KUNSTCHRONIK WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE
Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig, Querstr. 13 Neue Folge. XIV. Jahrgang 1902/1903
Nr. 11. 2. Januar
Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur »Zeitschrift für bildende Kunst« und zum »Kunstgewerbeblatt« monatlich dreimal, in den Sommermonaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der »Zeitschrift für bildende Kunst« erhalten die Kunstchronik kostenfrei. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E. A. Seemann, Leipzig, Querstrasse 13. Anzeigen 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen ausser der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Rud. Mosse u. s. w. an.
AUSSTELLUNG VON FÜRSTENBERGER POR ZELLAN AUS PRIVATBESITZ IM HERZOG
LICHEN MUSEUM ZU BRAUNSCHWEIG
Das herzogliche Museum birgt seit Mitte November eine Ausstellung von Fürstenberger Porzellan aus hiesigem Privatbesitz, die im Zusammenhänge mit der im Museum bereits vorhandenen Sammlung eine ziemlich vollständige Übersicht der Entwickelung und Leistungen der Fabrik gewährt. Herr Museumsdirektor P. J. Meier und der Vorstand der kunstgewerblichen Abteilung Professor Chr. Scherer haben alles gethan, um das an solche Unternehmungen nicht gewöhnte Publikum Braunschweigs dafür zu interessieren und in der That kann schon jetzt ein vollständiger Erfolg mit Genugthuung festgestellt werden. Die Beschickung war dankenswerter Weise aus allen Kreisen sehr rege, der Besuch der Ausstellung ausserordentlich lebhaft, wozu Liebhaber und Aussteller, jeder auf seine Weise, beitrugen. Professor Scherer hat die Gegenstände, so weit als möglich, nach ihrer zeitlichen Folge aufgestellt und die von derselben Hand ausgestatteten Stücke möglichst auch zusammen gruppiert, wobei er schon jetzt die wissenschaftliche Forschung mit manchen neuen Ergebnissen bereichern konnte, die ihm sehr zu statten kommen werden für seine geplante Arbeit über das Fürstenberger Porzellan, der notwendigen Ergänzung von Stegmann’s Buche, das so meisterhaft die innere Geschichte der Fabrik darstellt.
Im Vergleiche zu dem alten Bestände des Museums lässt die Ausstellung freilich einen gewissen Mangel an Prachtstücken, zumal Figuren, erkennen. Und umgekehrt besitzt das Museum verhältnismässig wenig Geschirr, so dass der Zuwachs ein sehr wünschenswerter ist, gerade gegenwärtig, wo wieder mit Recht ein so entschiedener Accent auf die künstlerische Bildung des Gebrauchsgerätes gelegt wird. Unsere Ausstellung führt es vor in einer ununterbrochenen Übersicht vom Beginne der Fabrik bis zu ihrem Aufhören als Staatsanstalt 1859.
Die ausgestellten ältesten Erzeugnisse haben eine körnige, unplastische und schwere Masse, deren leicht schmutzige Färbung auch durch die schlecht fliessende Glasur noch durchscheint. Blasen und Rauchspuren sind ferner ein Zeichen der technischen Unvoll
kommenheit. Charakteristische Stücke davon sind: ein Teller mit Tierstück in Relief nach Art der Waren von Capo di Monte, andere von ähnlich weichem, fettigem Aussehen mit Blumenmalerei in gedämpften Farben; heller in der Färbung und zierlicher, modischer in der Form ist ein Rokokoleuchter, der auch im Berliner Kunstgewerbemuseum mit mehreren Armen vorkommt. — Erst mit dem Beginne der sechziger Jahre des 18. Jahrhunderts tritt die Fabrik augenscheinlich aus dem Stadium der Versuche heraus. Zwei Teller, ganz überzogen mit Rocaillereliefs und bemalt von G. H. Holtzmann in Watteau’s Art, um 1765, sind vollkommene Leistungen; nach der Familienüberlieferung stammen sie aus dem Schlosse Salzdahlum. Eine ebenfalls sehr scharfe Pressung der gewundenen Riefelung zeigen drei zusammengehörige Stücke, eine Kanne, ein Kännchen und eine Dose mit reicher Blumenmalerei in tiefen, satten Farben. Eine grosse Terrine hat eine verwandte Riefelung in Felder, mit zartem Reliefrahmenwerk und feiner Blumenmalerei, zu denen die breite und stämmige Form in einem seltsamen Gegensätze steht. Zu den häufigen Entlehnungen Fürstenbergs von Formen anderer Fabriken gehört ein Salzfass mit kleinem Putto, nach Berliner Modell, mit alter Bemalung. Einige Stücke mit Purpurmalerei und ein Theetopf mit zartem goldenen Behangdekor, mögen hier ebenfalls noch unter den Stücken der älteren Zeit erwähnt werden.
