gut gemalte Akte hinein, die dann wie fremd und frierend in ihrer einsamen Schönheit darin stehen — nein, ihm gelingt es in der That, die Stimmung seiner Schilderungen durch ebenso schlicht wie lebensvoll, ebenso naturwahr wie zart und duftig gemalte Akte zu vertiefen. Sie gehören zu der Landschaft, in der sie stehen, sie scheinen dem Boden entsprossen, wie die buntfarbigen, in hundert Tönen schimmernden Blumen umher; Johnson ist ein Poet, er will nicht bloss einer sein.
»Sonnenkuss« ist wohl das herrlichste der fünf Gemälde: Eine Farbenharmonie von ebenso grosser Fülle wie Zartheit und Abrundung klingt aus dem ganz durchleuchteten Bilde; eine jugendliche weibliche Gestalt kniet, den schönen Kopf in seliger Verzückung zurückgeworfen, unbekleidet auf blumenübersäetem Grund. Durch die Äste der Bäume, durch deren Stämme man fern ein Wasser blinken sieht, fliessen die Strahlen der Sonne; sie tauchen den Kopf des Mädchens in eine Flut von Licht. — Ähnliche Vorwürfe behandeln die Gemälde »Sonnenrauschund die mit jenem ersten um den Preis ringende »Landschaft«. In »Träumendes Wasser«, das den dunklen Spiegel eines Waldsees zeigt, auf dem eine Riesenblüte schwimmt, hat der Künstler den Gegenstand nicht ganz bezwungen. So schön auch die Malerei als solche ist — die schlummernde Nymphe, deren Gewand die Blätter jener Blüte Vortäuschen soll, wirkt zu aufdringlich, so dass man nicht gleich die »Blüte« erkennt.
In »chant d’amour« endlich kommt wieder der frische Humor Johnson’s zu Tage; es stellt am Ufer eines von einem Park umschlossenen Teiches einen schmachtend die Mandoline spielenden, verhungert und trübe dreinschauenden Ritter dar, dem seine schon reichlich angejahrte »Schöne« mit etwas spöttischem Lächeln lohnt. Ein dicker, stumpfsinnig blickender Page trägt die Schleppe ihres Gewandes. Sprudelnde Laune spricht aus dieser Schilderung, die übrigens an Farbenpracht mit den anderen wetteifert. —
Alles, was sonst noch bei Keller & Reiner zu sehen war, trat ganz zurück. Nur eine lebensvolle Tierstudie von Heinrich Zügel-München und ein paar formenstrenge, kräftig modellierte Bronzen von Karl Hinterseher-München verdienen noch Erwähnung.
Sehr erfreuliche Arbeiten enthält die jetzige Ausstellung im »Künstlerhaus«. Dort, im Hause des vielköpfigen »Vereins Berliner Künstler« haben sich nicht weniger als fünf kleinere hiesige Vereine ein Stelldichein gegeben, der »Märkische Künstlerbund«, die »Modernen Landschafter«, der Verein »Freie Kunst«, der »Künstlerwestklub« und die »Gesellschaft deutscher Aquarellisten«.
Otto Heinrich Engel bietet neben einigen trefflichen Darstellungen aus Friesland ein sehr gutes Kinderbildnis und eine scharf beobachtete, malerisch und koloristisch gleich fein wiedergegebene Volksscene »Kinderbegräbnis aus der Oberpfalz«. Das bedeutendste Bild der Ausstellung hat wohl Karl Langhammer mit seiner grosszügig erfassten und fast monumental geschilderten »Römischen Campagna« beigesteuert. Finster getürmte Wolkenmassen bedecken den weiten Himmel; nur im Vordergründe ist das Land hier und da in Sonne getaucht — sonst weithin Dämmerung und Schatten. — Im Hintergrund zur Linken eine Ruine, gebrochene Säulen, dunkle Berge schliessen die Fernsicht. Mit ebenso grosser Einfachheit wie überzeugender Kraft hat der Maler die Grösse der schweigenden Einsamkeit geschildert, und es ist ihm gelungen, trotz des Riesenmasses der Leinewand ein abgerundetes, in sich geschlossenes Werk zu schaffen. —
Müller-Schönefeld hat eine farbig schöne, nur etwas zu ausgeglichene Arbeit in seinem unbetitelten Gemälde
ausgestellt, das wohl als »Lebensfreude« zu bezeichnen ist. Die Gruppe der Tanzenden, die etwas frischere Töne zeigt, die Bogenschützen und die Landschaft, alles ist bis auf eine leichte Härte der Waldsilhouette trefflich gemalt, nur ein wenig lebhaftere, frischere, kühnere Farbengebung wäre dringend zu wünschen.
