rungen sind direkt nach dem Modell mit der Kaltnadel gearbeitet und einige davon, so besonders das kleine Blatt von Degas in ganzer Figur und das ausgezeichnete Brustbild von Verlaine, sind wahre Wunderwerke von scharfer und schneller Beobachtung und treuer, mitunter fast genialer Wiedergabe. Auch als reproduzierender Künstler hat Désboutin gearbeitet, indessen ist von diesen Arbeiten nicht viel zu sagen. Nur vier grosse Schäferscenen von Fragonard, die er wirklich ausgezeichnet in der anmutig tändelnden Manier der Rokokokünstler gestochen hat, mögen hier erwähnt werden.
Die Leute, welche die Ausschmückung des Pantheons überwachen, haben dabei offenbar von Anfang an die Idee verfolgt, ein grosses Bilderbuch zu machen, das von den bekanntesten Malern der ersten dreissig Jahre der dritten Republik illustriert werden soll. So wandten sie sich an alle zeitgenössischen Grössen der Malerei, ohne sich dabei im geringsten um die besondere Begabung der betreffenden Leute für dekorative Kunst zu kümmern. Sogar Meissonier, dieser Miniaturkünstler, erhielt den Auftrag, eines dieser Riesenbilder für das Panthon zu schaffen, war aber gescheut genug, die Ausführung dieses Auftrages so lange hinauszuschieben, bis der Tod ihn von der unangenehmen Aufgabe befreite. Dagegen haben neben Puvis de Chavannes, dem einzigen hier vertretenen Maler, der wirklich den Forderungen der dekorativen Kunst glänzend gerecht wird, an der Ausschmückung des Pantheons ein Dutzend Leute gearbeitet, die unter einem dekorativen Bilde einfach ein in grossem Massstabe gehaltenes Staffeleibild verstehen. So sind hier Levy und Humbert, Blanc und ßonnat, Lenepveu und Cabanel vertreten. Es blieb nur noch eine einzige Wand zu schmücken, für deren Ausfüllung man ursprünglich eine Skulptur beabsichtigt hatte. Falguière hatte seiner Zeit eine kolossale Gipsfigur hier aufgestellt, die aber so abenteuerlich und karikaturenmässig aussah, dass sie nach dem Tode ihres Urhebers alsbald entfernt wurde. An ihre eigentlich beabsichtigte Ausführung in Bronze dachte man schon nicht mehr, sobald man sie einmal im Pantheon gesehen hatte. Die Dekoration dieser Wand ist jetzt dem Soldatenmaler Detaille übertragen worden, der nicht weniger als vier grosse Entwürfe aufgezeichnet hat, die alle nacheinander an Ort und Stelle angebracht und dem Urteile des Publikums unterworfen werden sollen, ehe der Maler an die Ausführung des schliesslich ausgewählten Planes geht. Gegenwärtig ist im Pantheon der Entwurf des Chant du départ zu sehen, ein Thema, das von dem Bildhauer Rüde am Grossen Triumphbogen in genialer und unübertrefflicher Weise behandelt worden ist. Der kalte Uniformensclmeider Detaille hat natürlich mit einem solchen Vorwurfe nicht viel anzufangen gewusst. Er zeigt uns eine demimondäne Frauengestalt auf einem milchweissen Flügelross, das dreifarbene Banner der Republik in der erhobenen Rechten. Diese Gestalt überschwebt Soldaten aller Waffengattungen, die vorwärts marschieren und bei denen Detaille wieder einmal zeigt, wie gründlich er die Uniformen aller Ffeere der letzten dreihundert
Jahre kennt und welche Wichtigkeit er diesen Knöpfen und Schnüren beimisst. Von der Begeisterung, welche jeden Beschauer des Rude’schen Meisterwerkes durchtost und hinreisst, ist bei diesem Gemälde Detaille’s nicht das mindeste zu spüren. Er hat sehr unrecht gethan, sich dieses Thema zu wählen, wodurch der Beschauer zu einem Vergleiche gezwungen wird, der den korrekten und kalten Maler einfach erdrückt. Die anderen Entwürfe Detaille’s, die in den- nächsten Tagen im Pantheon gezeigt werden sollen, geben hoffentlich nicht zu so gefährlichen Vergleichen Anlass. Indessen wird man sich auch bei ihnen nicht des Hinweises auf den benachbarten Puvis enthalten können, der alle anderen im Pantheon vertretenen Maler erschlägt und auch den zu erwartenden Detaille erschlagen wird.
Zum zwanzigsten Male stellt bei Georges Petit die Société internationale de peinture et de sculpture aus. Viel Neues bringt sie nicht: die Venetianer St. Germier, Alfred Smith und Allègre sind wieder mit ihren grossen und kleinen Kanälen, Gondeln, Brückchen, Palästen und Kirchen da und Legoüt- Gerard hat sich für einmal von den bretonischen Häfen abgewendet, um ebenfalls eine Vedute von Venedig zu malen; Grimelund zeigt seine nordischen Berge und Seen, schneebedeckte Landschaft und rote Holzhäuser; der Amerikaner Friesecke bleibt bei seinen Interieurs in gedämpften Farbenharmonien, grün und grau, blau und rot, alles verbleicht und verrostet, sehr fein und vornehm im Ton. Vortreffliche Studien in matten und distinguierten Farbengebungen sind auch die Bilder von J. W. Morrice, besonders die Bouquinisten am Seinekai, die von der Schule heimkehrenden kleinen Mädchen auf der Landstrasse und der Ausblick auf das von weissen Segelschiffen belebte blaue Meer. Chudant bringt wieder einige Wasserbilder: alte verfallene Mühlen, an denen das Wasser gespenstisch und seltsam vorbeirauscht; und Fräulein Delassalle findet den nämlichen grüngelben Ton, den wir von ihren Pariser Veduten kennen, auch in den holländischen Kanälen. Neu ist hier Felix Borchardt, der vor einiger Zeit eine Sonderausstellung bei Bing hatte. Dieses Mal zeigt er ein weibliches Modell in einem prächtigen japanischen Kostüm, eine flotte Arbeit, nur etwas skizzenhaft unfertig. Wie bei den damals im Art nouveau ausgestellten Arbeiten fiel mir auch bei dieser Japanerin die unverkennbare Verwandtschaft der ganzen Maltechnik dieser Arbeiten mit der Art eines bekannten deutschen Malers auf, der lange in Paris und Holland gelebt hat; und nachdem man neulich bei der Versteigerung Humbert Bilder gesehen hat, die von Frederic Humbert unterzeichnet, aber von Roybet gemalt waren, kann ich mich kaum des Verdachtes erwehren, dass es sich hier um etwas Ähnliches handelt. Als ausländischer Gast stellt in diesem Jahre Alma Tadema aus, dessen glänzende Technik in der Wiedergabe des Marmors zur Genüge bekannt ist. Leider sind auch die Bäume, die Menschen und der Hinmiel Alma Tadema’s aus Marmor. Um uneingeschränktes Lob zu verdienen, sollte er nur leere Marmorterrassen