und gegeneinander gesetzten Farbenflecken festgehalten, bekamen dort eine, man möchte sagen musikalische Verwandtschaft mit den Figuren eines Oravelot und Moreau in den Stichen der Prachtbücher des 18. Jahrhunderts. Leider ist bei ihm die letzte Fland oft die Feindin der Skizze. Wenige haben seinen feinschmeckerischen Farbensinn, aber in seinen ausgeführten Bildern wirkt die Farbe durch zu bekümmerten Auftrag oft klebrig und undurchsichtig. Nicht viele erfassen die Massenverhältnisse eines Kopfes so klar wie er, aber in seinen durchgearbeiteten Lithographien sind die Umrisse bisweilen durch zu starke Wiederholung der Linien beschwert. Wir sehen an einigen Stellen derben Hanf, wo wir flatternde Seidenfäden erwarten. Die Kraft, auch bei sorglicher Kalligraphie den Reiz energischer Handzüge zu wahren, jene tänzerisch leichte Kraft muss dem ein wenig zu deutschen Maler noch eigen werden.
Von den beiden Gemälden, in denen Bauer den Lyriker Stefan George, den reinsten Krystallisator, den die deutsche Sprache in unserer Zeit hat, darstellt, ist mir weniger das grosse, auf gelb, violett und grün gestimmte Ölbild des Lesenden am Tische, als das nur violettbraune Pastellprofil erfreulich, das in dem weichen metallischen Fluss der Züge und dem leicht gewellten Haar dem Dichter eine beglückende Jugendlichkeit giebt. Ganz der Erscheinung hingegeben zeigt sich der Künstler in der Bildstudie zweier Mädchen im Schlafzimmer. Die Linke steht, ihre orangefarbene Schärpe in der Hand. Die Rechte sitzt und liest, ihr Oberkörper ist noch nackt. Ihr rotes Untergewand klingt mit der hellroten Zimmerwand gegen das grüne Laub vor dem offenen Fenster. Das Licht fällt blaurot auf das Bett, es durchklärt die braunen Haare der Sitzenden. Die gleiche Freude am Rot schuf das noch lebhaftere, aber etwas harte Bild einer reif prangenden Frau in rötlichem Haar, die in Vorderansicht vor einem Tische und einem rotverhangenen Fenster steht. Der schwarze Hut, ein graugrünvioletter Mantel, im Hintergründe eine vom Rot beglänzte weisse Kinderbüste, und ein Bouquet schliessen die Farbenreihe. Auf dumpfere Töne gestimmt ist das Profil einer Frau in ausgeschnittenem hellvioletten Kleid vor rotvioletter Wand. Das farbig beste Werk des Malers ist das Brustbild eines Mädchens in Seitenansicht. Die sehr feinen Züge werden gehoben durch das braune niederfliessende Haar, in das eine Perlenschnur verwoben ist. Die wie aus durchleuchtetem Elfenbein geschnittene Hand hält einen schimmernden Nautilus.
ln den Vordergrund der Beachtung tritt Bauer aber durch seine Steindrucke und besonders durch sein schon von weitem Erfolge begleitetes Unternehmen, die Züge der Männer, deren Werke das Leben unserer heutigen Besten bestimmen, in einer aus der Erkenntnis ihrer Früchte geborenen Durchdichtung auch den Häusern mittleren Wohlstandes als gedankenvollen Wandschmuck zu bieten. Goethe, der Unendliche, ist auch für ihn der erste. Von den zahlreichen Blättern, in denen er den Schriftsteller aus Frankfurt in seinen verschiedenen Lebenswandlungen festgehalten hat, gefällt mir am besten der Sesenheimer. Leidenschaftlich ist das Gesicht, fast nur Profil, nach links gewandt. Kraftvoll fesseln die Augen. Das weisse Halstuch, lose umgeschlungen, flattert unruhig zurück. Auch ein weit übergreifender Baumast im Hintergrund sagt es: der Sturm weht seinem Bruder entgegen. Dann der Olympier. Ganz in Vorderansicht, in ruhigster Haltung tritt die prächtige, etwas faltige Masse des Gesichtes uns entgegen. Weisses wie flammendes Flaar umgiebt die mächtige Domkuppel der Stirn. Die beiden gewaltigen Augen werden jeden, der das Blatt besitzt, oft mahnend und tröstend zugleich anblicken. Schiller wurde zweimal von Bauer ge
