wie nach irgend einer anderen, aber Dasein und Berechtigung der Art, die nun einmal von Frankreich ihren Aus
gang nahm, wird man heute auch angesichts der Großen Kunstausstellung nicht mehr leugnen dürfen.
Ein Bild wie Hans Looschens „Mutter und Kind“, das in der frischen Unmittelbarkeit der Erfindung, der lichten, freudigen Farbe, der schönen, pastosen Malerei zu den besten Lei
Große Berliner Kunstausstellung 1910
FEDERZEICHNUNG
letzten Jahren, so wird man anerkennen dürfen, daß eine stetige Annäherung an dieses Ziel zu verzeichnen ist.
Aber auch der Gesamtaspekt der Großen Kunstausstellung hat sich im Verlaufe des letzten Jahrzehntes von Grund auf verändert. Die Allgemeinentwicklung, der man sich zu
Anfang dort so heftig widersetzte, zog immer weitere Kreise in ihre Bahnen, und die Secessionen, die einst mit so entschieden gegen
sätzlichen Tendenzen sich abzweigten, könnten heute getrost und beinahe restlos in den großen Ausstellungen wieder aufgehen, während neue
Gruppen noch jüngerer Künstler mit wieder eigenen Tendenzen sich von den alten Secessionen abzuspalten streben.
Könnte man eine Kunstausstellung wieder aufstellen, wie sie vor einem Jahrzehnt in dem
Berliner Ausstellungspalaste stand, und sie mit der von heute vergleichen, so würde man staunen, wie sich das Bild verändert hat. Was damals
noch als revolutionär erschien, ist heut selbstverständlich, die Grundsätze des Impressionis
mus sind zu anerkannten Lehren geworden, reine Farbe, Bewegung, Luft, Licht ist allenthalben ein
gezogen. Nun ist es sicherlich ein Fehler, die eine künstlerische Methode der anderen vor
zuziehen, wenn es auch schwer ist, nicht die jeweils moderne über die anderen zu stellen, es können ebensogut akademische, gleichgültige, minderwertige, schlechte Bilder in allen Abstu
fungen der Wertskala nach impressionistischer Methode gemalt werden, wie nach irgend einer anderen, aber Dasein und Berechtigung der Art, die nun einmal von Frankreich ihren Aus
gang nahm, wird man heute auch angesichts der Großen Kunstausstellung nicht mehr leugnen dürfen.
Ein Bild wie Hans Looschens „Mutter und Kind“, das in der frischen Unmittelbarkeit der Erfindung, der lichten, freudigen Farbe, der schönen, pastosen Malerei zu den besten Lei