Granit, mit seiner spärlichen Wasserkunst, mit seinem spielerischen Beiwerk, bei dem einzelne besser gelungene Details gar nicht zur Geltung kommen können. Die öffentliche Denkmalskunst hat zwar in Berlin im letzten Jahrzehnt schon so viel gesündigt, dass ihr zu sündigen fast nichts mehr übrig blieb. Sie hat es dennoch fertig gebracht, uns zu überraschen!
Aber es naht die Rache des Schicksals! Keller & Reiner kündigen an, dass nach Schluss der Düsseldorfer Ausstellung Klinger’s Beethoven in ihrem Salon eine Weile rasten wird, ehe er an seinen Leipziger Bestimmungsort gelangt. Man braucht nicht in den ekstatischen Ton der vorbehaltlosen Bewunderung einzustimmen, die das grosse Werk unmittelbar hinter dem Zeus des Phidias nennt, um vorauszusagen, dass dieser Aufenthalt des »Beethoven« in Berlin ein stilles Strafgericht für das Volk der Denkmalsfabrikanten sein wird, das hier so üppig ins Kraut schiesst. Vielleicht wird das erkannt werden! Vielleicht kommt doch einmal die Zeit, da man in Berlin an den entscheidenden Stellen anerkennt, dass es mit dem gegenwärtigen Betrieb der Monumentalbildhauerei schlechthin nicht mehr so weiter geht, und dass wir, wenn nicht energisch Einhalt geboten wird, rettungslos dem Spott der Zukunft zum Opfer fallen. Aber es herrscht auf der Seite der offiziellen Kunst bei uns dieselbe Stimmung wie auf der Seite der privaten: Hast, Nervosität und gefährlicher Übereifer.
AUSGRABUNGEN UND FUNDE
Massa-Carrara. In einem der letzten Hefte des Repertoriums für Kunstwissenschaft hat C. v. Fabriczy auf ein Fresko Pinturicchio’s im Dom von Massa hingewiesen, welches schon im Dezember 1900 von Luigi Staffetti im »Giornale storico e letterario della Liguria« publiziert worden ist. Das Freskofragment stellt eine thronende Madonna mit dem segnenden Kinde dar. Zwei Engelsköpfe werden rechts und links von den hohen Thronlehnen sichtbar, und rechts ist noch undeutlich der Kopf eines Heiligen erhalten. Das Gemälde, welches leider sehr hoch über dem Altar in einer Mauernische unter Glas verwahrt wird, und so nur schwer untersucht werden kann, stellt sich doch sofort als eigenhändige Arbeit des umbrischen Meisters dar, und vor allem das segnende Christuskind ist von bezaubernder Anmut. Die Herkunft des Bildes ist überdies dokumentarisch aufs beste bezeugt. Es schmückte einst den Altar der Cibokapelle in S. Maria del Popolo in Rom und wurde am Ausgang des 17. Jahrhunderts von Kardinal Alderano an seinen Bruder nach Massa zum Schmuck der Familienkapelle der Cibo gesandt. Kardinal Alderano seinerseits restaurierte damals die Kapelle der Cibo in Rom, und ein Teil von den Fresken und dem Marmorschmuck einer der schönsten Kapellen in S. Maria del Popolo ist damals zu Grunde gegangen. Allerdings nicht das Grabmal des Stifters der Kapelle, Lorenzo Cibo, das auch der jüngste Biograph von S. Maria del Popolo, R. Colantuoni, nicht aufzufinden vermochte. Das skulpturenreiche Grabdenkmal befindet sich heute — allerdings ohne den Sarkophag des Kardinals — wohlerhalten in S. Cosimato in Rom. Auch die Kapellenschranken haben sich noch erhalten; sie schmücken heute in S. Maria del Popolo die vierte Kapelle links und sind an den Wappenemblemen der Cibo kenntlich. Die Grabinschrift Lorenzo’s allerdings, welche Staffetti, auf Colantuoni’s Autorität hin, in der Sakristei der Kirche angiebt, wird man dort vergebens suchen: sie ist uns wenigstens oft genug in Abschriften erhalten. So besässen wir also von der einst hochberühmten Cibokapelle, die Alveri im Jahre 1664 ziemlich ausführlich beschrieben hat, noch
