und jetzt nach dem Abbruch der Theaterruine noch bedeutend vermehrt werden konnte. Thatsächlich standen noch die beiden hohen Längsmauern des Gebäudes mit einem Teil des Hauptgesimses, der Thür- und Fensteröffnungen aufrecht und gegen Nord steht noch die Freitreppe mit einem Teil des Überbaues und der Arkadengalerie; losgelöst von seiner mehr als hundertjährigen Einschachtelung.
Also darüber darf man sich nicht den geringsten Skrupel machen, dass man nicht im stände wäre, den Bau auf das genaueste zu rekonstruieren, selbst mit dem gleichen Material und an der gleichen Stelle. Aber noch ein weiterer Punkt kommt in Betracht, der für die Wiederaufrichtung spricht, das ist der nationale Standpunkt. Das Lusthaus, eine Schöpfung des Herzogs Ludwig, ist kein Nutzbau gewesen, sondern ein Lust- und Festhaus des Hofes und zugleich der Ahnensaal des württembergischen Fürstenhauses, die Ruhmeshalle und der Mittelpunkt des höfischen Lebens, ein Seitenstück zur vielbewunderten Wilhelma des Königs Wilhelm. Es ist ein Kunstwerk, lediglich gemacht zum Vergnügen des Betrachtens; die reine Kunstform ist hier zum Ausdruck gebracht worden in höchster Vollendung um ihrer selbst willen. Hier ist die Architektur zur freien Kunst erhoben, erlöst von jeder Fessel. Im Gegensatz zu fast allen Bauwerken der Vergangenheit und ganz besonders im Gegensatz zum Bauen der Jetztzeit erblicken wir darin einen Ausnahmefall.
Der Wiederaufbau darf daher nicht mit schablonenmässig theoretischen Aufstellungen über den Wert oder Unwert moderner Restaurationen verquickt werden. Die Freunde des Baues stehen auf einem idealen Standpunkt, sie wollen das Lusthaus wieder errichten als ein Nationaldenkmal, ohne einen besonderen praktischen Zweck damit zu verbinden. Das Lusthaus ist niemals aus dem Gedächtnis des Volkes entschwunden, es war bis 1750 noch vollständig intakt erhalten, und lebte in Beschreibungen und Abbildungen fort bis auf den heutigen Tag.
Warum sollen wir den hier vorliegenden überaus seltenen Fall nicht benutzen, um der Stadt ein Denkmal zurückzugeben, das einst ihr Stolz war, und das von nah und fern der Gegenstand allgemeiner Bewunderung und Anerkennung war.
Welch dankbare Aufgabe wäre es für einen gebildeten Architekten, sich in den Geist des alten Baumeisters zu vertiefen und selbstlos ein Kunstwerk zu schaffen, das vermöge seines Charakters und seiner Bestimmung als einzig dastehend auf dem ganzen Erdenrund zu betrachten ist! —
MAX BACH.
NEKROLOGE
Aus Rom kommt die Nachricht von dem Tode des Bildhauers Joseph von Kopf; sein Lebensbild haben wir bei seinem fünfzigjährigen Romjubiläum in der Nummer vom 16. Oktober vorigen Jahres zur Darstellung gebracht und können uns deshalb jetzt auf diese Trauerkunde beschränken.
PERSONALIEN
Der Verwaltungsrat der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst in Wien hat an Stelle des im vorigen Jahre verstorbenen Geheimen Rates Leopold Freiherrn von Wieser den Regierungsrat Dr. Eduard Leisching zum Obmanne erwählt.
AUSGRABUNGEN UND FUNDE
Gérard Thomas, ein wiederentdeckter Antwerpener Maler. Henri Hymans, der um die Geschichte der
vlämischen Malerei hochverdiente Forscher berichtet im Bulletin de l’Académie roy. de Belgique 1902 von der künstlerischen Festlegung des bisher nur urkundlich bekannten Antwerpener Malers Gérard Thomas. Hymans verdankt die erste Anregung zu diesem Funde dem Direktor Lionel Cust in London, der ihn dort auf zwei bäuerliche Interieurs mit Figurenstaffage und mit der Signatur G. THOMAS aufmerksam machte. Die Bilder erinnern an die Weise des David Teniers d. j. und Ryckaert, ohne in ihrem unbestimmten Ausdruck den besseren Arbeiten dieser beiden Meister gleichzukommen. Vermutlich gehen andere unbezeichnete Bilder des Thomas unter klangvolleren Namen. Dass er aber im 18. Jahrhundert noch verhältnismässig hoch geschätzt war, ergiebt sich aus einem Amsterdamer Auktionsbericht von 1711, wo zwei Bilder von ihm mit Galerieansichten für 99 Gulden verkauft wurden. Hymans vermutet nun auch in dem anonymen Gemälde »Das Atelier des Apelles« im Museum des Haag und in einer »Kirmes« in einer Brüsseler Sammlung Arbeiten des Thomas und weist darauf hin, dass ein »Charlatan« im Museum zu Dijon zwar nicht signiert, aber bei der Schenkung 1876 dem Museum als ein Werk des Gérard Thomas bezeichnet worden ist. Die Malerei steht mit der Tradition im Einklang. Über die Lebensdaten des Thomas wird aus den Liggeren der Antwerpener Lukasgilde und durch die weiteren Nachforschungen Hymans’ bekannt, dass er Antwerpener von Geburt, und Sohn des Peter Thomas, des Malers und Dekans der Gilde 1658—1659 war. Gérard wurde am 20. März 1663 getauft und kam 1680 zu Gottfried Maes in die Lehre, die sehr lange gedauert haben muss, da eierst 1688—1689 zum Meister gesprochen wird. Erst 1693 nahm er seine ersten Schüler an, 1695 und ein zweitesmal 1707 bekleidete er die Würde des Dekanen in der Gilde und die Kosten seines Begräbnisses werden 1720—1721 bezahlt.
