„Ich habe einen schönen Akt,“ sagte ich. Ich mußte doch etwas sagen, „der Habermann hat mich gemalt.“
Er sah mir durch die Bluse und meinte: „Vielleicht ’“
An der Ecke der Kaulbach- und Veterinärstraße hockte eine italienische Blumenverkäuferin. Er kaufte ihr eine rote Nelke ab und schenkte sie mir. Ich fühlte, daß er sie mir schenkte. Er ist hochmütig.
Er verabschiedete sich.
Um zu einer Schreibmaschine zu gelangen, stieg ich nachts durch ein Parterrefenster in den Verlag Julius F. S. Krottmayer, bei dem ich früher einmal Fräulein gewesen war. Ich tippte die Gedichte auf offizielle Briefbögen des Verlages Julius F. S. Krottmayer, weil ich kein anderes Papier fand.
***
Der junge Mann war nicht mehr in München. Ich brachte das Manuskript einem Herrn, den er mir schriftlich bezeichnet hatte. Ich empfing acht Mark. Ich weinte.
Ich haßte den jungen Mann in der Ferne.
Major Hoffmann sagte im Café Stefanie zu mir: „Möchten Sie nicht als Modell zur Fürstin von Gieß?“
Die Photographie der Fürstin von Gieß hängt immer über meinem Bett. Sie ist eine fürstliche Frau. Ihre Geschenke sind fürstlich. Aber die Hände, mit denen sie sie reicht, sind die einer entthronten Bürgerin.
Während sie mich modelliert, lese ich aus einem Buch vor. Die japanische Nachtigall. Oder ich erzähle phr allerhand Geschichten. Aller Hand streichelt dann über mich hin und ich bin wie Welt. Ich erzähle ihr, daß ich in Treppenhäusern geschlafen habe und auf einer Bank in den
Anlagen der Pinakothek. Gegen vier Uhr öffnete ich die Augen und die Schildwache stand vor mir. Sie lächelte mit geschultertem Gewehr: „Schon ausgeschlafen?“ Sie sagte, daß sie Bäcker sei und immer früh aufstehen müsse. Sie stehe gern des Nachts Posten, wenn die Sterne wie goldene Kinder über den Himmel gingen, Hand in Hand. Sie habe viel Spaß an dem Soldatensein.
Es gab schöne Rosen in den Anlagen: hell- und dunkelrote.
Die Schildwache sagte, ich solle mir welche abpflücken. Sie passe auf, daß kein Schutzmann komme.
*
Es wird schon sehr kalt. Ich habe keinen Mantel.
Ich befreunde mich mit dem Kaufmann Hirsch. Er sieht aus wie ein verstaubtes Buch, das man nicht gern zur Hand nimmt. Er ist anonym. Er spricht angeregt. Er hat einen Bruder und einen Freund, die beide Maler sind.
Sie spotten: „Bei der Marietta kommst Du nicht so leicht an! Das ist ein Mädchen aus der Boheme.
Kaufmann Hirch macht mir einen Heiratsantrag. Er ist sehr besorgt um mich. Er läßt mir vom Kellner einen Fußschemel bringen. Ich stelle die Füße unter den Schemel, damit man meine zerrissenen Schuhe nicht sieht.
Er ist sehr unglücklich.
Sein Bruder und sein Freund hätten einen idealen Beruf. Er sei nur Kaufmann. Was könne er mfr bieten ? Ich sei ein ideales Mädchen. (Ich glaube, er hat Murgers „Vie de la Boheme“ gelesen, ehe er mit mir essen ging.)
Ich sagte, ich sei gar kein so ideales Mädchen, wie er dächte. Denn ich würde nie mehr mit ihm essen gehn!
*
Ich lasse mich nicht auf den Boden schlagen. Wir sitzen im Café Stefanie.
Der junge Mann ist auch da. Er ist eben zurückgekommen.
Während ich in Paris war, war er in der Schweiz.
Ich bin durch das rote Meer von Paris geschritten, trockenen Fußes, und die Wogen wölbten sich vor mir.
Er glaubt noch immer, über mich hinweg zu sehen wie über einen Kiesel. Aber ich bin nun ein Fels. Er erschrickt.
Seine Stirn blutet vom Anprall ans Gestein. Ich liebe ihn.
Ich erzähle ihm von Paris.
Wir trinken Samos im „Bunten Vogel“.
