Gerade Bramantino aber verdiente besondere Rücksichten in Mailand, und man möchte ihm wie Bramante ein eigenes Zimmer wünschen, in dem er den Zauber seiner eigenartigen Kunst voll entfalten könnte. Die Publikation eines kritischen Kataloges von Corrado Ricci’s Hand ist in kürzester Frist zu erwarten und damit hat die organisatorische Thätigkeit des Direktors der Brera zunächst ihren Abschluss erreicht. — Mitten im Schaffen steht dagegen noch Luca Beltrami in seiner Restauration des »Castello di Milano«, das schon heute eine der grössten Sehenswürdigkeiten Italiens genannt werden kann. Schon die »Sala delle Asse« bietet in ihrer jüngst vollendeten Dekoration eine der schönsten und eigenartigsten Beispiele einer Zimmerdekoration der Renaissance. Allerdings ist alles, was wir sehen, modern, und sowohl die Inschrifttafeln, als auch das Wappen der Sforza an der Mitte des Gewölbes fügen sich weder in Form, noch in Farbe ganz harmonisch in das Laubwerk ein, aber als Ganzes wirkt dies als eine riesige Laube behandelte Gewölbe doch unvergleichlich. In etwa dreiviertel Höhe der Mauer steigen die Baumstämme empor und breiten ein üppiges, dunkelgrünes Blätterdach über den Beschauer aus. Um die Monotonie des Laubwerks zu durchbrechen, sind goldene Schnüre in zierlichen Verschlingungen — die Imprese der Vincischule — durch die Äste gezogen, und so funkelt und leuchtet es im Grünen, als drängten sich goldene Sonnenstrahlen durch das Laub. Welch ein beglückend kühler Aufenthalt muss dies weite, hohe Gemach an heissen Sommertagen gewesen sein, wie vollendet ist die Täuschung auch heute noch gelungen, nach spärlichen Freskenresten und einigen Zeichnungen Lionardo’s ausgeführt! Fussboden und Holztäfelung des einzigartigen Raumes sollen demnächst in Angriff genommen werden. Auch ist zu hoffen, dass bald neue Säle sich dem Publikum erschliessen werden, vor allem die Sala del Tesoro, mit den schon von Müller-Walde entdeckten Malereien. Es ist zunächst wohl nur ein frommer Wunsch, einmal alle Museen Mailands — Brera und Poldi-Pezzoli einge schlossen — in diesen herrlichen Räumen zu vereinigen. Aber der Gedanke wird gewiss Beifall finden, und Luca Beltrami wäre der Mann, ihn zur Ausführung zu bringen.
E. st.
Turin. Der vielumstrittene »Cupido Michelangelo’s« ist vor kurzem aus dem dunklen Magazin des Museums entfernt und im ersten Stock des Palazzo dell’ Accadémia delle Scienze mitten in einem der grossen Säle der Ägyptischen Abteilung aufgestellt worden. Damit ist ein sehnlicher Wunsch aller derer erfüllt, die in dem schlafenden Amor die antike Fälschung Michelangelo’s erkennen wollen, welche der Kardinal von San Giorgio erwarb. Damit ist aber auch allen Forschern Gelegenheit geboten, die kleine Marmorstatuette im hellsten Tageslicht genau zu untersuchen, und es muss fraglich erscheinen, ob ihre Resultate immer zu Gunsten der Echtheit dieses »Michelangelo- Werkes« ausfallen werden. e. St.
Wien. Die Wiener Secession eröffnet anfangs November ihre 15. Ausstellung. Die ordentlichen Mitglieder der Vereinigung werden, bis auf wenige Ausnahmen, auf derselben nicht vertreten sein, da im Frühjahr eine umfassende, rein österreichische Ausstellung stattfindet, für welche ihre Arbeiten reserviert bleiben. Die bevorstehende Herbstausstellung wird fast nur Werke fremder Künstler enthalten und zwar in der Hauptsache geschlossene Kollektionen. Der grosse Mittelsaal ist Graf Kalchreuth (Stuttgart) eingeräumt; einige dreissig Gemälde desselben, meist neuesten Datums, ergänzt durch Privat- und Galeriebesitz, werden vereinigt sein. Ein anderer Saal wird eine gewählte Kollektion von Wilhelm Leibi f enthalten; auch
für diese sind Bilder aus Staatsgalerien, wie der Münchner Pinakothek, herangezogen. Der Saal wird von Architekt Pleènik dekoriert. Alsdann hat die Secession für ihren Ehrenpräsidenten, Rudolf von Alt, der in diesem Sommer seinen go. Geburtstag gefeiert hat, einen Saal reserviert; in demselben werden Stichproben aus seinen verschiedenen Epochen, von den dreissiger Jahren angefangen, zu sehen sein. Professor Koloman Moser wird den Raum entsprechend der Individualität Alt’s dekorieren. Der grosse rückwärtige Saal ist der polnischen Künstlervereinigung *Sztuka« in Krakau überlassen, die hier zum erstenmal als geschlossene Gruppe auftritt; der Saal wird die Gemälde und Plastiken derselben enthalten und wird auch in national-polnischem Charakter ausgestattet sein. Zwei grosse Säle sind für Plastik und Kunstgewerbe reserviert; und zwar werden die deutschen Bildhauer Hahn, von Gosen, Taschner, Wrba und auch einige allererste Franzosen mit Kollektionen auftreten. Schliesslich wird die junge Wiener Künstlervereinigung »Wiener Kunst im Hauset zwei eigens für diese Ausstellung gemachte Interieurs ausstellen. Die Mitglieder dieser Vereinigung sind Schüler der Professoren Hoffmann, Moser, Baron Myrbach und Roller an der Kunstgewerbeschule; man wird bei dieser Gelegenheit zum erstenmal die Früchte der modernen Kunstbewegung in Wien an der jüngsten Generation studieren können. Die künstlerische Oberleitung der Ausstellung liegt in den Händen des Architekten Leopold Bauer. Die Ausstellung wird von Anfang November bis Ende Dezember dauern.
