ihrer Mischung aus Cynismus und Mitleid, aus sozialkritischem Hohn und dekadent-weltmännischem Raffinement von kolossaler Kraft des Ausdrucks, zugleich aber auch Erzeugnisse des exquisitesten malerischen Geschmacks sind. Stärker freilich noch packen im Nebensaale die fünf erlesenen Manets, eine kleine Schar von Meisterstückchen des grossen Impressionisten, wie man sie selten nebeneinander gesehen hat: zwei Gartenblicke von wunderbarer Malerei der wehenden Luft und des verteilten Sonnenlichts, eine »Dampferfahrt« und zwei Stillleben, ein heller Fliederstrauss (gegen dunklen Hintergrund) und ein Spargelbündel, von unerhörter und unvergleichlicher Zartheit in den koloristischen Accorden. Pissarro’s pointillierende Bauerninterieurs können sich in der Malerei trotz der grossen Schönheiten, die sie bergen, mit diesen Manets nicht entfernt messen.
Neben den Franzosen sind ein paar Holländer erschienen. Jozef Israels, das Ehrenmitglied der Secession, darf nicht fehlen; man sieht von ihm einige seiner neuesten Arbeiten, darunter das grosse Bild der »Bootarbeiter«, die am Flussrand ihre Pflicht thun, während der Blick über sie hinweg zu der im Dunst verschwimmenden Silhouette der Stadt schweift. Isaak Israels, der sonst so selbständig auftritt, hat diesmal ein paar Arbeiten geschickt, die sich eng an Breitner anlehnen, ja, diese Anlehnung schon an die Grenze der Nachahmung treiben. Jan Veth ist durch einige Bildnisse in seiner bekannten altmeisterlichen Korrektheit vertreten, die lebhaft interessieren, aber doch auf die Dauer nicht recht erwärmen. Von Belgiern findet man Claus mit einigen seiner zarten Sonnenbilder und van Gogh mit einer »Dorfstrasse«, in der dieser sonst so bizarre Impressionisten-Vorkämpfer einmal ganz verständlich und geniessbar ist. Eine Überraschung der Ausstellung sollen diesmal die Russen sein. Die Bilder sind jedoch zum Teil noch nicht erschienen, von Somoff, Seroff und anderen werden noch Arbeiten erwartet; aber J. Maljavine’s grosses Gemälde »Das Lachen«, das bereits 1900 in Paris einen starken Erfolg davongetragen hat, ist schon da: fünf lebensgrosse kräftige Bauernweiber, die in flatternden roten Gewändern auf einem Stoppelfelde stehen und mit breiten Mündern und blendend weissen Zähnen aus dem Rahmen herauslachen, dass niemand widerstehen kann, ein Erzeugnis unverfälschter barbarischer Gesundheit, mit breitem Pinsel wild hingehauen, ein Stück blutvollsten, pochenden Lebens. Aus der Schweiz ist Hodler, aus dem Norden Kj oyer und Thaulor mit ein paar glänzenden kleinen Arbeiten gekommen.
Die ausserberlinischen Deutschen stehen diesmal zurück. Zwar ganz ist München doch nicht ausgeblieben. Schlittgen kam mit ein paar ausgezeichneten Bildern aus der »Lebewelt« von pikantem Effekt und virtuoser Malerei, einer »Theaterloge«, die in ihrem braunen Grundton allerdings etwas flau erscheint, und einer Scene »Am Spieltisch«, einer technisch glänzenden Leistung und als Sittenschilderung an Hogarth heranreichend. Dann Strathmann mit drei der schönsten Arbeiten in seinem eigensinnigen Mosaik
stil, den er so souverän handhabt und der trotz aller Kleinlichkeit so gross und malerisch wirken kann; merkwürdig, wie diese »Kleopatra«, diese »Kraniche des Ibikus«, diese Musikanten im Schneegestöber in ihrer grotesken Lustigkeit einen heimlichen tragischen Zug bergen. Die Münchner Künstler der »Schollekommen in der anspruchsvollen Umgebung der Seecssionsausstellung nicht recht zur Geltung. Am besten halten sich Robert Weise mit seinen Porträts und F. W. Voigt mit seiner derben Volksfestscene. Doch Bechler, Eichler, Fritz Erler, Erler-Samaden und Georgi hätten vielleicht andere Arbeiten senden können, bei denen die zum Dekorativen neigende Vereinfachung, die sie lieben, auf kräftigerer malerischer Grundlage ruht. Mir ist, als hätte ich von ihnen allen schon Bilder gesehen, in denen diese Bedingung eher erfüllt war als in den jetzt ausgestellten. Von den andern deutschen Gemälden seien nur noch zwei von Thoma, eine »Landschaft mit allegorischer Figur« und eine Ackerscene, die aber beide nicht zu des Meisters grossen Thaten gezählt werden können, und zwei feine Bildchen von August Neven-Dumont hervorgehoben.
