doch Jeder, der ohne Vorurtheil die Kunstgegenstande betrach-
tet, gestehen, dass er sein Loos nicht zu theuer bezablt hat.
Der Umstand freilich, dass man noch immer Loose zu 10 Fr.
verkauft und zwar in unbegrenzler Anzahl, kann allerdings
nicht sehr vortheilhaft fir die Kimstler auf das Publikum wir~
ken, zumal da man den Termin der Ziehung auf den dem Feste
folgenden Tag festgesetzt hatte. Was ubrigens den Ball be-
trifft, welcher am Tage nach dem Feste, gegen die ausdriick-
liche frihere Verwahrung, in dem dekorirten Saale Statt ge-
funden, so ist dies nur geschehen, weil der Biirgermeister es
durchaus verlangt hatte, da er sonst nicht seine Verpflichtun-
gen, in der Deckung des Deficit, erfiillen zu kénnen erklart.

Unter den grossen Oelgemalden sind es drei, die sich wohl
den Rang streitig machen konnen: ,,Der zerbrochene Fiedel-
bogen** von Gallait, ,,der Hund des Gefangenen“ von Jo~
seph Stevens aus Briissel und ,,die gliickliche Mutter“ von
Eugen Verboeckhoven. Das Sujet Gaillail’s ist folgendes:
Ein junger ungarischer Componist ist nach Paris gekommen,
um dort sein Glick zu versuchen. Es misslingt ihm; bei dem
kostspieligen Leben in der grossen Stadt hat er bald seine ge-
ringe Habe verzehrt, ohne eine Anstellung erhallen zu haben.
Um sein Leben zu fristen, ist er genéthigt, auf der Strasse
durch Geigen sich wenige Centimen zu erwerben. Da ent-
reisst ihm das ttickische Schicksal die letzte Stitze seiner Exi-
stenz: sein Bogen zerbricht. Unvermégend, sich einen neuen
zu kaufen, sieht er sich gezwungen, die Yortibergehenden um
eine Gabe anzuilehen. Ein Kinsiler, ein Ungar muss betieln!
In stummer Verzweiflung sitzt der junge Mann, er mag 18—
20 Jahre zahlen, in einen zerrissenen und geflickten ungar-
schen Mantel gehiillt, auf einer steinernen Bank in der Strasse.
Es ist Abend. Mit dem Riicken an die Hauserwand gelehnt
und den mit langen, braunen, schlichten Haaren umgebenen
Kopf etwas vorgebeugt, lasst er die Arme mit gefalteten Han-
den, zwischen den, mit den Fissen gekreuzten Beinen, un-
thatig herabhangen. Die hellen Thranen laufen ihm aus den
durch das Weinen gerétheten Augen tiber die Wangen. Auf
den Knieen liegt die Geige, vor ihm auf der Erde der 2ег-
brochene Bogen, zur Rechten sein grosser runder Hut und
ein Paar Kupferstiicke, die ihm das Mitleid der Voribergehen-
den gespendet. Mit Worten auszudriicken, was fir Empfindung
in dem Ausdruck der Augen, in den Zigen des Gesichtes, in
der ganzen Haltung des Kérpers liegt, ist unméglich. Man
sieht auf seinem Antlitz, wie ihm ein dumpfer brennender
Schmerz das Innere verzehrt; er denkt an die Erwartungen,
an die Hoffnungen, die er auf die grosse Stadt gebaut, an
die Traume von Ehre und Ruhm, er sieht dann auf seine nack-
ten Beine und den zerbrochenen Bogen und unaufhaltsam stiir-
zen ihm die Thranen aus den Augen. Das Ganze ist durch
die Laterne des Geigers, die ihm gegeniiber hinter einem Eck-
steine steht, in ein helles, fast krasses Licht geselzt. Auf der
so erhellten, weisslich gelben Hauserwand treten die Umrisse
der Gestalt scharf hervor, wahrend das rothbraune Gesicht
des Ungliicklichen nur gerade so viel erleuchtet ist, um die
Ziige genau erkennen zu lassen. Am Abende, in eine passende
Beleuchtung geselzt, macht dieses Bild einen unbeschreiblichen
Eindruck, wahrend man am Tage den fehlenden Firniss nicht
wenig vermisst, da er dem diisteren, rothbraunen, etwas ein-
férmigen Tone mehr Leben verleihen wirde, was an dem Fest-
abende durch die Einrichtung der Beleuchtung vollkommen er-
reicht war. Die Héhe des Bildes mag 6—8 Fuss sein.

