Leiden der kunstgewerblichen Menschheit auf sich genommen: er schnitzt und hobelt, entwirft Muster für Be
schläge und Stickereien, für Leuchter und Rahmen und Decken, zeichnet Buchschmuck aller Art und schrickt da
bei auch nicht vor Kalendern und Geschäftskarten zurück, und seine Glasfenster mit der leuchtenden Pracht ihrer satten Farben, die wie seltene Kristalle aus geheimnis
vollen unterirdischen Reichen glühen, sind vielleicht das
Beste, was heute von Künstlern bei uns handwerklich geleistet wird.
Lechter hat die Genugthuung gehabt, seiner ganzen Kunstwelt einen Tempel bauen zu dürfen. Der verstorbene Kölner Pallenberg hat ihm einen grossen Festsaal für das neue Kunstgewerbemuseum seiner Vaterstadt in Auftrag
gegeben. Der Saal war schon im Sommer 1900 auf der Pariser Weltausstellung aufgebaut und er steht seit einem Jahre an seinem Bestimmungsort. Aber es fehlte dem Gebäude bisher der Schlussstein: das grosse dekorative Gemälde, das die Hauptwand des Saales, den schönen Fenstern gegenüber, einnehmen soll. Jahre lang hat Lech
ter daran gearbeitet, jetzt endlich steht es fertig vor uns. Es ist ein Hoheslied auf die weltenferne, feierlich-archai
stische Phantasiekunst geworden, der Lechter huldigt, die litterarisch ihre Parallele in dem Poetenkreise um Stefan George findet. Und die asketischen Dantezüge Stefan
George’s trägt auch der Dichter, der auf diesem grossen Bilde im Märchenlande der Kunst, da der Himmel pur
purn erglüht, vor dem Heiligtum des mystischen Quells, von allen Wonnen durchschauert, den geweihten Trank aus kristallner Schale knieend schlürft, den ihm die königliche Priesterin mit ihren schlanken Händen reicht. Engel
gestalten erscheinen, den feierlichen Akt zu verherrlichen. Hier schwenken sie mit gemessenen Bewegungen dampfende Weihrauchkessel. Dort schweben sie leise über dem Dichter durch die Luft; sie sind es, die den Suchenden durch das
Dickicht der dunklen Bäume zu der strahlenden Stätte des Lichts geleitet haben.
Es ist wichtig, mit dem fertigen Bilde die Schar der Studienblätter zu vergleichen, die Lechter mit ausgestellt hat, zu beobachten, wie er vom Boden der Natur langsam sich emporschwingt in die Sphäre seiner sublimen Kunst
anschauung. Vor diesem Ernst und dieser Sicherheit der Arbeit empfindet der Beschauer tiefste Bewunderung. Und wenn die Kunstwelt Lechter’s vielen auch rückgratlos, in ihrer Feierlichkeit gezwungen, in ihrer angenommenen Naivetät höchst unnaiv, in ihrer mystischen Askese unge
sund erscheint, es kann sich niemand von dem Banne des
Zaubers lösen, der von diesem festgefügten Reiche ausgeht. —
Der Salon Cassirer hat als erste Karte, da die Reihe an ihn kam, gegen solche hohen Trümpfe einen noch höheren ausgespielt: den ehrwürdigen alten Herz-König,Jozef Israels. Der holländische Meister hat ein neues grosses Bild voll
endet, ein Gemälde, das in der Geschichte seiner Werke einen Platz unmittelbar hinter dem »Trödler« des Amster
damer Suassomuseums erhalten wird. Man erinnert sich der Stelle in Israëls’ kostbarem Buch über seine Reise nach Spanien, wo er erzählt, wie er auf seinen Wandergängen durch das Gewinde alter Strassen plötzlich die vertrauten Laute hebräischer Melodien vernimmt, wie er dem Klange nachgeht und einen alten Juden findet, der fleissig in eine Thorarolle schreibt, während er mit halbgeöffneten Lippen die heiligen Sätze mitsummt. Der Eindruck dieses Erlebnisses war so stark, dass Israels es nun auch mit dem Pinsel
festhalten wollte. Wie auf dem Trödlerbilde blicken wir geradeaus auf die Figur des Alten, der hier im schum
merigen Halbdunkel eines niedrigen Zimmers unter dem Fenster auf das gerollte Pergament mit grosser Gänsefeder
seine kunstvollen Buchstaben auf malt. Er ist ganz in sich versunken, ganz eins mit dem Wort des Herrn, dem er dient; dem Trödler gegenüber verkörpert er die andere Seite des Judentums. Israëls’ herrliche Kunst, die Personalunion höchster malerischer Kultur und feinster Em
pfindung, die sich in ihm vollzogen hat, ist selten so gross
und ergreifend zum Ausdruck gekommen, wie in diesem Alterswerk.
