Madame d’Etampes absichtlich den Jupiter in der Galerie aufstellen lassen, wo die von Primaticcio besorgten Abgüsse von Antiken standen, in der Hoffnung, dass die neue Statue neben den antiken einen schlechten Eindruck machen würde), ist gänzlich unterdrückt. Von dem künstlichen Mittel, welches darin bestand, dass Benvenuto gezwungen wurde, sein Werk im Dunkeln auszustellen, und von der Erfindung mit der angezündeten Fackel bleibt gleichfalls nichts bestehen. Es ist zu klar, dass Alvarotti, bei der Sorgsamkeit, mit der er alles Einzelne schildert, und bei dem Lobe, das er dem Künstler zuerteilt, nicht verfehlt haben würde, das zu erwähnen. Was die Fackel anbetrifft, so bemerke ich ausserdem noch, dass seine Erzählung die ausdrückliche Erklärung enthält, dass der wunderbare Gebrauch, den Cellini davon gemacht haben will, einfach, wie ich bemerkt habe, der ganz gewöhnliche und unvermeidliche Gebrauch war. Und in diesen Betrachtungen beruht der Hauptwert des Artikels. Benvenuto übergab selbst seinen Jupiter, und zwar in Fontainebleau; Madame d’Etampes nahm daraus Gelegenheit, ihn vor dem ganzen Hofe herabzuziehen; daraus ergab sich ein Zank, den der König beendet, indem er beide schweigen heisst. Das ist die ganze Wahrheit darüber.«
Ich denke aber, es ergiebt sich aus diesem Briefe Alvarotti’s noch etwas mehr, nämlich dass, bis auf Kleinigkeiten, die im Laufe so vieler Jahre aus dem Gedächtnis schwinden können, der ganze Bericht Benvenuto’s als wahr erwiesen ist. L. Dimier legt besonderen Wert darauf, dass der Jupiter an sich als chandelicr bestellt war, dass also Benvenuto gar nicht nötig hatte, aus der Verlegenheit, in die er durch die Verzögerung der Ankunft des Königs bis zur dunkeln Nacht versetzt wurde, durch eine Erfindung des Augenblicks, indem er zwischen dem Blitzbündel eine Kerze befestigte, sich herauszureissen; aber hier hat er, wie mir scheint, die Worte des Benvenuto einfach falsch verstanden. Ich werde mich hüten, ihm daraus einen Vorwurf zu machen, denn ich habe, und gewiss viele andere mit mir, die Stelle früher auch so verstanden, wie sie L. Dimier noch jetzt verstanden wissen will, aber sicher mit Unrecht. Der König hatte von vornherein die Statue als Lichthalter bestellt (vgl. Goethe, Benvenuto Cellini, 4. Kapitel: »Den andern Tag ging ich, dem König zu danken, und er befahl mir, dass ich zwölf Modelle zu silbernen Statuen machen sollte, um als zwölf Leuchter um seinen Tisch zu dienen; er wollte sechs Götter und sechs Göttinnen vorgestellt haben, gerade so gross wie er selbst, und er war beinahe drei Ellen hoch«), und danach kann Benvenuto auch gar nicht daran gedacht haben, Götterstatuen herzustellen, die den gewünschten Zweck nicht erfüllen konnten. Man muss also annehmen, dass der Jupiter, den er dem Könige Franz in Fontainebleau vorführte, schon von vornherein als Lichthalter gedacht war, und so ist es auch in Wahrheit. Es heisst bei Goethe im 9. Kapitel: »Jupiter hatte in seiner rechten Hand den Blitz, in der Stellung, als ob er ihn schleudern wollte, in die linke hatte ich ihm die Welt (die Weltkugel) ge
geben und hatte zwischen die Flamme des Blitzes mit vieler Geschicklichkeit ein Stück weisser Kerze angebracht ).« Ebenso wie die Weltkugel in der linken Hand war auch die Kerze in der rechten nicht das Werk eines plötzlichen, erst in der Galerie von Fontainebleau ihm gekommenen Einfalls, sondern gleich ein Teil der von vornherein geplanten Komposition, mit anderen Worten, er hatte die Statue so komponiert, dass die Leuchtkraft vom Blitz ausgehen sollte. Das Einzige, was Benvenuto, durch die Umstände gedrängt, tliat, war, dass er die Kerze anzündete, die Jupiter in der Hand hielt, dass er also sozusagen nicht eine Statue, sondern einen Lichthalter dem Könige vorstellte. Dadurch