wucht hingestrichen, die ihre bleibende Grösse hat, allerdings voriges Jahr in der Zusammenstellung mit mächtigen Worpsweder Bildern (Mackensen, Vinnen) ihrer monumentalen Grosszügigkeit gegenüber an Charakter verlor, ln letzter Zeit sieht man Israels’schen Einfluss durchdringen, so in dem vorzüglichen Bilde: »Netzflickerei«, wo das Auge in schweren grünlichen und bräunlichen Tönen mühsam dahinwatet und sich’s doch nicht verdriessen lässt. — Der Hagenbund hat soeben eine sehr ansehnliche Ausstellung von Bildern und Zeichnungen des Ehepaares Karl Mediz und Emilie Mediz-Pelikan veranstaltet. Es sind 73 Werke, darunter viele grosse Bilder, in jener minutiösen Ausführung, auf die sich beide Künstler eigens eingearbeitet haben. Das bekanntlich in Dresden angesiedelte Paar gedenkt seinen Wohnsitz nach Wien, der Vaterstadt des Gatten, zu verlegen, dessen grosses Bild »Die vier Eismänner« voriges Jahr vom österreichischen Unterrichtsminister für die moderne Galerie erworben wurde. Zwei solche alpine Kraftmänner stellt auch eines der diesmaligen Bilder von Karl Mediz dar. Ein anderes bedeutendes Stück ist sein Gemälde »Der heilige Brunnen«. Dargestellt ist der 600 Jahre alte Brunnen im Stift Heiligenkreuz, dessen bleierne Becken in allen alten Patinatönen blühen. Auf der Sockelstufe sitzt vorne eine ernste weibliche Gestalt, in bürgerlichem Gewände, aber mit grossen blauen Flügeln. Sie stellt von Hause aus die Gotik vor und ist das Bildnis der Frau Mediz. Noch andere grosse Bilder schildern teils die phantastischen Klippenufer Dalmatiens und Corfus, teils die Gletscherwelt am Gross- Venediger. Genaueste Beobachtung der Natur mischt sich da mit phantastischer Atmosphärik. Wie immer bei diesem Künstlerpaare, ist die äusserst genaue Wiedergabe der Pflanzenwelt ein hervorstechender Charakterzug. Diese ganze Bilderschau macht den Eindruck einer aparten Welt, in der nur dieses Ehepaar zu Hause ist. Ludwig Hevesi.
DIE KATATYPIE, EIN NEUES PHOTO­ GRAPHISCHES KOPIERVERFAHREN
Im Dezember vorigen Jahres hielt Dr. Gross im Leipziger physikalisch-chemischen Institut einen Vortrag über die Katatypie, eine von ihm näher bearbeitete Erfindung Prof. Ostwald’s, welche berufen erscheint, auf dem Gebiete der Photographie und der mit ihr verwandten technischen Verfahren wichtige Umwälzungen hervorzurufen. Dieses Verfahren setzt uns in den Stand, von einem photographischen Bilde Abzüge, Kopien zu machen ohne Einwirkung des Lichtes, allein durch Kontakt mit dem Originalbild.
Die meisten chemischen Verbindungen lassen sich durch Anwesenheit gewisser, an jener Verbindung selbst unbeteiligter Stoffe beschleunigen („Katalyse“).
Ein derartiger Stoff, welcher nur durch seine Gegenwart, ohne dass er selbst dabei verbraucht oder verändert wird, als Beschleuniger wirkt, heisst Katalysator. Zu diesen Katalysatoren gehören ausser Licht, Wärme u. s. w. eine grosse Zahl von Metallen, z. B. auch Silber und Platin.
Es ist bekannt, dass sich Wasserstoffsuperoxyd (H202) mit der Zeit in Wasser (H,20) und Sauerstoff (O) zersetzt. Dieser Vorgang wird ebenfalls durch die Anwesenheit gewisser Katalysatoren beschleunigt (z. B. durch Platin und Silber).
Wird daher ein Platin- (oder Silber-) negativ, welches also in den »Lichtern« metallisches Platin trägt, in den »Schatten« nur wenig oder gar keines, mit H202 (ätherische 1—2°/o Lösung) übergossen, so wird das letztere an allen denjenigen Stellen in FI20 und O zerlegt, also zerstört, welche metallisches Platin tragen, an den anderen
nicht. Legt man nun auf ein derartig behandeltes Bild ein Stück Papier (am besten gewöhnliches gelatiniertes Papier), so diffundiert das H.202 an jenen Stellen, an welchen es nicht zerstört wurde (den Schatten des Negativs), in das aufgelegte Papier hinein. Wir haben damit in dem aufgelegten Blatt ein (unsichtbares) H202-Bild (Positiv).
