Sitzfiguren der Evangelisten, Kirchenväter und deren Schüler, die bei der damaligen Wiederherstellung durch die in Bronze gegossenen plumpen wasserspeienden Bestien ersetzt worden sind, fehlten vollständig und von den übrigen vierundzwanzig Figuren des Brunnens waren damals sechzehn so stark verwittert, dass sie keine Verwendung finden konnten, sondern neu hergestellt werden mussten. Dieser unter Beihilfe Ernst von Bandel’s, des Schöpfers des Hermannsdenkmals, von Reindel geschaffene »Schöne Brunnen« hatte im Laufe des Jahrhunderts durch die Unbill der Witterung so sehr gelitten, dass schon seit längerer Zeit eine gründliche Wiederherstellung unabweislich erschien. Statt ihrer zog man es vor, das Werk vollständig neu aufzuführen und dazu an Stelle des weichen Sandsteins den wetterbeständigen harten Muschelkalk zu nehmen. Die Verkehrsverhältnisse liessen ein Abrücken von der nördlichen Häuserreihe des Marktes angezeigt erscheinen. Die Verschiebung ist nur eine geringe und wird auf den Charakter des Marktbildes kaum einen Einfluss ausüben. Sehr gespannt kann man auf die Wirkung der erfreulicherweise geplanten Polychromierung sein, für welche die im Jahre 1540 von Georg Penz geschaffene, im Privatbesitze des mit den Wiederherstellungsarbeiten betrauten Oberingenieurs Wallraff befindliche kolorierte Handzeichnung, die damals zum Zwecke der Erneuerung der zuletzt im Jahre 1491 durch Wilhelm Pleydenwurf aufgeführten Polychromierung gefertigt worden war, alle nötigen Anhaltspunkte bietet. Die mit peinlicher Gewissenhaftigkeit ausgeführten, nach Hunderten zählenden Werkstücke und Figuren lagern zur Zeit im Hofe und in der Kirche des alten Katharinenklosters. Neu zu entwerfen waren auf Grund der Penz’schen Handzeichnung die an Stelle der Bronzebestien tretenden Brunnenrandfiguren, und eine wesentliche Veränderung wird das Brunnengitter zeigen, dessen unterer Teil wieder unverändert zur Verwendungkommen wird, während der von Reindel stammende obere gotisierende Teil durch einen aus Blumenwerk und Rundstabgeschlingen gebildeten Renaissanceaufsatz ersetzt werden wird, wie ihn im Jahre 1587 der Schlossergeselle und Gitterschmied Paulus Kühn von Augsburg »viel schöner und künstlicher als es ihm angedingt worden«, gefertigt hatte. Als Grundlage zur Herstellung dieses reichen Aufsatzes diente ein aus dem Beginn des 17. Jahrhunderts stammender Kupferstich. Die Kosten der Wiederherstellung sind von Wallraff, der in einer bemerkenswerten Schrift: »Bericht über den Entwurf zur Wiederherstellung des Schönen Brunnens auf dem Hauptmarktplatze zu Nürnberg« ausführlich die Geschichte des Brunnens erzählt hat, mit 150 000 M. veranschlagt worden. Eine künstlerische Würdigung der Wiederherstellungsarbeiten behalten wir uns für später vor. -é-
Während es in Verona an einer Persönlichkeit zu fehlen scheint, die sich für die Erhaltung der Kunstschätze derStadt,z.B. des antiken Theaters und des Palazzo Bevilaqua, interessiert oder sich bemüht, sie in besseres Licht zu stellen, hat Ravenna in dem Mitglied der Kommission für die Erhaltung der nationalen Monumente und dem hervorragenden Kunstforscher Corrado Ricci einen warmen Freund und Vorkämpfer gefunden. Ihm ist es gelungen, die Mittel flüssig zu machen, um die Schätze Ravennas durch Studien an Ort und Stelle, durch sachgemässe Nachgrabungen — der heutige Boden der Stadt liegt meterhoch über dem seiner Denkmäler aus byzantinischer und gotischer Zeit — durch Freilegungen und Restaurationen in das helle Licht klarer Erkenntnis und Anschauung zu rücken. Abgeschlossen sind solche Arbeiten ja schon seit lange am Grabmal Theoderich’s; durch Anlage eines umlaufenden breiten Kanals ist der Fusspunkt der Umfassungsmauern freige
