Florenz. Am 21. Oktober starb hier der Maler Francesco Vinea. Seine rosig gefärbten Bilder waren in Berliner Ausstellungen und in den Kunsthandlungen wohl bekannt. Die Florentiner Künstlerschaft bereitete dem ehemaligen Präsidenten des Circolo artistico ein ehrenvolles Begräbnis. * * *
SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN
Kopenhagen. Ein Jahr ist noch nicht vergangen, seitdem ich den Lesern der Kunstchronik über die neue, für Kunstzwecke bestimmte Millionengabe des Herrn Carl Jacobsen eine vorläufige Mitteilung machte; schon jetzt bin ich wiederum in der Lage, von einer grossartigen, der dänischen Allgemeinheit zugedachten Schenkung berichten zu können: Herr Rentier Heinrich Hirschsprung wird seine überaus reiche Gemäldesammlung dem Staate übertragen, indem er nur die Bedingung aufstellt, dass für dieselbe ein passendes Museumsgebäude eingerichtet wird.
Die Hirschsprunggalerie enthält beinahe ausschliesslich Kunstwerke dänischer Künstler, deren Wirksamkeit nach dem Auftreten Eckersberg’s, dem Begründer der nationalen dänischen Malerkunst, fällt. Im Laufe von ungefähr dreissig Jahren hat Herr Hirschsprung mit einem grossen Aufwande von Geld und mit nicht geringerem Talent und Glück eine Reihe von Bildern erworben, die sich von dem ersten Viertel des 19. Jahrhunderts bis an die jetzigen Tage zieht und in welcher beinahe alle einigermassen bedeutende Maler seines Vaterlandes durch Leistungen ersten Ranges, viele sogar durch ganze Suiten, vertreten sind; wird man auch einzelne Lücken nachweisen können, sind diese doch durchgängig von geringerer Bedeutung und werden sich im Laufe der Zeiten ohne grössere Schwierigkeit ausgleichen lassen. Die Hauptsache ist, dass die auf mehrere Millionen Kronen geschätzte Sammlung vieles von der höchsten Bedeutung für das Studium der dänischen Kunst enthält, dass sie die schon vorhandene Nationalgalerie aufs glücklichste suppliert, und dass sie neben den vielen vollständig durchgeführten Gemälden eine Menge von trefflichen und für die Auffassung der respektiven Künstlerindividualitäten überaus bedeutsame Naturstudien einbefasst. Von Ölgemälden verzeichnet der schön ausgestattete und mit vielen gelungenen Reproduktionen versehene Katalog 436; dazu kommen noch 1200 Aquarelle, Pastelle und Handzeichnungen und als eine Art von Appendix ungefähr 200 Skulpturen — einzelne Arbeiten in Marmor und Bronze, mehrere Originalmodelle und Abgüsse und eine reiche Kollektion von hochinteressanten Thonskizzen.
Von den älteren Malern — denjenigen, deren Blütezeit vor oder um 1870 fällt — sind C. W. Eckersberg, Köbke, Lundbye, Constantin Hansen und Marstrand aufs trefflichste vertreten. Von dem erstgenannten begegnen uns in der zur Zeit öffentlich zugänglichen Ausstellung der ganzen Sammlung einundzwanzig Gemälde, welche zusammen genommen von der fast unfehlbaren Formenkenntnis, des klaren, fein gestimmten Kolorits und der ganzen zuverlässigen, oftmals etwas nüchternen Auffassung des Altmeisters eine genaue und umfassende Vorstellung geben; neben den mit ausgezeichneter Zartheit durchgeführten kleinen Architektur- und Seebildern heben sich besonders die lebensgrossen Porträts eines Kopenhagener Kaufmannes und seiner Gattin, sowie das kleine Bildnis von Thorwaldsen’s Geliebter, Anna Maria von Uhden, geb. Magnani, hervor. Von C. S. Köbke, dessen Landschaften und Architekturgemälde nicht weniger als seine in psychologischer Beziehung sehr interessante Porträts durch schlichte Auffassung, ausgezeichnete Formengebung und
geistreiche Pinselführung ihrem Urheber einen Platz unter den besten aller Zeiten sichern, besitzt die . Sammlung zwölf Bilder, von Joh. Th. Lundbye, als Tier- und Landschaftsmaler gleich hervorragend, dreizehn Gemälde und nicht weniger als 600 Handzeichnungen von bezauberndem Liebreiz und einer schwerlich zu übertreffenden Sicherheit und Schönheit der Mache. Von dem genialen Kompositör und glänzenden Humoristen Marstrand finden wir 32 Gemälde und Ölskizzen nebst 88 meistens ganz köstlichen Zeichnungen; auch Dalsgaard, Exner und J. Roed, sowie die Landschaftsmeister P. S. Skovgaard und V. Kyhn lernt man in der Hirschsprunggalerie eingehend kennen. Einen Schwerpunkt der Sammlung machen doch die vielen Hauptwerke der in der Nationalgalerie durchgängig ungenügend repräsentierten Maler der jüngeren Generation aus. Vor allem der jetzt weltberühmte P. S. Kröyer — 40 Gemälde, darunter mehrere Hauptwerke, 70 Zeichnungen und einige prächtige Porträtbüsten —, dann Meister wie Viggo Johansen, Wilhelm Hammershöj, Julius Poulsen, Joachim und Niels Skovgaard, Viggo Pedersen und viele andere.