H2 02 hat unter anderem die Eigenschaft, oxydierend zu wirken. Legen wir daher das H202-Bild nun in eine Lösung eines /wrosalzes (Eisenoxydulsalzes, z. B. schwefelsaures Eisenoxydulammoniak 2—20 °/0), so wird dieses Salz an denjenigen Stellen des Papiers oxydiert, d. h. in ein Ferrosalz (Eisenoxydsalz) übergeführt, welche H202 aus dem Originalbild empfangen haben (d. h. aus den Schatten des Negativs). Da das Ferrosalz etwas anders gefärbt ist, wird man somit schon jetzt auf dem Papier ein schwaches Bild erkennen; um es nun gut sichtbar zu machen, bringt man das Papier (nach Abspülen) in eine Flüssigkeit, in welcher sich das Ferrosalz färbt (z. B. in eine Ferrocyankalilösung, in welcher das Ferrosalz blau wird, oder in eine Gallussäurelösung, in welcher es schwarz wird); damit ist dann ein Bild erzeugt, welches dort Farbe trägt, wo das Negativ weiss (Schatten) war und umgekehrt. Hatten wir also zuerst ein Vlaünnegativ, so haben wir jetzt eine positive blaue oder schwarze Kopie. An Stelle der Ferrosalze kann man auch Mangan- oder Kupferoxydulsalze der Wirkung des H20.2 aussetzen und die dann erhaltenen Oxydsalze in farbige Verbindungen überführen. Es stehen uns also hier eine Menge von Variationen zur Verfügung; wir können die Kopien in den verschiedensten Farben und Farbèntönen herstellen. Ausserdem bieten diese Kopien gegenüber den bisherigen Platin- oder Silberkopien zahlreiche Vorzüge: die Eisen-, Kupfer- und Mangansalze sind wesentlich billiger als jene Edelmetalle; die erhaltenen Farben resp. Töne sind viel beständiger, weniger veränderlich als die jener Edelmetalle; ferner kann man zur Herstellung der Kopien das besonders im Winter oft so karg bemessene Tageslicht entbehren; die ganzen Manipulationen brauchen nicht im Dunkeln gemacht zu werden, man kann das Präparieren und Entwickeln im Tageslicht vornehmen. Ausserdem lässt sich ein solcher Kontaktabdruck in kürzerer Zeit herstellen als es mit den Lichtabdrucken meist möglich ist. Zum Kontakte genügen 30—60 Sekunden, während welchen das Original mit dem Papier im Kopierrahmen verbleibt.
Durch eine Reihe von Versuchen ist es ferner bereits gelungen, Leimbilder und Gummidrücke mit dem Kontaktverfahren (der Katatypie) herzustellen; nach dem Kontakt mit dem H„02-durchtränkten Originalnegativ werden Leimoder Gummipapier in Ferrosalzlösung gebadet; das dabei im Bilde entstehende Ferrosalz macht den Leim resp. Gummi unlöslich. Das Verfahren gestaltet sich durch den Kontakt wesentlich weniger zeitraubend, so dass der Vortragende sogar Gummidrucke in wenigen Minuten den Zuhörern herzustellen imstande ist. ln ähnlicher Weise ist es bereits gelungen, Lichtdruckplatten durch die Katatypie herzustellen.
Es eröffnen sich damit auch für die technischen Vervielfältigungsverfahren neue Aussichten, deren Bedeutung heute noch gar nicht abzusehen ist. Wenn bisher nur von den Vorteilen gesprochen wurde, welche sich für den sogenannten Positivprozess ergeben, d. h. für die Herstellung von Kopien von einem in der bisherigen Art und Weise mit der photographischen Camera aufgenommenen Negativ, so muss betont werden, dass die Katatypie auch in dem letzgenannten Verfahren, dem Negativprozess, Wandel schaffen dürfte: bisher konnten wir unsere Originalaufnahmen nur auf Glasplatten machen resp. auf Celluloidfolien, deren Preis unverhältnismässig hoch ist und deren Bearbeitung eine ganze Reihe von Schwierigkeiten bietet;