NEKROLOGE
Der bekannte Kunstschriftsteller und Maler Friedrich Pecht, der Herausgeberder »Kunst für Alle«, ist am 24. April in München im Alter von 881/2 Jahren gestorben. Sein Lebensbild wird hier von einem persönlich Nahestehenden noch gezeichnet werden.
PERSONALIEN
Professor Albert Hertel, der Vorsteher des Meisterateliers für Landschaftsmalerei an dèr Berliner Akademie feierte am Sonntag seinen 60. Geburtstag. Der Künstler ist weiteren Kreisen durch das grosse Panorama von Holstein seiner Zeit in der Hygieneausstellung in Berlin und durch die beiden grossen Landschaften in der Nationalgalerie bekannt geworden.
INSTITUTE
In Florenz fand am 8. April die diesjährige Vorstandssitzung des Vereins zur Erhaltung des Kimsthistorischen Institutes statt, das vor einigen Jahren behufs Förderung der kunstgeschichtlichen Forschung an diesem Centralpunkte der Renaissance begründet wurde und seit vorigem Jahre auch die Unterstützung des deutschen Reiches gefunden hat. Teilgenommen haben die Herren: Freiherr von Stumm, der als Vorsitzender die Sitzung leitete, der Direktor des Institutes Prof. Brockhaus, Graf Lanckoronski und Prinz Franz von Liechtenstein aus Wien, F. von Marcuard in Florenz, Geheimrat von Seidlitz aus Dresden, Geheimrat Thode aus Heidelberg und der bayrische Gesandte in Wien Freiherr von Tücher. Die Versammlung konnte zum erstenmal in den neuen Räumen Viale Principessa Margherita 19 tagen, wo ein Arbeitssaal die Bibliothek und Tausende von Photographien aufgenommen hat. Sehr erfreulich war das Anwachsen dieser Sammlungen, überhaupt der allgemeine Fortschritt des jungen Institutes zu erkennen. Es wurde unter anderem der Beschluss gefasst, eine Reihe von Publikationen ins Leben zu rufen, die auch das Interesse für das Institut in immer weitere Kreise tragen werden.
Die französische Kunstakademie in Rom feierte in Gegenwart des Unterrichtsministers Chaumié das Jubiläum ihres vor hundert Jahren erfolgten Umzuges in die Villa Medici. — Wer ein besonderes Interesse an der französischen Akademie in Rom nimmt, die bekanntlich unter Louis XIV. von Colbert begründet wurde, findet ihre Geschichte in dem eben erschienenen Werke des Grafen Franchi-Verney della Valetta »L’Académie de France â Rome« erzählt.
ARCHÄOLOGISCHES
Das Nationalmuseum in Neapel hat kürzlich wertvolle, antike Wandgemälde erhalten. Dieselben stammen aus der Villa P. Fannius Synistor in Boscoreale, die vor zwei Jahren durch den italienischen Kammerabgeordneten de Prisco ausgegraben wurden. Das Landhaus des reichen Römers lag am Südostabhange des Vesuvs zwischen dem Krater und Pompeji, doch nahe dieser Stadt. Die Mauern enthielten einen wundervoll erhaltenen Schatz an Wandgemälden mit mythologischen Scenen und zahlreichen Genrescenen und Architekturbildern. Die letzteren sind von einer ganz besonderen Schönheit und überraschen sowohl durch die leuchtende und frische Farbe, wie durch die weit in die Höhe aufragenden, mit vielen Erkern und Türmen geschmückten Bauten. Nun hat man den Wänden fast allen Schmuck geraubt, indem ein Teil an das Neapler Museum abgegeben wurde, der grössere aber nach Paris wanderte, um dort einen Käufer zu finden.
