DIE NORMUNG DER GESCHÄFTS-DRUCKSACHEN.


Die genormten Gefchäftsdruckfachen, zuerfi ebenfo wie die neue Typographie abgelehnf und bekämpft, haben endlich doch in demfelben Maie wie diefe die Form, bzw. das Ausfehen der Gefchäftsdruckfachen verändert. Wenn auch nur der Briefbogen und die Rechnung die fiärkfie Formveränderung erfahren haben, fo ifi diefes wohl in erfier Linie auf die Tatfache zurückzuführen, dai ein Gefchäftsmann, will er einen neuen Kunden antelephonieren, einen Befrag auf deffen Konto überweifen oder auch nur feine Adreffe wiffen, durchweg den Briefbogen bzw. die Rechnung des Kunden zu Rate zieht. Beide geben meißenfeils in allen diefen Fällen die erforder
liche Auskunft. Briefumfchlag und Gefchäftskarte können kaum diefe Auskünfte geben, weil fie früher als Rechnungen und Briefbogen in den Papierkorb wandern.
Unterfiütjf wurde die Normung durch zahlreiche Auftraggeber aus Indußrie- und Wirtfchaftskreifen, die bald die Vorteile, befonders des genormten Briefbogens, erkannten und benu^fen. Daß darüber hinaus auch viele der neuen Typographie und der Nor
mung ablehnend gegenüberflehen, ifi nicht zu befireiten. Diefe wenden fleh vor allem gegen die angebliche Nüchternheit und
Gleichförmigkeit. Allerdings ifi beim genormten Briefbogen nur eine befiimmte Fläche für das faßkünfllerifche Können des Setjers freigegeben: nämlich der etwa 45 mm hohe Raum für die Firma und ihre Erzeugniffe. Alles andere, wie Adreffe, Telephon, Bankkonten, die Zeichen der Firma ufw., ifi in befiimmter Reihenfolge
und Anordnung vorgefchrieben. Dagegen war früher dem Setjer vollffändig freie Hand gelaffen. Er mußte nur einen genügend breiten Papierrand berückfichtigen und darauf achten, daß der Brief
bogenkopf nicht mehr als ungefähr ein Viertel des Briefbogen
raums beanfpruchte. Sonfi ffand es ihm frei, durch oben und unten
oder auch durch feitlich abfallende Linien eine befondere Wirkung zu erzielen. Diefe Freiheit fällt bei der Normung natürlich fort. Aber trotjdem wird die Normung aller Vorausficht nach von Dauer fein, die nicht als Modeerfcheinung zu werten ifi. Ein Blick des Gefchäftsmannes auf den genormten Briefbogen genügt, um die jeweils erforderliche Telephon-Nummer, Bank- und Pofffcheck-Konto u.dgl. zu finden, während er diefe früher in irgendeiner Gruppe fuchen mußte, wo anzubringen fie dem Seßer am bequemfien erlchien.
Im Normbogen reicht der Raum, der für den Text der Firma und ihrer Erzeugniffe vorgefehen ifi, vollfiändig aus, um dem Briefbogen eine perfönliche Note zu geben. Da zwar der Ort der ein
zelnen Angaben vorgefchrieben ifi, nicht aber Schriftgrad und -Charakter, fo laifen fich bereits hier ziemliche Unterfchiede herausarbeiten, zumal bei Verwertung einer zweiten Farbe. Freilich er
fordert der genormte Briefbogen etwas mehr Anfirengung, um eine glückliche Löfung zu erzielen. Wer Gelegenheit hatte, die zum Wettbewerb „Norm und Form“ eingelaufenen genormten Briefbogen zu betrachten, wird erfiaunt fein über die zahlreichen verfchiedenen Löfungen. Und er wird fein bisher noch ablehnendes Urteil vielleicht auch revidieren. Bruno Witte.


DAS PAPIER ALS WIRTSCHAFTSFAKTOR.


