dass Camerarius, einer der eifrigsten Teilnehmer des von Müllner ins Leben gerufenen wissenschaftlichen Kränzchens, mit Dürer eng befreundet war, ist bekannt. So ergiebt sich mühelos eine Verbindung zwischen dem geistvollen Juristen und dem Dürer’schen Hause, welche auch nach dem Tode des Meisters fortdauerte. Vielleicht stand er Frau Agnes bei der Abwickelung der vielfach nach Dürer’s Hinscheiden an seine Witwe herangetretenen schwierigen Rechtsgeschäfte — z. B. dem Vorgehen gegen unberechtigten Nachdruck Dürer’scher Werke und Stiche — gleich Camerarius, von dem dies hinreichend bezeugt ist — als Berater zur Seite. Oder sollten etwa er und seine Ehefrau Jene »fremden Hauswirte« sein, bei welchen nach dem Berichte Dr. Christoph Scheurl’s Frau Agnes am 28. Dezember 1539 verschied1).
Aber wie dem auch sein mag und ob neue, urkundliche Zeugnisse hierüber zum Vorschein kommen mögen, die eine, unseres Erachtens wichtigste Thatsache steht schon aus jenem Testamentsfragment fest, dass zwischen einem Manne, der sich der grössten Wertschätzung seitens seiner Zeitgenossen erfreute1) und Dürer’s Ehefrau eine Verbindung bestand, welche letztere zur Beurkundung herzlicher Dankbarkeit angesichts des Todes veranlasste; nach unserer Ansicht ergänzt dieser Zug in bester Weise das freundliche Bild, welches Thaiising uns von der Lebensgefährtin eines der grössten deutschen Männer gezeichnet hat.
Jetzt erübrigt noch die Erörterung eines Punktes, wie sich nämlich der oben erwähnte, in den Schelmischen Aufzeichnungen vom Jahre 1542 zu findende Todestag der Wittwe Dürer’s (28. Dezember 1539) mit dem Datum unseres Testamentfragmentes »Act. Dinstag nach dem h. Christag Im 1540 jar«, verträgt. Die scheinbare Schwierigkeit der verschiedenen Jahreszahlen verschwindet sogleich, wenn wir uns erinnern, dass man im Nürnberg jener Zeit das neue Jahr nicht mit dem ersten Januar, sondern mit dem 25. Dezember begann. Obiges Datum des Testamentes ist also der 30. Dezember 1539. Die Schwierigkeiten liegen in der Vereinigung der Tagesangaben. Um hier den richtigen Gesichtspunkt zu gewinnen, möge es gestattet sein, etwas näher auf die Formalitäten einzugehen, unter welchen damals ein rechtskräftiges Testament zu stände kam. Einschlägig sind hier die Bestimmungen des Nürnberger Stadtrechts, der sogenannten Reformation vom Jahre 1522, welche vorschrieb, dass das Testament vor zwei Genannten des grösseren Rates3) errichtet werden müsse, welche es sofort zu schliessen und vermittelst Aufdrückung ihres Genanntensiegels unter Beifügung ihrer Namen zu beglaubigen hatten. Dann nahm es einer derselben in Ver
1) Thausing, I, pag. 154.
2) Vgl. Heerwagen a. a. O.
3) Das Kollegium der »Genannten« war ein Ausschuss der Nürnberger Bürgerschaft, dessen Mitglieder der Rat ernannte. Nur bei ganz besonders wichtigen Angelegenheiten wurde er zur Beratung zusamnienberufen, eine bedeutsame Rolle spielte er auch bei der alljährlichen österlichen Ratswahl. Auch der Licentiat Müllner war seit 1527 Genannter des grösseren Rates.
