vertreten, die nicht eigentlich hierher gehören: Delacroix mit einem halben Dutzend kleiner Skizzen, darunter Hamlet auf dem Friedhof, Ophelia im Flusse, Roger befreit Angelika, die Braut von Abydos, vier Tierbilder mit Löwen und Löwinnen, und zwei grösseren Gemälden, Medea und die Entführung Rebekka’s; in diesem letzteren knallen und schmettern die leuchtenden Farbenfanfaren des grossen Koloristen in gleicher Pracht wie auf den Kreuzfahrern und auf dem Barrikadenbilde; Meissonier hat ein ungemein hartes und chromoähnliches Bild hier, Les Ordonnances, und ausserdem einige seiner ausgezeichneten Miniaturbildchen, wahre Kabinettstückchen wie der Leser, die drei Raucher, der Flötenspieler, der Dichter; Isabey endlich nimmt mit zehn oder zwölf grossen Kostümbildern, Prozessionen, Hoffesten u. s. w. vielleicht mehr Raum ein, als ihm trotz seiner unleugbaren koloristischen Begabung gebührt.
Ein letztes Bild endlich führt uns zu einem weiteren Glanzpunkt der Sammlung. Das Bild ist von Barye und stellt ein Löwenpaar vor der Höhle dar. Merkwürdig ist daran die an Daumier erinnernde plastische Malweise. Der weitere Glanzpunkt dieser Sammlung aber ist eine fast vollständige Kollektion der kleinen Tierbronzen von Barye. Hier kann man sehen, dass wir trotz Mène, Cain, Frémiet, Gardet, Peter und wie die neueren Tierbildner alle heissen, seit Barye keinen bemerkenswerten Fortschritt auf diesem Gebiete der Kunst gemacht haben: Barye ist noch immer der erste Tierbildhauer der Neuzeit, und es hat ganz den Anschein, als sollte er es bleiben. Auch in dieser Hinsicht hat die Sammlung Thomy- Thiery eine sehr fühlbare Lücke gefüllt, und alles in allem werden wir selten Gelegenheit haben, einem Museum zu einer neuen Erwerbung so rückhaltlos Glück zu wünschen wie in diesem Falle.
Die Sammlung ist ganz oben unter dem Dache und hinter den Sälen des Marinemuseums untergebracht. Das Licht ist hier ausgezeichnet, aber es ist sehr zu befürchten, dass im Sommer die hier herrschende grosse Hitze den Gemälden schaden wird. Hoffentlich wird in diesem Falle sofort eingeschritten werden, denn eine Beschädigung dieser Bilder wäre ein unersetzlicher Verlust für die französische und somit für die gesamte Kunst der Welt. Der Sammlung Thomy-Thiery hat man etwa hundert Bilder aus der nämlichen Zeit beigesellt, die sich bisher in den verschiedenen Sälen des Louvre und des Luxembourg verstreut befanden. Besonders zu loben ist diese Veränderung mit Bezug auf die beiden herrlichen Chintreuils, die Ankunft des Postwagens von de la Berge, das Tepidarium von Chassériau, die Doggen von Decamps, den Grenadier von Raffet, die Landschaften von Cabat, Flers und Michel, die bisher in dem vollständig finsteren Louvresaale hingen, wo sich das Begräbnis von Omans Courbets immer noch befindet. Auch mehrere Courbets sind in den neuen Sälen untergebracht worden: das jugendliche Selbstbildnis, der Verwundete, die Rehe im Walde und das Bildnis Champfleury’s; von Delacroix sind jetzt die türkischen Frauen in ihrem Gemache und das
vorzügliche Selbstbildnis hier; von Fromentin die algerische Falkenjagd und die ägyptischen Frauen am Nil; von dem Soldatenmaler Bellangé die Revue unter dem Kaiserreich; von Meissonier eines seiner bekanntesten und besten, bisher im Luxembourg befindlichen Bilder »Solferino«, sodann das ausgezeichnete Bildnis von Frau Gerriot, eine gute patriotische Skizze, die Apotheose der Verteidigung von Paris 1870—71, ein Selbstbildnis, das Porträt des jüngeren Dumas und einige ebenfalls aus dem Luxembourg stammende Skizzen; von Chintreuil ausser den beiden erwähnten grossen Bildern drei ganz entzückende kleine Bildchen voll weltferner stiller Poesie; von Millet die Kirche von Greville; von Ricard das bekannte Selbstbildnis und ein weibliches Porträt; von Rousseau der schon früher im Louvre befindliche Waldessaum; von Henri Regnault das an Goya erinnernde kleine Bildnis der Gräfin von Barck in spanischem Kostüm; von Daumier das kleine Porträt Rousseau’s und die balgenden Bauern mit dem Eseldieb; von Robert-Fleury das Colloquium von Poissy; von Gigoux zwei Porträts; die zwei italienischen Veduten von Corot, die schon seit vielen Jahren im Louvre sind; der schöne Daubigny mit dem Teiche am Hügel; die zwei grossen Duprés »Morgenund »Abend« aus dem Luxembourg; die grosse holländische Marine von Isabey, ebenfalls aus dem Luxembourg, eines der farbenfrohesten Gemälde dieses Ziem vorausahnenden Künstlers; ferner noch Arbeiten von Paul Huet, den Orientmalern Tournemine und Belly, der weibliche Akt aus der Centenale der letzten Weltausstellung von Trutat und ein sehr hüsches Interieur von Adolf Felix Cals, worin dieser nicht nach Gebühr bekannte Maler den ganzen Israels vorausnimmt. KARL EUGEN SCHMIDT.
BERLINER BRIEF
Der Name Arthur Johnson wird sicher einmal zu den besten gezählt werden, die unsere Kunstgeschichte nennt, wenn sein noch nicht dreissigjähriger Träger die glänzenden Erwartungen auch ferner rechtfertigt, die des Künstlers erste Sonderausstellung — bei Keller & Reiner — erweckt hat. Johnson ist von Geburt Amerikaner, doch hat er seine künstlerische Ausbildung von seinem achtzehnten Lebensjahre an in Deutschland, und zwar, von Reisen und selbständigen Studien abgesehen, an der hiesigen Kunstakademie genossen.
Seine Ausstellung beweist, dass er ein ebenso eminenter Zeichner, wie bedeutender Maler ist. Die Zeichnungen, Studienköpfe, Hände, Landschaften und von frischem sprudelnden Humor erfülltèn figürlichen Darstellungen zeigen ein geradezu erstaunliches Können, eine Fähigkeit, ohne Missachtung des Kleinen immer den grossen Eindruck zu geben, die man nur bei unseren besten Meistern anzutreffen pflegt. — Die grossen Gemälde aber, die Johnson ausgestellt hat, sind von so wunderbarer Glut und dennoch so prächtiger Abgeklärtheit der Farbe, von einer solchen Tiefe der Empfindung und von einem solchen Schönheitsgefühl beseelt, sie geben die Pracht der Farben in der Natur unter der Wirkung des Sonnenlichtes so kraftvoll wieder, dass man sich mit reinster Freude und echtem Genuss in ihren Anblick versenken kann.
Nicht wie so viele der Unseren malt er Landschaften
und fügt, berühmten Mustern nacheifernd, mehr oder minder