Die Plastik beschränkt sich in diesem Jahre auf etwa fünfzehn Nummern, aber diese bilden eine kleine Eliteversammlung moderner Skulpturen. Von Meunier, von Gaul, Nikolaus Friedrich, Max Levi und Heising sieht man neue Bronzen, von Stanislaus Cauer die Marmorstatue eines nackten jungen Mädchens in der Art des neuklassizistischen römischen Kreises. Der Belgier George Minne, das enfant terrible der modernen Bildhauerkunst, hat sein Grabmonument der Familie Rodenbach geschickt, eine merkwürdige Mischung aus geheimnisvoller Bizarrerie und tiefer Empfindung: eine sich aufrichtende, träumerisch-sinnend vor sich blickende weibliche Gestalt, die in den herben Minneschen Linien und ihren halb architektonischen Formen wie eine seltsame moderne Sphinx erscheint. Aus Rodin’s Werkstatt sind zwei Marmorwerke von hoher Schönheit da: eine in Berlin noch unbekannte Fassung seines öfter behandelten Motivs »Mond und Erde« und eine herrliche Komposition »Die Hand Gottes«, die sich in gewaltiger Grösse aus einem unbehauenen Block herausstreckt und ein paar wunderbar modellierte kleine Menschenleiber zwischen ihren mächtigen Fingern spielen lässt. Fritz KUtnsch aber trägt mit seiner »Salome« die Ehren der Skulpturabteilung davon. Er hat sie als ein üppiges nacktes Weib dargestellt; nur die Beine sind unter dem Schoss von einem durchsichtigen Gewände halb verhüllt, das die wollüstig-weichen Glieder des verführerischen Leibes nur noch berückender hervortreten lässt. Den Kopf mit dem weichen, plastisch sehr schön behandelten Haar hat sie auf die linke Hand gestützt und der Blick ist auf den Boden geheftet. In dem gleissnerischen Fluss dieses sich biegenden und neigenden Schlangenleibes lebt eine zitternde Sinnlichkeit, in diesen Nasenflügeln und diesem gierigen Munde lauern perverse Gelüste und verhaltene Wünsche. Das Ganze ist ein Werk aus einem Guss, von vollendeter Beherrschung und reifster bildhauerischer Verarbeitung der Form.
Neben den Franzosen sind ein paar Holländer erschienen. Jozef Israels, das Ehrenmitglied der Secession, darf nicht fehlen; man sieht von ihm einige seiner neuesten Arbeiten, darunter das grosse Bild der »Bootarbeiter«, die am Flussrand ihre Pflicht thun, während der Blick über sie hinweg zu der im Dunst verschwimmenden Silhouette der Stadt schweift. Isaak Israels, der sonst so selbständig auftritt, hat diesmal ein paar Arbeiten geschickt, die sich eng an Breitner anlehnen, ja, diese Anlehnung schon an die Grenze der Nachahmung treiben. Jan Veth ist durch einige Bildnisse in seiner bekannten altmeisterlichen Korrektheit vertreten, die lebhaft interessieren, aber doch auf die Dauer nicht recht erwärmen. Von Belgiern findet man Claus mit einigen seiner zarten Sonnenbilder und van Gogh mit einer »Dorfstrasse«, in der dieser sonst so bizarre Impressionisten-Vorkämpfer einmal ganz verständlich und geniessbar ist. Eine Überraschung der Ausstellung sollen diesmal die Russen sein. Die Bilder sind jedoch zum Teil noch nicht erschienen, von Somoff, Seroff und anderen werden noch Arbeiten erwartet; aber J. Maljavine’s grosses Gemälde »Das Lachen«, das bereits 1900 in Paris einen starken Erfolg davongetragen hat, ist schon da: fünf lebensgrosse kräftige Bauernweiber, die in flatternden roten Gewändern auf einem Stoppelfelde stehen und mit breiten Mündern und blendend weissen Zähnen aus dem Rahmen herauslachen, dass niemand widerstehen kann, ein Erzeugnis unverfälschter barbarischer Gesundheit, mit breitem Pinsel wild hingehauen, ein Stück blutvollsten, pochenden Lebens. Aus der Schweiz ist Hodler, aus dem Norden Kj oyer und Thaulor mit ein paar glänzenden kleinen Arbeiten gekommen.
