pon einent der Architektur jiets befannt gewefenen Verhaltniffe durch
eine ganz einfade Manipulation felbft unbewuft und untwillfitrlic)
gum Berhaltnip des golonen Schnitts gelangen mufte.

G8 ift notorifeh, dak ven Griechen der rechtwintlige Triangel
ори ое gleicen Ratheten gleichfam als der Normaltriangel galt,
und daB fie alé Gremplar deffelben vorjugsweife einen foldjen be-
nugten, an welchem jede der beiden Ratheten gerade 5 Muageinhet-
феи enthtelt, weil fic) an einem foldben die иде der Hypotennfe
urd die ganze Bahl 7 fo genau ausdritden (apt, dak das Diuadrat
Diefer Bahl (49) von dev Gumime der Quadrate der beiden Kathe-
ten (5? + 5° = 50) nur um die Meinfte Bahl (1) differirt.*) Das
Verhalinig 5:7, oder in der Verdoppelung 10:14, als der voll-
fommenfte WUusdrud bes Berhalinijfes ver Seite des Siuadrats zur
Diagonale 668 Ouadrats, galt ihnen bdaher ungweifelhaft als
eins der vollfoinmenften Berhaltniffe. Gekte man die beiden Grii-
fen Ddeffelben (10+14) mit einander in Berbindung, fo ©
hielt man al8 Gumme die Bahl 24; fcied man dagegen die
eine von der andern, fo erhielt man als Differeng die Bahl 4.
@alt e8 alfo, von dev Bahl 14 gu einer griperen Bahl fortzu-
febretten, fo Ing e8 nahe, fich baju der Bahl 24 als Gumme
per beiderr Grunbdjablen зи bedienen; bedurfte man hingegen einer
fleineven Zabl, jo bot fic am natiirlichften die Bahl 4 als DOiffe-
venz ber beiden Grundjahlen dar. Go erbielt man aus bem Ure
verhilinif gwet einfach abgeleitete Verhaltniffe, namlic) ein aufftei-
gendes, 14: 24, und ein abfteigendes, 10:4. Lag nun bas Be-
piirfnig vor, moc) weiter fortzufdreiten, fo war nichté bequemer,
918 Daf man die nimliche Methode betbebielt, und fo gelangte man
auf der einen Seite gunichft zur Gumme oon 14 und 24 = 38,
dann zur Gumme von 24 und 38 = 62, hierauf yur Gumme von
38 und 62 = 100 uf. ш. Auf der anderen Geite Hingegen ev-
бей man gunkdhft die Differeng von 10 und 4= 6, dann die Diffe-
ren; von 4 und 6 = 2, dann die Diff. von 6 und 2 = 4, dann die
Diff. von 2 und 4 = 2, hierauf die Diff. von 4 und 2= 2, und
endlich die Diff. von 2 und 2 = 0. Auf diefe Weife entwicelte fich alfo
ous den Grunbdjablen 5 und 7 aufwarts die Reihe 10: 14: 24:38:
62 : 100 зс., иль абюйл8 Ме еше 14: 10:4:6:2:4:2:2:0.

Die Afthetifehen und утоНИ феи Borgiige diefer betden Reihen
fonnten nidt wohl verfannt werden: denn gelangte man durd) die
(свете зи den einfachften und gebrinchlichften aller rationalen 3ah-
fenverhaltniffe (7:5, 5:2,2:8, 3:1, 1:2,2:1 und 1: 1), fo
ftieg man anbererfeits gu foldben Verhaltuiffen auf, die von Sapritt
au Sehvitt einander gleicher wurben und fid) in tmmer gevingeren
Sahwankungen um ein und daffelbe BerhiltnifE bewegten, im wel-
chem man, wenn aud) nidt das BVerhaltnif des golonen Sehniits,
pod) jedenfalls die vollfommenfte Vermittlung der guerft gefundenen
Verhiltniffe erfeunen und e& gang befonders zur Crgtelung einer
Harmonie und eines ftetigen Rufammenhangs der Verhaltniffe inmtt-
ten verfchiedener Mae geeignet finden mufte. BWuferdem mufter
fic) diefe Reihen noch vadurdh empfehlen, dak man duvd) fie von der
Bahl 10 ans aufwarts zur Bahl 100 als bem Zehnfaden von 10,
und abmarts yur Bahl 1 als dem Zehniel von 10 gelangte, alfo zu
Bahlen, die dem Decimalfhftem entfprachen, und von denen fid) na-
mentlid) die Bohl 100 ivefflid) gum Totalmaf eignete. Endlich) und
Hauptfacilich aber muften jene Reihen der Pragis darum gufagen,
weil faimmtlide Werthe erfelben auf fo Hhichft bequeme Weife gu
gewinnen waren: denn modjte man fie in avithmetifcher oder in geome-
trifher Form ndthig haben, man hatte gu ihrer genauen Auffindung
nicht weiter nbthiq als eine ganz einfade Wodition oder Subtraction
	*) Nahere Ntitthelungen bieritber, wie бег 5 де ФИ фе Anfchouung arith-
metifher und geometrijdjer Berhiliniffe itbherhaupt enthalt Martin’s Anfjag: ,,Le
nombre nuptial“ in ber Revue Archéologique, 1856. 15, Aout.
	рег beiden Grundjahlen oder der aus ihnen gulegt деюоииеней
Werthe. War aber etwa das Bediivfnig vorhanden, diefelben bebufs
einer fpmmetrifden Wnorduung зи halbiven, fo waren fte aud) dagu
auf das Befte geeignet, da fie fammtlich gerade ahlen waren.

