Greif vom ,fiingften Deut(dland” auf den Schild
gehoben. Wit einer Reihe frifchefter Gedichte be-
titigte ег ИФ neben Otto Braun (Chefredattenr
der {eligen Wugsburger Wllaemeinenr Seiturta !)
	als Uittarbeiter der verfehmten ,®efell daft”.

2s unter Siihrung des Unthologien-Didters
und Siteraturprofeffors Georg Scherer in Miinden
eine vor den zablreichen Sntrigen geden das Hod
fommen odes Hitnftlers Uartin Greif béforidérs
тет ди vernictender Wirkung ausgefponnen
werdert wollte, fuhe die ,Gefellfchaft” mit einem
wuehtigen Urtifel Schleicher und Genoffen” da-
zwifden. Es fam zu einem ergiebigen Proszeffe,
bet deffen gerichtlichkem Unstrage in Miincen fo-
gar Gottfried Keller und Konrad Ferdinand Meyer
als fommiffavifd) vernommene Seugen mittun
тиви. Der Herausgeber der  , Gefellfcdaft”
wurde wegen der Schdrfe feiner Worte verurteilt
und mufte die Hoftet tragen, aber die ftille
Dichtergrdfe Wartin Greifs erftrahlte in der ge-
biihrenden Unerfennung aller wahrhaften Litera-
turfrenunde.

Ulmahlich erweiterte fich der Hreis der be-
deutenden Men(den, die fich’s zur Ehre fchabten,
fiir Martin Greifs fo lange verfannte urfpriing-
lide und Fare Hunft eingutreten, Мег und
mehr trat der Dichter aus feiner fcjenen Suriic
gezogenheit hervor und beteiligte fic) mit einer ge-
wiffen Derve an dem literarifdjen Leben Miindens,
zumal in den Fampfesfrohen Werdejahren des
Miincener Journalifters und Schriftfteller-Dereins,
dem auch Henril Shien ett herzlic) begriigter Gaft
gewefen. Unter Greifs Freunden der Alteren Seitert
ift Fein eingiger, der nicht mit unverldfdlicen
Hligen in das Buch der Feit und ihrer ringenden
Kultur fid) eingezethnet. Da ift vor allen der
Kunfthiftorifer Karl Bayersdorfer, deffen feiner
Spiirfinn fiir echte Genialitdt {con 1872 unfern
YWartin Greif als ,elementaren Lyrifer” in einer
pornehmen Studic feiern lteB. Da tft ferner der
Philofoph und Offultift Harl Fretherr Du Prel,
der fic) Fameradfchaftlich an den Dichter anfchlof
uid mit ihm wiederholt Atalten bereifte, Unter
den Malern waren es gleichfalls dte urfraftigen,
unter harten Kampfen f[caffenden, fdlieflicd) zu
hoher Unerfennung gelangten IWeifter edelfter
оси фег Кии 9 т trener freundfchaft mit
	Greif verbunoen blieben: Qans Choma, Ober:
[Gnder, Seibl, Steinhaufen, Wilhelm Criibner.
	Зи Wren verlehrte Gretf viel mit Unfelin fener:
bach und dem Theatergewaltigen Heinrich Saube,
der fic) aud) um die dramatifden Werke unferes
Dichters mit Eifer und Erfolg annahm.

Daf Martin Greif feinen Plak als Lyrifer
in der vorderften Reihe feiner Seit- und Кии
genoffen behauptet, dariiber regt fic) heute fein
Sweifel mehr. Das mehr und mehr fic) ver-
feinernde Hunftgefiiht unferer Siteraturgelehrten
befommt (chon eine Witterung fiir die fchopfertfde
Gewalt Greifs als Spracjfiinfiler. Wances was
Пе frither nur als tappende und findende Sim-
plizitdt in feiner Ders- und Wort- Behandlung
gelten fiefen, Iaffen fle {фоп als f{djdpferifchen
Sebensaft im Sinne Goethes von den Sortae-
{chritteneren preifen, ohne vorher die Genehmigung
des Profeffors Richard Morit; Meyer 3u erbitten.