DIE NEUORDNUNG DER DRESDNER
PORZELLANSAMMLUNG
Die Königliche Porzellan- und Gefäss-Sammlung zu Dresden ist unseres Wissens die einzige selbständige der
artige Sammlung in Deutschland, im Auslande hat sie nur in der Sammlung zu Sèvres eine Nebenbuhlerin. In ihrer Art ist die Dresdner Porzellansammlung mit ihren Tausenden von Prachtstücken ebenso bedeutend wie die Dresdner Galerie; wenn sie nur im Auslande und bei den wenigen Porzellansammlern berühmt, in Deutschland aber doch nur wenig bekannt ist, so liegt das zumeist daran, dass die Keramik überhaupt in weiteren Kreisen zu wenig gekannt und geschätzt ist. Doch mag auch die wenig er
freuliche Aufstellung der Sammlung einige Schuld mit tragen. Dieser Umstand ist jetzt beseitigt. Die Sammlung ist zur Umordnung ein halbes Jahr geschlossen ge
wesen und Assistent Dr. Zimmermann hat sie auf Grund einer eingehenden wissenschaftlichen Durcharbeitung neu aufgestellt. Durch diese Neuaufstellung hat die berühmte Sammlung nach der Seite der Belehrung wie vor allem nach der der ästhetischen Anregung ganz ausserordentlich gewonnen. Erst jetzt kann es ein wirklicher Genuss genannt werden, dem Studium der Sammlung sich eingehen
der hinzugeben, was vorher in vieler Hinsicht mit den grössten Schwierigkeiten verknüpft war. Wer nur einigermassen Sinn für Farbe und Formen hat, den wird ein Rausch überkommen ob der Fülle von Schönheiten, die
einem in dieser Sammlung begegnen; man staunt immer von neuem über den Reichtum an kostbaren und schönen Gefässen, der hier zusammengebracht ist und jetzt auch in entsprechender Weise dargeboten wird. Seltenheiten,
von denen andere Sammlungen ein Stück oder ein Paar aufzuweisen haben, besitzt die Dresdner Porzellansamm
lung in ganzen Sätzen oder zu Dutzenden und ähnlich, wie die Dresdner Galerie gerade an Gemälden der Blüte
zeit italienischer und niederländischer Kunst so reich ist, beruht die Stärke der Porzellansammlung in ihrer Fülle auserlesener Prunkstücke, während es zu gleicher Zeit auch an kunsthistorisch wichtigen und wertvollen Stücken, die dem Kenner und Historiker imponieren, nicht mangelt.
Die Porzellansammlung umfasst drei Hauptabteilungen: das chinesische, das japanische und das Meissner Por
zellan. Bisher war das japanische Porzellan durch die gesamte europäische Abteilung vom chinesischen getrennt. Jetzt ist die japanische der chinesischen Abteilung un
mittelbar angegliedert, so dass jetzt ein Vergleichen der ostasiatischen Erzeugnisse ermöglicht ist. Dies ist um so wichtiger, weil man erst in neuerer Zeit chinesisches und japanisches Porzellan streng zu unterscheiden gelernt hat. In der Dresdner Sammlung standen noch bis vor etwa zwei Jahren zahlreiche chinesische Gefässe mitten unter den japanischen, ohne dass man den anderen Ursprung ahnte. Dr. E. Zimmermann hat sie erst voneinander ge
schieden und dann die chinesische Abteilung bis auf die Abteilung der kobaltblauen Porzellane, die noch in der alten Aufstellung verharren, neu aufgestellt. Da die
chinesischen Stücke fast sämtlich einem verhältnismässig
kurzen Zeitraum angehören, so war keine historische Auf
schläge und Stickereien, für Leuchter und Rahmen und Decken, zeichnet Buchschmuck aller Art und schrickt da
bei auch nicht vor Kalendern und Geschäftskarten zurück, und seine Glasfenster mit der leuchtenden Pracht ihrer satten Farben, die wie seltene Kristalle aus geheimnis
vollen unterirdischen Reichen glühen, sind vielleicht das
Beste, was heute von Künstlern bei uns handwerklich geleistet wird.
