mansmuseum in Rotterdam erwarb den kleinen Kopf einer alten Frau für 2350 G. und einen van Goyen, Ansicht des Haarlemermeers, für 1025 G., eine andere Landschaft desselben Meisters ging für 3750 G. weg, während für Rechnung des Reichsmuseums in Amsterdam drei Paneele eines vlämischen Meisters aus dem Ende des 15. Jahrhaunderts, Salomo’s Götzendienst vorstellend, für 5900 G. angekauft wurden. Das Innere eines Bauernhauses von A. van Ostade ging für 800, Pot, Porträt eines polnischen Edelmanns, für 1225, van Ravesteyn, Porträt, für 2900, S. van Ruysdael, Landschaft, für 1250, E. van Tilborgh, Hochzeitsmahl, für 1800 und eine Landschaft von J. Wynants für 2200 Gulden fort.
VERMISCHTES
Nochmals die sogenannte himmlische und irdische Liebe, ln der »Kunstchronik vom 27. November Spalte 117/118 giebt E. St. einen Auszug aus dem Aufsatze von L. M. Palmarini in der »Nuova Antologia« vom August »Amore sacro e profand 0 la fonte di Ardenna«, worin der berühmte Borghese-Tizian eine neue allegorische Erklärung erfährt, und nimmt sie auch an: »und somit scheint endlich die viel gesuchte Erklärung eines der herrlichsten Bilder Tizian’s gefunden zu sein«. — Mit nichten! Ich habe geglaubt, dass, seitdem Franz Wickhoff im Jahrbuch der preussischen Kunstsammlungen XVI, p. 41 ff. die sogenannte himmlische und irdische Liebe als eine mythologische Illustration hingestellt hatte und zwar als »Venus überredet Medea zur Flucht mit Jason« nach (Valerius Flaccus’ Argonautica VII, 194—406), diese Deutung feststeht und man die Allegorie aus dieser Periode Tizianischen Schaffens endgültig verbannt, in der der Meister Venusfest und Bacchanal (Madrid) und Bacchus und Ariadne (London) nach den Amores des Philostrat, nach den Andriern des gleichen antiken Schriftstellers und nach dem Epithalamium des Peleus und der Thetis des Katull gemalt hat. Diese Wickhoff’sche Erklärung (siehe auch denselben, Jahrbuch der preussischen Kunstsammlungen 1902, p. 118) hat der ausgezeichnete englische Tizianforscher Claude Philipps in zwei Aufsätzen des Portfolio (The earlier work of Titian 1897, p. 38 und The later work of Titian 1898, p. 8 und 29) als durchaus sicher angenommen, »We may be grateful Mr. Wickhoff for his new interpretation«, sagt er; und in dem von Lionel Cust, dem Direktor von Windsor Gallery, 1902 herausgegebenen Van Dyck’schen italienischen Skizzenbuch, in dem die Borghese’sche Tafel auch figuriert, ist sie einfach als »Venus und Medea« (früher amore profano e sacro) bezeichnet. Dass ein Allegoriensucher immer weiter auf künstlichen Deutungen besteht, ist ja begreiflich; aber dass der treffliche Historiker der Sistina sich ohne Prüfung der deutschen und englischen neuesten Tizianforschung davon überzeugen lassen will, erstaunte mich. — Zu Wickhoff’s Deduktionen ist nun noch ein unabweisbares Moment für die Wickhoff’sche Deutung gekommen, das ich leider nur aus dem Gedächtnis nach einer kurzen Aufzeichnung wiedergeben kann, da ich mir nur kurz das Faktum und nicht meine Quelle notiert habe. Im Jahre 1899 oder 1900 habe ich irgendwo, vermutlich in einer englischen Zeitschrift, gelesen, dass eine Pariser Ausgabe des Valerius Flaccus aus der Mitte des 16. Jahrhunderts, also aus der Zeit, in welcher Tizian noch lebte, als Titelkupfer das Tizian’sche Bild aus dem Palazzo Borghese trug. Trotz einer Anfrage in den »Notes and Queries«, trotz der Bemühungen Sah Reinach’s in Paris, die Ausgabe des Val. Flaccus ausfindig zu machen, ist es mir nicht gelungen herauszubringen, wo ich diesen sicheren Beweis — was kann die Deutung auf Venus und Medea mehr sichern, als wenn das Bild als Titelblatt zu der Ge
schichte der Medea in den Argonautica figuriert? — gelesen habe. Es war noch dazu erklärt, wann und auf welche Weise die erste Abbildung des Tizian’schen Gemäldes nach Frankreich gekommen sei. Vielleicht kann irgend ein Leser der »Kunstchronik« mir dazu verhelfen, diese Notiz wieder ausfindig zu machen, damit die allegorischen Erklärungen endgültig begraben werden können.