Nach 1770 mässigt sich das Rocaille, das Relief tritt zurück, die weissen Flächen werden mit sehr farbigen Blumensträussen, Vögeln und Landschaften mit Schäferscenen bemalt. In diese Zeit gehört eine häufige, schöne Vasenform, breit mit hohem Deckel, fast ohne Hals, an dem bauchigen Leibe zwei aus einem Rokokoschnörkel gebildete Griffknäufe. Sie ist in mannigfacher Bemalung, auch noch in der Dekoration Louis’ XVI., vertreten. Unter den Figuren dieser Zeit sind neben Minderwertigem zu nennen die beiden Gruppen der Eierverkäuferin und des Geflügelhändlers, ferner der kleine Chinese und sein Gegenstück, alle bemalt, und eine kleine weisse Folge der Jahreszeiten, Modelle, die auch grösser Vorkommen.
Unter den Büsten sind zwei Porträts von Prinzen und eines einer braunschweigischen Prinzessin besonders sauber ausgeführt. Die grosse Büste des
Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig, Querstr. 13 Neue Folge. XIV. Jahrgang 1902/1903
Nr. 11. 2. Januar
Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur »Zeitschrift für bildende Kunst« und zum »Kunstgewerbeblatt« monatlich dreimal, in den Sommermonaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der »Zeitschrift für bildende Kunst« erhalten die Kunstchronik kostenfrei. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E. A. Seemann, Leipzig, Querstrasse 13. Anzeigen 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen ausser der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Rud. Mosse u. s. w. an.
AUSSTELLUNG VON FÜRSTENBERGER POR ZELLAN AUS PRIVATBESITZ IM HERZOG
LICHEN MUSEUM ZU BRAUNSCHWEIG
Das herzogliche Museum birgt seit Mitte November eine Ausstellung von Fürstenberger Porzellan aus hiesigem Privatbesitz, die im Zusammenhänge mit der im Museum bereits vorhandenen Sammlung eine ziemlich vollständige Übersicht der Entwickelung und Leistungen der Fabrik gewährt. Herr Museumsdirektor P. J. Meier und der Vorstand der kunstgewerblichen Abteilung Professor Chr. Scherer haben alles gethan, um das an solche Unternehmungen nicht gewöhnte Publikum Braunschweigs dafür zu interessieren und in der That kann schon jetzt ein vollständiger Erfolg mit Genugthuung festgestellt werden. Die Beschickung war dankenswerter Weise aus allen Kreisen sehr rege, der Besuch der Ausstellung ausserordentlich lebhaft, wozu Liebhaber und Aussteller, jeder auf seine Weise, beitrugen. Professor Scherer hat die Gegenstände, so weit als möglich, nach ihrer zeitlichen Folge aufgestellt und die von derselben Hand ausgestatteten Stücke möglichst auch zusammen gruppiert, wobei er schon jetzt die wissenschaftliche Forschung mit manchen neuen Ergebnissen bereichern konnte, die ihm sehr zu statten kommen werden für seine geplante Arbeit über das Fürstenberger Porzellan, der notwendigen Ergänzung von Stegmann’s Buche, das so meisterhaft die innere Geschichte der Fabrik darstellt.