Philipp Franck’s »Dorfstrasse«, »Kartoffelschälerinnenund »Vor der Taufe« rufen ungeteilte Freude hervor. Sie sind von derselbenjugendlichkeit und Unmittelbarkeit der Erfassung und Schilderung des Lebens, die man an seiner »Geburtstagsfeier« bewundern konnte.
Von Skarbina sieht man ein sehr stimmungsvolles Nachtbild, von Vorgang eine so gross geschaute und wuchtig gemalte Landschaft mit Ochsengespannen, wie er sie seit Jahren nicht mehr geschaffen, von Karl Ziegler feintönige, dunkel gehaltene Porträts, von Fritz Geyer, Hans Pigulla und Karl Kayser-Eichberg gute, stimmungstiefe Landschaften, von A. v. Brandis koloristisch schöne Interieurs, von Schlichting ein sehr schönes sonniges, von durchsichtiger Luft erfülltes Seestück »Von der belgischen Küste«, von F. Kallmorgen eine seiner unübertrefflichen Schilderungen aus dem Hamburger Hafen und von Ludwig Dettmann eine grosse Landschaft »Nach dem Gewittersturm« mit meisterlich gemaltem Regenbogen.
Endlich sei die vortreffliche, überaus lebendige Wachsbüste des Malers Georg Ludwig Meyn von Marlin Schauss, und Meyn’s nicht minder ähnliches Bildnis des deutschösterreichischen Schriftstellers Karl Pröll rühmend erwähnt, ein Gemälde, das zu den weitaus besten gehört, die dem Maler bisher gelungen. PAUL WARNCKE.
FLORENTINER BRIEF
Die hiesige Chronik hat ein paar Diebstähle zu melden. Um die Mitte des Januars wurde aus dem Oratorio dell’ Annunziata zu Calenzano — zwischen Florenz und Prato — eine Robbiaskulptur gestohlen. Das Werk stellt, nach verschiedenen Mitteilungen in Zeitungen, Maria dar, am Kreuzesstamm, auf dem Schoss den Leichnam Christi haltend, den zwei heilige Frauen stützen. Ein Fruchtkranz umgiebt das Relief, das dem Luca della Robbia zugeschrieben wird (?). Bis jetzt fehlt jede Spur von dem Verbleib des Werkes. Und soeben wird gemeldet, dass in der Pieve von Limite bei Campi, im unteren Val d’Arno, ein Bild von Kunstwert und ein Ciborium gestohlen worden sind. Nähere Angaben fehlen. —
Vor bald einem Jahr ist eine Schrift erschienen, in der sich ein beachtenswerter Urkundenfund findet; da aber diese Gelegenheitsschrift1) nur in 150 Exemplaren, die zudem nicht in den Handel kamen, publiziert wurde, mag es erlaubt sein, mit ein paar Worten die für die Florentiner Kunstforschung interessanten Ergebnisse mitzuteilen. In dem Archiv der Innocenti hat Gaetano Bruscoli die auf die Entstehung des grossen Altarwerkes von Ghirlandaio bezüglichen Dokumente aufgefunden. Der Kontrakt, in welchem sich Ghirlandaio verpflichtete, das Bild eigenhändig — tutto di sua mano — zu malen, trägt das Datum des 23. Oktober 1485. Die Ablieferungsfrist wurde auf dreissig Monate festgesetzt; doch scheint es, dass dieser ungewöhnlich lange Termin, in dem wir gewiss ein Zeichen für die Vielbeschäftigtheit des berühmten Künstlers erblicken dürfen, nicht genau innegehalten wurde. Wenigstens ist die Zahlung erst unter dem 31. Dezember 1488 vermerkt.
