überein. Hierfür ist nun aber eigentlich die veranstaltende Firma nicht verantwortlich zu machen, denn sie kann nur die Ent
würfe gebrauchen, welche wirklich einwandfrei und schön sind. Daß bei einem solchen Preis-Ausschreiben sehr viele unbrauch
bare Entwürfe einlaufen, ist leicht erklärlich, denn nicht jeder Akzidenzsetzer ist in der Lage resp. so weit fortgeschritten, um aus einer Ornamentserie, von welcher ihm nur das Figurenverzeichnis und keine Anwendungen vorliegen, etwas Brauchbares herzustellen. Die Firma wird also meines Erachtens vielleicht 15 20 Entwürfe ausführen lassen und sie hat höchstens
noch den «Speck», eine große Anzahl von Entwürfen aus ihrem Material zu Gesicht bekommen zu haben, was ohne das Preis-Ausschreiben nicht der Fall gewesen wäre. Diese 15—20 auszuführenden oder verwendbaren Entwürfe sind aber mit den ausgesetzten Preisen einigermaßen bezahlt, die anderen vielen Entwürfe dagegen nicht. Dieselben gehen vielleicht nach Monaten oder noch später an die Einsender zurück, welche für dieselben natürlich selten oder gar keine Verwendung haben. Angesichts dieser vielen Arbeit, welche unnütz vergeudet wird und von welcher die veranstaltende Firma und die beteiligten
Kollegen absolut gar nichts haben, möchte ich hier die Frage aufwerfen: sollte sich nicht mal ein anderer Modus für Preis- Ausschreiben als der bis jetzt immer eingeschlagene finden? Ich erinnere hier an das vor einigen Jahren von neun großen Firmen gemeinschaftlich veranstaltete Preis-Ausschreiben be
treffs Erlangung von Plakat-Entwürfen. Hierbei wurden für jede der neun Firmen zehn Entwürfe in Aussicht genommen
und man wandte sich, um jede unnütze Vergeudung von Talent und Arbeit, sowie jede Ausbeutung der mitarbeitenden Künstler
schaft zu vermeiden, an eine Reihe namhafter Künstler betr. Beteiligung. Jeder Künstler, weicherauferfolgte Rundfrage seine
Beteiligung zugesagt hatte, wurde nach bestem Ermessen auf die einzelnen Gruppen verteilt und konnte einen Entwurf einsenden, für welchen 100 Mark entschädigt wurden. Von 90 be
stellten Entwürfen gingen 81 ein und auf diese entfielen acht erste Preise à 500 Mk., acht zweite à 300 Mk., acht dritte Preise à 200 Mk. und zwei Ehrenpreise à 1000 Mk. Ferner entfielen auf 40 von den Teilnehmern freiwillig gelieferte Entwürfe ein erster, zweiter und zwei dritte Preise. Diese Art der Veranstaltung, bei welchem das pekuniäre Resultat für die Teilnehmer ein außergewöhnlich günstiges zu nennen ist (es wurden insgesamt 22,000 Mk. für die in den Besitz der veranstaltenden
Firmen gelangten Entwürfe verausgabt), hat denn auch Gutes gewirkt und die Ausstellung der eingegangenen Entwürfe bewies, daß sie frei von dem hergebrachten Mindergut war.
Daß ein solches Preis-Ausschreiben auch im Buclulruckoder Schriftgießereigewerbe Nachahmung fände, wäre zu wün
schen, ist aber aus verschiedenen, hier nicht näher zu bezeichnenden Gründen wohl ausgeschlossen. Wie wäre es nun aber, wenn sich eine Schriftgießerei, welche wieder einmal ein Preis- Ausschreiben veranstalten will, an eine Reihe namhafter Akzi
denzsetzer betr. Beteiligung direkt wendet? In vielen Städten
veranstalten Typographische Gesellschaften erfreulicherweise im Interesse der beruflichen Fortbildung unter ihren Mit
gliedern Preis-Ausschreiben und die aus solchen Wettbewerben siegreich hervorgehenden Kollegen könnten in erster Linie ebenfalls zu einem solchen Preis-Ausschreiben animiert werden. Jeder sich zur Teinahme verpflichtende Kollege hätte dann zwei Entwürfe einzusenden und bekäme dafür ca. 20 Mk. als Ent
schädigung. Dann müßten natürlich verschiedene Geldpreise und vielleicht ein Ehrenpreis ausgesetzt werden. Gegen ein
solches Preis-Ausschreiben würde nicht allein von keiner Seite etwas eingewendet werden können, sondern die gesamte Fach
welt würde auf das Resultat gespannt sein. Außerdem hätte die veranstaltende Firma die Gewißheit, daß auch der größte Teil der einzuliefernden Entwürfe wirklich verwendbar sei.