Halle. Die Ausstellung von alten Kunstwerken aus Hallischem Privatbesitze ist dieser Tage in der Kohlschütterschen Villa (Karlstrasse) eröffnet worden. Bericht für die nächste Nummer Vorbehalten.
Zur Karlsruher Jubiläums-Kunstausstellung 1902. Am 15. Oktober wurde die Karlsruher Jubiläums-Kunstausstellung mit einem kurzen Festakt geschlossen. Die Ausstellungsleitung darf auf einen ganzen und grossen Erfolg zurückblicken. Der erste Präsident der Ausstellung, Professor Ludwig Dill, hatte es im Verein mit den ihm zur Seite stehenden Künstlern verstanden, das Programm: eine Elite moderner Kunst zu schaffen, in mustergültiger Weise durehzuführen und die massgebende Kritik des Inund Auslandes hat dies rückhaltlos anerkannt und namentlich auch die vorbildliche Bedeutung dieser Veranstaltung mehrfach betont. Dem entspricht denn auch der äussere Erfolg, wie er sich in der das Doppelte der ursprünglich vorausberechneten Höhe weit übersteigenden Frequenzziffer ausspricht. Der Verkauf der Kunstwerke ergab die Gesamtsumme von 271750 Mark, wovon 228161 auf die Malerei, 34620 auf die Plastik, 3161 auf die Graphik und 5708 auf das Kunstgewerbe entfallen. Die Ausstellung bedeutet insofern auch eine Epoche in der Geschichte der grossherzoglichen Kunsthalle, als für diese Sammlung bisher in der modernen Abteilung ausschliesslich Werke deutscher und zwar im wesentlichen badischer Künstler erworben wurden. Aus der vom Staat für Galerieerwerbungen ausgesetzten Summe wurde diesmal auch ein beträchtlicher Teil auf das Ausland verwandt. Es wurden angekauft und der Grossherzoglicheil Kunsthalle einverleibt: Gemälde: von Karlsruhern Dill, Gewitter im Moor, Keller, Böcklin’s Grab, Schönleber, Einfahrt in den Hafen, Weishaupt, Viehherde im Wasser, Fehr, Dämmerung, Nagel, Märzmorgen,. Kampmann, Schneelandschaft, Stromeyer, Früchtestillleben, ferner von nichtbadischen deutschen Künstlern Stuck-München, Florentinerin, Bohle-Frankfurt, Selbstbildnis, Albert Lang-München, Weibliches Bildnis, Haider- München, Frühlingsgewitter, Hirth du Frënes-München, Leibi und Sperl im Segelboot, Moll-Wien, Aus der Wiener
E. st.
Turin. Der vielumstrittene »Cupido Michelangelo’s« ist vor kurzem aus dem dunklen Magazin des Museums entfernt und im ersten Stock des Palazzo dell’ Accadémia delle Scienze mitten in einem der grossen Säle der Ägyptischen Abteilung aufgestellt worden. Damit ist ein sehnlicher Wunsch aller derer erfüllt, die in dem schlafenden Amor die antike Fälschung Michelangelo’s erkennen wollen, welche der Kardinal von San Giorgio erwarb. Damit ist aber auch allen Forschern Gelegenheit geboten, die kleine Marmorstatuette im hellsten Tageslicht genau zu untersuchen, und es muss fraglich erscheinen, ob ihre Resultate immer zu Gunsten der Echtheit dieses »Michelangelo- Werkes« ausfallen werden. e. St.