Leider darf es sich nicht verneinen lassen, dass sich in der Kopenhagener Presse einige Stimmen erhoben haben, um die Erfüllung der für die Abtretung der Sammlung aufgestellten Bedingung abzuraten; die Regierung hat sich über die Sache noch nicht geäussert. Hoffentlich wird sie doch in Ordnung kommen; es würde in allen wirklich kunstliebenden Kreisen Dänemarks nicht nur als eine wirkliche Trauer, sondern auch als eine Schmach gefühlt werden, wenn man aus missverstandenen ökonomischen Ursachen ein Anerbieten wie das hier vorliegende zurückweisen würde. Um das Unterbringen der Sammlung in dem schon existierenden Kunstmuseum wird wohl keine Rede sein können. Als dieses Gebäude vor wenigen Jahren aufgeführt wurde, zeigte es sich gleich zum Anfang für die Aufnahme der vorhandenen Kunstwerke zu klein! Jetzt geht man mit dem Gedanken um, behufs Überdeckung zweier Hofräume mehr Raum zu verschaffen; eine Lösung der Hirschsprungfrage wird man allerdings schwerlich dadurch finden. Sigurd Müller.
Mailand, ln wenig anderen Städten Italiens werden die Kunstschätze heute so gehütet und in so musterhafter Weise dem Publikum dargestellt wie in Mailand. Was Corrado Ricci in der Neuordnung der Brera geleistet hat, ist ebenso erfreulich wie Luca Beltrami’s monumentale Restauration des Kastells. War es früher schwer und ermüdend, sich in den für so viele Gemälde zu beschränkten Räumen der Brera zurechtzufinden, so ist heute ein Besuch dieser herrlichen Gemäldegalerie ein völlig ungetrübter Genuss. Alle Schulen sind getrennt und geordnet. Raffael’s Sposalizio ist ganz für sich aufgestellt, die schönen Fresken Luini’s kommen jetzt erst voll zur Geltung. Eine besondere Anziehungskraft haben Bramante’s Fresken der »Maestri d’Arme« aus der Casa dei Panigarola in San Bernardino in Mailand. Es sind ihrer acht und alle sind auf Leinewand übertragen und verhältnismässig gut erhalten. In einer sorgfältigen Studie hat Corrado Ricci die herrlichen Bilder — meist Brustbilder jüngerer oder älterer Kriegsleute — publiziert und ihre allgemein angenommene Herkunft aus der Werkstatt Bramante’s nachgewiesen. Er darf mit Recht stolz auf diese einzigartige Erwerbung sein, um die ihn jede Galerie Europas beneiden kann. Die Riesendimensionen einzelner Gemälde haben es wohl mit sich gebracht, dass ihnen kein besserer Platz zu teil werden konnte. So hängt Bramantino’s grossartige Kreuzigung in einem grossen Saal von Seicentisten, und eine reizende Madonna desselben Meisters müssen wir in der dunklen Galerie gleich neben dem Eingang suchen.