Sabt man alles diefes gufammen, fo ftellt fid) die vorherrfchende
Uuwendung der um vas Verh. des gold. Ganitts fic) bewegenden
Verhaltniffe faum nod als anffatlend dar, und mau diivfte baker fchon a
priori geneigt fein, diefe Erflarung fiir die wahridheinlihfte gu halten.
Berlangt man auch uach Belegen a posteriori, fo giebt e8 divecte
allerdings dafiiy nicht; indirect aber fpridt bas dafiir, dak nicht blog
das Verhaltnig 5:7, von weldem wir ausgingen, fondern auch die
in ber auffteigenden Reihe fich ihr gundchft anfchlieBenden Berbalt-
niffe, 7:12 und 12:19, eine bhiftorifd nadweishare Bedeutung
in der Gefchichte dev alten Runt gehabt haben. Mach dem Kanon
der alt-aghptifcen Broport. ndmlicy, welden Lepfius in feiner ,,lus-
wal der widhtigften Urfunden des dghptifden Wrerthums” mittheilt,
wird die Totalhdhe des menfdlichen Rirpers vom Gcheitel bis zur
Sobhle in 19 gleiche Theile gethetlt. Wis dev am {charfften mar-
firte Thetlungspuntt der Cotalhihe erfcheint aber die Xaille oder die
{hmalfte Stelle des Rumpfs gwifchenr Oberkdrper und Untertirper,
ingleicher Hohe mit dem gleichfalls auf der Zeidhuung fcharf mavfirten
innern Gflbogenwinfel liegend. Der oberhalh diefes Theilungspunttes
liegende Oberfirper enthalt aber 7, dagegen der unterhalb deffelben
liegenbde Unterfdrper 12 non den 19 gleichen Theilen, e8 -verhalt fich
alfo nach dtefem Kanon die Vinge des Oberfdrpers yur Lange des
Unterfirpers wie 7:12, und die Lange des Unterfirpers zur Total
hohe wie 12:19. — Im Unterfdrper befinbdet fic) der am fcharffien
marfirte Thetlungspunft unterhalb des RKnie’s al8 Grenjze gwifden
Oberfdentel- und Unterfchenfelpartie. Bon diefen aber enthalt die
legtere 5, bie erfte 7 Shetle; Hier haben wir alfo das Verhaltnip
5:7. — Dem Berhaltnig 2:5 entfpreden pie Plage des Unter-
leibs (von der Taille bi gum Oberfdenfelgelent, oder vom oberen
Anfang bis zum unteren Ende ves halbfreisformigen Girtels) und
des Oberfchenfels (bon da bis уши Rnicende); und fo entiprechen
aud den Berhiltniffen 2:3 und 1:2 fcarf marfirte Whtheilungen,
fo dag e8 feinem Bweifel unterliegt, bag den alten Weaqyptern dte
Gerhiltniffe, welche swifchen den nachft gufammengehirigen Gliedern
der oben von uns aufgeftellten Reihe beftehen, alg die normirenden
gegolten haben. Weift nun dev Chavalter verfdjiedener altgriechifaer
Baur und Bildwer e, 3. GB. der Wpolloftatue bon Cenea, unbeftrett-
bar auf einen Ginflug ber agbptifden anf die hellenifche Runft hin,
und Lift fic) aus ber befannten Erzdhlung des Diodor (1, 98) ins-
befondve auf eine Befanntfdaft ver griedifden Rinftler mit dem
Kanon der aghptifchen Broportionen fcliefen, fo ift die Vermuthung,
pa auch flir die Griechen die oben ermahnten Berhiltniffe eine Wert
fanontfcher Geltung gehabt haben, ourchans feine gewagte: denn felbft
per Umftand, dag fich feine gang beftimimten Machrichten dariiber ere
halten haben, Ш fein ausreicender Grund ynv Verwerfung derfel-
ben, da fid) diefe Crfcheinung leicht aus der allgemeinen idenhaf-
tigfett ber auf uns gefommenen Runftliteratur und aus der noch
jet gu beobachtenden Thatfache, dak fich vergleichen technifche Hitlfs-
mittel mehr praftijd al8 theovetifd unter ben Ritnftlern fortpflan-
zen und gulekt gang in einer betwuftlofen Ausiibung verfdwinbden,
erflaven Lapt. Qn wie fern bie Hier entwidelte Anfidt aud) durd
pie Proportionen anberer griechifder Gebdude, namentlid) dev Pro-
phlden und ded Thefeum, unterftitst wird, died nadguweifen, muf
i mir fir einen befonderen Эа vorbehalten.