Laden der künstlerischen Erziehung des Publikums, das durch kein Durcheinander von Gutem, Mittelmässigem und Schlechtem verwirrt, für seine Geschmacksbildung sichere Halt- und Richtpunkte gewinnt. —
Auch auf dem Gebiete der künstlerischen Erziehung des Kindes ist eine erfreuliche Thatsache zu verzeichnen. Die Anregungen des Dresdner Kunsterziehungstages sind an Nürnberg nicht spurlos vorüber gegangen. Dank der Initiative der Frau Baurat Höhn, einer Tochter des Geheimrats Otzen in Berlin, hat der jüngst eingeweihte Neubau des Lohmann’schen Töchterinstituts eine künstlerische Ausstattung erhalten, die in jeder Hinsicht dazu angethan ist, die künstlerische Sinnesbildung der Mädchen im günstigsten Sinne zu beeinflussen. Schon die Front des Gebäudes mit seinem gelblichen Rauhverputz, den glatten weissen Fensterumrahmungen und den roten Fensterkreuzen ist von wohlthuender Frische und einen freundlichen Anstrich hat auch das Treppenhaus, von dessen hellen Wänden sich das blaue und rote Gitterwerk wirkungsvoll abhebt. Von Epheu umrankt begrüsst den Eintretenden Michelangelo’s Florentiner Madonnenrundrelief, während an den Wänden des Treppenhauses und der oberen Podeste eingerahmt die grossen Künstlersteinzeichnungen prangen. Sinnige Sprüche, geschmackvoll mit Behrensschrift geschrieben, sind hier wie in den einzelnen Klassen auf die Wände gemalt. Rot ist das Holzwerk der Korridore, während es in den Klassen bei gelblichem Anstrich der Wände kräftig blau gehalten ist. Geschmackvoll verteilt, meist in dreiteiligen Rahmen vereinigt, erscheinen an den Klassenwänden Holzschnitte von Dürer und Richter und andere Werke deutscher Kunst, darunter Uhde’s »Lasset die Kindlein zu mir kommen«. Dazwischen steht in jeder Klasse auf rotgebeiztem Wandbrett ein grünglasierter grosser Krug, den jede Woche die Ordnungsaufseherin mit einem zeitgemässen Blumen- und Pflanzenschmuck zu füllen hat. Die Mittel dazu erhalten die Kinder aus einem besonderen, für diesen Zweck angelegten Fonds. Die Klassen machen durchweg einen harmonischen Eindruck. Er wird von den Schülerinnen auf das wohlthuendste empfunden und sicherlich noch lange nachwirken, wenn die Schule schon längst ausser Sicht ist.
PAUL JOHANNES RÉE.
DÜSSELDORFER BRIEF
Es ist still hier. Unsere Stadt, bis vor wenig Wochen der Tummelplatz Europas, ist wieder in ihr stilles Residenzstadtleben zurückgetreten, und die Wogen der aufgeregten See haben sich geglättet.
Beschauliche Ruhe und Sammlung sind willkommen, hatte doch ein jeder sich mannigfachen Besuchs zu erfreuen, und diente doch die Stadt als glänzendes Vorbild der Gastfreundschaft.
Der Beschluss, im Jahre 1904 eine grosse deutsche Kunstausstellung mit Hinzuziehung des »Auslandes« zu machen, ist gefasst. Ob Düsseldorf so weit gefestigt ist, dass es den Fehler Münchens vermeiden, d. h. den Lockungen fremder Kunst widerstehen, von ihr lernen, aber sich nicht unterkriegen lassen wird, muss sich zeigen.
Nach Bierphilisterart hierüber maulfechten, ist Luxus.
Sehen wir dem Kommenden entgegen und hoffen und arbeiten wir.
Es ist still auch in den Ausstellungen. Die Bilder aus den Schwesterkunststädten, die bei Schulte auftauchen, zu schildern, wäre müssig, da sie Ihnen von Berlin bekannt sein werden. Ausser Schmurr, einem hiesigen Akademiker, der seinem ganzen Ton, der vornehmen Auffassung nach ein Schüler von Klaus Meyer zu sein scheint, ist nichts Aufregendes dort. Und auch hier, bei einem Meisterschüler, müssen wir abwarten, wie er sich entwickelt, wenn er auf eigenen Füssen steht. Das andere ist bis dahin nicht zu übersehen.
In der städtischen Galerie ist man mit vielem Bemühen dabei, auf der Wand alle möglichen Nuancen von Ochsenblutfarbe zu probieren. Schade darum: diese Mischung von Ochsenblut und Osterei, vielleicht noch stumpfer, wird den teilweise sehr guten Bildern, die neu hinzugekommen sind, nicht angenehmer zu Gesichte stehen, als den uns bekannten.
Warum nicht den hellen, molligen Ton von Berlin, Bellevuestrasse Nr. 3, oder den warmen roten Ton bei Schulte? Hier flutet dem Eintretenden warmes wohliges Licht entgegen, hüllt ihn ein in Feststimmung. Dort versäuft die Wand und die Bilder mit ihr. Da giebt’s gar keine Rettung.
Dieser Fehler ist fast so schlimm als der, den man unten in der »permanenten Ausstellung« gemacht hat. Als Rampe farbiger Marmor von einer Süsse des Tones, einer Körperlosigkeit, einer Poliertheit, die jeden Glanzstiefel widerspiegelt, dass man meinen sollte, ein ganz geheimer, aber sehr bösartiger Feind der Düsseldorfer Kunst habe hier bei der Auswahl den Ausschlag gegeben. Jede eben oberflächlich übergebeizte Bretterwand wäre hiergegen bei weitem vorzuziehen. Als Hintergrund für Würste und Schwartenmagen in einem unserer vornehmen Metzgerläden, Döring, Theegarten u. s. w., sehen wir diesen Ton gerne, überall, nur nicht da, wo ein möglichst indifferenter, undurchsichtiger Ton am Platze wäre.
Düsseldorf ist als ausstellende Kunststadt noch ein Emporkömmling, tappt noch oft daneben. Auch das wird sich geben. Es wird lernen, schneller als manche glauben. Es wird es fertig bringen, weil es hier noch eine frische, junge, nicht beachtete und noch nicht allen möglichen Stilen und Vorbildern nachjagende Kunst giebt. Diese wird gute Bilder malen, und das andere, das Ausstellungen Inscenieren, wird dann Kinderspiel sein.
D. u. r. c. h. AGNES DÜRERIN UND IHRE STIPENDIEN
STIFTUNG
Von Albert Gümbel, Nürnberg
Seit Thausing in seinem Aufsatz: Dürer’s Hausfrau, ein kritischer Beitrag zur Biographie des Künstlers in der »Zeitschrift für bildende Kunst« Band IV, 1869, und dann in seiner berühmten Lebensbeschreibung Dürer’s (Bd. I, 2. Aufl. pag. 131 ff.) in dem Kapitel »Heirat und Hausstand« Frau Agnes gegen die gehässigen Vorwürfe Willibald Pirkheimer’s in dem vielberufenen Konzept eines Briefes an den Wiener Baumeister Tscherte!) verteidigt hat und uns an Stelle
1) Lochner, der den Brief aus dem Originalkonzept auf der Nürnberger Stadtbibliothek abdruckt (Repert. für Kunstwissenschaft, Bd. 2 (1879), Seite 35, schliesst sich Thausing’s Ausführungen vollständig an, indem er bemerkt, dass »man vom Geist des Widerspruchs in höchster Potenz erfüllt sein muss, um sich seinen (Thausing’s) Beweisen noch zu