Darstellung eines ekelhaften kranken Hundes ware wohl auf
andere Weise zu umgehen gewesen, er durfte nur in etwas
Emballage tiberreicht werden’); aber zur ginzlich unbedeuten-
den Creatur musste er hierbei nicht herabgewiirdigt erscheinen,
ruht doch auf seinem Haupte das Geschick Deulschlands! —
Scherz bei Seite, wir glauben ebenfalls nicht, dass die Wahl
dieses Stoffes fir ein einzelnes grésseres historisches Gemalde
eine ganz passende sei, obwohl nicht aus irgend einem Be-
denken gegen dic Wiirde des geschichtlichen Vorfalles, im
Gegentheil wiirde uns die gelegentliche Wiederholung dieser
Geschichte in gewissen Fallen weit lieber sein, als manche
andere Wiederholung unserer Tagesgeschichte, sondern weil
wir die Episode, in einen Cyclus der Darstellung des Lebens
Kaiser Heinrich’s gchérig, fiir ein einzelnes Bild nicht bedeul-
sam genug halten.

Die Composition ist ausserdem anerkennungswerlh und die
Zeichnung, im Styl der Miinchner Schule, ede) und ernst ge-
halten, die Farbe aber entbehrt oder vielmehr verzichtet auf
die Vorziige der Oelmalerei, indem fast absichtlich der Ton der
Freskomalerei imitirt zu sein scheint, was aber dem Bilde, bei
seiner strengen Zeichnung, eine gewisse Trockenheit verleiht
und keirieswegs zum Vortheil gereichen kann. Von historischen
Gemalden im engsten Sinne der Bezeichnung ist ausserdem
noch nichts zu finden, wir miissten denn einen Apostel Petrus
dazu zaihlen sollen, der mit hochgehobenen Schiiisseln uns ап-
spricht, wie ein verkleideter Hausknecht, cinen jeden Voriber-
gehenden fragend: ,Sind das vielleicht ihre Hausschliissel ?“
Des Kiinstlers Meinung mag ganz gut gewesen sein, auch ha-
ben wir mit diesem Vergleiche keinesweges die Absicht zu
verletzen, zumal angewandter Fleiss und Studium in Zeichnung
und Farbe nicht zu verkennen sind, nur ist es unvermeidlich,
den Eindruck des Komischen hier zu tibergehen, der stets aus
dem Verkennen des Wesens symbolischer Darstellung durch
dabei angebrachte handelnde Action entstchen wird und muss.

Wir gelangen nunmehr zu einem Gemilde aus der neueren
Geschichte, den Tod des Dichters von Leyer und Schwert,
Deutschlands jugendlichem Helden, Kérner’s, darstellend, von
Donner in Miinchen. Der Todte liegt auf einer mit Eichen-
laub begrdnzten Bahre, inmitten anderer um ihn auf gestreutem
Eichenlaub ruhender gefallener Kampfgenossen, umgeben von
seinen trauernden Gefahrten, wie es scheint, meist Portraits
derer, die damals um ihn versammelt gewesen und welche ihm
den letzten Liebesdienst zu erweisen sich anschicken. Begei-
sterte Waffengefahrten erheben die Hand zum Schwur der Rache,
und weinende Madchen schmticken seine Bahre. So weit ist
Alles recht wohl gedacht und geordnet, auch ist die sichtbare
Liebe, mit der das Bild ausgefiihrt, nicht zu verkennen, und
wiirde dasselbe auf das Gefihl der Beschauenden seinen Kin-
druck nicht verfehlen, ware nur eine gewisse prosaische Tri-
vialitat in der Behandlung, namenitlich in der Zeichnung der
Képfe, nicht stérend fiir die poetische Wirkung des Ganzen.
Wir kénnen nicht bergen, dass uns dies aus dem vielleicht
allzusclavischen Anhalten an Portraits oder Modellkopfe, die
hierbei benutzt worden, gekommen zu sein scheint, und mahnt
uns das Bild in diesem Betracht an gewisse Portrailbilder ver-
sammelter Kameradschaft von Studenten, die auch nur der Er-
innerung an Einzelne, gleichviel ob mit grundhasslichen, langwei-
weiligen oder ansprechenden Gesichtern, wegen da sind; dies ist
denn doch wohl nicht der Zweck eines solchen Gemaldes. Recht
dankbar zu erkennen ist, wenn die Individualilat historischer
Personen uns aufbewahrt wird, allein auf Kosten der Gesammt-
wirkung darf dies nun schon nicht geschehen, und hier ware
	1) Dann wird er Ja aber noch unschuldiger aussehen. ФТ. В.
	darstellt. Der geschichtliche Vorgang, der hier zur Anschauung
vebracht wird, ist folgender:
	Manfred First von Tarent, ein ehelicher zwar, aber mieht eben-
birtiger Sohn Friedrichs Il., dem Vater an ritterlicher Tugend und
dusserer Liebenswirdigkeit ahnlich, und, obwohl mannigfacher Ver-
brechen, sogar des Mordes zweier Verwandten verdachtig und von
seinen Feinden beziichtigt, nichtsdestoweniger ein bei den Seinigen
heliebter First, war vom Papst Innocenz IV,, dem er bei der Ueber-
nahme der Reichsverwesung fir den noch unmindigen Conradin die
Eidesleistung verweigerte, verfolgt und begehrte auf der Flucht, an
den Thoren Lucerias, einer damals zum Theil von Saracenen bevél-
kerten Stadt, angelangt, Einlass.