scheint mir auch dieser Punkt völlig aufgeklärt, und, wenn man weitere Folgerungen aus dem Briefe ziehen soll, können es doch nur die sein, dass Benvenuto, nachdem ihm im allgemeinen durch die Worte Alvarotti’s die Richtigkeit der Thatsachen bezeugt ist, auch in den Punkten Glauben zu finden verdient, die bei Alvarotti nicht erwähnt sind. Ich glaube also, dass man nicht daran zweifeln darf, dass wirklich die Abgüsse Primaticcio’s in der Galerie aufgestellt waren; ob Madame d’Etampes dies absichtlich veranlasst hatte, um dem Florentiner zu schaden, wie er annimmt, ferner ob sie absichtlich das Mahl so lange hingezogen hat, bis es fast zu spät war, noch zur Besichtigung zu gehen, das sind andere Dinge, die nicht wahr zu sein brauchen, sondern die nur auf Annahmen beruhen können, wie sie der argwöhnische und sich selbst über alle anderen stellende Florentiner zu machen gewohnt war. Aber von dem Vorwurf, einfach Erdichtetes berichtet zu haben, den ihm L. Dimier macht, ist er jetzt glücklich freigesprochen. Vielleicht steht es mit den anderen Beschuldigungen, die L. Dimier in der Revue archéologique 1898 I, S. 241 gegen Benvenuto Cellini aufgestellt hat, nicht besser; der Umstand, dass Benvenuto plötzlich Paris verlässt, um nach Italien zurückzukehren, und sich unterwegs zwei silberne Gefässe abnehmen lässt, sieht ja von vornherein etwas bedenklich aus, aber man muss, nachdem in dem einen Punkte die Ehre Benvenuto’s sich so glänzend herausgestellt hat, sich doch hüten, ohne weitere Beweise gleich das Böseste von ihm anzunehmen. Wenn Benvenuto sich bei dieser Sache einer schlechten That bewusst gewesen wäre, so hätte er sie doch leicht unterdrücken können, ohne einen Angriff von anderer Seite fürchten zu müssen. R. ENGELMANN.
1) Der Originaltext lässt gar keinen Zweifel darüber bestehen, dass die Kerze schon vorher angebracht war, nicht erst in jenem kritischen Augenblicke angebracht wurde, vgl. Vita di Benv. Cell., testi critici, per cura di Orazio Bocci, Firenze 1901, S. 309: haveva il ditto Giove innella sua mano destra accomodaio il suo fulgorc in attitndine di volerlo trarre, et nella sinistra g/i avevo accomodato il Mondo. Infra le fiamme havevo con rnolta destrezza conimisso itn pezo d una torcia bianca. L. Dimier übersetzt: fort adroitement je plafai an morceau d’tine torche blanche entre les flammes da foadre, es müsste aber richtiger heissen j’avais placé. Dann würde niemandem ein Zweifel darüber bleiben, dass Cellini die Kerze schon vorher angebracht hatte.
Ich denke aber, es ergiebt sich aus diesem Briefe Alvarotti’s noch etwas mehr, nämlich dass, bis auf Kleinigkeiten, die im Laufe so vieler Jahre aus dem Gedächtnis schwinden können, der ganze Bericht Benvenuto’s als wahr erwiesen ist. L. Dimier legt besonderen Wert darauf, dass der Jupiter an sich als chandelicr bestellt war, dass also Benvenuto gar nicht nötig hatte, aus der Verlegenheit, in die er durch die Verzögerung der Ankunft des Königs bis zur dunkeln Nacht versetzt wurde, durch eine Erfindung des Augenblicks, indem er zwischen dem Blitzbündel eine Kerze befestigte, sich herauszureissen; aber hier hat er, wie mir scheint, die Worte des Benvenuto einfach falsch verstanden. Ich werde mich hüten, ihm daraus einen Vorwurf zu machen, denn ich habe, und gewiss viele andere mit mir, die Stelle früher auch so verstanden, wie sie L. Dimier noch jetzt verstanden wissen will, aber sicher mit Unrecht. Der König hatte von vornherein die Statue als Lichthalter bestellt (vgl. Goethe, Benvenuto Cellini, 4. Kapitel: »Den andern Tag ging ich, dem König zu danken, und er befahl mir, dass ich zwölf Modelle zu silbernen Statuen machen sollte, um als zwölf Leuchter um seinen Tisch zu dienen; er wollte sechs Götter und sechs Göttinnen vorgestellt