DENKMÄLER
In der nächsten Zeit tritt das grosse Kaiserin Elisabethdenkmal-Komitee in Wien zu einerSitzung zusammen, um ^in besonderes Kunstkomitee zu wählen. Dies wird sich zu zwei Dritteln aus Künstlern und zu einem Drittel aus Sachverständigen zusammensetzen und im ganzen etwa dreissig Mitglieder zählen. Die einlaufenden Modelle werden im Frühjahre zur Ausstellung kommen und der Spruch der Jury dürfte Anfang April zu erwarten sein. Die ausgesetzten Preise betragen im ganzen 25000 Kronen.
Neue Marmorgruppen für den Berliner Tiergarten nach Vollendung der Siegesallee. Vom Ministerium für öffentliche Arbeiten ist eine Umgestaltung des grossen Sternes beschlossen worden. Den Künstlern sind als Aufgabe Jagd- und Tiermotive gestellt worden. An der Stelle, wo die Hofjägerallee mündet, sollen an beiden Seiten künstlerisch und architektonisch gebildete Marmorwandanlagen aufgestellt werden. Diese Werke sind dem Bildhauer R. Felderhoff übertragen. Geradeaus am südlichen Ende des Bellevueparkes soll ein Monumentalbrunnen errichtet werden, den Professor von Üchtritz ausführen wird. Der Brunnen soll das Motiv der Hubertussage behandeln. Zu beiden Seiten des Brunnens, an den Ecken der vom grossen Stern sich nach Nordwesten und Nordosten abzweigenden Alleen, sollen im Halbkreise herum vier auf breiten Postamenten zu errichtende weidmännische Marmorgruppen errichtet werden. Diese Arbeiten sind den Bildhauern Professor R. Begas, Professor M. Baumbach und dem Bildhauer Wilhelm Wandschneider übertragen worden.
Also darüber darf man sich nicht den geringsten Skrupel machen, dass man nicht im stände wäre, den Bau auf das genaueste zu rekonstruieren, selbst mit dem gleichen Material und an der gleichen Stelle. Aber noch ein weiterer Punkt kommt in Betracht, der für die Wiederaufrichtung spricht, das ist der nationale Standpunkt. Das Lusthaus, eine Schöpfung des Herzogs Ludwig, ist kein Nutzbau gewesen, sondern ein Lust- und Festhaus des Hofes und zugleich der Ahnensaal des württembergischen Fürstenhauses, die Ruhmeshalle und der Mittelpunkt des höfischen Lebens, ein Seitenstück zur vielbewunderten Wilhelma des Königs Wilhelm. Es ist ein Kunstwerk, lediglich gemacht zum Vergnügen des Betrachtens; die reine Kunstform ist hier zum Ausdruck gebracht worden in höchster Vollendung um ihrer selbst willen. Hier ist die Architektur zur freien Kunst erhoben, erlöst von jeder Fessel. Im Gegensatz zu fast allen Bauwerken der Vergangenheit und ganz besonders im Gegensatz zum Bauen der Jetztzeit erblicken wir darin einen Ausnahmefall.
Der Wiederaufbau darf daher nicht mit schablonenmässig theoretischen Aufstellungen über den Wert oder Unwert moderner Restaurationen verquickt werden. Die Freunde des Baues stehen auf einem idealen Standpunkt, sie wollen das Lusthaus wieder errichten als ein Nationaldenkmal, ohne einen besonderen praktischen Zweck damit zu verbinden. Das Lusthaus ist niemals aus dem Gedächtnis des Volkes entschwunden, es war bis 1750 noch vollständig intakt erhalten, und lebte in Beschreibungen und Abbildungen fort bis auf den heutigen Tag.
Warum sollen wir den hier vorliegenden überaus seltenen Fall nicht benutzen, um der Stadt ein Denkmal zurückzugeben, das einst ihr Stolz war, und das von nah und fern der Gegenstand allgemeiner Bewunderung und Anerkennung war.
Welch dankbare Aufgabe wäre es für einen gebildeten Architekten, sich in den Geist des alten Baumeisters zu vertiefen und selbstlos ein Kunstwerk zu schaffen, das vermöge seines Charakters und seiner Bestimmung als einzig dastehend auf dem ganzen Erdenrund zu betrachten ist! —
MAX BACH.