Wir fahren im Auto zu neunen nachts ins Isartal. Es regnete.
Er sah mir durch die Bluse und meinte: „Vielleicht ’“
An der Ecke der Kaulbach- und Veterinärstraße hockte eine italienische Blumenverkäuferin. Er kaufte ihr eine rote Nelke ab und schenkte sie mir. Ich fühlte, daß er sie mir schenkte. Er ist hochmütig.
Ich mag ihn nicht.
Er verabschiedete sich.
Um zu einer Schreibmaschine zu gelangen, stieg ich nachts durch ein Parterrefenster in den Verlag Julius F. S. Krottmayer, bei dem ich früher einmal Fräulein gewesen war. Ich tippte die Gedichte auf offizielle Briefbögen des Verlages Julius F. S. Krottmayer, weil ich kein anderes Papier fand.
***
Der junge Mann war nicht mehr in München. Ich brachte das Manuskript einem Herrn, den er mir schriftlich bezeichnet hatte. Ich empfing acht Mark. Ich weinte.
Ich haßte den jungen Mann in der Ferne.
Major Hoffmann sagte im Café Stefanie zu mir: „Möchten Sie nicht als Modell zur Fürstin von Gieß?“
Die Photographie der Fürstin von Gieß hängt immer über meinem Bett. Sie ist eine fürstliche Frau. Ihre Geschenke sind fürstlich. Aber die Hände, mit denen sie sie reicht, sind die einer entthronten Bürgerin.
Während sie mich modelliert, lese ich aus einem Buch vor. Die japanische Nachtigall. Oder ich erzähle phr allerhand Geschichten. Aller Hand streichelt dann über mich hin und ich bin wie Welt. Ich erzähle ihr, daß ich in Treppenhäusern geschlafen habe und auf einer Bank in den
Anlagen der Pinakothek. Gegen vier Uhr öffnete ich die Augen und die Schildwache stand vor mir. Sie lächelte mit geschultertem Gewehr: „Schon ausgeschlafen?“ Sie sagte, daß sie Bäcker sei und immer früh aufstehen müsse. Sie stehe gern des Nachts Posten, wenn die Sterne wie goldene Kinder über den Himmel gingen, Hand in Hand. Sie habe viel Spaß an dem Soldatensein.
Es gab schöne Rosen in den Anlagen: hell- und dunkelrote.
Die Schildwache sagte, ich solle mir welche abpflücken. Sie passe auf, daß kein Schutzmann komme.
*
Es wird schon sehr kalt. Ich habe keinen Mantel.
Ich befreunde mich mit dem Kaufmann Hirsch. Er sieht aus wie ein verstaubtes Buch, das man nicht gern zur Hand nimmt. Er ist anonym. Er spricht angeregt. Er hat einen Bruder und einen Freund, die beide Maler sind.
Sie spotten: „Bei der Marietta kommst Du nicht so leicht an! Das ist ein Mädchen aus der Boheme.
Kaufmann Hirch macht mir einen Heiratsantrag. Er ist sehr besorgt um mich. Er läßt mir vom Kellner einen Fußschemel bringen. Ich stelle die Füße unter den Schemel, damit man meine zerrissenen Schuhe nicht sieht.
Er ist sehr unglücklich.
Sein Bruder und sein Freund hätten einen idealen Beruf. Er sei nur Kaufmann. Was könne er mfr bieten ? Ich sei ein ideales Mädchen. (Ich glaube, er hat Murgers „Vie de la Boheme“ gelesen, ehe er mit mir essen ging.)
Ich sagte, ich sei gar kein so ideales Mädchen, wie er dächte. Denn ich würde nie mehr mit ihm essen gehn!
*
Ich lasse mich nicht auf den Boden schlagen. Wir sitzen im Café Stefanie.
Der junge Mann ist auch da. Er ist eben zurückgekommen.
Während ich in Paris war, war er in der Schweiz.
Ich bin durch das rote Meer von Paris geschritten, trockenen Fußes, und die Wogen wölbten sich vor mir.
Er glaubt noch immer, über mich hinweg zu sehen wie über einen Kiesel. Aber ich bin nun ein Fels. Er erschrickt.
Seine Stirn blutet vom Anprall ans Gestein. Ich liebe ihn.
Ich erzähle ihm von Paris.
Wir trinken Samos im „Bunten Vogel“.
Wir fahren im Auto zu neunen nachts ins Isartal. Es regnete.