Währung und brachte es nach dem Tode des Erblassers in die Ratskanzlei, wo es auf Pergament überschrieben und mit dem Stadtsiegel versehen wurde. Die Formel lautete hierbei: Wir Bürgermeister und Rat u.s. w. bekennen, dass uns die unten Bezeichneten, unsere Bürger, ein Testament, das vor ihnen, als Genannten, erzeugt worden ist, auf heut Dato verschlossen und versiegelt übergeben haben nachstehenden Inhalts ... Es folgte sodann der Wortlaut des Testamentes mit Angabe des Datums der Errichtung (Actum den . . .), die Namen der Zeugen, endlich der Vermerk der Besiegelung mit dem Stadtsiegel und das Datum dieser Besiegelung (Geben u. s. w.). Es entsteht nun die Frage, ob sich jenes Datum des 30. Dezember 153g auf den Tag der Testamentserrichtung oder den Tag der Besiegelung bezieht, beziehungsweise ob Scheurl’s Angabe des Todestages einer Korrektur bedarf. Nach dem oben über die verschiedenen Formeln gesagten, mit welchen einerseits das Datum der Errichtung (mit Actum), andererseits das Datum der Besiegelung (mit »Geben«) eingeleitet wird (und dies gilt ausnahmslos für die zahlreichen im K. Kreisarchive Nürnberg verwahrten Testamente jener Zeit) müsste unbedingt das erstere angenommen werden, da das Datum unseres Fragmentes mit »Actum« beginnt; es hätte also Dürer’s Witwe den 30. Dezember noch erlebt. Nun haben wir aber leider nicht das Original des auf Pergament ingrossierten und mit dem Stadtsiegel versehenen Testamentes vor uns, sondern nur einen für Verwaltungszwecke der Losungsstube gefertigten Auszug. Diesem hat dann der Abschreiber noch die orientierende Notiz beigefügt: Söllich der Dürerin Testament ist nach dem form vnndter gemainer Stat Nurmberg anhanngender Insigel ausgangen. Act. u. s. w. Es erscheint sehr fraglich, ob ihm bei Niederschrift der letzteren Formel der oben gekennzeichnete Unterschied gegenwärtig war, nach dem Wortlaut ist wohl kaum etwas anderes anzunehmen, als dass er das Datum der Besiegelung in der Losungsstube im Auge hatte. Diese Formel lag ihm um so näher, als alle Datumsangaben in jenem Ewiggeltbuche mit »Actum« eingeführt werden. Die Raschheit der Ausfertigung (wenn wir an dem Scheurl’schen Datum festhalten) spricht an und für sich nicht dagegen. Zum Beispiel können wir das Gleiche, allerdings in etwas späterer Zeit beim Tode Christoph Pessler’s des Älteren beobachten. Dieser starb am 5. oder 6. Juli 1581, am 7. gleichen Monats wurde er begraben, schon unter dem 8. Juli wird das Testament in der Ratskanzlei abgeschrieben und besiegelt. In anderen Fällen sehen wir drei bis acht Tage zwischen dem Termin des Ablebens und der offiziellen Ausfertigung des letzten Willens verstrichen. Völlige Gewissheit könnte uns freilich nur eine urkundliche Aufzeichnung, beziehungweise die Auffindung des Testamentes selbst ) geben.
1) Hierzu dürfte freilich wenig Hoffnung sein; die alten Nürnberger Testamente des 16. Jahrhunderts, welche nach der oben geschilderten Beglaubigung durch das Losungsamt ihren endgültigen Platz in der Registratur des Vormundamtes fanden, werden schon 1859 als fehlend bezeichnet. Ein unersetzlicher Verlust für die Nürnberger
Aber wie dem auch sein mag und ob neue, urkundliche Zeugnisse hierüber zum Vorschein kommen mögen, die eine, unseres Erachtens wichtigste Thatsache steht schon aus jenem Testamentsfragment fest, dass zwischen einem Manne, der sich der grössten Wertschätzung seitens seiner Zeitgenossen erfreute1) und Dürer’s Ehefrau eine Verbindung bestand, welche letztere zur Beurkundung herzlicher Dankbarkeit angesichts des Todes veranlasste; nach unserer Ansicht ergänzt dieser Zug in bester Weise das freundliche Bild, welches Thaiising uns von der Lebensgefährtin eines der grössten deutschen Männer gezeichnet hat.
Jetzt erübrigt noch die Erörterung eines Punktes, wie sich nämlich der oben erwähnte, in den Schelmischen Aufzeichnungen vom Jahre 1542 zu findende Todestag der Wittwe Dürer’s (28. Dezember 1539) mit dem Datum unseres Testamentfragmentes »Act. Dinstag nach dem h. Christag Im 1540 jar«, verträgt. Die scheinbare Schwierigkeit der verschiedenen Jahreszahlen verschwindet sogleich, wenn wir uns erinnern, dass man im Nürnberg jener Zeit das neue Jahr nicht mit dem ersten Januar, sondern mit dem 25. Dezember begann. Obiges Datum des Testamentes ist also der 30. Dezember 1539. Die Schwierigkeiten liegen in der Vereinigung der Tagesangaben. Um hier den richtigen Gesichtspunkt zu gewinnen, möge es gestattet sein, etwas näher auf die Formalitäten einzugehen, unter welchen damals ein rechtskräftiges Testament zu stände kam. Einschlägig sind hier die Bestimmungen des Nürnberger Stadtrechts, der sogenannten Reformation vom Jahre 1522, welche vorschrieb, dass das Testament vor zwei Genannten des grösseren Rates3) errichtet werden müsse, welche es sofort zu schliessen und vermittelst Aufdrückung ihres Genanntensiegels unter Beifügung ihrer Namen zu beglaubigen hatten. Dann nahm es einer derselben in Ver
1) Thausing, I, pag. 154.