Professor Furtwängler hat bei seinen Ausgrabungen in der Stadt des alten Orchomenos (Böotien) zahlreiche Gräber aus mykenischer Zeit und aus noch früheren Perioden, dem Anschein nach aus der Minyerzeit, entdekt. In den letztgenannten Gräbern kamen eine Menge Vasen zum Vorschein, auf denen Buchstaben, ähnlich denen von dem englischen Archäologen Evans in Konossos entdeckten, eingeritzt sind.
Die Wiederherstellung des Löwen von Chäronea ist gegenwärtig in Angriff genommen. Die kolossale Löwenstatue auf dem Schlachtfelde von Chäronea, ein Marmordenkmal, das die Thebaner den heldenmütigen Streitern der »heiligen Schar« gesetzt hatten, hat länger als zwei Jahrtausende standgehalten, bis es vor etwa 200 Jahren von seinem Postament herabstürzte und in Stücke zerbrach. Die Löwenfigur bestand ursprünglich aus drei Teilen, die durch eiserne Klammern miteinander verbunden waren, nunmehr werden die sechs Hauptbruchstücke in ähnlicher Weise wieder zusammengefügt. Kopf, Mähne und Vorderfüsse sind gut erhalten und nur wenige Stücke brauchen ergänzt zu werden. Die Höhe der ganzen Figur beträgt vier Meter, die Basis drei Meter.
Die letztjährigen Ausgrabungen des, französischen Institutes in Tinos haben beachtenswerte Ergebnisse gebracht. Es wurden, 60 Meter von der Küste, bei dem Orte Kionia die Überreste des im Altertum berühmten Tempels des Poseidon freigelegt. Dieser war im dorischen Stil erbaut und hatte eine Länge von 21 Meter und eine Breite von 16 Meter. Da das Material des Tempels zur Erbauung späterer Wohnungen verwendet ist, fanden sich an Ort und Stelle nur drei Säulentrommeln, ein dorisches Kapitäl und Teile des Epistyls. Ausserdem kamen an der Süd- und Ostseite die Stufen, die zum Tempel führten, und Reste des Fussbodenbelags zum Vorschein.
Am 15. Mai findet die Einweihung des neuerrichteten Museums in Delphi durch den Leiter der französischen archäologischen Schule, Herrn Hommolle statt. Zu der Feier sind verschiedene Gelehrte des Auslandes, sowie der französische Kultusminister und die höchsten griechischen Staatsbehörden eingeladen worden.
SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN
Über die schon erwähnte Ausstellung der Sedelmeyer’schen Sammlung englischer Bilder des 18. Jahrhunderts bei Schulte in Berlin wären hier noch einige Worte zu sagen. Der grosse Eindruck auf die Berliner beruht im wesentlichen auf der Seltenheit solcher Gäste auf dem deutschen Kunstmarkte; deshalb fehlt auch den meisten von uns der Massstab für die Qualität. Aber man fühlt vor einigen Stücken unmittelbar: das muss ersten Ranges sein. Zunächst vor dem Prachtstück, dem Richter Dunning mit seiner Schwester, lebensgross von Reynolds gemalt. Wie hier Würde und Anmut in herrlichstem Vereine gepaart sind, das zu gemessen, lohnt schon eine kleine Reise nach Berlin. Das Bild ist mit 150000 M. angesetzt. Aber nach dem Marktwerte tritt dies Stück noch wesentlich hinter der Lady Milner von Romney zurück, einem ganzfigurigen, in offener Landschaft sitzenden Frauenbildnisse, von jener Ruhe und Sicherheit des Charakters, die wir an so vielen englischen Damenporträts der Zeit bestaunen. Das Bild kostet 250000 M. Dabei sei gleich bemerkt, dass derartige ganzfigurige Frauenbildnisse die Favorits des englischen Kunstmarktes sind. Insonderheit sind solche Bilder von Gainsborough das teuerste, was es nahezu überhaupt an Bildern giebt; mehr als eine halbe Million ist schon für diese Objekte bezahlt worden. Übrigens: wie man kürzlich in der Zeitschrift »Les Artssehen konnte, ist Baron Gustav Rothschild in Paris so
Der bekannte Kunstschriftsteller und Maler Friedrich Pecht, der Herausgeberder »Kunst für Alle«, ist am 24. April in München im Alter von 881/2 Jahren gestorben. Sein Lebensbild wird hier von einem persönlich Nahestehenden noch gezeichnet werden.