legt und wird durch Pumpvorrichtungen gegen Eindringen von Grundwasser oder stagnierendes Regenwasser geschützt. Wir können uns jetzt einen Begriff von der relativ schlanken Form des Mausoleums machen, das früher zu etwa ein Viertel im Boden steckend mit seiner riesenhaften Monolithdecke einen gradezu plumpen Eindruck gemacht haben muss. Ähnliche Arbeiten sind für das herrliche Battisterium (Giovanni in fonte) beabsichtigt, nachdem der monströse Gedanke einer Höherschraubung des Bauwerks aufgegeben ist. Wie die Gesamtverhältnisse der Ravennatischen Kirchen auch im Inneren gewinnen werden, wenn die alten Basen der Säulen von Fussböden und Aufschüttungen späterer Zeit befreit sind, lässt sich schon jetzt in San Vitale erkennen, wo man jetzt den alten Fussboden der Apsis wiederherstellt, nachdem der prachtvolle alte Marmoraltar zu neuer Schönheit erstanden, die gesammte Kirche von Anbauten befreit und ihre Bedachung erneut ist. Letztere Arbeiten sind zum Teil aus dem Ertrag einer Sammlung in Ravenna bestritten worden. In dem sonst so verschlafenen Städtchen regt sich unter dem Einfluss der Anregungen Ricci’s Kunstliebe und Kunsteifer. Privatpaläste, wie Baronio, Dradi, Graziani, werden repariert, durch Tausch mit der Akademie von Venedig ist es gelungen, für die Pinakothek mit dem Apostelmahl des Matteo Ingoli (1585 — 1631) ein Spezimen der Kunst eines Ravennatischen Malers zu erhalten, der bisher in der Stadt nicht vertreten war, auf Betreiben des kunstsinnigen Bewohners des erzbischöflichen Palastes, des Kardinals Riboldi, sind im Palast Freilegungsarbeiten vorgenommen, die zur Entdeckung griechisch-byzantinischer Fresken geführt haben, über das Baptisterium ist von einem Geistlichen, Cesare Langiorgi, eine Spezialschrift von 150 Seiten herausgegeben worden (Ravenna, Tipografia Alighieri), kurz es regt sich überall im öffentlichen und privaten Leben. Die seit 1901 in Mailand erscheinende Kunstzeitschrift grossen Stils »Rassegna d’Arte« nimmt sich des Ravennatischen Kunstlebens besonders an, und eine Reihe grösserer Aufsätze über die Marmorarbeiten in der Apsis von S. Vitale, die Glockentürme von Ravenna, die Ausgrabungen in der Darsena und den sogenannten Panzer Theoderich’s mögen für Freunde der Kunstgeschichte Ravennas neben der neueren deutschen und italienischen Monographie über die Stadt von Götz und Ricci und neben der dritten Auflage der Guida di Ravenna (1900. Bologna, Zanichelli) die kurzen Ausführungen dieser Korrespondenz erhärten und erweitern.
v. Gr.
Venedig. Seit längerer Zeit befinden sich die Vertreter der Stadt Venedig in Rom, um mit der Regierung alle jene Vereinbarungen zu treffen, welche dem Wiederaufbau des Markusglockenturmes vorauszugehen haben. Das Resultat ist folgendes: Die Regierung ist damit einverstanden, dass Venedig selbst für den Aufbau Sorge trägt durch die Berufung des bekannten Mailänder Architekten L. Beltrami. Die Stadt trägt dazu mit den schon früher bestimmten 500000 Lire bei; die gleiche Summe leistet der Staat. Für die Restaurierung der übrigen Monumente Venedigs tritt der Staat mit 300000 Lire ein, mit gleicher Summe die Stadt. — Gleichzeitig tritt der neuernannte Direktor Architekt Moretti sein Amt an Stelle des beim Sturze des Campanile entlassenen Berchet an, als Vorstand des Uffizio Regionale per la conservazione dei monumenti. So ist denn zu hoffen, dass der Wunsch aller Venetianer wahr werde, dass gleichzeitig mit der Eröffnung der Ausstellung am 25. April der Grundstein des neuen Campanile gelegt werden könne. Für den Bau desselben sind also jetzt zunächst etwas über 2500000 Lire verwendbar. Architekt Beltrami tritt sofort sein Amt an.
August Wolf.