Nur der Dramatifer Martin Greif macht den
Gelehrten nod) feine ungetriibte frende. Sie
hoffen immer nocd, daf er fein wohl gexdhltes
Dubend Dramen, trok grofer Iyrifder Shonheiten
im C€pifodifchen, dereinft felbjt von feinen де
fammelten Werfen ausfdliefen mocdhte. Uber
das ift eine fo fragwlirdige Sache, daf fte die
Gelehrten und Weunmalwetfer der Fritifchen Sunft
Seit laffen Fonnen, fie unter fic) ans3umachen.
SJedenfalls verdienen die Dramen unferes Dichters
die Gleichgiltigheit nicht, die thnen in diefer fo
wenig frudjtbaren Seit gefunder Cheaterdidhtung
von den Biihnenleitern und ihren tonangebenden
Beratern entgegengebradht wird,

Daf fic hierin ein freundlicher Wandel voll-
ziehen mége, ift nidpt der geringfte unter den vielen
herglidjen Wiinfchen, die wir unferm verehrten
hetmatlidben Dichter 3u f{etnem ftebstafterr Geburts-
	tage darbringen. —
Midacl Georg Conrad
	Фе оцефейЕ Siudenropa, wo dsamals die Cholera
wiitete, findet die halb vermifdten Spuren und
eutdedt fcblieBlid) das Grab des Ziirnberger
Ehepaares, das in einer Fleinen Stadt in der
Proving Don Duixotes an der Seuche geftorben
war. Die Wunder der fiidliden Welt umftricten
ihn mit ihrer Romantif#, daf er auch {pater anf
gahlreichen Wanderungen dahin guriictlentt.

Gin gréferes und blutiges Ubenteuer fallt in
fein Leben und beftimmt ihn ju einem leften
Entfcheid: der Bruderfrieg топ 1866. Hermann
Srey ift gezwungen, als bayrifcher Offizier gegen
preugifdje Hameraden und Britdber ins Feld ди
riiden, um der verfahrenen deutfdhen Bundes-
poltti® aus dem Sumpfe 3u helfer — ein Jahr
darauf nimmt er feinen Ubfdied. Sum Sinnen
und Schaffen als friedfertiger Hiinftler fiihlt er
fich berufen, nicht 3u den médrderifden Taten des
Soldatenhandwerfs. Er befucht die Hochf[dhule in
Miinchen, fucht fordernde Derbindungen mit dem
Schrifttum in Wien, folgt dem deutfcen BHeere
1870 als Hriegsberichterftatter nach Sranfretd) —
und bricht als Dichter mit feiner Dergangenbeit:
ev verttichtet feine erften poetifhen Derfuce mit-
famt fetnem Samiliennamen, den er hinfort micht
тебе dffentlic) im der Siteratur fithren will.
Seine neuen , Gedichte”, in denen er feinen neuer
Perfonlichfeitston gefunden, erfchienen mit feinem
neuen amen — Жаени Фей,

Einer der einft am hochften Geftellten bet den
Sympoften des verftorbenen Honigs Maximilian I.,
Emanuel Geibel, er fand fein Wohigefallen am
neuett Didjtersmann mit dem umgeftimmien
Dicterswerk — fpendete aber empfehlende Seilen
an Gduard Méorife, einen damals felbft noc
{hwer um UAnerfenrnung Ringenden. Die fym-
ра фе Uufnahme, die Martin Greif bei Nisrife
fad, und das innige Derftindnis fiir feine Hurft,
war ihm fo gut wte Stegel und Unter{chrift:
	Feiljame Weufe, lag oen Jrrenden депееи,
Dom Wefenlofen fiihre ihn zum Wefen.
	Dollenidet tft ote Welt ит jedem UWugernblicke,
Deraif tr ihr dein Eleines Seid und Gliicke,
	Die ftebsiger Jahre umd ote erfte Halfte der
achtziger Jahre waren fiir den Dichter Martin Greif
eine Seit harter Kampfe und bitterer Enttdufdung.
Uber die ,Fummervollen Wadhte” und das in Cranen
gegeffene Brot halfen feiner Kunft 3u einer wunder-
vollen Fille und fifherben Sauterkeit. Die Shine
Бей feiner ycif, die von den ,Ufademifern” fo
wenig Unerfennung und FSorderung erfubr, дав
die erfte Unflage der , Gedichte” ИБек зеби Jahre
liegen blieb, fand um {о lebhaftere Wiirdigung
und Fiinftleri{fcdh finngemafe Dentung bet der jungen
Generation, bei den Cragern eines frifchen Sturmes
und Dranges um Ernenerung der afthetifcen
oeale, bet Wolfgang Kirhbach, Ка Зе Бенц,
Harl Henckell und den iibrigen ,%eutonern’. Wie
MWorife, Gottfried Heller (auch er mufte mit feinem
eSriinen Heinridy” volle fiinfundzwanzig Jahre
warten, bis dem damaligen deutfchen Publifum
eine 3uweite Uuflage gefdllig war!) und Betn-
rid) v. Reder, fo wurde anc der Kyrifer Martin
			Wartin Greif
	Sur Ffeter feines (tebsigiten Geburtstacs
	$ te Che etnes bayrtjdhen Derwaltungsbeamtets