Merkwürdiger aber, als diese Funde, die, an sich gewiss wertvoll, doch nur Bekanntes ergänzen, wichtiger auch
1) Per le nozze Canevaro-Ridolfi. XXI11. April 1902.
»Sonnenkuss« ist wohl das herrlichste der fünf Gemälde: Eine Farbenharmonie von ebenso grosser Fülle wie Zartheit und Abrundung klingt aus dem ganz durchleuchteten Bilde; eine jugendliche weibliche Gestalt kniet, den schönen Kopf in seliger Verzückung zurückgeworfen, unbekleidet auf blumenübersäetem Grund. Durch die Äste der Bäume, durch deren Stämme man fern ein Wasser blinken sieht, fliessen die Strahlen der Sonne; sie tauchen den Kopf des Mädchens in eine Flut von Licht. — Ähnliche Vorwürfe behandeln die Gemälde »Sonnenrauschund die mit jenem ersten um den Preis ringende »Landschaft«. In »Träumendes Wasser«, das den dunklen Spiegel eines Waldsees zeigt, auf dem eine Riesenblüte schwimmt, hat der Künstler den Gegenstand nicht ganz bezwungen. So schön auch die Malerei als solche ist — die schlummernde Nymphe, deren Gewand die Blätter jener Blüte Vortäuschen soll, wirkt zu aufdringlich, so dass man nicht gleich die »Blüte« erkennt.
In »chant d’amour« endlich kommt wieder der frische Humor Johnson’s zu Tage; es stellt am Ufer eines von einem Park umschlossenen Teiches einen schmachtend die Mandoline spielenden, verhungert und trübe dreinschauenden Ritter dar, dem seine schon reichlich angejahrte »Schöne« mit etwas spöttischem Lächeln lohnt. Ein dicker, stumpfsinnig blickender Page trägt die Schleppe ihres Gewandes. Sprudelnde Laune spricht aus dieser Schilderung, die übrigens an Farbenpracht mit den anderen wetteifert. —
Alles, was sonst noch bei Keller & Reiner zu sehen war, trat ganz zurück. Nur eine lebensvolle Tierstudie von Heinrich Zügel-München und ein paar formenstrenge, kräftig modellierte Bronzen von Karl Hinterseher-München verdienen noch Erwähnung.
Sehr erfreuliche Arbeiten enthält die jetzige Ausstellung im »Künstlerhaus«. Dort, im Hause des vielköpfigen »Vereins Berliner Künstler« haben sich nicht weniger als fünf kleinere hiesige Vereine ein Stelldichein gegeben, der »Märkische Künstlerbund«, die »Modernen Landschafter«, der Verein »Freie Kunst«, der »Künstlerwestklub« und die »Gesellschaft deutscher Aquarellisten«.
Otto Heinrich Engel bietet neben einigen trefflichen Darstellungen aus Friesland ein sehr gutes Kinderbildnis und eine scharf beobachtete, malerisch und koloristisch gleich fein wiedergegebene Volksscene »Kinderbegräbnis aus der Oberpfalz«. Das bedeutendste Bild der Ausstellung hat wohl Karl Langhammer mit seiner grosszügig erfassten und fast monumental geschilderten »Römischen Campagna« beigesteuert. Finster getürmte Wolkenmassen bedecken den weiten Himmel; nur im Vordergründe ist das Land hier und da in Sonne getaucht — sonst weithin Dämmerung und Schatten. — Im Hintergrund zur Linken eine Ruine, gebrochene Säulen, dunkle Berge schliessen die Fernsicht. Mit ebenso grosser Einfachheit wie überzeugender Kraft hat der Maler die Grösse der schweigenden Einsamkeit geschildert, und es ist ihm gelungen, trotz des Riesenmasses der Leinewand ein abgerundetes, in sich geschlossenes Werk zu schaffen. —
Müller-Schönefeld hat eine farbig schöne, nur etwas zu ausgeglichene Arbeit in seinem unbetitelten Gemälde
ausgestellt, das wohl als »Lebensfreude« zu bezeichnen ist. Die Gruppe der Tanzenden, die etwas frischere Töne zeigt, die Bogenschützen und die Landschaft, alles ist bis auf eine leichte Härte der Waldsilhouette trefflich gemalt, nur ein wenig lebhaftere, frischere, kühnere Farbengebung wäre dringend zu wünschen.
