Ein anderes Beispiel: In dem reizenden Anatol- Stück: „Die Frage an das Schicksal“ wagt es der Held nicht, an seine in Hypnose versetzte Geliebte die Frage zu stellen, ob sie ihm treu sei. Denn er fürchtet, die Wahrheit zu erfahren. Er erweckt lieber Kora, bevor sie noch antworten kann, und küßt sie.
Wie lächelte Schnitzler, als ich ihn einst aufmerksam machte, ganz dasselbe Spiel habe sich zwischen einem Prinzen Franzi Liechtenstein und seiner fürstlichen Geliebten Therese Esterhazy zu
getragen — wie aus den Memoiren der Gräfin Türheim hervorging, die aber ein Vierteljahrhundert nach Schnitzlers „Anatol“ erschienen sind.
Doch am verblüffendsten zeigt sich die prophetische Gabe des Dichters in der „Komödie der Verführung“. Sie endet mit dem Ausbruch eines Weltkrieges. Schnitzler selbst hatte aber das Stück schon sechs Jahre vor dem Krieg entworfen! Die
Leute flüchteten bei Ausbruch aus dem Badeaufenthalt. Und das Unglaubliche: Gerade der 1. Au
gust wird in dem Stück als der Ausbruch des Krieges betrachtet.
* * *
Der vornehme Wiener Park des Prinzen von Perosa und der prachtvolle Saal im Bankpalais des Präsidenten Westerhaus, in dem die „Komödie der Verführung“ spielt, sie sind verschwunden, zu Schutt geworden. Ein schwarzer Florvorhang breitet sich über all die Szenen, die ein Dichter
mit zauberischer Schöpferkraft auf den Brettern unserer vornehmsten Schauspielbühne hat erstehen lassen. Diesmal aber ist der Flor undurch
dringlich, nur die Persönlichkeit des Dichters Artur Schnitzler, die in das Dunkel getreten ist, wird mit ihrer Helle immer durchdringen.
(Der letzte Brief des Dichters an Burgtheater direktor Wildgans.)
16. 2. 1931.
Lieber und verehrter Herr Hofrat!
Sie wissen, daß mir im Laufe der letzten Jahre ein oder das andere deutsche Theater das Aner
bieten gestellt hatte, ihm die Uraufführung meines Schauspiels „Der Gang zum Weiher“ zu über
lassen. Wenn ich auch allmählich die Hoffnung aufzugeben begann, mein Stück in absehbarer Zeit am Burgtheater gespielt zu sehen, hatte ich doch gezögert, einen jener Anträge anzunehmen. Nun, da Sie, mein verehrter Herr Direktor, mein Werk in einer so vorzüglichen Darstellung und Inszenie
rung und mit einem so zweifellosen Erfolg für alle Beteiligten herausgebracht haben, erfüllt es mich mit besonderer Genugtuung, daß ich gewartet habe, solange bis das Stück dort zum Bühnenleben erwachen durfte, wohin es meiner und wohl nicht meiner Empfindung allein nach gehört, — am Wiener Burgtheater. Es ist mir ein wirkliches Be
dürfnis, aus diesem Anlaß Ihren ausgezeichneten Künstlern, vor allem dem glänzenden Regisseur Heine, meinen herzlichen Dank und meine auf
richtige Bewunderung auszusprechen. Und wenn auch Sie selbst, lieber Herr Direktor, Ihrer Art nach jeden Dank ablehnen wollen für das, was Ihnen nur als Einlösung einer direktorialen Ver
pflichtung oder Erfüllung einer künstlerischen Pflicht als selbstverständlich erschien, — ich möchte Ihnen doch nicht verhehlen, wie wohltuend mich das Verstehen und die Sympathie be
rührt hat, womit Sie meinem Stück und — nicht zum ersten Male — auch mir entgegengekommen sind und hiefür gestatten Sie mir wohl aufs Aller
herzlichste und in freundschaftlicher Verehrung Ihnen zu danken und die Hand zu drücken.