Die ausserberlinischen Deutschen stehen diesmal zurück. Zwar ganz ist München doch nicht ausgeblieben. Schlittgen kam mit ein paar ausgezeichneten Bildern aus der »Lebewelt« von pikantem Effekt und virtuoser Malerei, einer »Theaterloge«, die in ihrem braunen Grundton allerdings etwas flau erscheint, und einer Scene »Am Spieltisch«, einer technisch glänzenden Leistung und als Sittenschilderung an Hogarth heranreichend. Dann Strathmann mit drei der schönsten Arbeiten in seinem eigensinnigen Mosaik
stil, den er so souverän handhabt und der trotz aller Kleinlichkeit so gross und malerisch wirken kann; merkwürdig, wie diese »Kleopatra«, diese »Kraniche des Ibikus«, diese Musikanten im Schneegestöber in ihrer grotesken Lustigkeit einen heimlichen tragischen Zug bergen. Die Münchner Künstler der »Schollekommen in der anspruchsvollen Umgebung der Seecssionsausstellung nicht recht zur Geltung. Am besten halten sich Robert Weise mit seinen Porträts und F. W. Voigt mit seiner derben Volksfestscene. Doch Bechler, Eichler, Fritz Erler, Erler-Samaden und Georgi hätten vielleicht andere Arbeiten senden können, bei denen die zum Dekorativen neigende Vereinfachung, die sie lieben, auf kräftigerer malerischer Grundlage ruht. Mir ist, als hätte ich von ihnen allen schon Bilder gesehen, in denen diese Bedingung eher erfüllt war als in den jetzt ausgestellten. Von den andern deutschen Gemälden seien nur noch zwei von Thoma, eine »Landschaft mit allegorischer Figur« und eine Ackerscene, die aber beide nicht zu des Meisters grossen Thaten gezählt werden können, und zwei feine Bildchen von August Neven-Dumont hervorgehoben.
Die Plastik beschränkt sich in diesem Jahre auf etwa fünfzehn Nummern, aber diese bilden eine kleine Eliteversammlung moderner Skulpturen. Von Meunier, von Gaul, Nikolaus Friedrich, Max Levi und Heising sieht man neue Bronzen, von Stanislaus Cauer die Marmorstatue eines nackten jungen Mädchens in der Art des neuklassizistischen römischen Kreises. Der Belgier George Minne, das enfant terrible der modernen Bildhauerkunst, hat sein Grabmonument der Familie Rodenbach geschickt, eine merkwürdige Mischung aus geheimnisvoller Bizarrerie und tiefer Empfindung: eine sich aufrichtende, träumerisch-sinnend vor sich blickende weibliche Gestalt, die in den herben Minneschen Linien und ihren halb architektonischen Formen wie eine seltsame moderne Sphinx erscheint. Aus Rodin’s Werkstatt sind zwei Marmorwerke von hoher Schönheit da: eine in Berlin noch unbekannte Fassung seines öfter behandelten Motivs »Mond und Erde« und eine herrliche Komposition »Die Hand Gottes«, die sich in gewaltiger Grösse aus einem unbehauenen Block herausstreckt und ein paar wunderbar modellierte kleine Menschenleiber zwischen ihren mächtigen Fingern spielen lässt. Fritz KUtnsch aber trägt mit seiner »Salome« die Ehren der Skulpturabteilung davon. Er hat sie als ein üppiges nacktes Weib dargestellt; nur die Beine sind unter dem Schoss von einem durchsichtigen Gewände halb verhüllt, das die wollüstig-weichen Glieder des verführerischen Leibes nur noch berückender hervortreten lässt. Den Kopf mit dem weichen, plastisch sehr schön behandelten Haar hat sie auf die linke Hand gestützt und der Blick ist auf den Boden geheftet. In dem gleissnerischen Fluss dieses sich biegenden und neigenden Schlangenleibes lebt eine zitternde Sinnlichkeit, in diesen Nasenflügeln und diesem gierigen Munde lauern perverse Gelüste und verhaltene Wünsche. Das Ganze ist ein Werk aus einem Guss, von vollendeter Beherrschung und reifster bildhauerischer Verarbeitung der Form.