Philipp Franck’s »Dorfstrasse«, »Kartoffelschälerinnenund »Vor der Taufe« rufen ungeteilte Freude hervor. Sie sind von derselbenjugendlichkeit und Unmittelbarkeit der Erfassung und Schilderung des Lebens, die man an seiner »Geburtstagsfeier« bewundern konnte.
Von Skarbina sieht man ein sehr stimmungsvolles Nachtbild, von Vorgang eine so gross geschaute und wuchtig gemalte Landschaft mit Ochsengespannen, wie er sie seit Jahren nicht mehr geschaffen, von Karl Ziegler feintönige, dunkel gehaltene Porträts, von Fritz Geyer, Hans Pigulla und Karl Kayser-Eichberg gute, stimmungstiefe Landschaften, von A. v. Brandis koloristisch schöne Interieurs, von Schlichting ein sehr schönes sonniges, von durchsichtiger Luft erfülltes Seestück »Von der belgischen Küste«, von F. Kallmorgen eine seiner unübertrefflichen Schilderungen aus dem Hamburger Hafen und von Ludwig Dettmann eine grosse Landschaft »Nach dem Gewittersturm« mit meisterlich gemaltem Regenbogen.
Endlich sei die vortreffliche, überaus lebendige Wachsbüste des Malers Georg Ludwig Meyn von Marlin Schauss, und Meyn’s nicht minder ähnliches Bildnis des deutschösterreichischen Schriftstellers Karl Pröll rühmend erwähnt, ein Gemälde, das zu den weitaus besten gehört, die dem Maler bisher gelungen. PAUL WARNCKE.
FLORENTINER BRIEF
Die hiesige Chronik hat ein paar Diebstähle zu melden. Um die Mitte des Januars wurde aus dem Oratorio dell’ Annunziata zu Calenzano — zwischen Florenz und Prato — eine Robbiaskulptur gestohlen. Das Werk stellt, nach verschiedenen Mitteilungen in Zeitungen, Maria dar, am Kreuzesstamm, auf dem Schoss den Leichnam Christi haltend, den zwei heilige Frauen stützen. Ein Fruchtkranz umgiebt das Relief, das dem Luca della Robbia zugeschrieben wird (?). Bis jetzt fehlt jede Spur von dem Verbleib des Werkes. Und soeben wird gemeldet, dass in der Pieve von Limite bei Campi, im unteren Val d’Arno, ein Bild von Kunstwert und ein Ciborium gestohlen worden sind. Nähere Angaben fehlen. —
Vor bald einem Jahr ist eine Schrift erschienen, in der sich ein beachtenswerter Urkundenfund findet; da aber diese Gelegenheitsschrift1) nur in 150 Exemplaren, die zudem nicht in den Handel kamen, publiziert wurde, mag es erlaubt sein, mit ein paar Worten die für die Florentiner Kunstforschung interessanten Ergebnisse mitzuteilen. In dem Archiv der Innocenti hat Gaetano Bruscoli die auf die Entstehung des grossen Altarwerkes von Ghirlandaio bezüglichen Dokumente aufgefunden. Der Kontrakt, in welchem sich Ghirlandaio verpflichtete, das Bild eigenhändig — tutto di sua mano — zu malen, trägt das Datum des 23. Oktober 1485. Die Ablieferungsfrist wurde auf dreissig Monate festgesetzt; doch scheint es, dass dieser ungewöhnlich lange Termin, in dem wir gewiss ein Zeichen für die Vielbeschäftigtheit des berühmten Künstlers erblicken dürfen, nicht genau innegehalten wurde. Wenigstens ist die Zahlung erst unter dem 31. Dezember 1488 vermerkt.
Merkwürdiger aber, als diese Funde, die, an sich gewiss wertvoll, doch nur Bekanntes ergänzen, wichtiger auch
1) Per le nozze Canevaro-Ridolfi. XXI11. April 1902.