Ihr aufrichtig ergebener
Arthur Schnitzler.
Wie lächelte Schnitzler, als ich ihn einst aufmerksam machte, ganz dasselbe Spiel habe sich zwischen einem Prinzen Franzi Liechtenstein und seiner fürstlichen Geliebten Therese Esterhazy zu
getragen — wie aus den Memoiren der Gräfin Türheim hervorging, die aber ein Vierteljahrhundert nach Schnitzlers „Anatol“ erschienen sind.
Doch am verblüffendsten zeigt sich die prophetische Gabe des Dichters in der „Komödie der Verführung“. Sie endet mit dem Ausbruch eines Weltkrieges. Schnitzler selbst hatte aber das Stück schon sechs Jahre vor dem Krieg entworfen! Die
Leute flüchteten bei Ausbruch aus dem Badeaufenthalt. Und das Unglaubliche: Gerade der 1. Au
gust wird in dem Stück als der Ausbruch des Krieges betrachtet.
* * *
Der vornehme Wiener Park des Prinzen von Perosa und der prachtvolle Saal im Bankpalais des Präsidenten Westerhaus, in dem die „Komödie der Verführung“ spielt, sie sind verschwunden, zu Schutt geworden. Ein schwarzer Florvorhang breitet sich über all die Szenen, die ein Dichter
mit zauberischer Schöpferkraft auf den Brettern unserer vornehmsten Schauspielbühne hat erstehen lassen. Diesmal aber ist der Flor undurch
dringlich, nur die Persönlichkeit des Dichters Artur Schnitzler, die in das Dunkel getreten ist, wird mit ihrer Helle immer durchdringen.
Julius Stern. EIN UNVERÖFFENTLICHTER BRIEF
ARTHUR SCHNITZLERS
(Der letzte Brief des Dichters an Burgtheater direktor Wildgans.)
16. 2. 1931.
Lieber und verehrter Herr Hofrat!
Sie wissen, daß mir im Laufe der letzten Jahre ein oder das andere deutsche Theater das Aner
bieten gestellt hatte, ihm die Uraufführung meines Schauspiels „Der Gang zum Weiher“ zu über
lassen. Wenn ich auch allmählich die Hoffnung aufzugeben begann, mein Stück in absehbarer Zeit am Burgtheater gespielt zu sehen, hatte ich doch gezögert, einen jener Anträge anzunehmen. Nun, da Sie, mein verehrter Herr Direktor, mein Werk in einer so vorzüglichen Darstellung und Inszenie
rung und mit einem so zweifellosen Erfolg für alle Beteiligten herausgebracht haben, erfüllt es mich mit besonderer Genugtuung, daß ich gewartet habe, solange bis das Stück dort zum Bühnenleben erwachen durfte, wohin es meiner und wohl nicht meiner Empfindung allein nach gehört, — am Wiener Burgtheater. Es ist mir ein wirkliches Be
dürfnis, aus diesem Anlaß Ihren ausgezeichneten Künstlern, vor allem dem glänzenden Regisseur Heine, meinen herzlichen Dank und meine auf
richtige Bewunderung auszusprechen. Und wenn auch Sie selbst, lieber Herr Direktor, Ihrer Art nach jeden Dank ablehnen wollen für das, was Ihnen nur als Einlösung einer direktorialen Ver
pflichtung oder Erfüllung einer künstlerischen Pflicht als selbstverständlich erschien, — ich möchte Ihnen doch nicht verhehlen, wie wohltuend mich das Verstehen und die Sympathie be
rührt hat, womit Sie meinem Stück und — nicht zum ersten Male — auch mir entgegengekommen sind und hiefür gestatten Sie mir wohl aufs Aller
herzlichste und in freundschaftlicher Verehrung Ihnen zu danken und die Hand zu drücken.
Ihr aufrichtig ergebener
Arthur Schnitzler.