mancherlei Fragmente: Das Altargemälde, die Grabskulpturen des Stifterdenkmals, die Kapellenschranken und endlich die ornamentale Dekoration des Bogenfeldes vor der Kapelle mit dem Cibowappen in der Mitte. Staffetti nennt den Zustand des Freskos einen beklagenswerten und sucht die Regierung für seine Erhaltung zu interessieren. Niemand dagegen scheint dort den Grabstein einer Frau — Veronica Cibo nannte sie der Sakristan — zu kennen, der sich unten in der Krypta der Cibokapelle in höchst beklagenswertem Zustande befindet. Die Statue der liegenden Frau kann es an Schönheit der Ausführung und Adel der Auffassung mit Quercia’s llaria del Careto in S. Martino in Lucca aufnehmen, aber sie ist barbarisch zerstört worden. Der Kopf ist zerschlagen, die Finger der schönen Hände sind zum Teil abgehauen, der durchsichtige weisse Marmor ist mit feuchtem Moder bedeckt. Und doch erkennt man sofort das Werk einer Meisterhand. Möchte Luigi Staffetti seine Aufmerksamkeit auch diesem Denkmal der Renaissance zuwenden und es vor völligem Untergänge bewahren! e. st.
KONGRESSE
Baden-Baden. Der sogenannte Baidung-Kongress, das heisst die Vereinigung hervorragender Kunsthistoriker, die sich mit der Prüfung und Beurteilung der dem berühmten Hans Baidung Grien zugeschriebenen Bilder aus der Gruftkapelle zu Lichtenthal zu beschäftigen hatte, hat, wie schon früher erwähnt, am 11. und 12. Oktober stattgefunden. An den Verhandlungen desselben nahmen teil die bekannten Kunstgelehrten Professor von Térey aus Pest, Direktor der ungarischen Nationalgalerie, Thode (Heidelberg), von Oechelhäuser (Karlsruhe), Dehio (Strassburg), Burckhardt (Direktor der Kunstsammlungen zu Basel), Weizsäcker (Direktor des Städel’schen Instituts Frankfurt), Schmidt (Direktor an der königlichen Pinakothek München), Rieffel (Wehen a. Taunus), M. Friedländer (Berlin). Die sehr eingehend und sorgfältig geführten Verhandlungen ergaben eine Übereinstimmung dahin, dass die fraglichen Altargemälde nicht von Baidung herrühren, dessen Urheberschaft schon durch das Datum 1496 ausgeschlossen erschien. Auch wurde mit Professor von Térey angenommen, dass die beiden Bilder einen Altar gebildet haben. Die Vergleichung mit zahlreichen beglaubigt echten Gemälden von Baidung — von Karlsruhe war auch das hochinteressante Skizzenbuch von Baidung noch am Sonntag gesandt worden — wie auch mit den Bildern der Kirche von Lautenbach, welche ebenfalls hierher gebracht waren, gestaltete die Erörterung noch anregender. (M. Allg. Ztg.)
Rom. Historischer Kongress. Wie aus einem Erlass des Unterrichtsministers hervorgeht, wird an der Abhaltung eines historischen Kongresses in Rom festgehalten. Auch der Sindaco Roms, der Principe Colonna, hat den Erlass unterzeichnet, welcher die Abhaltung des Kongresses für April 1903 in Aussicht nimmt. e. St.
SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN
Berlin. Ein neuer Kunstsalon wird im Laufe des nächsten Monats im Westen Berlins, Kantstrasse 164, eröffnet werden. Im Gegensatz zu anderen gleichartigen Unternehmungen werden dort nur Originalzeichnungen, Aquarelle, Pastelle, Radierungen, Stiche u. s. w. zur Ausstellung gelangen, um den Künstlern die Möglichkeit zu bieten, kleinere, aber künstlerisch wertvolle Arbeiten, die sie sonst nicht der Öffentlichkeit zugänglich machen können, dem Publikum näher zu bringen. In erster Linie sollen die deutschen Künstler aller Schulen berücksichtigt werden,
Aber es naht die Rache des Schicksals! Keller & Reiner kündigen an, dass nach Schluss der Düsseldorfer Ausstellung Klinger’s Beethoven in ihrem Salon eine Weile rasten wird, ehe er an seinen Leipziger Bestimmungsort gelangt. Man braucht nicht in den ekstatischen Ton der vorbehaltlosen Bewunderung einzustimmen, die das grosse Werk unmittelbar hinter dem Zeus des Phidias nennt, um vorauszusagen, dass dieser Aufenthalt des »Beethoven« in Berlin ein stilles Strafgericht für das Volk der Denkmalsfabrikanten sein wird, das hier so üppig ins Kraut schiesst. Vielleicht wird das erkannt werden! Vielleicht kommt doch einmal die Zeit, da man in Berlin an den entscheidenden Stellen anerkennt, dass es mit dem gegenwärtigen Betrieb der Monumentalbildhauerei schlechthin nicht mehr so weiter geht, und dass wir, wenn nicht energisch Einhalt geboten wird, rettungslos dem Spott der Zukunft zum Opfer fallen. Aber es herrscht auf der Seite der offiziellen Kunst bei uns dieselbe Stimmung wie auf der Seite der privaten: Hast, Nervosität und gefährlicher Übereifer.
AUSGRABUNGEN UND FUNDE
Massa-Carrara. In einem der letzten Hefte des Repertoriums für Kunstwissenschaft hat C. v. Fabriczy auf ein Fresko Pinturicchio’s im Dom von Massa hingewiesen, welches schon im Dezember 1900 von Luigi Staffetti im »Giornale storico e letterario della Liguria« publiziert worden ist. Das Freskofragment stellt eine thronende Madonna mit dem segnenden Kinde dar. Zwei Engelsköpfe werden rechts und links von den hohen Thronlehnen sichtbar, und rechts ist noch undeutlich der Kopf eines Heiligen erhalten. Das Gemälde, welches leider sehr hoch über dem Altar in einer Mauernische unter Glas verwahrt wird, und so nur schwer untersucht werden kann, stellt sich doch sofort als eigenhändige Arbeit des umbrischen Meisters dar, und vor allem das segnende Christuskind ist von bezaubernder Anmut. Die Herkunft des Bildes ist überdies dokumentarisch aufs beste bezeugt. Es schmückte einst den Altar der Cibokapelle in S. Maria del Popolo in Rom und wurde am Ausgang des 17. Jahrhunderts von Kardinal Alderano an seinen Bruder nach Massa zum Schmuck der Familienkapelle der Cibo gesandt. Kardinal Alderano seinerseits restaurierte damals die Kapelle der Cibo in Rom, und ein Teil von den Fresken und dem Marmorschmuck einer der schönsten Kapellen in S. Maria del Popolo ist damals zu Grunde gegangen. Allerdings nicht das Grabmal des Stifters der Kapelle, Lorenzo Cibo, das auch der jüngste Biograph von S. Maria del Popolo, R. Colantuoni, nicht aufzufinden vermochte. Das skulpturenreiche Grabdenkmal befindet sich heute — allerdings ohne den Sarkophag des Kardinals — wohlerhalten in S. Cosimato in Rom. Auch die Kapellenschranken haben sich noch erhalten; sie schmücken heute in S. Maria del Popolo die vierte Kapelle links und sind an den Wappenemblemen der Cibo kenntlich. Die Grabinschrift Lorenzo’s allerdings, welche Staffetti, auf Colantuoni’s Autorität hin, in der Sakristei der Kirche angiebt, wird man dort vergebens suchen: sie ist uns wenigstens oft genug in Abschriften erhalten. So besässen wir also von der einst hochberühmten Cibokapelle, die Alveri im Jahre 1664 ziemlich ausführlich beschrieben hat, noch