Lechter hat die Genugthuung gehabt, seiner ganzen Kunstwelt einen Tempel bauen zu dürfen. Der verstorbene Kölner Pallenberg hat ihm einen grossen Festsaal für das neue Kunstgewerbemuseum seiner Vaterstadt in Auftrag
gegeben. Der Saal war schon im Sommer 1900 auf der Pariser Weltausstellung aufgebaut und er steht seit einem Jahre an seinem Bestimmungsort. Aber es fehlte dem Gebäude bisher der Schlussstein: das grosse dekorative Gemälde, das die Hauptwand des Saales, den schönen Fenstern gegenüber, einnehmen soll. Jahre lang hat Lech
ter daran gearbeitet, jetzt endlich steht es fertig vor uns. Es ist ein Hoheslied auf die weltenferne, feierlich-archai
stische Phantasiekunst geworden, der Lechter huldigt, die litterarisch ihre Parallele in dem Poetenkreise um Stefan George findet. Und die asketischen Dantezüge Stefan
George’s trägt auch der Dichter, der auf diesem grossen Bilde im Märchenlande der Kunst, da der Himmel pur
purn erglüht, vor dem Heiligtum des mystischen Quells, von allen Wonnen durchschauert, den geweihten Trank aus kristallner Schale knieend schlürft, den ihm die königliche Priesterin mit ihren schlanken Händen reicht. Engel
gestalten erscheinen, den feierlichen Akt zu verherrlichen. Hier schwenken sie mit gemessenen Bewegungen dampfende Weihrauchkessel. Dort schweben sie leise über dem Dichter durch die Luft; sie sind es, die den Suchenden durch das
Dickicht der dunklen Bäume zu der strahlenden Stätte des Lichts geleitet haben.
Es ist wichtig, mit dem fertigen Bilde die Schar der Studienblätter zu vergleichen, die Lechter mit ausgestellt hat, zu beobachten, wie er vom Boden der Natur langsam sich emporschwingt in die Sphäre seiner sublimen Kunst
anschauung. Vor diesem Ernst und dieser Sicherheit der Arbeit empfindet der Beschauer tiefste Bewunderung. Und wenn die Kunstwelt Lechter’s vielen auch rückgratlos, in ihrer Feierlichkeit gezwungen, in ihrer angenommenen Naivetät höchst unnaiv, in ihrer mystischen Askese unge
sund erscheint, es kann sich niemand von dem Banne des
Zaubers lösen, der von diesem festgefügten Reiche ausgeht. —
Der Salon Cassirer hat als erste Karte, da die Reihe an ihn kam, gegen solche hohen Trümpfe einen noch höheren ausgespielt: den ehrwürdigen alten Herz-König,Jozef Israels. Der holländische Meister hat ein neues grosses Bild voll
endet, ein Gemälde, das in der Geschichte seiner Werke einen Platz unmittelbar hinter dem »Trödler« des Amster
damer Suassomuseums erhalten wird. Man erinnert sich der Stelle in Israëls’ kostbarem Buch über seine Reise nach Spanien, wo er erzählt, wie er auf seinen Wandergängen durch das Gewinde alter Strassen plötzlich die vertrauten Laute hebräischer Melodien vernimmt, wie er dem Klange nachgeht und einen alten Juden findet, der fleissig in eine Thorarolle schreibt, während er mit halbgeöffneten Lippen die heiligen Sätze mitsummt. Der Eindruck dieses Erlebnisses war so stark, dass Israels es nun auch mit dem Pinsel
festhalten wollte. Wie auf dem Trödlerbilde blicken wir geradeaus auf die Figur des Alten, der hier im schum
merigen Halbdunkel eines niedrigen Zimmers unter dem Fenster auf das gerollte Pergament mit grosser Gänsefeder
seine kunstvollen Buchstaben auf malt. Er ist ganz in sich versunken, ganz eins mit dem Wort des Herrn, dem er dient; dem Trödler gegenüber verkörpert er die andere Seite des Judentums. Israëls’ herrliche Kunst, die Personalunion höchster malerischer Kultur und feinster Em
pfindung, die sich in ihm vollzogen hat, ist selten so gross
und ergreifend zum Ausdruck gekommen, wie in diesem Alterswerk.