Aber auch einiges in den Deduktionen Palmarini’s verlangt darnach direkt zurückgewiesen zu werden. Eine Ardennenlandschaft soll Tizian nach Bojardo’s Schilderung hier gemalt haben: es ist aber doch die gleiche norditalienische, wie sie auf noch anderen Tizian’schen Gemälden, den drei Lebensaltern, dem Noli me Tangere, zu sehen ist. Und es ist die gleiche Landschaft, welche auf dem Dresdner Giorgione von Tizian selbst gemalt worden ist. Der »Anonimo« von 1525, der die Dresdner Venus des Giorgione im Hause des Jeronimo Marcello in Venedig sah, fügt dabei hinzu: lo paese e cupidine furono finiti da Tiziano. Bei dieser giorgionesken Frühlandschaft hat wahrhaftig Tizian nicht nach Versen des Bojardo oder Ariost gearbeitet. — Gewiss spielt die »Informazione« eine Rolle in den Bildern, welche Tizian für das Studio des Herzogs Alfonso d’Este, im Kastell von Ferrara zwischen 1518 und 1522 gemalt hat; aber, wie Philipps im Portfolio 1897, p. 70 schreibt: »Trotz der Bekanntschaft mit Ariost, dessen Orlando furioso in der ersten Ausgabe gleichzeitig mit Tizian’s erstem Besuch in Ferrara erscheint, sind Alfonso’s Bestellungen in erster Linie »nach der Antike«, und auch die Freundschaft zwischen Dichter und Maler war damals mehr präsumiert als sie wirklich existierte«. — Und nun »die beiden Frauen sollen dieselben Züge tragen«; Palmarini erkennt die Geliebte und spätere Gemahlin des Alphonso d’Este von Ferrara, Laura Dianti, wie ihre Lippen noch nicht das gefährliche, Liebe entflammende Wasser der Ardennenquelle getrunken haben und dann dieselbe unbekleidet noch einmal, bereit Liebe zu geben und zu empfangen, nach dem Trunk. — Woher weiss denn Herr Palmarini, wie Laura de’ Dianti auf einem Tizian’schen Bilde ausgesehen hat? Doch nur vom Pariser Tizian, der die Bezeichnung trägt »Alfonso v. Ferrara und Laura de’ Dianti«! Aber Karl Justi hat doch schon 1894 im Jahrbuch der preussischen Kunstsammlungen »Tizian und Alfons v. Este« schlagend nachgewiesen, dass das sonst solchen naseweisen Neubenennungen gegenüber in seiner konservativen Würde so unerschütterliche Louvre mit seiner Taufe hereingefallen ist. Der »finstere Kanonier Alphonso« kann es nicht sein, der auf dem Louvrebild der angeblichen schönen Laura bei der Toilette hilft. Alphonso war bereits 44, als seine erste Gattin Lucrezia starb, ein Fünfziger, als ihm Laura den ersten Sohn gebar. Man hat wegen der Ähnlichkeit mit einem Madrider, für Alphonso angesehenen, Porträt geglaubt, dass auch in Paris Alphonso hänge; aber in Madrid ist Alphonso’s Sohn, Ercole II., von Tizian’s Hand gemalt zu sehen, wie Justi nachweist. Somit müsste das Pariser Bild zum mindesten Ercole II. mit seiner »Stiefmama« darstellen; aber es ist irgend ein vornehmer Venetianer mit seiner schönen Geliebten; einst war das Bild im Besitz Karl’s I. von England gewesen und hatte im Commonwealth Inventary als »Mistress of Titian after the life« figuriert. Ist also in Paris keine Laura de’ Dianti, so können die beiden dem Pariser Bilde ähnelnden Gestalten der Borghesetafel gewiss nicht die Geliebte Alphonso’s repräsentieren. — Warum nun immer noch in die nebelige Ferne der Allegorie schweifen, wo das Gute so nahe liegt? Wann hätte das klassische Altertum Vorbilder abgegeben, wenn nicht zwischen 1500 und 1520?
