die Ranken und Blumensträusse für die Thüreinfassung vorgezeichnet habe, verzichten können. So aber verliert sich unter längst Bekanntem manch feine Beobachtung, wie z. B. die Auffindung des Selbstbildnisses von Ghiberti an der ersten Thür um 1420; das spätere, um 1448, an dem zweiten Portal bürgt bei verwandten Zügen für die Authentizität des ersten.
»Die Hauskapelle der Medici« lautet der Titel des zweiten Aufsatzes. Dass die im Berliner Museum aufbewahrte Anbetung des Kindes von Fra Filippo auf dem Altar jener Kapelle einst gestanden hat, wies schon i8go Ulmann in seiner Dissertation »Fra Filippo und Fra Diamante« nach. Brockhaus erkennt in der Darstellung eine wortgetreue Illustration zu einem Gebete Bernhard’s von Clairvaux, jenes Cisterzienserheiligen, den der Maler auf seinem Bilde assistieren lässt. Aber wiederum streift er nur flüchtig die reizvolle Aufgabe, die Florentiner Weihnachtsbilder der Renaissance vorzuführen, deren Typus Fra Filippo geschaffen hat, die Robbia und Credi übernommen und ins Cinquecento hinübergeführt haben.
Nachdem Castagno’s Fresko mit der Dreieinigkeit in der SS. Annunziata seit dem 3. Juni 1899 aufgedeckt war und bereits 1900 in Waldschmidt’s oberflächlicher Dissertation besprochen wurde, klappt die offizielle Veröffentlichung, die der dritte Aufsatz bietet, ein wenig nach. Wir erfahren nichts, was wir nicht schon gewusst hätten; selbst die Entstehungszeit um 1455 hat schon Waldschmidt richtig erkannt. Hier sollte augenscheinlich eine bedeutungsvolle That des unter Blockhaus’ Leitung stehenden kunsthistorischen Institutes in Florenz überliefert werden. Wir schulden den Herren, die unser Material um ein so wichtiges Kunstdenkmal vermehrten, aufrichtigen Dank. Aber wir fragen auch, weshalb man nicht gleich die Aufdeckung des Freskos mit dem hl. Julian ebenfalls von der Hand Castagno’s und in der Kapelle dicht daneben veranlasst hat, und weshalb, als dies von anderer Seite im Sommer 1902 geschah, man nicht seinen Einfluss geltend machte, die umgehende Verstellung des wichtigen Fundes zu verhindern. Für die von B. aufgestellte Abhängigkeit Leonardo’s (hl. Hieronymus im Vatikan) von Castagno hätte sich dann in Verrocchio, dessen hl. Thomas von diesem Julian inspiriert erscheint, der Vermittler ergeben. Die urkundlichen Belege für eine dritte Arbeit Castagno’s in derselben Kirche in der Grabkapelle des Orlando de’ Medici (f 1455), die Lazarus mit seinen Schwestern Magdalena und Martha darstellte, hat kürzlich C. v. Fabriczy im »Repertorium für Kunstwissenschaft« (XXV, p. 393) geliefert.
Der letzte umfangreichste Beitrag über das 1898 in Ognissanti aufgedeckte Fresko Ghirlandajo’s in der Vespuccikapelle zeigt die Gewissenhaftigkeit des Verfassers und seinen Spürsinn auf dem Trümmerfelde archivalischer Überlieferung in höchster Steigerung. Auf dem Lünettenteil des Bildes, das die Mitglieder der berühmten Familie unter dem Schutzmantel der Madonna vorstellt, bleibt kaum ein Centimeter ohne historische Deutung. Nur macht uns schliesslich diese Kritik um eine Hoffnung ärmer, um eine Enttäuchung reicher. Denn vergebens suchen wir das Bildnis Amerigo’s des Seefahrers: nur verstorbene Familienangehörige weist dies um 1480 gemalte Fresko auf. Zu ihnen gehört auch die gefeierte Simonetta; ihr Bildnis lässt B. uns in einem Frauenantlitz von durchschnittlich florentinischer Reizlosigkeit erkennen. Wenn auch Ghirlandajo nicht nach dem Leben gemalt hat — die Dichter haben wieder einmal zu viel gelogen. Gleichsam zur Entschädigung für die herbe Enttäuschung bietet B. als Idealporträt der unsterblichen Geliebten jenen ahnungsvoll gesenkten Frauenkopf in Sepiazeichnung von Leonardo in den Uffizien. Doch hat er dabei allzu willig, wie mir
scheint, einer schwach gestützten Vermutung Dr. Warburg’s Gehör geschenkt.