mancherlei Fragmente: Das Altargemälde, die Grabskulpturen des Stifterdenkmals, die Kapellenschranken und endlich die ornamentale Dekoration des Bogenfeldes vor der Kapelle mit dem Cibowappen in der Mitte. Staffetti nennt den Zustand des Freskos einen beklagenswerten und sucht die Regierung für seine Erhaltung zu interessieren. Niemand dagegen scheint dort den Grabstein einer Frau — Veronica Cibo nannte sie der Sakristan — zu kennen, der sich unten in der Krypta der Cibokapelle in höchst beklagenswertem Zustande befindet. Die Statue der liegenden Frau kann es an Schönheit der Ausführung und Adel der Auffassung mit Quercia’s llaria del Careto in S. Martino in Lucca aufnehmen, aber sie ist barbarisch zerstört worden. Der Kopf ist zerschlagen, die Finger der schönen Hände sind zum Teil abgehauen, der durchsichtige weisse Marmor ist mit feuchtem Moder bedeckt. Und doch erkennt man sofort das Werk einer Meisterhand. Möchte Luigi Staffetti seine Aufmerksamkeit auch diesem Denkmal der Renaissance zuwenden und es vor völligem Untergänge bewahren! e. st.
KONGRESSE
Baden-Baden. Der sogenannte Baidung-Kongress, das heisst die Vereinigung hervorragender Kunsthistoriker, die sich mit der Prüfung und Beurteilung der dem berühmten Hans Baidung Grien zugeschriebenen Bilder aus der Gruftkapelle zu Lichtenthal zu beschäftigen hatte, hat, wie schon früher erwähnt, am 11. und 12. Oktober stattgefunden. An den Verhandlungen desselben nahmen teil die bekannten Kunstgelehrten Professor von Térey aus Pest, Direktor der ungarischen Nationalgalerie, Thode (Heidelberg), von Oechelhäuser (Karlsruhe), Dehio (Strassburg), Burckhardt (Direktor der Kunstsammlungen zu Basel), Weizsäcker (Direktor des Städel’schen Instituts Frankfurt), Schmidt (Direktor an der königlichen Pinakothek München), Rieffel (Wehen a. Taunus), M. Friedländer (Berlin). Die sehr eingehend und sorgfältig geführten Verhandlungen ergaben eine Übereinstimmung dahin, dass die fraglichen Altargemälde nicht von Baidung herrühren, dessen Urheberschaft schon durch das Datum 1496 ausgeschlossen erschien. Auch wurde mit Professor von Térey angenommen, dass die beiden Bilder einen Altar gebildet haben. Die Vergleichung mit zahlreichen beglaubigt echten Gemälden von Baidung — von Karlsruhe war auch das hochinteressante Skizzenbuch von Baidung noch am Sonntag gesandt worden — wie auch mit den Bildern der Kirche von Lautenbach, welche ebenfalls hierher gebracht waren, gestaltete die Erörterung noch anregender. (M. Allg. Ztg.)
Rom. Historischer Kongress. Wie aus einem Erlass des Unterrichtsministers hervorgeht, wird an der Abhaltung eines historischen Kongresses in Rom festgehalten. Auch der Sindaco Roms, der Principe Colonna, hat den Erlass unterzeichnet, welcher die Abhaltung des Kongresses für April 1903 in Aussicht nimmt. e. St.
SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN
Berlin. Ein neuer Kunstsalon wird im Laufe des nächsten Monats im Westen Berlins, Kantstrasse 164, eröffnet werden. Im Gegensatz zu anderen gleichartigen Unternehmungen werden dort nur Originalzeichnungen, Aquarelle, Pastelle, Radierungen, Stiche u. s. w. zur Ausstellung gelangen, um den Künstlern die Möglichkeit zu bieten, kleinere, aber künstlerisch wertvolle Arbeiten, die sie sonst nicht der Öffentlichkeit zugänglich machen können, dem Publikum näher zu bringen. In erster Linie sollen die deutschen Künstler aller Schulen berücksichtigt werden,