4 mit einer Elfafferin wird 1839 in der pfal-
3ifchen Kreishauptf{tadt Speyer mit einem fraf-
tigen blonden und blaudugigen Sprdgling Бег
gnadet. Ueber Schule, Gymnafium und Kadetten-
anftalt in MWiinchen hinweg erwadhft oer Sunge
zu einem Fonialich bayrifchen Lextnant, der Uus:
gang der fiinfziger und bis in die WMlitte der
fech3iger Jahre des vorigen Jahrhunderts in
Fleinen’ Garnifonen fein Wefen treibt — ein
ftilles finnierendes Wefen, von Feinerlet Explo-
fionen militdrifchen Ehrgeizes durchlirmt. Der
ibfanfe Seutnant beginnt 3u dicjten, nad) einem
beriihmten MWufter, in der Liibecter Mlarzipanweil’,
faft fo {ig und glatt und glangend wie der Dichter:
Rhetor Emanuel Geibel. Mtit etwas fchiihterner
Gefte iibergibt er die Gedichte der OeffentlichFeit,
zeidbnet aber tapfer mit {einem vollen YTamen:
Friedrich Hermann Srey.

Vac) diefem exfterr Derfuche, fein mufifches
Bediirfris zu befriedigen, berfallt ihn die Liebe
sum Weibe. Er verlobt fic). Cin tiefes, furzes
Glick: die Braut МЕБ. Er weif, dah er diefen
herben Schlag nie verwinden wird und daf er
gegen die drohende Derdiifterung {eines Gemiites
vot neuem feine Huflucht zu den Wufen nehmen
тиб. Diesmal aber ohne ЗИ ино Obr fiir
fremde Wufter. Setne eigene Seele follte fid) tm
Fiede erldfen und fic im Erflingen ihrer eigenen
Winfif ihres neuen Lebens verfidern im innigften
Berzensbunde mit der Watur felbft.
	Зифе оф зиг Erde nieder,
Pfliic die Blumen auf der Slur,
Xn dem GHanuche deiner Lieder
Wohnet deine Seele nur.
	Gefagt, mannlich, ohne Sentimentalttat ergtbt
er fic) feinem neuen Didterleben, dod it [ее
Фбиеп РИмаЁ Ме шеве бфшеетий Иптег и1едех
durch, bis thn der Schmerz iiberwaltigt und in
jahem Uusbrucd, wie in einem unmittelbaren
Yaturereignis ganz in Cranen untertaukht Dann
entftehen Lieder von erfchlitternder Schdnheit —
wie dtefes ,Moraengrauen” :
	3h geh anf filler Weger
§rlihtags ins griine Feld,
Wie ladkt mir da entgegen
Die junge Morgenwelt!
	Wohl tafend Bliten jdauert
Don Wald und Wiefen her,
Die alle tropftg tanen

Dor edlen Perlen fchwer,
	meio?
	Jd) brech’ mir etn Gel dime
Don naffen Rofen ab:

Wirt du an meiner Seite,
Don der aetrdumt id hab’!
	Jd hing o s tt ote Lockett
Uls deinen Hodzeitsfranz —
Da gehn die Morgenglocten,
Sch fteh’ in Crdnen ganz.
	im Schmerz um ote $1еБе hatte nun aud
feine Didjtung ihren unerfdhiitterliden Grund
gefunden, im ewigen Urgrund aller Syrif, im
Dolfslied. Und fo wurzelt fortan feitte feufce,
befreiende Hunft im tieffien Wefen des Dent{dh-
tums felbft. Gr hat feinen eigenen Con wie
alle wahrhaft grofen Sanger und ift gefeit gegen
Uiahahmerei: wenn Unfldnge fomimen, fo find
es Begeanungen mit unferes Dolfes reinften
Eyrifern: mit Goethe, Ubland, Wsrife — — —

Ein Ubenteuer fallt in fein Leben. Auf einer
fpanifdhen Reife ift ein vornehmes WWiirnberger
Chepaar auf rdtfelhafte Weife verfhollen. Ulle
Blitter find voll davon. Der junge Фе
Hermann Frey ermirkt fid) den Uuftrag, fic auf
die Suche паф den Ent(dhwundenen zu machen.