Nach kurzem Widerstande der pipstlich gesinnten, oder im papst-
lichen Solde stehenden Partei der Einwohner ward er, namentlich von
den Saracenen, im Triumphe eingeholt, auf dem Schilde erhoben und
zum K6énig ausgerufen, besiegte auch kurz darauf mit Hilfe dieser Sa-
racenen des Papstes Séldner bei Foggia, und gerieth vorzugsweise
hierdurch in einen so unheilbaren Bruch mit der Kirche, dass in des-
sen Folge sogar sein Leichnam, noch lange nach seinem Tode, weil
auf kirchlichem Gebiete ruhend, aus seinem Grabe an der Bricke bei
Benevent ausgegraben, und in den Gebirgen Apuliens verscharrt ward.
	Die Darstellung ist klar, verstandlich, alle Figuren wirken
	glucklich zu dem dramatisch in Scene geésetzten Ganzen, nur
	in der Durchluhrung der einzelInen Motive diirfte hin und wie-
der ein klareres Aussprechen der Bewegung zu wiinschen sein,
wie auch die Hauptgruppe auf den ersten. Blick nicht ganz ver-
stindlich erscheint, indem man sogleich nicht zu erkennen ver-
mag, dass Manfred auf seinem von den Saracenen getragenen
Schilde sitzt, auch die Trager nicht genug als solche sich ge-
riren. Die Haltung des ganzen Bildes in Farbe und Beleuch-
lung, im Styl der alten Venetianer gehalten, deren Behand-
lungsweise Rah! auf das vollkommenste miachtig ist, verdient
auszeichnende Erwahnung, um so mehr, als dies Zusammen-
fassen der Farben, Schatten und Lichter zu einem, das Auge
gleich Anfangs einnehmenden Ganzen eine seltene Erscheinung
in der Zeit unserer modernen Kunst ist, die mit Ameisenfleiss
jeden einzelnen Theil zwar griindlich behandelt, nicht aber dem
grossen Ganzen mit dem kimstlerischen Taktgefiihl der Alten
unterzuordnen versteht. Dass dem Bilde hierbei eine noch
gréssere Feinheit und Reinlichkeit der Téne, namentlich in
manchen Képfen und Gewandern, zu wiinschen ware, hebt das
Verdienst des Kiinstlers nicht auf, denn eben diese Sauberkeit
und Reinlichkeit der Téne hindert die Neueren an die Gesammt-
wirkung zu denken, und beides zu vereinigen ist allerdings die
hdchste, nicht aber eben leicht zu erklimmende Stufe des Co-
loristen. In mehr oder minderer Ermangelung solcher Meister-
schaft ist die Gesammtwirkung aber das erste nnd vorzugs-
weise zu Erstrebende, weil auf ungekehrtem Wege nie zu der-
selben zu gelangen ist.

Von demselben Kiinstler sind noch zwei andere Gemalde
vorhanden, auf die wir spiter zuriickkommen werden.

Ein zweites grésseres historisches Bild von Moosdorf
aus Altenburg, einem Schiiler Moritz v. Schwind’s, stellt die
Scene dar, wo Heinrich I. den ungarischen Abgesandten, welche
kommen, um den neun Jahre lang zur Schmach Deutschlands
geforderten Tribut in Empfang zu nehmen, statt dessen einen
raudigen Hund verabreichen liess, eine allerdings etwas starke
politische Demonstration, deren die diplomatische Zartheit un-
serer Zeit wohl kaum fahig ware. Der Kiinstler scheint sich
ebenfalls, weit mehr als Kaiser Heinrich, genirt zu haben, denn
der Hund ist so ausserst zart angebracht, erscheint so unschuldig
bei der ganzen Geschichte, dass wir allerdings aus dem Bilde den
Zorn der, die Schnauzbarte und Augenbrauen garstig zusam-
menziehenden Ungarn und eben so wenig das bedeutsame Auf~
treten des Kaisers uns erklaren kénnen. Die nackte hassliche