Costiim entspricht ganz dem des letzten Viertels des 14. Jahr-
hunderls, weshalb ich das Werk unter dem baulustigen Maho-
med ~Abul-Hagan, der 1379 den Thron von Granada besliegen,
gefertigt glaube, und um so mehr, als bekannt ist, dass er
sich durch Erbauung zweier neuen Palaste und sonst schr um
die Verschénerung der Stadt verdient gemacht hat’).

Eines der altesten Werke spanischer Malerei des 15. Jahr-
hunderts diirften jene 55 kleinen Tafeln sein, welche zu elf in
finf ibereinander stehenden Reihen dic Chornische der allen
Kathedrale zu Salamanca ausfillen; der obere Bogen der
Nische enthalt jedoch eine Frescomalerei derselben Zeit, das
Jiingste Gericht darstellend. Hier tritt Christus in stark be-
wegter Stellung hervor und ist nur leicht mit flatterndem Ge-
wand um die Hiiften bedeckt, Maria und Johannes befinden
sich zu seinen Scilen, dabei posaunende Engel; unten die auf-
erstehenden Seligen und Verdammten. Diese Malerei, von tich-
tiger Behandlung, hat sich noch sehr gut erhalten. Im Allge-
meinen entspricht sie der italienischen Richtung aus der ersten
Halfte des 15. Jahrhunderts. Aus derselben Zeit, aber wohl
von einem anderen Meister, sind die kleinen Temperamalercien
auf Goldgrund, von denen jedes mit einem weissen, mit Gold
gehohten, gothischen Holzrahmen umgeben ist. Sie bilden einen
Cyklus aus dem Leben der Maria und Christi und schliessen
mit den Darstellungen der Ausgiessung des heiligen Gcistes
und der Krénung ‘Maria. Unten befinden sich noch kleine, ver-
zierte Medaillons mit halben Figuren der Propheten®). Die Be-
handlung erinnert eines Theils an die der Florentiner Schule
zur Zeit des Fra Angelico da Fiesole, anderen Theils er-
weist sie sich als eine spanische Arbeit, da die Ausfihrung
elwas Derbes hat, die Umrisse dunkel und hart sind und die
Farbung jenen, den Spaniern eigenthtimlichen, braunlichen Ton
hat. Bei der Taufe im Jordan sind die Manner von maurischer,
schwarzlicher Carnalion, wahrend Christus еше weissliche
Fleischfarbe hat. Die Weiber des Volkes haben spanisches
Costiim. Alle diese Eigenthiimlichkeiten, verbunden mit der
haufigen Anwendung von Gold in den Gewindern und Beiwer-
ken, sprechen daftir, dass wir hier das Werk eincs spanischen
Meisters vor uns haben, Derselbe darf selbst zu den ausge-
zeichneten seiner Zeit gerechnet werden, da die Compositionen
von guter Anordnung sind, die Motive reich und lebendig, der
Ausdruck der Képfe sprechend und mannigfallig. Die Gewan-
dung, in weichen Falten, ist, wenn auch hart schwarz umris-
sen, doch breit und wokl verstanden. (Fortsetzung folgt.)
	Der Meister &€ S vom Jahre 1466 héchst wahrscheinlich
ein Minchener, Namens Erhard Schon.
	(Sendschreiben an Herrn Rudolph Weigel in Leipzig.)
	Nach der Spur des bertihmlten Anonymus & 4 wurde schon
in aller Herren Lander gesucht, aber es war bisher vergebene
Miihe. Wenn nicht ein Niederdeutscher von Geburt, sollte er
	1) Dr. Kugler spricht in diesen Blattern von 1802 8. 118 dio Ansicht
aus, dass diese Malereien von einem spanischen Maler im 15, Jahrhundert,
unter Jussuf, gemalt zu sein schienen. Er urtheilt aber nur nach Zeich-
nungen von Gerhardt, der indessen viel mehr meiner Ansicht zu sein
scheint. Jedenfalls glaube ich, dass er vor den Originalen und hei Kennt-
niss der altspanischen Kunst eine andere als die ausgesprochene Ansicht ge-
winnen wiirde.