PERSONALIEN
Professor Albert Hertel, der Vorsteher des Meisterateliers für Landschaftsmalerei an dèr Berliner Akademie feierte am Sonntag seinen 60. Geburtstag. Der Künstler ist weiteren Kreisen durch das grosse Panorama von Holstein seiner Zeit in der Hygieneausstellung in Berlin und durch die beiden grossen Landschaften in der Nationalgalerie bekannt geworden.
INSTITUTE
In Florenz fand am 8. April die diesjährige Vorstandssitzung des Vereins zur Erhaltung des Kimsthistorischen Institutes statt, das vor einigen Jahren behufs Förderung der kunstgeschichtlichen Forschung an diesem Centralpunkte der Renaissance begründet wurde und seit vorigem Jahre auch die Unterstützung des deutschen Reiches gefunden hat. Teilgenommen haben die Herren: Freiherr von Stumm, der als Vorsitzender die Sitzung leitete, der Direktor des Institutes Prof. Brockhaus, Graf Lanckoronski und Prinz Franz von Liechtenstein aus Wien, F. von Marcuard in Florenz, Geheimrat von Seidlitz aus Dresden, Geheimrat Thode aus Heidelberg und der bayrische Gesandte in Wien Freiherr von Tücher. Die Versammlung konnte zum erstenmal in den neuen Räumen Viale Principessa Margherita 19 tagen, wo ein Arbeitssaal die Bibliothek und Tausende von Photographien aufgenommen hat. Sehr erfreulich war das Anwachsen dieser Sammlungen, überhaupt der allgemeine Fortschritt des jungen Institutes zu erkennen. Es wurde unter anderem der Beschluss gefasst, eine Reihe von Publikationen ins Leben zu rufen, die auch das Interesse für das Institut in immer weitere Kreise tragen werden.
Die französische Kunstakademie in Rom feierte in Gegenwart des Unterrichtsministers Chaumié das Jubiläum ihres vor hundert Jahren erfolgten Umzuges in die Villa Medici. — Wer ein besonderes Interesse an der französischen Akademie in Rom nimmt, die bekanntlich unter Louis XIV. von Colbert begründet wurde, findet ihre Geschichte in dem eben erschienenen Werke des Grafen Franchi-Verney della Valetta »L’Académie de France â Rome« erzählt.
ARCHÄOLOGISCHES
Das Nationalmuseum in Neapel hat kürzlich wertvolle, antike Wandgemälde erhalten. Dieselben stammen aus der Villa P. Fannius Synistor in Boscoreale, die vor zwei Jahren durch den italienischen Kammerabgeordneten de Prisco ausgegraben wurden. Das Landhaus des reichen Römers lag am Südostabhange des Vesuvs zwischen dem Krater und Pompeji, doch nahe dieser Stadt. Die Mauern enthielten einen wundervoll erhaltenen Schatz an Wandgemälden mit mythologischen Scenen und zahlreichen Genrescenen und Architekturbildern. Die letzteren sind von einer ganz besonderen Schönheit und überraschen sowohl durch die leuchtende und frische Farbe, wie durch die weit in die Höhe aufragenden, mit vielen Erkern und Türmen geschmückten Bauten. Nun hat man den Wänden fast allen Schmuck geraubt, indem ein Teil an das Neapler Museum abgegeben wurde, der grössere aber nach Paris wanderte, um dort einen Käufer zu finden.
