Diesen ist diesmal mit grosser Wärme des Tones Appell gerecht geworden.
Fr. Schnitzler scheint sich mit seiner »Kartoffelernte«, die viel Ton zeigt, auf gesunde Wege begeben zu wollen. Dieser Schritt ins Freie ist mit Freuden zu begrüssen.
Von Erich Mattschas sind Bilder von Stimmung da. Die »Kameradschaft.« zeigt den bleigrauen Ton, der das fahle Licht des Morgens stets gut seinen militärischen Motiven anpasst. Die »Droschenkutscher« sind ein wohlgelungenes Aquarell.
Vom jungen Q. von Bochmann, der nun auch bereits anfängt, sein Wörtlein mitzusprechen, ist da eine Terrakottabüste, eine alte Holländerin. Vorzüglich in Form und Ausdruck.
Petersen Angeln bringt in seiner Sammlung wohl das Beste im Mittelstück, frisch und kernig: »Norwegischer Gebirgsstrom«. Besonders der Hintergrund, die Berge und die feine, ich möchte sagen »Dücker’sche Luft« sind gut.
Von letzterem Meister sehen wir im grossen Saale ein ganz wundervolles Bild. Ein Flussbecken im sanften Lichte des Sommernachmittags. Ein grösserer Kontrast wie Dücker und Dirks ist ja schlechterdings nicht zu denken, und so lange »Geister aufeinander platzen«, werden Berge nicht ausreichen, die Kluft zu überbrücken — und doch sollte man Beiden gerecht werden können. Dücker wird immer da gross und fast unerreichbar sein, wo er, wie in diesem Bilde, die ihm liegenden Motive sucht. Ruhe, Ausgeglichenheit. Und Dirks muss Sturm und Wellen haben. »Jedem das Seine.« Es giebt so viel Luft um uns her. Sie ist steuerfrei und hat Raum für die entgegengesetztesten Elemente.
Von unserem leider nun ausgerückten Jernberg sind gute kleine Bilder da.
Von Heimes ein feiner »Winter an der Nordsee«.
Von Heinr. Hermann ein älteres »Vor dem Stall«, das mit seinem satten vollen Ton stets wieder anzieht.
Daneben hängt das ältere ausgezeichnete Bild, von K. Beckerund Klein-Chevalier vereint gemalt: »Ausfahrende Fischer«. Es füllt die ganze Schmalwand des kleineren Saales aus. Alles an diesem Bilde ist Leben und gesunde Kraft. Die von frischer Brise bestrichenen gelblichen Wellen der Nordsee, ebenso die gut gezeichneten und gemalten Fischer sprechen von neuem auf das Nachdrücklichste an.
Eine kleine Kollektion von W. Bartsch weist ein toniges kleines ernstgewolltes Bildchen oder Studie auf: »Hafen von Nieuport«. Steht auch gut im Rahmen.
Die Landschaft von Tutz jun. ist weich und gut im Ton. Das Bild von Rensing »Am Kamin« zeigt viel Beobachtung.
Diese Auswahl von Bildern beweist, dass die Ausstellung nicht dem Studienmalen da draussen hinderlich gewesen ist. Sie zeigt dem stillen Beobachter vor allem aber eins: es ist eine gesunde Kraft noch in der Düsseldorfer Kunst, woran ja Einsichtige niemals gezweifelt haben, Übelwollende stets zweifelten. Die Linie aber ist eine aufwärts sich bewegende — und das ist die Hauptsache.
Zuletzt und nicht zuletzt kommt aber noch Fritz von Wille mit seinem »Meerfelder Moor«.
