überhaupt der untere Teil besser als der hochragende Sockel mit der mächtigen Gestalt des Neptun. An ihr ist alles Pose und Manier. Sehr eigentümlich ist die uns von Andreas Gulden, dem Fortsetzer Neudörfer’s, überlieferte Thatsache, dass Schweigger und Ritter »alle Bilder auf den Brunnen zu Augsburg und Salzburg auf ihrer beschehenen Umreise falsch befunden hätten«. Wir wissen ja nicht genau, was sie mit dem Worte »falsch« haben besagen wollen, wenn auch der nachfolgende Satz uns verrät, dass sie am Salzburger Brunnen die Ausführung aus rotem Marmor als Mangel empfanden, denn »dem Stein fehlt eben die Perspektive, dass man ihn nicht wie das Metall formieren und überschneiden kann«. Wahrscheinlich passte ihnen die ganze künstlerische Richtung nicht. Etwas besseres zu schaffen, was sie zweifellos vorhatten, dazu fehlte aber nicht nur ihnen, sondern überhaupt der damaligen Kunst die Kraft. Dass Schweigger ein trefflicher Modelleur und tüchtiger Meister war, davon zeugt sein Schwanhardt’sches Epitaph auf dem Johannisfriedhofe, monumentalen Aufgaben wie der hier von ihm geforderten, war er aber nicht gewachsen. Es fehlt dem Werk die grosse Linie und der organische Zusammenschluss der einzelnen Teile. — Die von vielen gehegte Befürchtung, dass der Neptunbrunnen den »Schönen Brunnenbeeinträchtigen würde, hat sich als nicht stichhaltig erwiesen. Die Entfernung beider voneinander ist dafür zu gross. Nach Süden hin, über die Mitte des Marktes hinausgerückt, ist die Aufstellung des Neptunbrunnens zugleich eine solche, dass die Front der Frauenkirche ganz frei geblieben ist. — An Stelle des alten »Schönen Brunnens«, der vollständig verwittert ist, wird demnächst ein völlig neuer treten. Die Arbeiten dazu sind jetzt nahezu vollendet. Den noch am Platze stehenden Rest des alten Brunnens hat man gelegentlich der Jubiläumsfeierlichkeiten des Germanischen Museums zu Polychromierungsversuchen benutzt, bei denen der wohlerhaltene farbige Aufriss von Georg Penz als Anhaltspunkt gedient hat. Noch steht die Frage, ob der neue »Schöne Brunnen« den Farbenschmuck von einst bekommen soll, offen. Zu wünschen wäre es, denn so erst enthüllt das Werk seinen ganzen Zauber. — Interessante Reste von Wandmalereien des 14. und 15. Jahrhunderts — neutestamentliche Darstellungen und Heiligengestalten — sind bei der im Laufe dieses Jahres vorgenommenen gründlichen Restaurierung der Heilig-Geistkirche zu Tage getreten, ebenso hat man solche in dem an das Chörlein des Sebalder Pfarrhofes anstossenden Zimmer und in der Moritzkapelle aufgedeckt. Das stark verwitterte Chörlein ist in das Germanische Museum übertragen und durch eine unter Leitung von Professor Josef Schmitz ausgeführte stilechte Wiederholung ersetzt worden.
Stand Nürnberg fast durch das ganze 19. Jahrhundert im Banne der alten Kunst und schien es ausgeschlossen, dass hier je eine andere als die auf historische Treue zielende retrospektive Kunst gepflegt werden würde, so mehren sich die Anzeichen dafür, dass auch die dem Geiste unserer Zeit er
I wachsende neue Kunst hier eine Pfleg- und Heimstätte gefunden hat. Die vor Monatsfrist eröffnete Austeilung des Nürnberger Dürerbundes zeigt dies auf das deutlichste. Der Dürerbund ist im vergangenen Jahre von einer Gruppe Nürnberger Künstler gegründet worden und bezweckt, in jährlich wiederkehrenden Ausstellungen von dem künstlerischen Leben der Stadt Zeugnis abzulegen.
Zu den Hauptmeistern dieser Künstlergruppe gehört der durch seine Radierungen rühmlichst bekannte Professor Ludwig Kühn, der in neuerer Zeit als Maler und Künstlerlithograph die heimische Landschaft pflegt und damit einer Reihe jüngeren Nürnberger Künstlern den Anstoss zur Pflege der Heimatskunst gegeben hat. Von ihr verspreche ich mir viel für die Weiterentwickelung der Nürnberger Kunst. Die Schönheit, welche die alte Stadt mit ihrer Umgebung bietet, ist unerschöpflich. Jede Generation findet darin wieder Neues. Noch harrt die Stadt des Meisters, der ihre malerische Schönheit ohne Romantik schildert, so wie das moderne Auge sie sieht. Erfreuliche Ansätze dazu bietet die Ausstellung. — Im Verein mit dem Dürerhund haben die unter der Parole »Nürnberger Handwerkskunst« thätigen Kunsthandwerker Nürnbergs die Ausstellung beschickt, der Mehrzahl nach mit Arbeiten, die aus den vom Direktor des Bayerischen Gewerbemuseums, Oberbaurat von Kramer, ins Leben gerufenen kunstgewerblichen Meisterkursen stammen. Diese Meisterkurse, deren bis jetzt zwei vierwöchentliche unter Leitung des Professors Behrens aus Darmstadt abgehalten worden sind, haben sich als ungemein heilsam und segensreich erwiesen. Nicht nur haben sie die tüchtigen kunsthandwerklichen Kräfte aus der bis dahin gepflegten historischen Schaffensweise in gesunde zeitgemässe Bahnen gelenkt, sondern, und das ist das Wichtigste, durch diese Kurse sind jene bewahrt geblieben vor jener unkünstlerischen und stilwidrigen Pseudomodernität, welche unter dem Namen Jugendstil auf allen Gebieten des Kunsthandwerkes ihr unkünstlerisches Wesen treibt. So ist die Ausstellung von grossem kunstpädagogischen Interesse und verdient deshalb die Beachtung aller, welche vor die Lösung der Frage gestellt sind, wie dem Ungeschmack in unseren Tagen zu steuern sei. Das I lauptstück ist eine aus Stahl und Bronze ausgeführte Schmuckkassette, die ich als Musterbeispiel einer guten modernen Arbeit bezeichnen möchte und die als solche in vielen Exemplaren verbreitet zu werden verdiente. In Verbindung mit den kunstgewerblichen Meisterkursen, deren nächster von Riemerschmid aus München geleitet werden wird, hat das Bayerische Gewerbemuseum die Einrichtung getroffen, dass die guten Arbeiten der Nürnberger Handwerkskunst dauernd zur Schau und zum Verkauf ausgestellt werden. Es geschieht dies nicht im Museum, sondern in einem für sich bestehenden Laden, der zum Museum nur so weit in Beziehung steht, dass sich der Inhaber verpflichtet hat, nur Arbeiten der Nürnberger Handwerkskunst zu führen, und zwar nur solche, die vom Museum begutachtet und von diesem mit einer Schaumarke versehen worden sind. So dient dieser