haben, gerade so gross wie er selbst, und er war beinahe drei Ellen hoch«), und danach kann Benvenuto auch gar nicht daran gedacht haben, Götterstatuen herzustellen, die den gewünschten Zweck nicht erfüllen konnten. Man muss also annehmen, dass der Jupiter, den er dem Könige Franz in Fontainebleau vorführte, schon von vornherein als Lichthalter gedacht war, und so ist es auch in Wahrheit. Es heisst bei Goethe im 9. Kapitel: »Jupiter hatte in seiner rechten Hand den Blitz, in der Stellung, als ob er ihn schleudern wollte, in die linke hatte ich ihm die Welt (die Weltkugel) ge
geben und hatte zwischen die Flamme des Blitzes mit vieler Geschicklichkeit ein Stück weisser Kerze angebracht ).« Ebenso wie die Weltkugel in der linken Hand war auch die Kerze in der rechten nicht das Werk eines plötzlichen, erst in der Galerie von Fontainebleau ihm gekommenen Einfalls, sondern gleich ein Teil der von vornherein geplanten Komposition, mit anderen Worten, er hatte die Statue so komponiert, dass die Leuchtkraft vom Blitz ausgehen sollte. Das Einzige, was Benvenuto, durch die Umstände gedrängt, tliat, war, dass er die Kerze anzündete, die Jupiter in der Hand hielt, dass er also sozusagen nicht eine Statue, sondern einen Lichthalter dem Könige vorstellte. Dadurch scheint mir auch dieser Punkt völlig aufgeklärt, und, wenn man weitere Folgerungen aus dem Briefe ziehen soll, können es doch nur die sein, dass Benvenuto, nachdem ihm im allgemeinen durch die Worte Alvarotti’s die Richtigkeit der Thatsachen bezeugt ist, auch in den Punkten Glauben zu finden verdient, die bei Alvarotti nicht erwähnt sind. Ich glaube also, dass man nicht daran zweifeln darf, dass wirklich die Abgüsse Primaticcio’s in der Galerie aufgestellt waren; ob Madame d’Etampes dies absichtlich veranlasst hatte, um dem Florentiner zu schaden, wie er annimmt, ferner ob sie absichtlich das Mahl so lange hingezogen hat, bis es fast zu spät war, noch zur Besichtigung zu gehen, das sind andere Dinge, die nicht wahr zu sein brauchen, sondern die nur auf Annahmen beruhen können, wie sie der argwöhnische und sich selbst über alle anderen stellende Florentiner zu machen gewohnt war. Aber von dem Vorwurf, einfach Erdichtetes berichtet zu haben, den ihm L. Dimier macht, ist er jetzt glücklich freigesprochen. Vielleicht steht es mit den anderen Beschuldigungen, die L. Dimier in der Revue archéologique 1898 I, S. 241 gegen Benvenuto Cellini aufgestellt hat, nicht besser; der Umstand, dass Benvenuto plötzlich Paris verlässt, um nach Italien zurückzukehren, und sich unterwegs zwei silberne Gefässe abnehmen lässt, sieht ja von vornherein etwas bedenklich aus, aber man muss, nachdem in dem einen Punkte die Ehre Benvenuto’s sich so glänzend herausgestellt hat, sich doch hüten, ohne weitere Beweise gleich das Böseste von ihm anzunehmen. Wenn Benvenuto sich bei dieser Sache einer schlechten That bewusst gewesen wäre, so hätte er sie doch leicht unterdrücken können, ohne einen Angriff von anderer Seite fürchten zu müssen. R. ENGELMANN.
1) Der Originaltext lässt gar keinen Zweifel darüber bestehen, dass die Kerze schon vorher angebracht war, nicht erst in jenem kritischen Augenblicke angebracht wurde, vgl. Vita di Benv. Cell., testi critici, per cura di Orazio Bocci, Firenze 1901, S. 309: haveva il ditto Giove innella sua mano destra accomodaio il suo fulgorc in attitndine di volerlo trarre, et nella sinistra g/i avevo accomodato il Mondo. Infra le fiamme havevo con rnolta destrezza conimisso itn pezo d una torcia bianca. L. Dimier übersetzt: fort adroitement je plafai an morceau d’tine torche blanche entre les flammes da foadre, es müsste aber richtiger heissen j’avais placé. Dann würde niemandem ein Zweifel darüber bleiben, dass Cellini die Kerze schon vorher angebracht hatte.