Welche Fülle gelehrter Arabesken umrahmt den kunstgeschichtlichen Inhalt dieses Buches. Ein besonderes Lob muss auch den ungemein vollendeten Abbildungen zugesprochen werden. Aber man wird das Werk nicht aus der Hand legen, ohne zu bedauern, dass allzu selten das Rauschen einer grossen Zeit in diesen sauber angebauten Ziergarten gelehrter Kleinarbeit herüberdringt.
Hans Mackowsky.
The great masters in painting and sculpture. Edited by G. C. Williamson. London, G. Bell & Sons.
Francia. Von G. C. Williamson. Verfasser behandelt zuerst die Thätigkeit Francia’s als Goldschmied, dann seine Entwickelung als Maler. Er hat sich redlich bemüht, das ganze Material — das künstlerische, wie litterarische — zu umfassen und es selbst zu bereichern. Beachtenswert in dieser Hinsicht ist Kapitel VII: »some new documents about Francia« (S. 117 ff.). Es ist darin eine Liste von Bildern Francia’s mitgeteilt, die Marcello Oretti, ein Bologneser Akademiker im späteren 17. oder Anfang des 18. Jahrhunderts, zusammengestellt hat. Für das Bild der »Verkündigung« in Chantilly wird nachgewiesen, dass es aus der Karmeliterkirche in Modena stammt. Bezüglich der kleinen Predella in Bologna — mit der heiligen Familie, dem Kruzifixus und St. Augustinus — ist es gelungen, zu finden, dass sie eine Stiftung der Gozzadini- Familie für ihren Altar in der Kirche der Misericordia war, nach einem Brande ihres Palastes (1499). n ähnlicher Weise hat Verfasser mehrfach unsere Kenntnis über die Schöpfungen Francia’s bereichert.
Filippo di Ser Bnmellesco. Von Leader Scott. Nach Fabriczy’s weit umfassender Monographie bleibt über den Schöpfer der Domkuppel wenig zu sagen übrig. Immerhin mag das Buch seinem Zwecke entsprechen, solche, die nicht sich in Detailforschung verlieren wollen, über Leben und Thätigkeit des Meisters zu unterrichten. Dass jemand, der eine Monographie schreibt, das Hauptbuch über den betreffenden Gegenstand erst in letzter Stunde kennen lernt (Vorwort, S. VIII), ist freilich kein gutes Zeichen. Einige Abbildungen der Festungen in Lastra, Malinautile und Vico Pisano sind interessant.
Mantegna. Von Maud Cruttwell. Dieser Band darf auf dieselbe freundliche Aufnahme rechnen, die der in der gleichen Serie erschienene »Signorelli« derselben Verfasserin gefunden hat. Ich finde, dass die künstlerische Persönlichkeit des grossen Paduaner Meisters gut erfasst und häufig mit glücklichem Wort umschrieben ist. Die viel umstrittenen Madonnenbilder in den Sammlungen Poldi Pezzoli, Bergamo und bei Herrn James Simon werden hier unter die Werke der Spätzeit gerechnet. Ob die Ansicht der Verfasserin, das Exemplar der »Darbringung im Tempelin der Galerie Querini Stampolia sei »unzweifelhaft feiner und bedeutender«, als das Berliner Bild, auf Zustimmung wird rechnen dürfen? Morelli’s Ansicht, letzteres sei überhaupt nur Kopie, wird natürlich nicht verteidigt. Die Verfasserin hat Kristeller’s grosses Mantegnawerk nicht mehr benutzen können.