Im fchnellen rafilofen Dahinleben nimmt man die Annehmlichkeiten des Lebens hin, ohne darüber nach
zudenken, daß es diefe auch einmal nicht gegeben hat. Das Vorhandenfein der Eifenbahn, des Flugzeuges, des Radio ifi uns allen felbfiverfländlich ge
worden. Auch das Papier gehört mit zu den Annehmlichkeiten
des Lebens; auf Schritt und Trift begegnet es uns in immer wieder einer anderen lebensnotwendigen Form. Es ifi fo fefi mit unferem
Dafein verbunden, daß wir uns die papierlofe oder die Papyruszeif gar nicht fo recht vorfiellen können.
Einmal erfunden, hat fich das Papier, erfi durch primitive Handarbeit und in den mit allen technifchen Errungenfchaften ausgefiafteten Papierfabriken hergeffellt, die ganze Welt erobert. Das Papier ifi einer der wichtigflen Faktoren des Wirtfchaftslebens ge
worden. Indußrie, Handel und Gewerbe haben fich die dankbaren Verarbeitungsmöglichkeiten des Papiers für ihre Zwecke dienfibar gemacht; fie überrafchen die Menfchheit immer aufs neue mit nie für möglich gehaltenen Verwendungsarten für taufenderlei Zwecke.
Riefengroß ifi die Anzahl der Papier-Zentner, die täglich verarbeitet werden. Der Zeitungsdruck auf der endlofen Bahn verfchlingt ungeheure Kilometer Zeitungspapier und der Bücherdruck benötigt täglich große Mengen von mafchinenglattem, fatiniertem, Naturkunfi-, Kunff-, Dickdruck-, Dünndruck- oder federleicht Papier.
Der Offfet- und Tiefdruck hat großen Bedarf an eigens für diefe Druckarten hergefiellfen Papieren, während der Akzidenzdruck faß alle anderen auf dem Markt erhältlichen Papierforten benötigt. Vom Florpofi- zum Poff- und Konzeptpapier über die vielen Fein
papiere hinweg bis zu den fiärkeren Bütten-, gehämmerten und
glatten fiärkeren Umfchlagkartons geht das Verwendungsgebiet der Akzidenz. Taufende von Papierforten flehen der Ausfchmückung der Druckfachen zur Verfügung, von denen in neuerer Zeit das Cellophan und die Metallfolie fich befonderer Beliebtheit für vornehme Ausfiattungen von Druck-Erzeugniffen erfreuen.
Neben der Unmengen von Papier verbrauchenden Druckindufirie werden in der dem Druckgewerbe verfchwägerten Kartonnage- und Verpackungsfabrikation anfehnliche Maffen von Papier und Pappen, die ja ein vergröbertes, dickes Papier darflellen, verarbeitet. Hier
werden die mannigfachflen Dinge für den täglichen Bedarf hergefiellt; es fei nur erinnert an Beutel, Tüten, Bonbonnieren, Kaffetten aller Art, Zigarettenfchachteln, Umhüllungen für Nahrungs
mittel, Bureauartikel, Papphülfen fowie die durch Stanzen, Prägen und Ziehen in Spezialmafchinen hergefiellfen Dofen, Fäffer, Becher,
Teller, Unterfeper u. dgl. mehr. In der Verpackungsbranche wird das Hüllpapier (Pergamenterfatj), das Paraffinpapier fowie die verfchiedenartigfien Packpapiere in Befonderheit verwendet.
Die große Maffe von Papierartikeln, die wir benötigen, kommt uns erfi richtig zum Bewußtfein, wenn wir mit Aufmerkfamkeit um uns blicken. Daheim ifi die Tapete, die unfere Wände bekleidet, von Papier, der Kragen kann von Papier fein, die Tifchlampenfchirme, die Kinderfpielfachen, die Kalender und Bilder an der Wand find von Papier. Der Frühffückskaffee wird durch Papier gefiltert, das Brot wird in Papier gehüllt, die Wegzigarette ifi von Papier umgeben, das Sfraßenbahnbilletf ifi von Papier, und im
Bureau fpielen dann das Durchfchlag- und Schreibmafchinenpapier fowie die Karteikarten und Briefordner eine Rolle. Der Tintenlöfcher, die Siegelmarken, Etiketten aller Art, Bindfaden, Paket
träger und vieles andere find Papiererzeugniflfe. Man kann hinfehen wo man will, überall erblickt man Papier als Lebensbedürfnis;
das Kind fpielt mit Buntpapier, der Arzt benötigt Zellfioff, die Blumenfrau hantiert mit Kreppapier, der Photograph mit Kopier
papier. Welch große Rolle fpielt heute z. B. die Zellulofe in der Fabrikation von Hofenträgern, Blumen, Bändern ufw.
Heiße Liebe und Verehrung bringt der Menfch einer ganz befiimmten Sorte Papier entgegen, um das fich wohl ohne Übertreibung der ganze Lebenskampf dreht: dem Geldfchein. Und wer recht viel
folcher Scheine befi^t, läßt fich erfolgreich zum Befuch von Gefchäften, Fefien und Theater einladen, wo ihm dann auch wieder Papier in irgendeiner Form in die Hand kommt.
Papier ifi geduldig; es läßt fich zum niedrigfien Dienfte verwenden und dient doch auch den höchfien Zwecken. Groß ifi der Segen des Papiers für die Menfchen; Hunderttaufende haben durch das Papier Arbeit und Lohn, und wir als im Papierfach Tätige wollen fiolz fein, mit unferen Erzeugniffen für die Annehmlichkeit des Lebens arbeiten zu können. Kurf Pohlenz.