Viele Kollegen, welche meinen zeichnen zu können, senden an die Schriftgießereien Entwürfe für Einfassungen und Vig
netten ein. Für solche Zeichnungen wird in der Regel nur sehr wenig (25 bis 40 Mark) verlangt und die Gießerei kauft
schließlich, nur um es mit dem betreffenden Herrn, welcher sich oft in einflußreicher Stellung befindet, nicht zu verderben, die Zeichnungen an, trotzdem letztere, wie ich aus Erfahrung weiß, nie das Licht dieser Welt wieder erblicken. Diesen Kol
legen möchte ich den Rat erteilen, aus dem vorhandenen Material
der Gießereien brauchbare, effektvolle Entwürfe herzustellen. Damit würden sie den Gießereien einen größeren Gefallen als mit dilettantenmäßigen Zeichnungen erweisen. Wohl beinahe alle Gießereien dürften für gute Entwürfe aus ihrem neuen
Material immer Verwendung haben und dafür eineangemessene Entschädigung bezahlen.
Damit möchte ich aber auch daraufhinweisen, daß es nicht unbedingt nötig ist, sich an Wettbewerben zu beteiligen, denn der strebsame, tüchtige Akzidenzsetzer wird auch sonst Gelegenheit genug finden, seine Schaffenskraft zu betätigen.
Gegen die Preis-Ausschreiben angesehener Fachblätter und gegen die der Typographischen Gesellschaften wird sich, wie schon anfangs erwähnt, nichts einwenden lassen; dieselben sind
nur zu begrüßen. Aber es wäre zu wünschen, daß gegen manche fragwürdige typographische Wettbewerbe Front ge
macht würde und hier müßten derVerband derTypographischen Gesellschaften und die Schweizerische Typographische Klub
zentrale Mittel und Wege finden, um solchem Preisausschreiben- Unwesen Einhalt zu tun. E. J.


MODERNE BUCHKUNST.


Vor uns liegt eine Festschrift, die den Titel «Meran» trägt und den deutschen Naturforschern und Ärzten zu ihrer 77. Jahresversammlung vom Kurort Meran gewidmet ist. Die Publikation präsentiert sich in einer so ungewöhn
lichen Ausstattung, daß eine Besprechung unter obiger Überschrift wohl gerechtfertigt ist. Schon der in mildfarbigem Kolorit ge
haltene, von Dr. C. Wolf & Sohn in München nach dem Entwurf von Tony Qrubhofer ausgeführte chromolithographische Umschlag mit feiner stilisierter Rosenlaube und den altertümlichen Wappen Merans und Tirols und der Goldschrift macht einen vornehmen Eindruck. Was aber dieser Festschrift ihren besonderen Charakter in buchgewerblicher Hinsicht verleiht, das ist die nach Entwürfen von Tony Grubhofer bewirkte künstlerische Ausstattung: Motive aus Fresken vom SchloßTirol, dem Meraner Pfarrturm und tirolischer Volkskunst umrahmen die Textseiten, die am Kopf und Fuß mit reizenden Blumenzeichnungen, Städte- und Landschaftsbildchen, sowie alten Münzen, Wappen, Funden aus der vorrömischen Zeit usw. geschmückt und von einem, die ganze Papierfläche nach außen füllenden leicht grauen Ton umrahmt sind. Die Einfassungen wechseln in vier verschiedenen Kombinationen, je zwei Seiten gleich, in deren mittlerer Partie, zwischen den erwähnten Leisten, der aus
der lichten Garmond Augsburgerschrift von H. Berthold gesetzte Text erscheint. Vier Dreifarbendrucke, auf schwarze Kartons mit weißen Fasern aufgeheftet, stellen das Innere der Schloßkapelle von Tirol, eine malerische Ansicht von Meran und Umgebung, das ansehnliche Stadttheater und einen öffentlichen Platz mit den Schlössern Rosenstein und Reichenbach nach Aquarellen der schon genannten Malerin dar, von denen insbesondere die ersten beiden Bilder von schöner koloristischer Wirkung sind.
So macht die ganze Ausstattung, von S. Pölzelbergers Buchdruckerei (F. W. Ellmenreich) in Meran besorgt, einen gediegenen
wahrhaft künstlerischen und deshalb festlichen Eindruck. Der Freund einheitlicher Seitenausstattung in einem Buche mag vielleicht an den in der Zeichnung wie in der Farbgebung ganz verschieden gehaltenen Umrahmungen Anstoß nehmen, weil sie dem
fortlaufenden Text eine etwas unruhig wirkende dekorative Ausstattung geben, die durch die immer neuen Leistenbildchen ohnehin
Abwechslung genug aufweist. Eigentlich störend wirkt dieses aparte Arrangement auf dem rauhen Papier indes nicht, es verleiht dem Buche vielmehr einen originalen künstlerischen Charakter, wie die
Festschrift als Ganzes überhaupt unsere lebhafte Anerkennung herausfordert.