2) Vgl. Heerwagen a. a. O.
3) Das Kollegium der »Genannten« war ein Ausschuss der Nürnberger Bürgerschaft, dessen Mitglieder der Rat ernannte. Nur bei ganz besonders wichtigen Angelegenheiten wurde er zur Beratung zusamnienberufen, eine bedeutsame Rolle spielte er auch bei der alljährlichen österlichen Ratswahl. Auch der Licentiat Müllner war seit 1527 Genannter des grösseren Rates.
Währung und brachte es nach dem Tode des Erblassers in die Ratskanzlei, wo es auf Pergament überschrieben und mit dem Stadtsiegel versehen wurde. Die Formel lautete hierbei: Wir Bürgermeister und Rat u.s. w. bekennen, dass uns die unten Bezeichneten, unsere Bürger, ein Testament, das vor ihnen, als Genannten, erzeugt worden ist, auf heut Dato verschlossen und versiegelt übergeben haben nachstehenden Inhalts ... Es folgte sodann der Wortlaut des Testamentes mit Angabe des Datums der Errichtung (Actum den . . .), die Namen der Zeugen, endlich der Vermerk der Besiegelung mit dem Stadtsiegel und das Datum dieser Besiegelung (Geben u. s. w.). Es entsteht nun die Frage, ob sich jenes Datum des 30. Dezember 153g auf den Tag der Testamentserrichtung oder den Tag der Besiegelung bezieht, beziehungsweise ob Scheurl’s Angabe des Todestages einer Korrektur bedarf. Nach dem oben über die verschiedenen Formeln gesagten, mit welchen einerseits das Datum der Errichtung (mit Actum), andererseits das Datum der Besiegelung (mit »Geben«) eingeleitet wird (und dies gilt ausnahmslos für die zahlreichen im K. Kreisarchive Nürnberg verwahrten Testamente jener Zeit) müsste unbedingt das erstere angenommen werden, da das Datum unseres Fragmentes mit »Actum« beginnt; es hätte also Dürer’s Witwe den 30. Dezember noch erlebt. Nun haben wir aber leider nicht das Original des auf Pergament ingrossierten und mit dem Stadtsiegel versehenen Testamentes vor uns, sondern nur einen für Verwaltungszwecke der Losungsstube gefertigten Auszug. Diesem hat dann der Abschreiber noch die orientierende Notiz beigefügt: Söllich der Dürerin Testament ist nach dem form vnndter gemainer Stat Nurmberg anhanngender Insigel ausgangen. Act. u. s. w. Es erscheint sehr fraglich, ob ihm bei Niederschrift der letzteren Formel der oben gekennzeichnete Unterschied gegenwärtig war, nach dem Wortlaut ist wohl kaum etwas anderes anzunehmen, als dass er das Datum der Besiegelung in der Losungsstube im Auge hatte. Diese Formel lag ihm um so näher, als alle Datumsangaben in jenem Ewiggeltbuche mit »Actum« eingeführt werden. Die Raschheit der Ausfertigung (wenn wir an dem Scheurl’schen Datum festhalten) spricht an und für sich nicht dagegen. Zum Beispiel können wir das Gleiche, allerdings in etwas späterer Zeit beim Tode Christoph Pessler’s des Älteren beobachten. Dieser starb am 5. oder 6. Juli 1581, am 7. gleichen Monats wurde er begraben, schon unter dem 8. Juli wird das Testament in der Ratskanzlei abgeschrieben und besiegelt. In anderen Fällen sehen wir drei bis acht Tage zwischen dem Termin des Ablebens und der offiziellen Ausfertigung des letzten Willens verstrichen. Völlige Gewissheit könnte uns freilich nur eine urkundliche Aufzeichnung, beziehungweise die Auffindung des Testamentes selbst ) geben.
1) Hierzu dürfte freilich wenig Hoffnung sein; die alten Nürnberger Testamente des 16. Jahrhunderts, welche nach der oben geschilderten Beglaubigung durch das Losungsamt ihren endgültigen Platz in der Registratur des Vormundamtes fanden, werden schon 1859 als fehlend bezeichnet. Ein unersetzlicher Verlust für die Nürnberger