Im Vergleiche zu dem alten Bestände des Museums lässt die Ausstellung freilich einen gewissen Mangel an Prachtstücken, zumal Figuren, erkennen. Und umgekehrt besitzt das Museum verhältnismässig wenig Geschirr, so dass der Zuwachs ein sehr wünschenswerter ist, gerade gegenwärtig, wo wieder mit Recht ein so entschiedener Accent auf die künstlerische Bildung des Gebrauchsgerätes gelegt wird. Unsere Ausstellung führt es vor in einer ununterbrochenen Übersicht vom Beginne der Fabrik bis zu ihrem Aufhören als Staatsanstalt 1859.
Die ausgestellten ältesten Erzeugnisse haben eine körnige, unplastische und schwere Masse, deren leicht schmutzige Färbung auch durch die schlecht fliessende Glasur noch durchscheint. Blasen und Rauchspuren sind ferner ein Zeichen der technischen Unvoll
kommenheit. Charakteristische Stücke davon sind: ein Teller mit Tierstück in Relief nach Art der Waren von Capo di Monte, andere von ähnlich weichem, fettigem Aussehen mit Blumenmalerei in gedämpften Farben; heller in der Färbung und zierlicher, modischer in der Form ist ein Rokokoleuchter, der auch im Berliner Kunstgewerbemuseum mit mehreren Armen vorkommt. — Erst mit dem Beginne der sechziger Jahre des 18. Jahrhunderts tritt die Fabrik augenscheinlich aus dem Stadium der Versuche heraus. Zwei Teller, ganz überzogen mit Rocaillereliefs und bemalt von G. H. Holtzmann in Watteau’s Art, um 1765, sind vollkommene Leistungen; nach der Familienüberlieferung stammen sie aus dem Schlosse Salzdahlum. Eine ebenfalls sehr scharfe Pressung der gewundenen Riefelung zeigen drei zusammengehörige Stücke, eine Kanne, ein Kännchen und eine Dose mit reicher Blumenmalerei in tiefen, satten Farben. Eine grosse Terrine hat eine verwandte Riefelung in Felder, mit zartem Reliefrahmenwerk und feiner Blumenmalerei, zu denen die breite und stämmige Form in einem seltsamen Gegensätze steht. Zu den häufigen Entlehnungen Fürstenbergs von Formen anderer Fabriken gehört ein Salzfass mit kleinem Putto, nach Berliner Modell, mit alter Bemalung. Einige Stücke mit Purpurmalerei und ein Theetopf mit zartem goldenen Behangdekor, mögen hier ebenfalls noch unter den Stücken der älteren Zeit erwähnt werden.
Nach 1770 mässigt sich das Rocaille, das Relief tritt zurück, die weissen Flächen werden mit sehr farbigen Blumensträussen, Vögeln und Landschaften mit Schäferscenen bemalt. In diese Zeit gehört eine häufige, schöne Vasenform, breit mit hohem Deckel, fast ohne Hals, an dem bauchigen Leibe zwei aus einem Rokokoschnörkel gebildete Griffknäufe. Sie ist in mannigfacher Bemalung, auch noch in der Dekoration Louis’ XVI., vertreten. Unter den Figuren dieser Zeit sind neben Minderwertigem zu nennen die beiden Gruppen der Eierverkäuferin und des Geflügelhändlers, ferner der kleine Chinese und sein Gegenstück, alle bemalt, und eine kleine weisse Folge der Jahreszeiten, Modelle, die auch grösser Vorkommen.
Unter den Büsten sind zwei Porträts von Prinzen und eines einer braunschweigischen Prinzessin besonders sauber ausgeführt. Die grosse Büste des