JAHRGANG LVI.1906.HEFT X BIS XII. Das neue Regierungsgebäude und Hauptsteueramt in Koblenz.




(Mit Abbildungen auf Blatt 56 bis 59 im Atlas. )


(Alle Rechte vorbehalten. )
Am 16. August 1901 brannte das alte Regierungsgebäude in Koblenz ab, nachdem es fünfundachtzig Jahre den preußischen


Behörden zu Ver


waltungszwecken gedient hatte. In der ersten Hälfte des achtzehnten
Jahrhunderts als Kloster und Waisenhaus geschaffen,
wurde es unter Cle
mens Wenzeslaus zu einer Baumwollenspinnerei eingerich
tet. Durch Reskript vom 25. September 1783 bestimmte es derselbe Kurfürst zur Aufnahme der Dikasterien. Vom Jahre 1786 ab wa
ren in dem durch Um- und Anbauten erweiterten Hause Regierung, Hof
kammer, Revisionsgericht, Hofgericht,


Justizsenat, Kriegs


rat, Jagdrat, Archiv und Landrentamt untergebracht; es
trug von nun an an
der Rhein front die Aufschrift: „Dika
sterialbau“. Unter französischer. Herrschaft und zur Zeit der provisorischen Verwaltungen am Rhein blieb das Gebäude ausschließlich den Gerichten überlassen, erst beim Übergange der Rheinprovinz an Preußen im Jahre 1816 wurde es von den preußischen Behörden wieder ausschließlich zu Verwal
tungszwecken benutzt. Die mit mächtigen Kreuzgewölben überdeckten Kellereien hatten ihrer ursprünglichen Bestimmung gemäß als Weinlager gedient, worauf eine Inschrift aus dem Jahre 1726 bereits hinwies. In preußischer Zeit waren sie Zollniederlage des Steueramtes.
Das alte Regierungsgebäude genügte den Ansprüchen, die der nach dem französischen Kriege 1870/71 bedeutend ver
mehrte Geschäftsbetrieb daran stellte, nicht mehr und sollte Ende der neun


ziger Jahre einen


Erweiterungsbau
erhalten. Dessen
Ausführung wurde nach dem Brande sofort eingestellt,
da die veränderte Sachlage einen Neubau notwendig er
scheinen ließ. Unter Zusammenlegung
der Grundstücke des alten Hauptsteueramtes und des Regierungsgebäudes
einschließlich des für den Erweiterungsbau angekauf
ten Franckschen Grundstücks ergab sich ein Bauplatz, groß genug, um das neue Regierungsgebäude nebst Saal


bau und Dienst


wohngebäude für den Regierungsprä
sidenten sowie das Hau ptsteueramt mit eigener Zollnieder
lage aufzunehmen (Lageplan Text - Abb. 7).
Der Abbruch der
alten Baureste erfolgte im Frühjahr 1902, im Herbste desselben Jahres wurde mit der Gründung begonnen. Die sämtlichen Neubauten sind inzwischen fertiggestellt. Das Hauptsteueramt ist am 1. Oktober 1904, das Wohnhaus am 15. September 1905 und das Regierungsgebäude am 1. Februar 1906 bezogen worden, nachdem der Bezirksausschuß bereits am 1. Januar d. Js. die ihm zugewiesenen Räume eingenommen hatte.
Das Regierungsgebäude enthält neben den Geschäftsräumen für die Behörde selbst noch die Räume für den Bezirksausschuß, das Arbeiterschiedsgericht und die Steuer
veranlagungskommission. Es zeigt bei einer symmetrischen Grundrißgestaltung (Text-Abb. 3 bis 5) zwei durch einen
Abb. 1. Mittelbau der Front am Rhein.