2) Hier ist noch zu bemerken, dass zwei der urspriinglichen Tafeln durch
andere, mit Darstcllungen aus der Leidensgeschichte, crsetzt worden sind.
Sie gehdren dcr Eyckischen Schule an und sind héchst wahrscheinlich von
	Fernando Gallegos, der aus Salamanca geburlig war.
	haltend. Ueber ihr schweben zwei kleine Engel, mit einer
Krone tiber ihrem Haupte. So viel ich bei der Dunkelheit in
der Kirche zu beurtheilen im Stande war, schien es mir ein
Werk des 13. Jahrhunderts und an die byzantinische Weise
erinnernd, aber fiir jene Zeit breit behandelt. Von diesem Bilde
trifft man 6fter Nachbildungen; so eine gute in der Mezquita
oder Kathedrale zu Cordova, welche dem 16. Jahrhundert an-
gehort. Hier ist ihr Kleid weiss mit Gold ornirt; auch der
Goldgrund ist gemustert. Sie halt eine Rose in der Linken,
daher ihr Name: ,,Senora de la rosa“. — Aus welcher Zeit
urspriinglich die ,, Senora de Guadalupe“ ist, kann ich nicht
bestimmen, da ich dieselbe nur durch haufig vorkommende Co-
pieen kenne. Dieses Marienbild ist, was die Spanier eine
», Concepcion“*) nennen. Hine voratigliche Copie befindet sich
in der Franziscanerkirche zu Cadix. — Ein Bild, wohl aus dem
Anfange des 16. Jahrhunderts, ist die ,,Santa Maria de los
remedios“ an der westlichen Riickwand der Chorcinfassung in
der Kathedrale zu Sevilla. Es ist indessen noch alterthimlich
behandelt und auf gemusterlen Goldgrund gemalt. Die sitzende
Maria giebt dem nackten Christkind die Brust. Ihr blauer Mantel
hat ein grosses Goldmuster. Hinter ihr steht ein Bischof und
vorn kniet der Donatar, ein Geistlicher, in weissem Gewand.
Der das Bild im Bogen einschliessende Rahmen ist reich mit
Arabesken im italienischen Geschmack aus dem Ende des {5ten
Jahrhunderts verziert.

Reste einer kleinen Frescomalerei vom Jahre 1248 befinden
sich im Grunde einer Grabnische in der alten Kathedrale zu
Salamanca. Es sind nur schwarze Umrisse, mit einténigen
Farben ausgefillt, ohne alle Schattenangabe, wie wir derglei-
chen aus jener Zeit auch bei uns in Deutschland antreffen. Ueber
die Zeichnung und das Charakteristische dieser Wandmalerei
liess sich nicht mehr urtheilen, da sie in zu beschidigtem Zu-
stande ist.

Anerkannt spanische Malereien aus dem 14. Jahrhundert
scheinen keine auf uns gekommen zu sein, denn die drei auf
Leder oder Felle gemalten Deckenbilder in der Alhambra,
die gegen das Ende des 14. Jahrhunderts entstanden sein dirf-
ten, sind augenfallig Werke eines ilalienischen Malers. Be-
kannllich befinden sie sich in drei kleinen Kuppeln oder ni-
schenformigen ovalen Vertiefungen an den Decken von drei
kleinen Gemachern, von etwa 18 Fuss Breite auf 10 Fuss Tiefe,
welche an die Sala de Justicia angrenzen. Das mittlere stellt
zehn sitzende maurische Firsten oder Richter in etwas tber
halber Lebensgrisse dar. Das zweite cine Jagd; das dritte ein
romanhafles Liebesabentheuer, in welchem der Maure den Sieg
liber den christlichen Ritter dayontrigt?). Die dunkeln Um-
risse sind nur mit Farben, ohne Schattenangabe, ausgefiillt. Die
Zeichnung entbehrt zwar noch eines genauen Studiums, ist in-
dessen nicht ohne eine gewisse Beobachtung der Natur und
Feinheit, selbst Eleganz und Schénheit in den Frauenképfen,
wie wir dieses nirgends bei den Spaniern antreffen. Auch die
Architektur, die Baume und Pflanzen sind ganz nach der ila-
lienischen Art jener Zeit behandelt. Ebenso ist die Farbung
klar und heiter, nicht dister und ins Braunliche gehend, wie
die in den spanischen Malereien aus dem 15. Jahrhundert. Das
	1) In Spanien wird unter diesem Namen die Darsteliung verstanden, wie
die h. Jungfrau, itber dem Irdischen erhoben auf dem Monde stehend, dic un-
befleckte Empfangniss erhalt, denn nach dem in Spanien herrschenden Dogma,
welches besonders von den Franciscanern gegen die Dominicaner festge-
halten worden ist, wat Maria frei von aller Erbsiinde.

2) Die besten Abbildungen davon befinden sich in dem Werk tiber die Al-
hambra yon Owen Jones, jedoch ist der Stich etwas zu zicrlich modern
gehalten. Diejenigen bei Alex. Laborde, Murphy und v. Quandt ge-
ben yom Styl des Originals keinen richligen Begriff.