geben: einmal im Profil, nach rechts gewandt, mit brennendem Blick. Stark sind die knochigen, vielgebogenen unschönen Züge betont, reich das berühmte rote Haar mit starken eigenhändigen Eingriffen nach Fertigstellung der Platte belebt. Ergreifender wirkt die Dreiviertelansicht. Aus dunklem Grunde taucht, in der Wirkung Carrière’schen Bildern ähnlich, nur die Kopfmaske empor, mit hellstem Licht auf der Stirn. Die Augen aber liegen ganz im Dunkeln. Es ist der Dichter der »Gruppe aus dem Tartarus«. Neben dieses Blatt tritt leicht Hölderlin. Ein weicher, versonnener fast weiblicher Kopf mit verschleiert blickenden Augen, in ganz dünnen weichen, verschwimmenden Linien festgehalten. Ein weniger gelungenes, vor allem zu stark mit dunkler Farbe beladenes Stück ist »Beethoven am Klavier.« Der Kopf ist zurückgeworfen, das Auge gesenkt, der Mond steht voll in der Nacht. Der Ausdruck ist doch eher mürrisch hochmütig, als von tragischem Stolz. Eines der weissesten, freiesten Blätter des Meisters ist dagegen der junge Heine. Wir sehen das eigentlich hübsche Gesicht von vorn; ein leise spöttischer und dabei doch melancholiclier Zug belebt den Mund. Deutliche Spuren der Nacharbeit des Messers auf dem schon druckfertigen Stein sind hier zu bemerken. In schwererer ruhigerer Erscheinung tritt naturgemäss Bauer’s enger Landsgenosse Moerike vor uns. Er hält ein aufgeschlagenes Büchlein vor das sinnende Auge, ganz wie ein echter Pfarrer. Das Weiche in dem massigen Kopfe ist gut beobachtet, die schöne gewellte Stirn und die Falte unterm Auge. Eine der einfachsten und zugleich eindrucksvollsten und beliebtesten unter den Lithographien ist die Schopenhauer gewidmete. Trefflich ist schon die Raum Verteilung: wie in dem mittelgrossen Breitblatte der Kopf ohne alles Beiwerk links unten an den Rand gesetzt ist. Da kommt vor dunklem Grunde der rocher de bronze des durchfurchten Schädels, kommen die reich durchgebildeten Augen zu schönster Geltung. Von der herben kundigen Kritik Meister Arthur’s in das Reich prangendsten Eigenwillens leitet Richard Wagner. In dem am meisten plastischen seiner Blätter hat Bauer ihn dargestellt, in Dreiviertelansicht nach rechts, den Kapellmeisterstab in gebietender Hand. Mächtig breitet sich die Stirn, schlaff schon hegen die Wangen. Im Hintergrund steigen die Tonwellen des Feuerzaubers auf. Wagner’s edelster Judas, Friedrich Nietzsche, ende die Folge. Auf dem breiten Blatte ist der Kopf mehr nach links gerückt, die schmerzend schwere Stirn in die Hand gestützt. Dahinter aber leuchtet die Sonnenscheibe, schwingt sich der Adler. — Doch sollen wir bei einer Darstellung Nietzsche’s daran denken, dass der Mensch zuletzt krank wurde und starb? Kümmert es uns, was aus der Kohle wird, nachdem sie brennend ihre herrliche Wärme uns gegeben?
Unter den Steindrucken Bauer s, die Personen unserer letzten Zeit wiedergeben, nehmen schon der Zahl nach — fünf — die Darstellungen Stefan George’s einen weiten Platz ein. Drei seien herausgehoben. Ein im Umfang bescheidenes Blatt bietet den Dichter als Kniestück, in leichter Wendung nach links, die Hände über dem langen Rocke verschränkt, das Haupt erhoben, die Augen streng niederblickend. Jene pessimistische Abgeschlossenheit spricht hier sich aus, in die bedeutende Menschen sich für Zeiten unter dem allzuoft sich wiederholenden Eindrücke flüchten, dass in der Welt meistens mit Kupfermünze gezahlt wird. Technisch ist die Arbeit bedeutsam durch die sparsam nur starke Licht- und Schattenflecke gebende, eine schöne Schwarzweisswirkung erzeugende Behandlung. Freilich ist dies nicht die Sprache der Lithographie, sondern die des Originalholzschnittes, wie ihn Veldheer in Holland, Kongstad in Dänemark zu prächtigem Leben erweckten. Wollte Bauer diese Fertigkeit erlernen,