Das Gemalde von Stevens behandelt ebenfalls einen trau-
rig stimmenden Stoff. Ein grosser, schwarzer neufundlander
Hund klammert sich mit den Vorderfiissen an das Gesims eines
niedrigen, mit Eisenstaben geschlossenen Gefangnissfenslers.
	neues Thor, vermuthlich nach dem Plane des Baubeamten
Rzionaz erbaut werden. Was aber auf dem neugewonnenen
Terrain zwischen dem Stubenthore und der Biberbastei gebaut
werden soll, liegt noch im Schoosse der Gétter. Von einer
Seite her wurde der Bau einer Kaserne vorgeschlagen, welche
von dieser Seite die Stadt beherrschen soll. Minister Bruck
jedoch, so wie der Ministerialrath v. Meyern strauben sich да-
gegen, und machen mit vielem Rechte das Unpassende und
Verletzende eines solchen Kasernenbaues geltend. Dass die
Stadt, die ohnehin durch das Kasernenartige der letzten Staats-
gebiude einen monotonen Anstrich gewonnen hat, nichts dabei
an Schénheit gewinnen wide, liegt auf flacher Hand.

Ein Bau aber ganz eigenthiimlicher Art, der auch in kinst-
lerischer Beziehung nicht ohne Interesse ist, ist das grosse
Arsenalgebdude zwischen dem Brucker Bahnhofe und der
St. Marser-Linie. Denken Sie sich ein grosses Parallelogramm,
dessen Seiten mit Mauern umgeben, das 360 ésterreichische
Klafter Lange und 250 Klafter Breite hat, so haben sie ein
Bild der kolossalen Dimensionen. In den ungeheuren Raumen,
die im verflossenen Jahre schon tiberall tiber Klafterhéhe her-
ausragten, soll alles koncentrirt werden, was mit Geschitz-
und Gewehrerzeugung in Verbindung steht, so auch alle Arten
von Waffendepots. An jeder der Ecken erhebt sich eine Ka-
serne, und in der Mitte der zwischen den Kasernen liegenden
Depots, das Kanzleigebaéude, die Wohnungen fir die s. g. Pri-
nmaplanisten, das Spital sammt der Kirche. Diese grossen Um-
fangsgebaude sind den Professoren der Architektur, van der
Nill, Sicandsburg und Rosner zur Ausfiihrung ibergeben.
Die Kasernen selbst werden gegen éussere angreifende Haufen
durch Kanonen vertheidigt, die Depots mit flachen Daichern be-
deckt und langen mit Schiessscharten versehenen Gangen um-
geben. Von aussen wird das Ganze einen ansebnlichen Hoch-
bau darstellen, dessen Charakler den italienischen Ziegelbauten
nicht undhnlich sein dirfte. Im Innern dieses grossen Vier-
eckes kommt in einer Entfernung von 40 Klaftern von den
Umfangsgebauden das eigentliche Arsenal und die Gewehrfabrik
(erstere 128 Klafter lang), die Stickbohrerei, die Giesserei,
Tischlerwerkstatte, Schmiede und die Holzdepots. Das Arse-
nal und die Gewehrfabrik ibernehmen die Archilekten Haasen
und Prof. Férster. — Im Sommer sind Hunderte von Arbei-
tern bei diesem Baue beschaftigt, der in vier Jahren vollendet,
ein in jeder Beziehung charakteristisches Denkmal unserer eiser-
nen Zeit sein wird. Die Leitung des Ganzen steht unter dem
F. Z. M. Baron Augustin und cinem Baukomité, dessen Pra-
ses seit dem Abgange des tiefgebildeten General Hausleb der
General vy. Wellenau ist. Ueber die Einzelnheiten des Baues
demniachst ein Ausfihrlicheres!

Die Spitze der Augustinerkirche wird — wie jetzt entschie-
den ist — von der Generalbaudirektion nach einem geschmack-
vollen Plane gebaut. — Von Dr. E. Melly steht eine Mono-
graphie liber das Riesenthor der Stephanskirche zu erwarten.
	ft Orijfel, am 28. Jan. Nachdem ich jetzt in Musse eine
Uebersicht von den Bildern des Festes am 5. Jan. gewonnen,
will ich Ihnen im Folgenden eine gedrangte Uebersicht dieser
ungemein reichen Ausslellung geben. Wohl nie hat eine Kunst-
ausstellung und namentlich eine, deren Gegenstande zur Ver-
loosung bestimmt, so viel Meisterwerke neben so wenig Verfehl-
fem dargeboten, Auch der Anzahl nach ist sie durchaus nicht
unbedeutend, da sie 400 bis 500 Kunstgegenstinde zahlt, von
denen eine grosse Anzahl kleinerer, namentlich Zeichnungen
und Aquarells, unentgeltlich von Kiinstlern hinzugegeben ist.
So unbefriedigend daher auch der Eindruck des eigentlichen Fe~
stes auf das Publikum meistentheils wohl gewesen, so muss