Wien. Die Wiener Secession eröffnet anfangs November ihre 15. Ausstellung. Die ordentlichen Mitglieder der Vereinigung werden, bis auf wenige Ausnahmen, auf derselben nicht vertreten sein, da im Frühjahr eine umfassende, rein österreichische Ausstellung stattfindet, für welche ihre Arbeiten reserviert bleiben. Die bevorstehende Herbstausstellung wird fast nur Werke fremder Künstler enthalten und zwar in der Hauptsache geschlossene Kollektionen. Der grosse Mittelsaal ist Graf Kalchreuth (Stuttgart) eingeräumt; einige dreissig Gemälde desselben, meist neuesten Datums, ergänzt durch Privat- und Galeriebesitz, werden vereinigt sein. Ein anderer Saal wird eine gewählte Kollektion von Wilhelm Leibi f enthalten; auch
für diese sind Bilder aus Staatsgalerien, wie der Münchner Pinakothek, herangezogen. Der Saal wird von Architekt Pleènik dekoriert. Alsdann hat die Secession für ihren Ehrenpräsidenten, Rudolf von Alt, der in diesem Sommer seinen go. Geburtstag gefeiert hat, einen Saal reserviert; in demselben werden Stichproben aus seinen verschiedenen Epochen, von den dreissiger Jahren angefangen, zu sehen sein. Professor Koloman Moser wird den Raum entsprechend der Individualität Alt’s dekorieren. Der grosse rückwärtige Saal ist der polnischen Künstlervereinigung *Sztuka« in Krakau überlassen, die hier zum erstenmal als geschlossene Gruppe auftritt; der Saal wird die Gemälde und Plastiken derselben enthalten und wird auch in national-polnischem Charakter ausgestattet sein. Zwei grosse Säle sind für Plastik und Kunstgewerbe reserviert; und zwar werden die deutschen Bildhauer Hahn, von Gosen, Taschner, Wrba und auch einige allererste Franzosen mit Kollektionen auftreten. Schliesslich wird die junge Wiener Künstlervereinigung »Wiener Kunst im Hauset zwei eigens für diese Ausstellung gemachte Interieurs ausstellen. Die Mitglieder dieser Vereinigung sind Schüler der Professoren Hoffmann, Moser, Baron Myrbach und Roller an der Kunstgewerbeschule; man wird bei dieser Gelegenheit zum erstenmal die Früchte der modernen Kunstbewegung in Wien an der jüngsten Generation studieren können. Die künstlerische Oberleitung der Ausstellung liegt in den Händen des Architekten Leopold Bauer. Die Ausstellung wird von Anfang November bis Ende Dezember dauern.
Halle. Die Ausstellung von alten Kunstwerken aus Hallischem Privatbesitze ist dieser Tage in der Kohlschütterschen Villa (Karlstrasse) eröffnet worden. Bericht für die nächste Nummer Vorbehalten.
Zur Karlsruher Jubiläums-Kunstausstellung 1902. Am 15. Oktober wurde die Karlsruher Jubiläums-Kunstausstellung mit einem kurzen Festakt geschlossen. Die Ausstellungsleitung darf auf einen ganzen und grossen Erfolg zurückblicken. Der erste Präsident der Ausstellung, Professor Ludwig Dill, hatte es im Verein mit den ihm zur Seite stehenden Künstlern verstanden, das Programm: eine Elite moderner Kunst zu schaffen, in mustergültiger Weise durehzuführen und die massgebende Kritik des Inund Auslandes hat dies rückhaltlos anerkannt und namentlich auch die vorbildliche Bedeutung dieser Veranstaltung mehrfach betont. Dem entspricht denn auch der äussere Erfolg, wie er sich in der das Doppelte der ursprünglich vorausberechneten Höhe weit übersteigenden Frequenzziffer ausspricht. Der Verkauf der Kunstwerke ergab die Gesamtsumme von 271750 Mark, wovon 228161 auf die Malerei, 34620 auf die Plastik, 3161 auf die Graphik und 5708 auf das Kunstgewerbe entfallen. Die Ausstellung bedeutet insofern auch eine Epoche in der Geschichte der grossherzoglichen Kunsthalle, als für diese Sammlung bisher in der modernen Abteilung ausschliesslich Werke deutscher und zwar im wesentlichen badischer Künstler erworben wurden. Aus der vom Staat für Galerieerwerbungen ausgesetzten Summe wurde diesmal auch ein beträchtlicher Teil auf das Ausland verwandt. Es wurden angekauft und der Grossherzoglicheil Kunsthalle einverleibt: Gemälde: von Karlsruhern Dill, Gewitter im Moor, Keller, Böcklin’s Grab, Schönleber, Einfahrt in den Hafen, Weishaupt, Viehherde im Wasser, Fehr, Dämmerung, Nagel, Märzmorgen,. Kampmann, Schneelandschaft, Stromeyer, Früchtestillleben, ferner von nichtbadischen deutschen Künstlern Stuck-München, Florentinerin, Bohle-Frankfurt, Selbstbildnis, Albert Lang-München, Weibliches Bildnis, Haider- München, Frühlingsgewitter, Hirth du Frënes-München, Leibi und Sperl im Segelboot, Moll-Wien, Aus der Wiener