Das Denkmal Viktor Emanuel’s in Rom, von dem wir schon mehrfach ausführlich berichteten, erfordert so grosse Anlagen, dass sein Ausbau nur langsam fortschreitet. Kürzlich hat das Ministerium der öffentlichen Arbeiten neue Verträge mit den Architekten und Steinlieferanten abgeschlossen. Den Portikus werden sechzig dorische kannelierte Säulen schmücken, von denen jede 15 Meter hoch ist.
Aus Venedig wird berichtet, dass die verschollene Tonskizze zu Canova’s Grabmal der Erzherzogin Maria Christina in der Augustinerkirche in Wien vom Direktor Giulio Cantalamessa in einer Kammer der venetianischen Akademie zufällig wieder aufgefunden ist. Die Skizze ist nicht unversehrt, lässt sich aber leicht wieder ergänzen. Es sind einzelne Figuren und die Pyramide mit dem Medallion, von zwei Engeln umschwebt, Tizian’s Bildnis darstellend, entdeckt worden. Jene Skizze des Grabmals war ursprünglich für ein Monument Tizian’s entworfen. Die Kriegsereignisse verhinderten die Ausführung und als Canova den Auftrag erhielt, das Grabmal Maria Christina’s auszuführen, blieb er dem ursprünglichen Entwurf getreu und brachte nur kleine Varianten an.
In Dresden werden seit kurzem die Vorarbeiten für das Bismarckdenkmal in der Seestrasse und Johannisallee begonnen. Das Denkmal soll in die Mitte der späteren Ringstrasse zu stehen kommen.
SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN
In der Städtischen Gemäldegalerie in Düsseldorf sind nach umfangreichen Neuausstattungen die Neuerwerbungen an Gemälden und Skulpturen von 1902 zur Ausstellung gekommen. Es sind eine grössere Reihe Stiftungen »zur Erinnerung an die Ausstellung 1902«.
Im Leipziger Kunstgewerbemuseum wurde am 1. Februar eine bedeutende und höchst lehrreiche Ausstellung, die der dekorativen Verwertung der Pflanze gewidmet ist, eröffnet. Die Ausstellung zerfällt in drei Hauptgruppen: 1. Studien nach der Natur in den verschiedensten Techniken von dem prunkvollen Blumenstillleben in Ölmalerei bis zur bescheidenen Bleistiftskizze, 2. Stilisierte Pflanzenformen und 3. Angewandte Pflanzenformen in Webereien, Stickereien, Schnitzereien, Möbel, Schmuck und sonstigem Gerät. In den nächsten Tagen erscheint ein Katalog; einen ausführlichen Bericht und Abbildungen wird das »Kunstgewerbeblatt« bringen.
Das Germanische Museum an der Harvard-Universität in New York ist kürzlich in den interimistisch eingeräumten Sälen in der Hochschule von Cambridge dem Publikum zugänglich gemacht worden. Der Zweck ist, nach Mitteilung des Kurators, des Professors Kuno Francke, durch Gipsabgüsse und andere Arten der Reproduktion den äusseren Entwickelungsgang der germanischen Civilisation zu beleuchten. Vorläufig sind zahlreiche Photographien der Königlich preussischen Messbildanstalt und Modelle von hervorragenden Werken deutscher Kunst aus dem 4. bis 16. Jahrhundert aufgestellt. Das grösste vorhandene Objekt ist ein zwanzig Fuss langes hölzernes Modell des Ruderbootes im Kieler Museum. Von den sonstigen Ausstellungsgegenständen wären zu nennen: Fränkischer Krieger (Museum in Mainz, 7. Jahrhundert), die Bernwardsäule in Hildesheim und die Chorschranken der Michaelskirche daselbst (12. Jahrhundert), Statue des Kaisers Heinrich II. und der Kaiserin Kunigunde aus der Bamberger Kathedrale (13. Jahrhundert). Ferner verschiedene Grabdenkmäler von Peter Vischer, die Statue Kaiser Maximilian’s in Innsbruck und die
Renaissancethür vom Hirchvogelsaal in Nürnberg. Die feierliche Eröffnung des Museums wird erst erfolgen, wenn die Geschenke des deutschen Kaisers, der Schweizer Regierung und des Berliner Komitees eingetroffen sein werden, was noch im Laufe des Jahres zu erwarten stellt.
WETTBEWERBE
Bei dem Preisausschreiben für ein in Barmen zu errichtendes Denkmal des verdienstvollen Pädagogen F. W. Dörpfeld ist der erste Preis und die Ausführung einem seiner Söhne zuerkannt worden. Der zweite Preis wurde dem Entwürfe von Paul Matzdorf zugesprochen.
VOM KUNSTMARKT
Bei der Versteigerung der Henry G. Marquandsammlung in New York hat den höchsten Preis, nämlich 121200 M., die auch in Deutschland allbekannte Vorlesung aus dem Homer von Alma Tadema erzielt. Darauf folgte im Preise Hoppner’s Porträt von Missis Geyn 88800 M.; Romney, Die Dame mit dem Muff 62000 M.; Constable, Dedham Tal 54800 M ; Sir Alma Tadema, Amo te Ama Me 42400 M.; Frederic Leighton, Ein mythologisches Triptychon 64000 M.; Romney, Schüchternes Kind 31 200 M.; Joshua Reynolds’ Porträt Mrs. Stanhope 31600 M. Man hofft, dass der neue Besitzer das erstgenannte Gemälde von Alma Tadema, das als Leihgabe ein Hauptzugstück der Städtischen Galerie in New York war, im Museum vorläufig belassen wird.
VERMISCHTES
Die beiden kostbaren Bilder, die die Berliner Gemäldegalerie kürzlich erworben hat und über die wir schon berichtet haben, sind zur Aufstellung gelangt. Die Anbetung der Hirten von Hugo van der Goes ist an der Ostwand des Eycksaales an Stelle des grossen Triptychons von Roger van der Weyden eingereiht, während die Anbetung von Martin Schongauer unter den Neuerwerbungen im Eingangsraume Platz gefunden hat. — Der Donatello-Putto, Cranach’s Ruhe auf der Flucht, der Goes und der Schongauer — fürwahr! ein gesegnetes Jahr für die Berliner Galerie.
BERICHTIGUNG
Sehr geehrte Redaktion!
In Nr. 14 der »Kunstchronik«, in der Sie von der Aufstellung des Klinger’schen Beethoven im Städtischen Museum zu Leipzig berichten, haben Sie meiner Thätigkeit und Mitwirkung bei der Erwerbung des Kunstwerkes gedacht, die in der Form, wie Sie dieselbe gebracht haben, zum mindesten einer Einschränkung bedarf. Die Erwerbung des Werkes hat in der Hand eines durch die Initiative des Direktors des Städtischen Museums, Herrn Professor Dr. Schreiber, gebildeten Komitees gelegen, das sich aus hiesigen Kunstfreunden zusammengesetzt hat, dem selbstverständlich aber auch Herr Professor Schreiber angehört. In seiner amtlichen Stellung hat er von Anfang an thatkräftig bis auf den heutigen Tag die für unsere Stadt wichtige Sache gefördert und zu ihrer Verwirklichung wesentlich beigetragen. Ich muss um dieser Thatsache willen grossen Wert darauf legen, dass Sie von dieser Richtigstellung Ihren Lesern Kenntnis geben.
In grösster Hochachtung
Prof. Dr. Julius Vogel.