Wille gehört zu denen, welche neuerdings in der uns so nahe liegenden und doch Jahrzehnte lang (ausser von Heinrich Hartung) vergessenen Eifel alljährlich ihre Kräfte erneuern. Vom Vater her mit einer guten gesunden Dosis Romantik begabt, entdeckt er, wie Nikutowski in Mittelund Süddeutschland neu die eigenartigen Reize der Eifellandschaft, die die Unberührtheit ihrer stillen romantischen Bergnester der Vergessenheit verdankt, die lange Zeit über ihr geruht hat. Aber wer diese herbe Luft da oben in den Hochthälern erst einmal mit vollen Zügen eingeatmet
hat, wer in sonnigen Spätherbsttagen über Berg und Thal gewandert ist zur Zeit, wenn die Ebereschen an den Wässern sich rotgoldig vom blauen, durch keinen Fabrikdunst getrübten Herbsthimmel abheben und in den Gründen der krystallklare Forellenbach rauscht, wer diesen Zauber nur einmal verspürt hat, den muss es dorthin immer wieder zurückziehen. Und diesem Zauber ist, wie früher Hartung, der viel Verkannte und nur von zu wenigen Erkannte, Fritz von Wille erlegen, wie ihm nun Hans von Volkmann, wie ihm von den Unseren Heinrich Otto zu erliegen scheint, wie mit Freuden festgestellt werden muss. Wille’s »Meerfelder Moor« aus der Vulkanischen Eifel zeigt, welche gewaltigen Motive dort noch bis jetzt teilweise unbewusst lagern. Dass es eine langsam wachsende Anzahl starker Talente giebt, welche sich der ernsten Romantik der Eifel, die schon einen Lessing zu seinen allerbesten Bildern begeistert hat, erschliessen, ist eine Gewähr dafür, dass langsam aber sicher die Heimat der Fremde wieder vorgezogen wird. Hier streifen Wille, Volkmann (Karlsruhe), Otto, auch Lins, und öfters auch Mühlig umher mit scharfen Augen und Sinnen, während auf den Rheinufern Hartung haust und in mitteldeutschen Thälern Nikutowski. Das sind höchst erfreuliche Beobachtungen.
Erwähnt muss noch werden die »Totenfeier der deutschen Eisenhüttenleute zum Ehrengedächtnis von Krupp« in dem Rittersaale der Tonhalle. In der Mitte, unter gewaltigen romanischen Thorbogen (Hecker) thronte ein Katafalk. Am altertümlichen Sarge mit dem Relief Krupp’s hält ein Ritter die Wacht, das breite Schwert über der Schulter ruhend, den Schild über den Sarg ausgestreckt. Meisterlich war diese Gruppe modelliert (und noch dazu in unglaublich kurzer Zeit) von Clemens Buscher. Ein herrliches Orgelspiel vom jungen Hempel erhöhte die Feier, und der wuchtige Männergesang vervollkommnete den durchaus harmonischen Eindruck, den die ganze Feier, verbunden mit der Rede von Räumer, auf jeden Teilnehmer machen musste. Das war eine höchst seltene Gesamtwirkung.
D.u.r.c.h.
BÜCHERSCHAU
Heinrich Brockhaus, Forschungen über Florentiner Kunstwerke. Leipzig, F. A. Brockhaus, 1902.
Nichts als die Einheit des Ortes hält diese vier zu einer monumentalen Publikation vereinigten Aufsätze zusammen. Der Verfasser legt grösseren Wert auf die peinlich genaue Vorführung aller historischen Bedingungen, unter deren Zwang die jeweiligen Kunstwerke entstanden, als dass er unsere ästhetische Einsicht in die Denkmäler selbst vertieft. Was er bietet, ist typische deutsche Gelehrtenarbeit: durchaus zuverlässig, mit mühseliger Geduld erforscht, umsichtig gesammelt, aber nicht gestaltet und »oft geründet«. Auch darin trägt sie das Merkmal einer solchen, dass sie ihren besten Reichtum in den Erläuterungen versteckt und vergraben hat.
So scheint mir in dem ersten, Ghiberti’s Paradiesesthür behandelnden Aufsatz das Wertvollste der in den Erläuterungen geführte Nachweis, dass auf dem letzten Thürrelief der Tempel zu Jerusalem »unter gewissen begründeten Änderungen« die Formen des Florentiner Domes zeigt. Von dieser neuen Thatsache ausgehend, hätte die Studie einen kunstgeschichtlich bedeutenden Aufschwung nehmen können, indem sie die Beziehung zwischen dem alttestamentarischen Tempel und seinen Reproduktionen in der Renaissance zum Inhalt wählte. Dafür hätte man dann die schon von Eug. Müntz in den Archives des arts bekannt gegebene Chronologie der Thür opfern und auf eine so unsichere Vermutung wie die, dass Gozzoli bei Ghiberti