NEKROLOGE
Aus Rom kommt die Nachricht von dem Tode des Bildhauers Joseph von Kopf; sein Lebensbild haben wir bei seinem fünfzigjährigen Romjubiläum in der Nummer vom 16. Oktober vorigen Jahres zur Darstellung gebracht und können uns deshalb jetzt auf diese Trauerkunde beschränken.
PERSONALIEN
Der Verwaltungsrat der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst in Wien hat an Stelle des im vorigen Jahre verstorbenen Geheimen Rates Leopold Freiherrn von Wieser den Regierungsrat Dr. Eduard Leisching zum Obmanne erwählt.
AUSGRABUNGEN UND FUNDE
Gérard Thomas, ein wiederentdeckter Antwerpener Maler. Henri Hymans, der um die Geschichte der
vlämischen Malerei hochverdiente Forscher berichtet im Bulletin de l’Académie roy. de Belgique 1902 von der künstlerischen Festlegung des bisher nur urkundlich bekannten Antwerpener Malers Gérard Thomas. Hymans verdankt die erste Anregung zu diesem Funde dem Direktor Lionel Cust in London, der ihn dort auf zwei bäuerliche Interieurs mit Figurenstaffage und mit der Signatur G. THOMAS aufmerksam machte. Die Bilder erinnern an die Weise des David Teniers d. j. und Ryckaert, ohne in ihrem unbestimmten Ausdruck den besseren Arbeiten dieser beiden Meister gleichzukommen. Vermutlich gehen andere unbezeichnete Bilder des Thomas unter klangvolleren Namen. Dass er aber im 18. Jahrhundert noch verhältnismässig hoch geschätzt war, ergiebt sich aus einem Amsterdamer Auktionsbericht von 1711, wo zwei Bilder von ihm mit Galerieansichten für 99 Gulden verkauft wurden. Hymans vermutet nun auch in dem anonymen Gemälde »Das Atelier des Apelles« im Museum des Haag und in einer »Kirmes« in einer Brüsseler Sammlung Arbeiten des Thomas und weist darauf hin, dass ein »Charlatan« im Museum zu Dijon zwar nicht signiert, aber bei der Schenkung 1876 dem Museum als ein Werk des Gérard Thomas bezeichnet worden ist. Die Malerei steht mit der Tradition im Einklang. Über die Lebensdaten des Thomas wird aus den Liggeren der Antwerpener Lukasgilde und durch die weiteren Nachforschungen Hymans’ bekannt, dass er Antwerpener von Geburt, und Sohn des Peter Thomas, des Malers und Dekans der Gilde 1658—1659 war. Gérard wurde am 20. März 1663 getauft und kam 1680 zu Gottfried Maes in die Lehre, die sehr lange gedauert haben muss, da eierst 1688—1689 zum Meister gesprochen wird. Erst 1693 nahm er seine ersten Schüler an, 1695 und ein zweitesmal 1707 bekleidete er die Würde des Dekanen in der Gilde und die Kosten seines Begräbnisses werden 1720—1721 bezahlt.
DENKMÄLER
In der nächsten Zeit tritt das grosse Kaiserin Elisabethdenkmal-Komitee in Wien zu einerSitzung zusammen, um ^in besonderes Kunstkomitee zu wählen. Dies wird sich zu zwei Dritteln aus Künstlern und zu einem Drittel aus Sachverständigen zusammensetzen und im ganzen etwa dreissig Mitglieder zählen. Die einlaufenden Modelle werden im Frühjahre zur Ausstellung kommen und der Spruch der Jury dürfte Anfang April zu erwarten sein. Die ausgesetzten Preise betragen im ganzen 25000 Kronen.
Neue Marmorgruppen für den Berliner Tiergarten nach Vollendung der Siegesallee. Vom Ministerium für öffentliche Arbeiten ist eine Umgestaltung des grossen Sternes beschlossen worden. Den Künstlern sind als Aufgabe Jagd- und Tiermotive gestellt worden. An der Stelle, wo die Hofjägerallee mündet, sollen an beiden Seiten künstlerisch und architektonisch gebildete Marmorwandanlagen aufgestellt werden. Diese Werke sind dem Bildhauer R. Felderhoff übertragen. Geradeaus am südlichen Ende des Bellevueparkes soll ein Monumentalbrunnen errichtet werden, den Professor von Üchtritz ausführen wird. Der Brunnen soll das Motiv der Hubertussage behandeln. Zu beiden Seiten des Brunnens, an den Ecken der vom grossen Stern sich nach Nordwesten und Nordosten abzweigenden Alleen, sollen im Halbkreise herum vier auf breiten Postamenten zu errichtende weidmännische Marmorgruppen errichtet werden. Diese Arbeiten sind den Bildhauern Professor R. Begas, Professor M. Baumbach und dem Bildhauer Wilhelm Wandschneider übertragen worden.