Professor Furtwängler hat bei seinen Ausgrabungen in der Stadt des alten Orchomenos (Böotien) zahlreiche Gräber aus mykenischer Zeit und aus noch früheren Perioden, dem Anschein nach aus der Minyerzeit, entdekt. In den letztgenannten Gräbern kamen eine Menge Vasen zum Vorschein, auf denen Buchstaben, ähnlich denen von dem englischen Archäologen Evans in Konossos entdeckten, eingeritzt sind.
Die Wiederherstellung des Löwen von Chäronea ist gegenwärtig in Angriff genommen. Die kolossale Löwenstatue auf dem Schlachtfelde von Chäronea, ein Marmordenkmal, das die Thebaner den heldenmütigen Streitern der »heiligen Schar« gesetzt hatten, hat länger als zwei Jahrtausende standgehalten, bis es vor etwa 200 Jahren von seinem Postament herabstürzte und in Stücke zerbrach. Die Löwenfigur bestand ursprünglich aus drei Teilen, die durch eiserne Klammern miteinander verbunden waren, nunmehr werden die sechs Hauptbruchstücke in ähnlicher Weise wieder zusammengefügt. Kopf, Mähne und Vorderfüsse sind gut erhalten und nur wenige Stücke brauchen ergänzt zu werden. Die Höhe der ganzen Figur beträgt vier Meter, die Basis drei Meter.
Die letztjährigen Ausgrabungen des, französischen Institutes in Tinos haben beachtenswerte Ergebnisse gebracht. Es wurden, 60 Meter von der Küste, bei dem Orte Kionia die Überreste des im Altertum berühmten Tempels des Poseidon freigelegt. Dieser war im dorischen Stil erbaut und hatte eine Länge von 21 Meter und eine Breite von 16 Meter. Da das Material des Tempels zur Erbauung späterer Wohnungen verwendet ist, fanden sich an Ort und Stelle nur drei Säulentrommeln, ein dorisches Kapitäl und Teile des Epistyls. Ausserdem kamen an der Süd- und Ostseite die Stufen, die zum Tempel führten, und Reste des Fussbodenbelags zum Vorschein.
Am 15. Mai findet die Einweihung des neuerrichteten Museums in Delphi durch den Leiter der französischen archäologischen Schule, Herrn Hommolle statt. Zu der Feier sind verschiedene Gelehrte des Auslandes, sowie der französische Kultusminister und die höchsten griechischen Staatsbehörden eingeladen worden.
SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN
Über die schon erwähnte Ausstellung der Sedelmeyer’schen Sammlung englischer Bilder des 18. Jahrhunderts bei Schulte in Berlin wären hier noch einige Worte zu sagen. Der grosse Eindruck auf die Berliner beruht im wesentlichen auf der Seltenheit solcher Gäste auf dem deutschen Kunstmarkte; deshalb fehlt auch den meisten von uns der Massstab für die Qualität. Aber man fühlt vor einigen Stücken unmittelbar: das muss ersten Ranges sein. Zunächst vor dem Prachtstück, dem Richter Dunning mit seiner Schwester, lebensgross von Reynolds gemalt. Wie hier Würde und Anmut in herrlichstem Vereine gepaart sind, das zu gemessen, lohnt schon eine kleine Reise nach Berlin. Das Bild ist mit 150000 M. angesetzt. Aber nach dem Marktwerte tritt dies Stück noch wesentlich hinter der Lady Milner von Romney zurück, einem ganzfigurigen, in offener Landschaft sitzenden Frauenbildnisse, von jener Ruhe und Sicherheit des Charakters, die wir an so vielen englischen Damenporträts der Zeit bestaunen. Das Bild kostet 250000 M. Dabei sei gleich bemerkt, dass derartige ganzfigurige Frauenbildnisse die Favorits des englischen Kunstmarktes sind. Insonderheit sind solche Bilder von Gainsborough das teuerste, was es nahezu überhaupt an Bildern giebt; mehr als eine halbe Million ist schon für diese Objekte bezahlt worden. Übrigens: wie man kürzlich in der Zeitschrift »Les Artssehen konnte, ist Baron Gustav Rothschild in Paris so