Sdhwarmende Herzen
	Wir haben 2а8 ЗибИии der Vage von 1813 gefeiert. Ene Menge Цеитоси:
Briefe aus dem Felde, Kriegslieder, Proflamationen wurden neu gedruct und neu
herausgegeben. Biographien Yorcs und Scharnhor{is, Unalyfen Napoleons, Staz
tiftifen der Opfer an Gut und Leben wurden verdffentliht, DenFmaler enthillt,
Anfpracher gum Preife der Vorfahren gehalten. So entftand in uns (und follte ent-
ftehen) die Vorftellung, als ob die damalige Zeit eine von Grund aus mannliche,
allgemein heldenhafte, wefentlich auf Krieg geftimmte Zeit gewefen fet. Wher wenn
man genauer blictt, fo entdeckt man mit Erftaunen einen Menfchenfchlag, der cigent=
lich dev , Lat” durchaus abhold war, der, gang nach Innen gewendet, feine Begierde
nach Ubenteucen poetifeh und fpckulativ befriedigte und der, beinahe hherfenfibel und
weitbifch, fich am liebften in das Fluten nur imaginativer Leidenfchaften warf. Und
man begegnet wieder eimal dem Ratfel unferes deutfchen Raffecharakters: das
innere Leben fteht im votlen Gegenfag sur Gebdrde duferer Lebensbewaltigung.
Die gange Zeit vom Auftreten Kopftocks bis suv literarifchen Megent{chaft Tieds, d.h.
alfo die Zeit ctiwa von 1770 ~ 1830, ift in der Wurgel cine wefentlich fentimentale und
biedermeierliche. So, wie Kopftock an feine Meta Moller fehrieh, iberfchwenglich,
empfindfam, metaphyfifch, fchrieben der Gefiihlsrichtung nach auch noch die Menz
{chen der Romoanti€erscit, alfo dic, Aber welche die pathetifcdh-zmodernen Gefchehniffe
dev Befreiungstriege hinweg gebrauft waren. Man fieht das fehr deutlich aus dev
Liebesbricffammhing, die Camill Hoffmann aus swet Fabrhunderten euros
расе Kultur mit gefehmackvollem Urteil gufammengeftellt hat. Sie gehdren alle
in die gleiche grofe Familie gefiihleopfernder Enthufiaften: dic Karfchin und Gleim,
Schiller und Lotte, Goethe und Frau von Stein, Hblderlin und Diotima, Brentano
und Sophie Mereau, Geng und Fanny ClBler. Der Charakter der Cpoche hebt fich
doppelt genau ab, wenn man die Art des BriefverFehrs vorher (die YufFldarungs-
epoche) und nachher (die Margfthrme) yum Vergleich) herangieht.

Es ift hier nicht der Ove, eine pragmatifehe Unslequng und Begrindung diefer Zeit
feele um dic Wende des 18, Jahrhunderts gu geben. Wir wollen nur ein paar Staz
tionen innerhalb ihrer cigenen Entwicklungsweife andeuten. — Das ,,Empfindfam-
fein” begaun mit der Entftehung ded Naturgeflibles, ein Gefihl, das die Fahrz
hunderte vorher nur febr rudimentdr, und eher logifch al8 intuitiv in fich getragen
und gepflegt Hatten. Cin febr auffdblufreidhes Dofument diefes Gefihlsgu(tandes
ift Die Lebensgefchichte des Franz Xaver Bronner von ihm felbft ersAhlt und neu
herausgegeben von Osfar Lang. Der gute Bronner ift gewif Fein Oviginalgenie:
feine rt gu fehen, gu febreiben und fiberhaupt fich gegen das Leben gu ftellen ift
nachgebildet dem Borgange eines Gefner, Haller, Brokes. Uher doch zeigt fich hier
und da: in den Betvachtungen, den Selbftheichten, den Undachtsftimmungen vor
cinem abendlichen Suh, cinem blihenden Garten сте бан По evfehtitteri gu
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