DIE NEUORDNUNG DER DRESDNER
PORZELLANSAMMLUNG
Die Königliche Porzellan- und Gefäss-Sammlung zu Dresden ist unseres Wissens die einzige selbständige der
artige Sammlung in Deutschland, im Auslande hat sie nur in der Sammlung zu Sèvres eine Nebenbuhlerin. In ihrer Art ist die Dresdner Porzellansammlung mit ihren Tausenden von Prachtstücken ebenso bedeutend wie die Dresdner Galerie; wenn sie nur im Auslande und bei den wenigen Porzellansammlern berühmt, in Deutschland aber doch nur wenig bekannt ist, so liegt das zumeist daran, dass die Keramik überhaupt in weiteren Kreisen zu wenig gekannt und geschätzt ist. Doch mag auch die wenig er
freuliche Aufstellung der Sammlung einige Schuld mit tragen. Dieser Umstand ist jetzt beseitigt. Die Sammlung ist zur Umordnung ein halbes Jahr geschlossen ge
wesen und Assistent Dr. Zimmermann hat sie auf Grund einer eingehenden wissenschaftlichen Durcharbeitung neu aufgestellt. Durch diese Neuaufstellung hat die berühmte Sammlung nach der Seite der Belehrung wie vor allem nach der der ästhetischen Anregung ganz ausserordentlich gewonnen. Erst jetzt kann es ein wirklicher Genuss genannt werden, dem Studium der Sammlung sich eingehen
der hinzugeben, was vorher in vieler Hinsicht mit den grössten Schwierigkeiten verknüpft war. Wer nur einigermassen Sinn für Farbe und Formen hat, den wird ein Rausch überkommen ob der Fülle von Schönheiten, die
einem in dieser Sammlung begegnen; man staunt immer von neuem über den Reichtum an kostbaren und schönen Gefässen, der hier zusammengebracht ist und jetzt auch in entsprechender Weise dargeboten wird. Seltenheiten,
von denen andere Sammlungen ein Stück oder ein Paar aufzuweisen haben, besitzt die Dresdner Porzellansamm
lung in ganzen Sätzen oder zu Dutzenden und ähnlich, wie die Dresdner Galerie gerade an Gemälden der Blüte
zeit italienischer und niederländischer Kunst so reich ist, beruht die Stärke der Porzellansammlung in ihrer Fülle auserlesener Prunkstücke, während es zu gleicher Zeit auch an kunsthistorisch wichtigen und wertvollen Stücken, die dem Kenner und Historiker imponieren, nicht mangelt.
Die Porzellansammlung umfasst drei Hauptabteilungen: das chinesische, das japanische und das Meissner Por
zellan. Bisher war das japanische Porzellan durch die gesamte europäische Abteilung vom chinesischen getrennt. Jetzt ist die japanische der chinesischen Abteilung un
mittelbar angegliedert, so dass jetzt ein Vergleichen der ostasiatischen Erzeugnisse ermöglicht ist. Dies ist um so wichtiger, weil man erst in neuerer Zeit chinesisches und japanisches Porzellan streng zu unterscheiden gelernt hat. In der Dresdner Sammlung standen noch bis vor etwa zwei Jahren zahlreiche chinesische Gefässe mitten unter den japanischen, ohne dass man den anderen Ursprung ahnte. Dr. E. Zimmermann hat sie erst voneinander ge
schieden und dann die chinesische Abteilung bis auf die Abteilung der kobaltblauen Porzellane, die noch in der alten Aufstellung verharren, neu aufgestellt. Da die
chinesischen Stücke fast sämtlich einem verhältnismässig
kurzen Zeitraum angehören, so war keine historische Auf