München. Dr. Max Maas.
VERMISCHTES
Nochmals die sogenannte himmlische und irdische Liebe, ln der »Kunstchronik vom 27. November Spalte 117/118 giebt E. St. einen Auszug aus dem Aufsatze von L. M. Palmarini in der »Nuova Antologia« vom August »Amore sacro e profand 0 la fonte di Ardenna«, worin der berühmte Borghese-Tizian eine neue allegorische Erklärung erfährt, und nimmt sie auch an: »und somit scheint endlich die viel gesuchte Erklärung eines der herrlichsten Bilder Tizian’s gefunden zu sein«. — Mit nichten! Ich habe geglaubt, dass, seitdem Franz Wickhoff im Jahrbuch der preussischen Kunstsammlungen XVI, p. 41 ff. die sogenannte himmlische und irdische Liebe als eine mythologische Illustration hingestellt hatte und zwar als »Venus überredet Medea zur Flucht mit Jason« nach (Valerius Flaccus’ Argonautica VII, 194—406), diese Deutung feststeht und man die Allegorie aus dieser Periode Tizianischen Schaffens endgültig verbannt, in der der Meister Venusfest und Bacchanal (Madrid) und Bacchus und Ariadne (London) nach den Amores des Philostrat, nach den Andriern des gleichen antiken Schriftstellers und nach dem Epithalamium des Peleus und der Thetis des Katull gemalt hat. Diese Wickhoff’sche Erklärung (siehe auch denselben, Jahrbuch der preussischen Kunstsammlungen 1902, p. 118) hat der ausgezeichnete englische Tizianforscher Claude Philipps in zwei Aufsätzen des Portfolio (The earlier work of Titian 1897, p. 38 und The later work of Titian 1898, p. 8 und 29) als durchaus sicher angenommen, »We may be grateful Mr. Wickhoff for his new interpretation«, sagt er; und in dem von Lionel Cust, dem Direktor von Windsor Gallery, 1902 herausgegebenen Van Dyck’schen italienischen Skizzenbuch, in dem die Borghese’sche Tafel auch figuriert, ist sie einfach als »Venus und Medea« (früher amore profano e sacro) bezeichnet. Dass ein Allegoriensucher immer weiter auf künstlichen Deutungen besteht, ist ja begreiflich; aber dass der treffliche Historiker der Sistina sich ohne Prüfung der deutschen und englischen neuesten Tizianforschung davon überzeugen lassen will, erstaunte mich. — Zu Wickhoff’s Deduktionen ist nun noch ein unabweisbares Moment für die Wickhoff’sche Deutung gekommen, das ich leider nur aus dem Gedächtnis nach einer kurzen Aufzeichnung wiedergeben kann, da ich mir nur kurz das Faktum und nicht meine Quelle notiert habe. Im Jahre 1899 oder 1900 habe ich irgendwo, vermutlich in einer englischen Zeitschrift, gelesen, dass eine Pariser Ausgabe des Valerius Flaccus aus der Mitte des 16. Jahrhunderts, also aus der Zeit, in welcher Tizian noch lebte, als Titelkupfer das Tizian’sche Bild aus dem Palazzo Borghese trug. Trotz einer Anfrage in den »Notes and Queries«, trotz der Bemühungen Sah Reinach’s in Paris, die Ausgabe des Val. Flaccus ausfindig zu machen, ist es mir nicht gelungen herauszubringen, wo ich diesen sicheren Beweis — was kann die Deutung auf Venus und Medea mehr sichern, als wenn das Bild als Titelblatt zu der Ge
schichte der Medea in den Argonautica figuriert? — gelesen habe. Es war noch dazu erklärt, wann und auf welche Weise die erste Abbildung des Tizian’schen Gemäldes nach Frankreich gekommen sei. Vielleicht kann irgend ein Leser der »Kunstchronik« mir dazu verhelfen, diese Notiz wieder ausfindig zu machen, damit die allegorischen Erklärungen endgültig begraben werden können.