Rembrandt van Rijn. Von Malcolm Bell. Eine verkleinerte Ausgabe der vor drei Jahren erschienenen Monographie des Verfassers. Der Stoff ist eingeteilt in die Kapitel: Rembrandt als Mensch, der Künstler, der Radierer. Es wird versucht, in gedrängter Form, der Chronologie folgend, darzulegen, was Rembrandt hervorgebracht hat. Ob es nicht glücklicher gewesen wäre, alles biographische Detail aufzugeben und nur die künstlerische Entwickelung darzustellen? In der Bibliographie wird das Hauptwerk
»Die Hauskapelle der Medici« lautet der Titel des zweiten Aufsatzes. Dass die im Berliner Museum aufbewahrte Anbetung des Kindes von Fra Filippo auf dem Altar jener Kapelle einst gestanden hat, wies schon i8go Ulmann in seiner Dissertation »Fra Filippo und Fra Diamante« nach. Brockhaus erkennt in der Darstellung eine wortgetreue Illustration zu einem Gebete Bernhard’s von Clairvaux, jenes Cisterzienserheiligen, den der Maler auf seinem Bilde assistieren lässt. Aber wiederum streift er nur flüchtig die reizvolle Aufgabe, die Florentiner Weihnachtsbilder der Renaissance vorzuführen, deren Typus Fra Filippo geschaffen hat, die Robbia und Credi übernommen und ins Cinquecento hinübergeführt haben.
Nachdem Castagno’s Fresko mit der Dreieinigkeit in der SS. Annunziata seit dem 3. Juni 1899 aufgedeckt war und bereits 1900 in Waldschmidt’s oberflächlicher Dissertation besprochen wurde, klappt die offizielle Veröffentlichung, die der dritte Aufsatz bietet, ein wenig nach. Wir erfahren nichts, was wir nicht schon gewusst hätten; selbst die Entstehungszeit um 1455 hat schon Waldschmidt richtig erkannt. Hier sollte augenscheinlich eine bedeutungsvolle That des unter Blockhaus’ Leitung stehenden kunsthistorischen Institutes in Florenz überliefert werden. Wir schulden den Herren, die unser Material um ein so wichtiges Kunstdenkmal vermehrten, aufrichtigen Dank. Aber wir fragen auch, weshalb man nicht gleich die Aufdeckung des Freskos mit dem hl. Julian ebenfalls von der Hand Castagno’s und in der Kapelle dicht daneben veranlasst hat, und weshalb, als dies von anderer Seite im Sommer 1902 geschah, man nicht seinen Einfluss geltend machte, die umgehende Verstellung des wichtigen Fundes zu verhindern. Für die von B. aufgestellte Abhängigkeit Leonardo’s (hl. Hieronymus im Vatikan) von Castagno hätte sich dann in Verrocchio, dessen hl. Thomas von diesem Julian inspiriert erscheint, der Vermittler ergeben. Die urkundlichen Belege für eine dritte Arbeit Castagno’s in derselben Kirche in der Grabkapelle des Orlando de’ Medici (f 1455), die Lazarus mit seinen Schwestern Magdalena und Martha darstellte, hat kürzlich C. v. Fabriczy im »Repertorium für Kunstwissenschaft« (XXV, p. 393) geliefert.
Der letzte umfangreichste Beitrag über das 1898 in Ognissanti aufgedeckte Fresko Ghirlandajo’s in der Vespuccikapelle zeigt die Gewissenhaftigkeit des Verfassers und seinen Spürsinn auf dem Trümmerfelde archivalischer Überlieferung in höchster Steigerung. Auf dem Lünettenteil des Bildes, das die Mitglieder der berühmten Familie unter dem Schutzmantel der Madonna vorstellt, bleibt kaum ein Centimeter ohne historische Deutung. Nur macht uns schliesslich diese Kritik um eine Hoffnung ärmer, um eine Enttäuchung reicher. Denn vergebens suchen wir das Bildnis Amerigo’s des Seefahrers: nur verstorbene Familienangehörige weist dies um 1480 gemalte Fresko auf. Zu ihnen gehört auch die gefeierte Simonetta; ihr Bildnis lässt B. uns in einem Frauenantlitz von durchschnittlich florentinischer Reizlosigkeit erkennen. Wenn auch Ghirlandajo nicht nach dem Leben gemalt hat — die Dichter haben wieder einmal zu viel gelogen. Gleichsam zur Entschädigung für die herbe Enttäuschung bietet B. als Idealporträt der unsterblichen Geliebten jenen ahnungsvoll gesenkten Frauenkopf in Sepiazeichnung von Leonardo in den Uffizien. Doch hat er dabei allzu willig, wie mir
scheint, einer schwach gestützten Vermutung Dr. Warburg’s Gehör geschenkt.
