blätter die feinen Zeichnungen von Th. Th. Heine, Bruno Paul, F. v. Reznicek sehr unvollkommen und des besten entkleidet wiedergeben. Sie gehen so gröblich und lieblos vor, unsere deutschen Karikaturzeichner. Der Franzose mag mehr aufs Witzige gestellt sein, seine ursprüngliche Bonhommie verlässt ihn nicht, er witzelt über das, was er kennt und über die grosse Welt nur, wenn er auch in ihr heimisch ist. Unsere Deutschen aber reiben sich gern an den Kreisen, zu denen sie nicht gehören, auf deren Treiben sie mit Grimm und Neid vielleicht nur durch die Spalte der Garderobethür blicken.
Die Altbewährten der Berliner Secession finden sich natürlich auch auf dieser Ausstellung in vortrefflichen Flervorbringungen. Nur ein Werk möchte ich erwähnen. Ludwig von Hofmann’s dekorative Entwürfe für ein Standesamt. Eine grössere Aufgabe als wir bisher von ihm gesehen haben, sie lässt aber erst recht erkennen, wie sehr es zu beklagen ist, dass diesem unserem besten dekorativen und malerischen Talent die grossen Aufgaben fehlen, so dass es sich in hübschen Kleinigkeiten verzettelt. Mein Suchen nach den jungen neuen Talenten blieb leider erfolglos. Der Charlottenburger Wilhelm Schulz ist der gesuchte Fortsetzer und Auffrischer wohl nicht. In Ignatius Taschner glaubte ich ihn gefunden zu haben, der auf die Sommerausstellung amüsante Holzstatuetten geschickt hat und jetzt sehr wirkungsvolle farbige Radierungen ausstellt. Der aber ist Münchner. Solche gute Hoffnung gebende Erscheinungen wie Brandenburg und Baluschek aus den Anfängen der Berliner Secession fehlen. Es sind viel Junge da, aber sie fallen zumeist übel durch die Gleichmässigkeit ihrer Vorführung auf, sie haben ein erschreckend grosses gemeinsames Schulgut. Wenn es weiterhin Aufgabe der Kunstforschung bleibt, die Meister von den Meisterlein und die Meisterlein unter sich zu scheiden, dann fällt den künftigen Gelehrten eine harte Aufgabe zu.
Zwei in Berlin nicht zuständige deutsche Künstler möchte ich noch erwähnen: die treffliche Frau Henriette Halm, die drei Farbenholzschnitte ausgestellt hat. Besonders ihre jüngste Arbeit, die Schwäne, hat mir gut gefallen. Sie ahmt nicht, wie Emil Orlik, die Japaner nach, aber sie lässt sich von ihnen sehr glücklich führen. Und dann Otto Greiner, in dem so viele in heller Begeisterung den künftigen führenden Mann der deutschen Kunst erkennen. So wie er hier auf dieser Ausstellung erscheint, vermag ich das wenigstens nicht zu sehen. Hübsche Lithographien. Seit er aus der Verklingerung heraus ist zwar selbständig, aber auch unerfreulich. Die gezeichneten weiblichen Akte werden sehr bewundert, deren entblösste Nacktheit sich allen Sinnen bemerkbar macht. Im Ganzen und im Einzelnen ist die Ausstellung nur erfreulich und lehrreich. Besonders aber mehrt sie den Ruhm der französischen graphischen Kunst. Warum heisst es denn Berliner Secession?
Jaro Springer.
Moderne Kunst in Moskau. Am 1. Januar 1903 fand in Moskau durch die Grossfürstin Sergius als Protektorin die feierliche Eröffnung einer Ausstellung statt, die den Zweck verfolgt, die modernen künstlerischen Bestrebungen in Russland zu fördern. Ausser russischen Künstlern hat die Ausstellungsleitung auch eine Reihe hervorragender ausländischer Künstler zur Beteiligung aufgefordert. Die etwa 16 Säle umfassende Ausstellung bietet Gemälde und Plastiken, Kunstgewerbe, besonders Möbel dar. Unter den beteiligten Künstlern begegnen uns Gross und Kleinhempel-Dresden, Billing-Karlsruhe, Möhring-Berlin und Olbrich - Darmstadt. Letzterer hat auch die Ausstellung und Anordnung der deutschen Abteilung übernommen.