Während es in Verona an einer Persönlichkeit zu fehlen scheint, die sich für die Erhaltung der Kunstschätze derStadt,z.B. des antiken Theaters und des Palazzo Bevilaqua, interessiert oder sich bemüht, sie in besseres Licht zu stellen, hat Ravenna in dem Mitglied der Kommission für die Erhaltung der nationalen Monumente und dem hervorragenden Kunstforscher Corrado Ricci einen warmen Freund und Vorkämpfer gefunden. Ihm ist es gelungen, die Mittel flüssig zu machen, um die Schätze Ravennas durch Studien an Ort und Stelle, durch sachgemässe Nachgrabungen — der heutige Boden der Stadt liegt meterhoch über dem seiner Denkmäler aus byzantinischer und gotischer Zeit — durch Freilegungen und Restaurationen in das helle Licht klarer Erkenntnis und Anschauung zu rücken. Abgeschlossen sind solche Arbeiten ja schon seit lange am Grabmal Theoderich’s; durch Anlage eines umlaufenden breiten Kanals ist der Fusspunkt der Umfassungsmauern freige
legt und wird durch Pumpvorrichtungen gegen Eindringen von Grundwasser oder stagnierendes Regenwasser geschützt. Wir können uns jetzt einen Begriff von der relativ schlanken Form des Mausoleums machen, das früher zu etwa ein Viertel im Boden steckend mit seiner riesenhaften Monolithdecke einen gradezu plumpen Eindruck gemacht haben muss. Ähnliche Arbeiten sind für das herrliche Battisterium (Giovanni in fonte) beabsichtigt, nachdem der monströse Gedanke einer Höherschraubung des Bauwerks aufgegeben ist. Wie die Gesamtverhältnisse der Ravennatischen Kirchen auch im Inneren gewinnen werden, wenn die alten Basen der Säulen von Fussböden und Aufschüttungen späterer Zeit befreit sind, lässt sich schon jetzt in San Vitale erkennen, wo man jetzt den alten Fussboden der Apsis wiederherstellt, nachdem der prachtvolle alte Marmoraltar zu neuer Schönheit erstanden, die gesammte Kirche von Anbauten befreit und ihre Bedachung erneut ist. Letztere Arbeiten sind zum Teil aus dem Ertrag einer Sammlung in Ravenna bestritten worden. In dem sonst so verschlafenen Städtchen regt sich unter dem Einfluss der Anregungen Ricci’s Kunstliebe und Kunsteifer. Privatpaläste, wie Baronio, Dradi, Graziani, werden repariert, durch Tausch mit der Akademie von Venedig ist es gelungen, für die Pinakothek mit dem Apostelmahl des Matteo Ingoli (1585 — 1631) ein Spezimen der Kunst eines Ravennatischen Malers zu erhalten, der bisher in der Stadt nicht vertreten war, auf Betreiben des kunstsinnigen Bewohners des erzbischöflichen Palastes, des Kardinals Riboldi, sind im Palast Freilegungsarbeiten vorgenommen, die zur Entdeckung griechisch-byzantinischer Fresken geführt haben, über das Baptisterium ist von einem Geistlichen, Cesare Langiorgi, eine Spezialschrift von 150 Seiten herausgegeben worden (Ravenna, Tipografia Alighieri), kurz es regt sich überall im öffentlichen und privaten Leben. Die seit 1901 in Mailand erscheinende Kunstzeitschrift grossen Stils »Rassegna d’Arte« nimmt sich des Ravennatischen Kunstlebens besonders an, und eine Reihe grösserer Aufsätze über die Marmorarbeiten in der Apsis von S. Vitale, die Glockentürme von Ravenna, die Ausgrabungen in der Darsena und den sogenannten Panzer Theoderich’s mögen für Freunde der Kunstgeschichte Ravennas neben der neueren deutschen und italienischen Monographie über die Stadt von Götz und Ricci und neben der dritten Auflage der Guida di Ravenna (1900. Bologna, Zanichelli) die kurzen Ausführungen dieser Korrespondenz erhärten und erweitern.
v. Gr.
Venedig. Seit längerer Zeit befinden sich die Vertreter der Stadt Venedig in Rom, um mit der Regierung alle jene Vereinbarungen zu treffen, welche dem Wiederaufbau des Markusglockenturmes vorauszugehen haben. Das Resultat ist folgendes: Die Regierung ist damit einverstanden, dass Venedig selbst für den Aufbau Sorge trägt durch die Berufung des bekannten Mailänder Architekten L. Beltrami. Die Stadt trägt dazu mit den schon früher bestimmten 500000 Lire bei; die gleiche Summe leistet der Staat. Für die Restaurierung der übrigen Monumente Venedigs tritt der Staat mit 300000 Lire ein, mit gleicher Summe die Stadt. — Gleichzeitig tritt der neuernannte Direktor Architekt Moretti sein Amt an Stelle des beim Sturze des Campanile entlassenen Berchet an, als Vorstand des Uffizio Regionale per la conservazione dei monumenti. So ist denn zu hoffen, dass der Wunsch aller Venetianer wahr werde, dass gleichzeitig mit der Eröffnung der Ausstellung am 25. April der Grundstein des neuen Campanile gelegt werden könne. Für den Bau desselben sind also jetzt zunächst etwas über 2500000 Lire verwendbar. Architekt Beltrami tritt sofort sein Amt an.
August Wolf.