Welche Fülle gelehrter Arabesken umrahmt den kunstgeschichtlichen Inhalt dieses Buches. Ein besonderes Lob muss auch den ungemein vollendeten Abbildungen zugesprochen werden. Aber man wird das Werk nicht aus der Hand legen, ohne zu bedauern, dass allzu selten das Rauschen einer grossen Zeit in diesen sauber angebauten Ziergarten gelehrter Kleinarbeit herüberdringt.
Hans Mackowsky.
The great masters in painting and sculpture. Edited by G. C. Williamson. London, G. Bell & Sons.
Francia. Von G. C. Williamson. Verfasser behandelt zuerst die Thätigkeit Francia’s als Goldschmied, dann seine Entwickelung als Maler. Er hat sich redlich bemüht, das ganze Material — das künstlerische, wie litterarische — zu umfassen und es selbst zu bereichern. Beachtenswert in dieser Hinsicht ist Kapitel VII: »some new documents about Francia« (S. 117 ff.). Es ist darin eine Liste von Bildern Francia’s mitgeteilt, die Marcello Oretti, ein Bologneser Akademiker im späteren 17. oder Anfang des 18. Jahrhunderts, zusammengestellt hat. Für das Bild der »Verkündigung« in Chantilly wird nachgewiesen, dass es aus der Karmeliterkirche in Modena stammt. Bezüglich der kleinen Predella in Bologna — mit der heiligen Familie, dem Kruzifixus und St. Augustinus — ist es gelungen, zu finden, dass sie eine Stiftung der Gozzadini- Familie für ihren Altar in der Kirche der Misericordia war, nach einem Brande ihres Palastes (1499). n ähnlicher Weise hat Verfasser mehrfach unsere Kenntnis über die Schöpfungen Francia’s bereichert.
Filippo di Ser Bnmellesco. Von Leader Scott. Nach Fabriczy’s weit umfassender Monographie bleibt über den Schöpfer der Domkuppel wenig zu sagen übrig. Immerhin mag das Buch seinem Zwecke entsprechen, solche, die nicht sich in Detailforschung verlieren wollen, über Leben und Thätigkeit des Meisters zu unterrichten. Dass jemand, der eine Monographie schreibt, das Hauptbuch über den betreffenden Gegenstand erst in letzter Stunde kennen lernt (Vorwort, S. VIII), ist freilich kein gutes Zeichen. Einige Abbildungen der Festungen in Lastra, Malinautile und Vico Pisano sind interessant.
Mantegna. Von Maud Cruttwell. Dieser Band darf auf dieselbe freundliche Aufnahme rechnen, die der in der gleichen Serie erschienene »Signorelli« derselben Verfasserin gefunden hat. Ich finde, dass die künstlerische Persönlichkeit des grossen Paduaner Meisters gut erfasst und häufig mit glücklichem Wort umschrieben ist. Die viel umstrittenen Madonnenbilder in den Sammlungen Poldi Pezzoli, Bergamo und bei Herrn James Simon werden hier unter die Werke der Spätzeit gerechnet. Ob die Ansicht der Verfasserin, das Exemplar der »Darbringung im Tempelin der Galerie Querini Stampolia sei »unzweifelhaft feiner und bedeutender«, als das Berliner Bild, auf Zustimmung wird rechnen dürfen? Morelli’s Ansicht, letzteres sei überhaupt nur Kopie, wird natürlich nicht verteidigt. Die Verfasserin hat Kristeller’s grosses Mantegnawerk nicht mehr benutzen können.
Rembrandt van Rijn. Von Malcolm Bell. Eine verkleinerte Ausgabe der vor drei Jahren erschienenen Monographie des Verfassers. Der Stoff ist eingeteilt in die Kapitel: Rembrandt als Mensch, der Künstler, der Radierer. Es wird versucht, in gedrängter Form, der Chronologie folgend, darzulegen, was Rembrandt hervorgebracht hat. Ob es nicht glücklicher gewesen wäre, alles biographische Detail aufzugeben und nur die künstlerische Entwickelung darzustellen? In der Bibliographie wird das Hauptwerk