Im Elberfelder Städtischen Museum befindet sich augenblicklich eine reichhaltige Thoma-Ausstellung. Aus dem Kunsthandel und Bonner wie Frankfurter Privatbesitz sind sechzig Gemälde zusanimengebracht worden. Ergänzt wird diese Sammlung durch hundert Lithographien und Radierungen. Bemerkenswert ist ein grosses Bild von 1901 »Christus und Magdalena«, eine grosse »Flucht nach Ägypten« von 1879, ein grosser Engelreigen mit Blumen von 187g und das prächtige romantische »Felsenthal« von 1889. Die Sammlung geht zum Teil am 25. Januar nach Berlin zu Keller & Reiner.
Die Beteiligung des Deutschen Reiches an der Weltausstellung zu St. Louis. Die Regierung der Vereinigten Staaten hat dem Reiche eine Einladung zur Teilnahme an der im Jahre 1904 stattfindenden Weltausstellung in St. Louis zugehen lassen. Nach den bis jetzt vorliegenden Nachrichten haben fast alle grösseren Staaten des amerikanischen Kontinents, die bedeutendsten asiatischen Nationen, insbesondere Japan und von den europäischen Staaten Frankreich und Grossbritannien die Einladung angenommen und auch das Deutsche Reich wird sich beteiligen. Die Ausstellung soll im April 1904 eröffnet und spätestens am 1. Dezember des Jahres geschlossen werden. Sie wird alle Zweige der bildenden Künste, der Industrie, des Gewerbes und der Landwirtschaft umfassen. Für Deutschland ist eine Abteilung der bildenden Künste, des Kunstgewerbes, des Erziehungs- und Unterrichtswesens und der wissenschaftlichen Apparate aller Art beabsichtigt. Was die von seiten des Reiches für die Organisation der deutschen Abteilung der Ausstellung zu stellenden Mittel anlangt, so dürften diese nach den bisher vorgenommenen überschläglichen Berechnungen auf etwa 2’/» bis 3 Millionen zu veranschlagen sein. — Kommissar des Deutschen Reiches ist Geh. Rat Lewald.
DENKMÄLER
Bildhauer Wilhelm Neumann-Torberg in Berlin hat im Wettbewerb die Ausführung des sogenannten Armenpflegerdenkmals für Elberfeld und des Dörpfelddenkmals in Barmen erhalten. Beide Werke bekommen eine allegorische Figurengruppe in Bronze und sollen noch im Laufe dieses Jahres enthüllt werden.
VOM KUNSTMARKT
Hugo Helbing in München zeigt wieder mehrere bewerkenswerte Kataloge an: zunächst den der Japonicasammlung Pettenegg, deren Versteigerung bevorsteht und ferner sieben Lagerkataloge, die eine reiche Auswahl von Kunstblättern, Miniaturen, Porzellanen und alten Gemälden umfassen.
Am 27. Januar versteigert Rudolf Lepke in Berlin 159 Ölgemälde und Aquarelle neuerer Künstler, unter denen der Katalog Blaas, Papperitz, Preller, Velten und andere verzeichnet.
VERMISCHTES
Herr Wilhelm Wanscher in Kopenhagen bittet uns an dieser Stelle mitzuteilen, dass er bereits im Jahre 1900 in der »Festkrift for J. L. Ussing« in einer kleinen Abhandlung, betitelt »Holbein ogHöjrenaissancen« die gleichen Gedanken über einen Zusammenhang zwischen Leonardo da Vinci und Holbein ausgesprochen habe, welche sich in der von uns im Jahrgang 1901 der »Zeitschrift für bildende Kunst« veröffentlichten Arbeit von J. Strzygowski: Dürer’s Madonna vom Jahre 1519 finden. — Übrigens hat die