Aber auch einiges in den Deduktionen Palmarini’s verlangt darnach direkt zurückgewiesen zu werden. Eine Ardennenlandschaft soll Tizian nach Bojardo’s Schilderung hier gemalt haben: es ist aber doch die gleiche norditalienische, wie sie auf noch anderen Tizian’schen Gemälden, den drei Lebensaltern, dem Noli me Tangere, zu sehen ist. Und es ist die gleiche Landschaft, welche auf dem Dresdner Giorgione von Tizian selbst gemalt worden ist. Der »Anonimo« von 1525, der die Dresdner Venus des Giorgione im Hause des Jeronimo Marcello in Venedig sah, fügt dabei hinzu: lo paese e cupidine furono finiti da Tiziano. Bei dieser giorgionesken Frühlandschaft hat wahrhaftig Tizian nicht nach Versen des Bojardo oder Ariost gearbeitet. — Gewiss spielt die »Informazione« eine Rolle in den Bildern, welche Tizian für das Studio des Herzogs Alfonso d’Este, im Kastell von Ferrara zwischen 1518 und 1522 gemalt hat; aber, wie Philipps im Portfolio 1897, p. 70 schreibt: »Trotz der Bekanntschaft mit Ariost, dessen Orlando furioso in der ersten Ausgabe gleichzeitig mit Tizian’s erstem Besuch in Ferrara erscheint, sind Alfonso’s Bestellungen in erster Linie »nach der Antike«, und auch die Freundschaft zwischen Dichter und Maler war damals mehr präsumiert als sie wirklich existierte«. — Und nun »die beiden Frauen sollen dieselben Züge tragen«; Palmarini erkennt die Geliebte und spätere Gemahlin des Alphonso d’Este von Ferrara, Laura Dianti, wie ihre Lippen noch nicht das gefährliche, Liebe entflammende Wasser der Ardennenquelle getrunken haben und dann dieselbe unbekleidet noch einmal, bereit Liebe zu geben und zu empfangen, nach dem Trunk. — Woher weiss denn Herr Palmarini, wie Laura de’ Dianti auf einem Tizian’schen Bilde ausgesehen hat? Doch nur vom Pariser Tizian, der die Bezeichnung trägt »Alfonso v. Ferrara und Laura de’ Dianti«! Aber Karl Justi hat doch schon 1894 im Jahrbuch der preussischen Kunstsammlungen »Tizian und Alfons v. Este« schlagend nachgewiesen, dass das sonst solchen naseweisen Neubenennungen gegenüber in seiner konservativen Würde so unerschütterliche Louvre mit seiner Taufe hereingefallen ist. Der »finstere Kanonier Alphonso« kann es nicht sein, der auf dem Louvrebild der angeblichen schönen Laura bei der Toilette hilft. Alphonso war bereits 44, als seine erste Gattin Lucrezia starb, ein Fünfziger, als ihm Laura den ersten Sohn gebar. Man hat wegen der Ähnlichkeit mit einem Madrider, für Alphonso angesehenen, Porträt geglaubt, dass auch in Paris Alphonso hänge; aber in Madrid ist Alphonso’s Sohn, Ercole II., von Tizian’s Hand gemalt zu sehen, wie Justi nachweist. Somit müsste das Pariser Bild zum mindesten Ercole II. mit seiner »Stiefmama« darstellen; aber es ist irgend ein vornehmer Venetianer mit seiner schönen Geliebten; einst war das Bild im Besitz Karl’s I. von England gewesen und hatte im Commonwealth Inventary als »Mistress of Titian after the life« figuriert. Ist also in Paris keine Laura de’ Dianti, so können die beiden dem Pariser Bilde ähnelnden Gestalten der Borghesetafel gewiss nicht die Geliebte Alphonso’s repräsentieren. — Warum nun immer noch in die nebelige Ferne der Allegorie schweifen, wo das Gute so nahe liegt? Wann hätte das klassische Altertum Vorbilder abgegeben, wenn nicht zwischen 1500 und 1520?
München. Dr. Max Maas.